KULTURELLES CHAOS, POLITIX UND WARPZONEN
Hey, eurem Rassismus fehlt der Funk...
[extendet terry meets deconstruction mix]
Erstaunlicherweise herrschte bei den Docks kein lautes Stimmengewirr.
Die Leute waren zu sehr damit beschäftigt, an Geld zu denken. Feldwebel
Colon und Korporal Nobbss lehnten an einem Holzstapel und beobachteten, wie
jemand mit großer Sorgfalt den Namen Stolz von Ankh-Morpork an
den Bug eines Schiffes malte. Früher oder später würde er bemerken,
daß er das »z« vergessen hatte, und auf diesen kleinen Spaß freuten
sich die beiden Wächter.
»Bist du jemals zur See gefahren?« fragte Nobby.
»Ha, nein, ich nicht!« erwiderte Colon. »Ich gebe dir einen guten Rat: Komm nie auf die Idee, den Klabautermann zu suchen.«
»Keine Sorge«, sagte Nobby.«Ich weiß gar nicht, wo ich nach ihm suchen sollte. Und selbst wenn ich ihn fände: Worüber sollte ich mit ihm reden?«
»Gut.«
»Ich meine, ich kenne ihn doch gar nicht.«
»Du hast überhaupt keine Ahnung, was es mit dem Klabautermann auf sich hat, oder?«
»Nein, Feldwebel.«
»Treibt sich irgendwo auf dem Ozean herum, der Bursche. Durch ihn wird die Seefahrt zu einer riskanten Anglegenheit. So ist das eben mit dem Meer - man kann ihm nicht trauen. Da fällt mir ein...Als ich klein war, habe ich ein Buch über einen Jungen gelesen, der sich in eine Nixe verwandelte, sozusagen, und er lebte unten auf dem Meeresgrund...«
»beim Klabautermann...«
»Ja, und dort war alles ganz hübsch. Es gab sprechende Fische und rosarote Muscheln und so. Und dann eines Tages verbrachte ich die Ferien in Quirm, und bei der Gelegenheit sah ich das Meer und dachte: Na so was. Und wenn meine Mutter nicht schnell genug reagiert hätte, tja, wer weiß, was damals geschehen wäre, ich meine, der Junge im Buch konnte unter Wasser atmen, woher sollte ich es besser wissen? Man erzählt sich so viele Lügen übers Meer. In Wirklichkeit ist alles nur Igitