Katzen kennen keinen Nationalismus - warum Menschen?
Die AAL-Nationalismusdebatte

*****************************************
* Die nationale Fahne deckt                             *
* jedes Unrecht,                                               *
* jede Unmenschlichkeit,                                 *
* jede Lüge,                                                     *
* jede Schandtat,                                             *
* jedes Verbrechen. (Rudolf Rocker)               *
* http://schwarze.katze.dk                         *
*****************************************

- Vorwort
- Schwarze Katze Aufruf zur Antira-Demo in Iserlohn
- Antifa Hemer ruft zu beiden Antira-Demos in Iserlohn und Lüdenscheid auf
- Kritik der Antifa Hemer an der Autonomen Antifa Lüdenscheid (AAL)
- Leserbrief einer Person aus Lüdenscheid
- Der türkische Staat übt vor den Augen der Weltöffentlichkeit ein Massaker aus!
- Entgegnung der Autonomen Antifa Lüdenscheid (AAL)
- Schwarzes Loch Jena schreibt was zur AA/BO-Nationalismusdebatte
- Stellungnahme zur Entgegnung der AAL Schwarze Katze
- 1. Reaktion auf die Entgegnung der AAL ein kleiner bunter Sympie
- 2. Reaktion auf die Entgegnung AAL ein kleiner bunter Sympie
- Hoch die Internationale, Kinderschokolade! Beitrag zur Debatte um Nationale Befreiung Schwarze Katze


Katzen kennen keinen Nationalismus
Vorwort der Schwarzen Katze

Ende 2000 und Anfang 2001 gab es eine Kontroverse zwischen der Antifa Hemer und der Autonomen Antifa Lüdenscheid (AAL). Wir dokumentieren diese Nationalismusdebatte, da dort die Unterschiede zwischen einer antinationalen Kritik an jedem Nationalismus (vertreten durch die Schwarze Katze und der Antifa Hemer) und einem "Befreiungs"nationalismus, vertreten durch die AAL gut sichtbar werden. Aus dieser Kontroverse entstand Anna - AG Antinationalismus Sauerland. Ende Februar 2004 gab sich Anna einen neuen Namen: Schwarze Katze - AG Antifa. Im April 04 schloss sich die Antifa Hemer dieser Gruppe an. Die AAL ist mittlerweile nicht mehr in der AA/BO Mitglied, da die AA/BO gescheitert ist.


Schwarze Katze Aufruf zur Antira-Demo in Iserlohn
Quelle: Schwarze Katze Rundbrief 08.12.00

Antirassistische Demo in Iserlohn - kommt alle!
Eine antirassistische Gruppe hatte vor 2 Wochen eine Kundgebung in Menden veranstaltet. 80 Pappschilder mit Namen und Todesdaten von in den letzten Jahren durch Nazis nachweislich ermordete Menschen wurden mit brennenden Gedenkkerzen auf den Boden gelegt und zu jeder Person wurden einige Worte gesagt. Wir waren dabei und fanden das Konzept gut. Deswegen waren wir von der Schwarzen Katze am Do., 07.12.00 beim Bündnis gegen Rechts Iserlohn dabei und haben vorgeschlagen diese Aktion in abgewandelter Form in Iserlohn zu wiederholen. Die Antira-Gruppe hat uns auf unsere Nachfrage hin die Materialien überlassen. Unser Vorschlag stiess beim BGR Iserlohn auf allgemeine Zustimmung und so findet die Demo am Freitag, 15.12.00 um 16 Uhr vor Karstadt Iserlohn statt. Von dort soll durch die Stadt Iserlohn gezogen werden. Richtung Laarstr., Wermingserstrasse, Neumarkt, Schillerplatz.

In abgewandelter Form findet die Demo deswegen statt, weil die Plakate nicht auf dem Boden liegen sollen, sondern weil 80 Menschen jeweils die "Patenschaft" für eine von Nazis ermordete Person übernehmen sollen und jeweils ein Plakat umhängen sollen und eine Kerze tragen. Wer uns dabei unterstützen möchte in Iserlohn auf die Gefahr von rechts aufmerksam zu machen, soll uns mailen. Das soll eine fette Demo gegen rechte Gewalt werden. Macht alle mit! Die Antifa Hemer und die Jungdemokraten MK werden sich neben dem Bündnis gegen Rechts Iserlohn auch daran beteiligen!


Die Antifa Hemer ruft zu beiden Antira-Demos auf
Quelle: Schwarze Katze Rundbrief 14.12.00

Antifa Hemer informiert
Kommt zur Antirassismus Demonstration am Freitag, 15.12.00 nach Iserlohn! Ab 15.30 Uhr Treffen am Schillerplatz (vor Karstadt) und 16.00 Uhr geht´s los.

Die Antifa Lüdenscheid macht zusammen mit der AG gegen Abschiebung Lüdenscheid auch eine Antirassismus-Demo um dieselbe Zeit in Lüdenscheid. Besser wäre es natürlich gewesen nicht zeitgleich 2 Antira-Demos im Märkischen Kreis zu veranstalten, aber wir haben vorher von den Lüdenscheidern keine Infos darüber bekommen was sie vorhaben. Trotzdem wünschen wir auch der Lüdenscheider Demo viele TeilnehmerInnen. Hiermit dokumentieren wir den Aufruf der AG gegen Abschiebung Lüdenscheid:

15.Dez.2000: Kundgebung zur drohenden Abschiebung von Artur!

Der 18 jährige Artur droht nun nach vierjährigem Aufenthalt in der BRD die Abschiebung nach Armenien, obwohl ihn dort der Militärdienst erwartet, bei dem es immer wieder zu Folter und Misshandlungen bis hin zu Todesfällen kommt. Eine Verweigerung wird mit bis zu 3 Jahren Haft bestraft. Trotz dieser menschenunwürdigen Verhältnisse hat Artur bisher keine Aussicht auf ein dauerhaftes Bleiberecht in Deutschland. Der Zeitpunkt der Abschiebung steht ihm unmittelbar bevor!

Artur ist ein sehr talentierter Musiker, jedoch wurde ihm aufgrund der deutschen Asylpolitik keine Arbeitserlaubnis erteilt. Deshalb war es ihm bis jetzt nicht möglich die Arbeitsverträge von interessierten Plattenfirmen zu unterschreiben!

Wir fordern das uneingeschränkte Bleiberecht für Artur in der Bundesrepublik Deutschland!

Treffpunkt: Freitag, 15.12. 15.30 Uhr Rathausplatz Lüdenscheid

AG Contra Abschiebung


Auszug aus dem Artikel "Demoberichte der Antifa Hemer"
Quelle: Schwarze Katze Rundbrief 19.12.00

Am Freitagnachmittag fand in Iserlohn mit knapp unter 50 TeilnehmerInnen die Kundgebung "Den Opfern einen Namen geben" statt. Veranstalter waren das Bündnis gegen Rechts Iserlohn und die Schwarze Katze. Beteiligt haben sich noch die Antifa Hemer, die Jungdemokraten MK, Iserlohner BürgerInnen und Flüchtlinge. Auf den umgehängten Schildern standen Namen und Todestag der 80 Opfer rechter Gewalt. Sicherlich wären mehr Menschen gekommen, wenn die Antifa Lüdenscheid nicht zeitgleich (!) eine Konkurrenzveranstaltung durchgezogen hätte. Trotz alledem: eine gelungene Veranstaltung.


Leserbrief von einer Person aus Lüdenscheid:
Quelle: Schwarze Katze Rundbrief 19.12.00

Ich finde das ziemlich daneben, dass die Autonome Antifa Lüdenscheid (AAL) sich derart unsolidarisch gegenüber den Antifas aus dem Nordkreis verhält. Es wäre doch kein Problem gewesen ihre Kundgebung früher oder später stattfinden zu lassen. Ich dachte immer es geht um dieselbe Sache und nicht um kleinkarierte Vereinsmeierei. Seit die AAL Mitglied in der AA/BO ist, geht es ihnen nicht mehr um die Sache, sondern nur darum möglichst viele Leute für ihre eigene Organisation zu bekommen. Alle anderen Organisationen, die gute Arbeit machen, sind eine potentiell zu bekämpfende Konkurrenzorganisation für sie geworden. Deswegen bin ich auch nach Iserlohn zur Kundgebung gekommen, weil das da nicht so gesehen wird.

Ich hatte mit den Leuten von der Antifa Hemer gesprochen. Sie sagten mir, dass sie gerne nach Lüdenscheid gekommen wären um die Demonstration gegen die Abschiebung von Artur zu unterstützen. Es war ihnen nur nicht möglich, da sie selber bei der Antira-Demo in Iserlohn waren. Sie sagten mir noch, dass sie der AAL eine Woche vorher über den SK-RB von dieser Kundgebung in Iserlohn berichtet hätten. Deswegen waren sie enttäuscht, dass die AAL zum selben Zeitpunkt auch was macht. Ich finde das auch nicht gut. Ich kenne die Leute von der AAL persönlich und bin darüber enttäuscht, wie sie sich in der letzten Zeit verändert haben. Schon die Sache mit der Demo während des Iserlohner Friedensfestes war von der AAL ziemlich daneben. Aber jetzt ist mir endgültig klar, dass es der AAL nur um Macht innerhalb der Szene geht.


Der türkische Staat übt vor den Augen der Weltöffentlichkeit ein Massaker aus!
Quelle: Schwarze Katze Rundbrief 19.12.00

Bomben- und Panzerangriff in den Gefängnissen in der Türkei

Heute Morgen gegen 04.00 Uhr hat der Staat mit all seinen Polizei- und Militärkräften eine militärische Operation gegen die todesfastenden Gefangenen in der Türkei begonnen. Die Operation wird dutzenden, sogar hunderten von Gefangenen das Leben kosten.

Die Gefangenen befinden sich im Widerstand gegen diesen tyrannischen Übergriff. Bis jetzt hatten sie nur Erfolg in Ulucanlar, wo sie es schafften zwei todesfastende Gefangene Frauen mit Gewalt ins Krankenhaus zu verlegen. Alle anderen Gefangenen in Ulucanlar werden in andere Gefängnisse verlegt.

In dem Gefängnis von Ümraniye haben sich die Gefangenen mit Benzin übergossen und angezündet. Dieses hatten die Gefangenen vor drei Tagen angekündigt, im Falle einer Operation.


Entgegnung der Autonomen Antifa Lüdenscheid (AAL)
Quelle: Schwarze Katze Rundbrief 27.12.00

Liebe Leute,

wir müssen hier kurz auf euren "Leserbrief" einer Person aus Lüdenscheid antworten, weil dieser ziemlich viel Mist enthält:

Sehr geehrter Mensch aus Lüdenscheid;da du dich ja angeblich sehr gut in der Lüdenscheider Szene auskennst dürfte dir nicht entgangen sein, das es zwei Antifa Gruppen in Lüdenscheid gibt,die von dir erwähnte AAL und die Antifa Jugend Front(AJF).Die AJF ist nicht in der BO organisiert und hat sehr regen zulauf bei jungen Leuten. Beide Gruppen arbeiten unabhängig voneinander, unterstützen sich aber bei ihren Projekten/Aktionen.

Die Kundgebung ist weder von der AAL geplant,noch von der AAL angemeldet worden, sondern war von Beginn an ,eine Aktion der AJF. Die AJF hat den Termin schon länger geplant und hat ihn aufgrund ihrer Planung an diesem Tag mit relativ gutem Erfolg durchgeführt, wie wir finden.

Dies stellt faktisch keine Konkurrenzveranstaltung zu eurer Demo dar. In Bezug auf unsere Gruppe:Da wir sowieso kaum Kontakt mit euch haben/haben wollen(gerade nach den Ereignissen beim Friedensfest),besteht für uns (AAL) ,nicht die Notwendigkeit einer Absprache(in Bezug auf die Antifa Hemer),was unsere Aktionen betrifft.

Wir sind in der AA/BO organisiert und werden auch in dieser Organisation bleiben.Du sprichst in deinem Brief von anderen Organisationen/Konkurrenzorganisationen. Das verwirrt uns insofern das wir nicht wissen ,welche Organisation im Antifa Bereich außer der BO existiert (vielleicht noch das BAT?).

Du wirfst uns vor, nur Macht innerhalb der Szene bekommen zu wollen. Klar ist, wir werden noch lange hier Politik im MK machen und das sicher im Frühjahr für alle bemerkbar.

Unser Ziel war es, auch Leute aus anderen Städten des MK in unsere Arbeit miteinzubeziehen, dies dürfte uns sehr gut gelungen sein. Dies geht nur organisiert, mit festen Strukturen wenn sich auch ein Erfolg einstellen soll.Wir wollen weder die Macht innerhalb der Szene(wo ist die bitte in NRW?),noch Macht über irgendwelche Antifa Gruppen haben/erlangen.

Die Stärkung unserer Organisation kann nur unser Ziel sein und wird auch weiterhin eines unserer vordringlichen Anliegen sein.

Wir rufen (vielleicht zeitgleich mit der Antifa Hemer) schon jetzt zur Verhinderung der Nazi Demo am 3.2.2001 in Hagen auf und werden natürlich in unserer Organisation zur Beteiligung an den Gegenaktionen werben.

Noch ein Nachsatz zum Katze Rundbrief ,was die Massaker in der Türkei betrifft: Sind für euch die betroffenen kurdischen/türkischen Gefangenen und ihre Organisationen nicht sowieso nur Nationalisten/Stalinisten usw. Welches Selbstverständniss,als "Antinationale" habt ihr denn da? An wen richtet sich eure Solidarität;eure "Antinationale Solidarität"? Hier handeln /kämpfen Menschen für ihre Überzeugung ,ihre Ideologie,ihre Partei und lassen ihr Leben dafür.

Entweder eine Gruppe verhält sich solidarisch zu einer Bewegung oder sie tut es nicht.Aber dann sind die Krokodilstränen die ihr da weint nicht das Papier wert,auf das ihr geschrieben habt.

Die Solidarität der AAL ist international.Unsere Gruppe besteht aus Menschen verschiedener Nationen und Kulturen.Das kurdische und türkische Volk braucht in diesen Zeiten stärkster Repression unsere Solidarität. Wir werden uns bemühen diese (Solidarität) mit unseren bescheidenen Mitteln ihnen zu vermitteln.

Mit antifaschistischen Grüßen
AAL organisiert in der AA/BO


Schwarzes Loch Jena schreibt was zur AA/BO-Nationalismusdebatte:

Quelle: Schwarze Katze Rundbrief 10.01.01

nun ja. da antwortet der/die aal - und es geht total schief.

> Die Stärkung unserer Organisation kann nur unser Ziel sein und wird auch
> weiterhin eines unserer vordringlichen Anliegen sein.

normalerweise ist das ziel einer antifaschistischen gruppe die antifaschistische sache an sich: verhinderung von nazidemos usw. aber die stärkung der eigenen organisation als eine der vordringlichsten aufgaben? das schreit doch erheblich nach dem angeblich erfundenen vorurteil, aal wolle nur seine macht stärken. auch die ignoranz amderen antifagruppen gegenüber schlägt in die gleiche kerbe und schreit förmlich nach der organisation bee-null als große mutter.

> Noch ein Nachsatz zum Katze Rundbrief ,was die Massaker in der Türkei
> betrifft: Sind für euch die betroffenen kurdischen/tükischen Gefangenen
> und ihre
> Organisationen nicht sowieso nur Nationalisten/Stalinisten usw.
> Welches Selbstverständniss,als "Antinationale" habt ihr denn da?
> An wen richtet sich eure Solidarität;eure "Antinationale Solidarität"?
> Hier handeln /kämpfen Menschen für ihre Überzeugung ,ihre Ideologie,ihre
> Partei und lassen ihr Leben dafür.

ja diese menschen kämpfen für ihre überzeugung und eine ganze menge ideologischen balast, der ihnen von ihrer partei aufgezwungen wurde. wenn aber menschen vom staat gefoltert werden, heißt das noch lange nicht, daß sie im besitz der wahrheit sein müssen. (unsere) solidarität richtet sich an den einzelnen menschen, der für eine bessere welt kämpft. deshalb solidarisieren wir uns auch nicht mit neonazis - und auch nicht mit nationalistInnen. wohl aber mit dem menschen der eine freie gesellschaft anstrebt. das trifft auf jeden dieser gefangenen prinzipiell zu! es sind aber gruppen und parteien wie aal, die unterscheidungs- und kritiklos solidarität üben wollen, nur weil sich etwas als links bezeichnet. solche art "solidarität" führt zu der annahme, befreiungsnationalismus sei etwas positives! warum muß immer zuerst für den einen staat (kurdistan, palästina, korsika usw.) gekämpft werden?

"antinational" zu sein, heißt gegen die konstruktion von angeblichen staatsvölkern und die abgrenzung der "anderen" zu kämpfen. "international" zu sein, führt im endeffekt zum obrigkeitsstaat und zur abgrenzung, manchmal auch zu rassismus und antisemitismus.

> Entweder eine Gruppe verhält sich solidarisch zu einer Bewegung oder sie
> tut es nicht.Aber dann sind die Krokodilstränen die ihr da weint nicht
> das Papier wert,auf das ihr geschrieben habt.

sehr schön theatralisch. ihr allein wiß natürlich, was solidarität ist, oder?:

> Die Solidarität der AAL ist international.Unsere Gruppe besteht aus
> Menschen verschiedener Nationen und Kulturen.

tut sie das? ihr habt euch den zuschreibungen der herrschenden schon sehr gut angepaßt

> Das kurdische und türkische
> Volk
> braucht in diesen Zeiten stärkster Repression unsere Solidarität.
> Wir werden uns bemühen diese (Solidarität) mit unseren bescheidenen
> Mitteln ihnen zu vermitteln.

es reicht. es nervt. es leben das dogma und die partei.

--
Infoladen&Archiv
Schwarzes Loch Jena
PF 10 08 41
07708 Jena


Stellungnahme der Schwarzen Katze zur Entgegnung der AAL
Quelle: >Schwarze Katze Rundbrief 27.12.00

In der Entgegnung der Autonomen Antifa Lüdenscheid (unter Punkt 3) wird auch die Schwarze Katze kritisiert. Das finden wir komisch von Antifa-Seite kritisiert zu werden, dass wir antinational sind. Eigentlich sollte das für Antifas selbstverständlich sein! Auch die Lüdenscheider Antifas sollten wissen: Katzen haben kein Vaterland! Wir haben die Entgegnung zum Anlass genommen uns grundsätzlich über das Thema Nationalismus zu unterhalten und haben uns darauf geeinigt zu diesem Thema ein Papier zu verfassen und eine Infoveranstaltung dazu anzubieten. Bisher haben die Antifa Hemer und die Jungdemokraten MK Interesse daran, dass wir zu ihren Treffen vorbeikommen und zum Thema (Anti-)Nationalismus was erzählen.

Wir halten es für ein grosses Problem sich positiv auf (Befreiungs-)Nationalismus zu beziehen. Nationalismus bedeutet immer Ausgrenzung von nicht im "Volkskörper" befindlichen Menschen und dient nur einer kleinen Gruppe von Menschen. Mehr dazu später.

Zu der Kritik der AAL an uns, dass wir nur Krokodilstränen um die Gefangenen in der Türkei weinen würden: das trifft nicht zu! Die AAL-AA/BO hat kein Monopol auf Solidarität. Wir haben öfter schon öfters über die Situation in staatlichen Gefängnissen berichtet und werden das auch weiter tun. Das Gefängnissystem zu kritisieren bedeutet nicht, alles gut zu finden, was die Leute getan haben, die drin sitzen!

Wir haben oft auf die Situation in der Türkei und in Kurdistan hingewiesen. Jemand aus unserer Gruppe hatte, lange bevor die Schwarze Katze existierte, 1989 in Hemer einen Vortrag über den "kurdischen Befreiungskampf" gehalten, eine Zeitung mit dem Thema "bewaffneter Kampf in Kurdistan" herausgegeben, 1991 beim Golfkrieg einen Kleidungshilfstransport für die vertriebenen Kurden organisiert und zusammen mit Kurden Informationsstände durchgeführt um auf die schlimme Situation aufmerksam zu machen.

Zum Thema Kurdistan haben wir übrigens in unserem Archiv auch viele Materialien, die wir schon öfters Radiomachern zur Verfügung gestellt haben, die damit Sendungen erstellt haben. Solidarität zeigen darf aber nicht bedeuten sich vorbehaltlos alles zueigen zu machen, was "nationale Befreiungsbewegungen" vertreten.

Nationalismus, Stalinismus, Rassismus, Antisemitismus und Folter wird von der Schwarzen Katze nicht unterstützt, egal von wem es vertreten wird. Wir üben keine Solidarität mit Ideologien oder Parteien, sondern mit den Menschen, die von Unterdrückung betroffen sind.

Wer für den Schwarze Katze Rundbrief auch was zum Thema Nationalismus oder zur Entgegnung der AAL schreiben möchte - gerne! Die Diskussion ist eröffnet.


1. Reaktion auf die Entgegnung der Autonomen Antifa Lüdenscheid (AAL - AA/BO)
von einem kleinen bunten Sympie

Quelle: >Schwarze Katze Rundbrief 02.01.01

ein kleiner bunter sympie: ziemlich heftiger Tobak, den sich die Antifa Hemer da wohl anhören muss. Falls es von euch eine Erwiderung dazu gibt, erwähnt bitte, dass ein "kleiner bunter Sympi" es kritisiert, dass sich die AAL in konkretem Bezug auf Demos wie jene kürzlich am 15. Dezember nicht mit der Antifa Hemer absprechen möchte/würde (diese wurde ja nicht von denen geplant), da sie "mit der Gruppe" nichts zu tun haben möchte. Denn Absprachen sind neutrale Begegnungen ohne "Küsse oder Schläge" und meiner Ansicht nach in Städten, die sich doch geographisch recht nah stehen, notwendig, selbst wenn man sich aus persönlichen, privaten oder politischen Inhalten nicht leiden kann. Gerade bei einer kleineren Demo wie jenen am 15.12.00 in Iserlohn und Lüdenscheid finde ich es letzten Endes ziemlich ignorant, wie die beiden Antifagruppen aus Lüdenscheid sich verhalten haben.


2. Reaktion auf die Entgegnung der Autonomen Antifa Lüdenscheid (AAL - AA/BO)
von einem kleinen bunten Sympie

Hallo,

nachdem ich meine eigenen Zeilen im letzten Schwarze Katze-Rundbrief gelesen habe, ist mir ehrlich gesagt eine eigene Plattheit aufgefallen, bei der ich (der kleine bunte Sympie) nicht stehenbleiben möchte. Darum habe ich mir die bisherigen Beiträge noch einmal mehr oder weniger genau durch den Kopf gehen lassen, um noch einen längeren Text zu dem Konflikt zwischen der Autonomen Antifa Lüdenscheid (AAL) und der Antifa Hemer zu schreiben. Dabei sei klargestellt, dass ich die Mitglieder der AAL nicht persönlich kenne, höchstens Gesichter der Gruppe. Da es sich um Antifagruppen handelt und ich mich selber auch als Antifaschisten betrachte, denke ich, dass es okay ist, wenn ich noch etwas dazu schreibe, auch wenn ich rein "persönlich" nichts damit zu tun habe.

Als Erstes möchte ich noch einmal kurz auf die beiden Demos eingehen, die am 15. Dezember zeitgleich in Lüdenscheid und in Iserlohn stattgefunden haben. Dabei war die AAL in einem Leserbrief kritisiert worden, da sie von der geplanten Demo der Antifa Hemer vorher gewusst habe. Die AAL erwiderte darauf, dass sie mit der Demo nichts zu tun gehabt hätte, da die ganze Sache von der AJF (Antifa Jugend Front) in Lüdenscheid durchgezogen worden war.

Dazu möchte ich sagen, dass ich diese Erwiderung ziemlich oberflächlich finde. Die AAL hat selber zugegeben, dass sie in Kontakt mit der AJF steht. Sie hätte diese Gruppe also ziemlich leicht daraufhinweisen können, dass auch die Hemeraner unter dem selben Motto in MK eine Demo geplant haben. Warum sie das nicht getan hat?

Die AAL selbst schreibt, sie wolle nichts mit der Antifa Hemer zu tun haben. Dazu sei wiederum gesagt, dass ich hier erst recht nicht einsehe, warum die AAL der AJF nicht zu einem Treffen mit den Hemeranern geraten hat. Oder, falls das geschehen ist, warum die AJF sich nicht gemeldet hat, dann liegt der Fehler bei denen. Mal ganz abgesehen davon, dass dieses Treffen (ob nun mit der AAL oder mit der AJF) hätte stattfinden können, ohne dass gleich irgendwelche Hochzeitsglocken läuten, oder? Eine Absprache hätte ohne "Küsse und Schläge" stattfinden können.

Meiner Meinung nach hat die AAL und/oder die AJF sich schlicht und einfach ignorant verhalten. An diesem Tage hätten mehrere Leute gemeinsam auf der Straße demonstrieren können gegen einen Haufen Dummheit, der in unserer Gesellschaft von nicht wenigen konstruiert und verteidigt wird: Rassismus. Stattdessen sind diese Menschen vor die Tatsache gestellt worden, sich in zwei Gruppen aufteilen zu müssen, was jedes Erscheinungsbild geschwächt hat. (Demonstrieren heißt ja auch "Für etwas erscheinen", "etwas symbolisieren und aufzeigen", in diesem Fall eine antirassistische Gruppe von Menschen.) Konkret in diesem Falle ist hier einfach Unsinn geschehen, wenn man die kurze Distanz der beiden Städte betrachtet. Zudem weiß ich auch nicht, ob an sich überhaupt sehr viele Menschen an der Demo teilgenommen haben, aber vermutlich gehe ich recht in der Annahme, dass es keine Massendemo gewesen ist. Ein Grund mehr also, eine solche Aufteilung an ein und demselben Tag zu kritisieren.

Aber ehrlich gesagt bezweifel ich, dass der wahre Konflikt zwischen beiden Gruppen diese in besagtem Punkte "gescheiterten" Demos als Grundlage hat. Wer sich die bisherigen Beiträge genauer ansieht, wird sehr schnell dahinterkommen, dass der eigentliche Konflikt vermutlich viel tiefer sitzt.

So ist da zum Beispiel eine regelrechte Fixierung, die die AAL in ihrem Antwortbrief gezeigt hat, und fast ins Paranoide hineinreicht. Das Antwortschreiben auf den Leserbrief des unbekannten Lüdenscheiders beginnt mit der Formulieren, es handele sich um eine Antwort auf "Euren Leserbrief", was ziemlich unsinnig wirkt. Als ob die Antifa Hemer daran Schuld habe, dass jemand einen Leserbrief verfasst hat. Auch in dem Brief selber, der ja eigentlich an den namenlosen Lüdenscheider geht, wird immer wieder in die zweite Person Plural umgeschwenkt, womit sich die AAL auf die Antifa Hemer bezieht. Hier finde ich eindeutig, dass die AAL auf die Antifa Hemer fixiert erscheint, selbst wenn sie angeblich nichts mit ihr zu tun haben möchte. Ein wenig schizophren, nicht wahr? (Jaja, Psychologie im zweiten Semester, hihi...)

Ich finde also schon, dass hier Konkurrenzverhalten deutlich wird, was ich ehrlich gesagt in dem Leserbrief der Unbekannten noch ein wenig weit hergeholt fand. Komischerweise hat die Antwort der AAL bei mir diese Behauptung erst bestätigt.

Auch die Aussagen zur Organisation der AAL fand ich merkwürdig: Es hießt, nur feste Strukturen könnten zum "Erfolg" fuhren, und die Stärkung der Organisation sei das Ziel der AAL. Der folgende Satz ist tatsächlich nicht sarkastisch gemeint: Könnte man da nicht auch dem Schachverein oder dem Segelclub beitreten? Wird eine Gruppe hier nicht zum Selbstzweck? Oder hat der Verfasser aus der AAL sich hier nur nicht deutlich formuliert? Denn dieses Gerede von Stärkung und "Festen Strukturen" hört sich schon ein wenig phrasenhaft an. Außerdem auch ein wenig autoritär und totalitär, wenn ich ehrlich sein soll. Obwohl ich da vielleicht auch ein wenig übertreibe.

Ich finde es trotzdem interessant, wenn man zudem bedenkt, wie ignorant die AAL sich gegenüber der Antifa Hemer gibt. Nicht zuletzt der ideologische Konflikt sollte auch zu betrachten sein, der auch von beiden Gruppen angesprochen wurde. Soweit mir bekannt ist ergibt er sich aus der eher marxistischen Einstellung der AAL und der anarchistischen der Antifa Hemer. Sehe ich das soweit richtig?

Dass dieser Konflikt da ist, erkennt man allein aus der Tatsache, dass espi von Schwarze Katze sich mit "Nationalismus" beschäftigt hat und seine Beobachtungen in dieser Diskussion in einem längeren Text einfließen ließ.

Hierzu sollte aber auch eine konkrete Stellungnahme der AAL gefordert werden: Sind die Mitglieder wirklich Marxisten, Leninisten, Stalinisten? Wie weit reicht diese politische Ideologie bei den Einzelnen? Sieht die AAL selber in dem ideologischen Streit zwischen Anarchismus und Kommunismus ein wichtiges Moment in dem gesamten Konflikt? Ich persönlich meine, ihn erkennnen zu können.

Was steht im Vordergrund: Die politische Einstellung, oder die Menschen an sich? Dass sich beides nicht wirklich voneinander trennen lässt, sollte klar sein. Aber es sollte auch klar sein, dass Menschen eine Ideologie vertreten, sie sind aber selber keine Ideologie. Falls die Menschen selber das allerdings auch denken sollten, und sich darüber definieren, dass sie "Marxisten" sind, so zeigt das in meinen Augen eher Ich-Schwäche. Ich möchte hier eindeutig sagen, dass ich jeden Nationalismus verabscheue, ebenso jede Autorität und Totalitarismus, womit ich mich auch gegen den Marxismus und Leninismus wende.

Ich selber stelle mich hier auf keine Seite, sondern möchte einfach nur Dinge aufzeigen, die mir aufgefallen sind. Als Vertreter des dialogische Prinzips, andere Menschen als "Du" zu begreifen, als menschliche Individuen, stelle ich die Ideologie immer hinter den Menschen selber, ohne sie von ihm zu trennen. Die Frage ist, in wieweit das die beiden Gruppen bei dem ideologischen Konflikt ebenfalls tun?

All diese Dinge zeigen meiner Ansicht nach, dass zwischen den beiden Gruppen viel tiefer sitzende Konflikte bestehen, über die nicht gesprochen wurde/wird.

Mir ist auch in dem Antwortschreiben der AAL häufig Sarkasmus und Ironie aufgefallen, was in meinen Augen immer ein Zeichen von Diskussionsunwilligkeit ist. So ein Gespräch ist bei den Gruppen aus meiner bisherigen Beobachtung schon längst überfällig. Der Konflikt liegt vermutlich wirklich nicht bei den beiden Demos am 15., sondern in völlig anderen Bereichen, denen aus irgendeinem Grunde aus dem Weg gegangen wird. Denkt bitte daran, dass der eigentliche Feind woanders sein sollte. Und wenn die AAL wirklich autoritär und dogmatisch marxistisch ist, wie es mir in den Beiträgen manchmal angedeutet erscheint, dann sollte die AAL entweder ihren Namen (Autonome?) wechseln, oder sich auf eine Diskussion einlassen.

Zwar ist mir bewusst, dass viele autonome Gruppen marxistisch sind, nur frage ich mich, inwieweit hier sich nicht Begriffe grundlegend widersprechen, ohne dass es jemandem auffallt? (Demokraten bezeichnen sich schließlich auch ständig als Freiheitsliebende...) Der AAL möchte ich sagen, dass ich ihr hier zwar kritisch gegenüberstehe, aber weit davon entfernt bin, irgendwelche feste Meinungen abzugeben. Dazu kenne ich Euch nicht. Ich möchte das vor allem für alle anderen Leser dieser Stellungnahme erwähnen, denn letzten Endes bin ich Außenstehender. Die Fragen von mir, wie sich die Gruppenmitgliedern auf politischen Theorien beziehen, sind auch nicht als Angriffe gemeint. Dass Ihr dogmatische Marxisten seid, habe ich bisher eher über andere Personen gehört, deswegen würde ich hier gerne von Euch selber etwas dazu hören, und ob auch Ihr hier ein wichtiges Problem seht.

Ich hoffe, dass diese Zeilen hier okay waren, die ich dazu geschrieben habe. Falls ich irgendetwas falsch oder nur verzerrt verstanden oder dargestellt habe, dann sollte es auch erwähnt werden. Letzten Endes bin ich schließlich Außenseiter des ganzen Konfliktes. Ansonsten möchte ich nicht so platt und oberflächlich wie nach meinem letzten Beitrag verbleiben, also:

Nieder mit dem Staat, legalisiert schwarze Messen, schaltet alle AKWs ab und stellt vegane Gummibärchen ohne Gelatine her! Gegen Umweltverschmutung, Walfang, die Römer und nicht von tierischen Inhaltstoffen freiem Gleitgel...

Viele liebe kunterbunte Grüße, ein kleiner bunter Sympie


espi von der Schwarzen Katze:
Hoch die Internationale, Kinderschokolade! Beitrag zur Debatte um Nationale Befreiung

Quelle: Schwarze Katze Rundbrief 02.01.01

Ich habe mich einige Zeit mit den Zapatisas, den Aufständigen in Mexiko beschäftigt. Im Zuge dessen traf ich auch auf das bis heute beliebte Spielchen der "Linken" - was immer diese auch sein soll - ,sich mit nationalen Befreiungsbewegungen zu identifizieren ( an denen es ja nicht mangelt). Das ist sehr problematisch - zu den Gründen komme ich gleich. Mir geht es vor allem um die Frage, warum sich linke AntiimperialistInnen und InternationalistInnen mit diesen Bewegungen solidarisieren.

Angesichts der kontroversen Beiträge der Autonomen Antifa Lüdenscheid und der Schwarzen Katze finde ich es angemessen, die Erkenntnisse meiner Arbeit zu Befreiungsnationalismus für andere zugängig zu machen. Ich hoffe, dies ist im Sinne einer produktiven Debatte! Im folgenden möchte ich nun

a) darauf eingehen, warum nationale Befreiungsbewegungen so populär sind,
b) die Problematik des Nationalismus beschreiben und
c) Verbindendes von nationalen Befreiungsbewegungen hervorheben. Unter
d) gibt es dann noch einen kleinen Ansatz eines Gegenmodells, das ohne nationalistisches Zeug auskommt.

a) die Leute...

Platt, aber nicht ganz falsch, gesagt: Wenn mensch selber in der eigenen Wirklichkeit nichts auf die Reihe bekommt, die Kräfteverhältnisse in der BRD nix anderes zulassen, sucht mensch sich halt eine Befreiungsbewegung...

In Südamerika und Afrika gab es derer in der Vergangenheit viele. Weit weg von der eigenen Wirklichkeit, fällt es leicht, diese Bewegungen so zurecht zu biegen, dass sie der eigenen politischen Ansicht zu entsprechen scheinen. Schnell wird eine Bewegung in der "Dritten Welt" hochgejubelt, da Informationen nur selektiv ausgesucht werden und schwer zu überprüfen sind. Oft dienen solche Bewegungen als Projektionsfläche für die eigenen revolutionären Träume. Hinterfragt werden diese Bewegungen kaum, Widersprüche werden verdrängt. Alles, was sich scheinbar gegen den personifizierten Imperialismus richtet ist toll - ein kritischer Umgang ist das sicher nicht:

Ausgeblendet wird (vor lauter blinder Solidarität), dass diese Bewegungen selber oft nationalistisch und sexistisch sind und ihr politisches Ziel im besten Fall darin besteht, die machthabende Elite durch die eigenen Leute austauschen wollen. Viel zu oft hat sich gezeigt, dass nationale Befreier nach der Machtergreifung noch unterdrückerischer als ihre Vorgänger waren. Und wenn das Versagen dieser Bewegungen nicht mehr zu verdrängen ist, ist mensch entäuscht und hält Auschau nach dem nächsten Objekt der Solidarität. Statt sich zu überlegen, warum mensch selbst erst so spät auf den Trichter gekommen ist, dass die Befreiungsbewegung eben keine ist, wird eine "neue" gesucht.

So dient die Solidarität mit nationalen Befreiungsbewegungen als Ersatz für eigenes veränderndes Handeln. Und dass ist doof. Gerade die ZapatistInnen haben den "Linken" aus den Metroploen deutlich gezeigt, dass sie ihre vorbehaltlose ihr-seid-ja-so-toll Solidarität nicht wollen. Solidarität, die alles unhinterfragt anhimmelt, was Bewegungen in anderen Ländern anstellen, ist keine. Statt dessen fordern sie Kritik und konstruktives Einbringen.

c) ...Nationale Befreiungsbewegungen...

Verbindend für fast alle Nationalen Befreiungsbewegungen ist der Marxismus-Leninismus, der offen mit nationalistischen Versatzstücken verknüpft ist. Häufig sind es StudentInnen mit elitärem Selbstbewusstsein, die den Menschen die objektive Wahrheit des Marxismus-Leninismus aufdrücken und selbstverständlich die Führung der Bewegung inne haben wollen. Ihr Nationaismus ist vor allem ein Mittel, die Wogen zu glätten und eine scheinbare (Volks-)Front herzustellen.

Selbst in Mexiko waren es Mitte der 80er StudentInnen, die zu den Indigenas kamen und deren Avantgarde sein wollten. Nur hatten die Indigenas auf deren altbackenes, autoritäres Revolutionskonzept keinen Bock. In Jahren der Auseinandersetzung kam es bei den einstigen ML-Kadern erstaunlicherweise zu einem grundlegenden Umdenken, eher hin zu den basisdemokratischen, durch die mexikanischen Revolutionenen beeinflusste Traditionen der zapatistischen Gemeinden. Dies ist aber die große Ausnahme.

d) ...und der Nationalismus (nicht nur in der nationalen Befreiungsbewegungen)

Die Nation ist der Bezugspunkt für nationale Befreiungsbewegungen - das ist ein großes Problem. Die Nation ist ein Konstrukt. Nationalstaaten gibt es erst seit der französischen Revolution - und nicht schon immer, wie es NationalistInnen gern hätten. Nur durch Geschichtsverfälschungen, Umdeutungen und blutige Kämpfe konnte der Nationalstaat eingeführt werden. (Unter anderem in der anarchistischen Vierteljahreszeitschrift "Schwarzer Faden" gibt es da einen interessanten Artikel zu...)

Aufgrund ihrer Geburt innnerhalb der Grenzen eines Landes sollen Menschen Teil der Nation sein - egal, ob sie sich dieser zugehörig fühlen oder nicht. Es handelt sich also um eine Zwangsgemeinschaft, bei der so getan wird, als würden Menschen von Natur aus zu ihr gehören. Letzten Endes läuft es immer auf eine Blut-und-Boden Ideologie hinaus: wer auf deutschem Boden geboren wird, hat deutsches Blut in den Adern. Die Nation wird als eine einheitliche Gruppe gedacht, der bestimmte Charakteristika zugeschrieben werden, z.B. die Italiener sind impulsiv, die Deutschen sind ordentlich etc. Den Menschen wird eingeredet, dass es einen Volkswillen, ein höheres Allgemeininteresse gäbe, dem sich Einzelne unterordnen sollen.

Widersprüche, Konflikte und Klassengegensätze sollen durch das Konstrukt Nation verschleiert werden. Vor allem bei Menschen aus den unteren (Arbeiter-)Schichten soll das sich zur Nation zugehörig fühlen dafür sorgen, dass sie sich weiter für andere abschuften. So von wegen: "Ich bin Teil dieser Nation, also immer noch besser als der Türke da drüben am Förderband."

Sich positiv auf die Nation beziehen bedeutet, eine Zwangsgemeinschaft zu unterstützen, welche den einzelnen Menschen in die amorphe Masse einreiht. Häufig sind nationale Befreiungsbewegungen seperatistisch, d.h. sie wollen einen eigenen Staat haben. Die Herrschaftsfrage wird ausgeblendet: wichtig ist nicht mehr, dass unterdrückt wird, sondern dass es möglichst die eigenen Leute sind.

Nationalismus ist ein Auschlußmechanismus: wer nicht hier geboren wurde, gehört nicht zum Volkskörper. Nationalismus schlägt immer auch in Gewallt nach Innen um, die sich gegen die richtet, welche sich nicht an nationale Traditionen halten, die kein Deutscher, Kurde oder Indigena sein wollen. Es gibt nicht die Deutschen, es gibt nicht die Kurden - kein Mensch ist von Natur aus Teil einer Nation. Es sind Konstrukte, mit denen Menschen unterdrückt werden. Mit ihrer Hilfe sollen gesellschaftliche Zwangsgemeinschaften wie die Nation zur Natur erklärt werden, zum Nichtveränderbaren.

Nationalismus bedeutet stets Unterdrückung von Menschen und kannn daher nicht positiv gewendet werden. Aufgebrochen werden sollte er und alle anderen Konstrukte, der wir in der herrschenden Wirklichkeit ausgesetzt sind.

d) Ansatz eines Gegenmodells (garantiert frei von nationalistischen Inhaltsstoffen...)

Sicher bin ich mir dessen, dass Unterdrückung nur von einer Gemeinschaft von Menschen mit festem Zusammenhalt durchbrochen werden kann. Doch diese Gemeinschaft muss eine freie Vereinigung sein, zu der sich die Einzelnen aus eigener freier Entscheidung bekennen: "Ich gehöre zu euch, weil ich mich zugehörig fühle und nicht weil ich in diese Nation hereingeboren wurde. Nationalismus duldet diese freie Entscheidung nicht, weil er immer nur bestimmte Menschen einschliesst und andere ausschliesst.

Zusammenhalt ist wichtig, gerade in Situationen, wo Menschen staatlicher Verfolgung ausgesetzt sind. Doch eine Einheit der Kämpfenden, wie sie durch Nationalismus oder starre politische Weltanschauungen wie Marxismus-Leninismus, Stalinismus oder Trotzkismus erreicht werden kann, droht immer in Gewalt und Gleichschaltung nach Innen, gegen den oder die Andere umzuschlagen. An Stelle der Einheit sollte die Vielzahl von Kämpfen treten: trotz des Verbindenden muß immer die Möglichkeit zur inneren Revolution, zur Auseinandersetzung offen bleiben. Trotz der Gemeinsamkeiten muß Raum für Unterschiede, Widersprüche vorhanden sein. Ansonsten ist der Rückfall in die Muster vorprogrammiert, auf welchen diese Gesellschaft und der Staat sich gründet.

Für weitere spannende Ansätze, wie Organisation aussehen kann, lohnt es sich, einen Blick auf die zapatistische Bewegung zu werfen. Wobei hier gesagt sein soll, das diese Ideen von AnarchistInnen schon länger vertreten werden und wurden.

Espi

Schwarze Katze, Postfach 41 20, 58664 Hemer, http://schwarze.katze.dk/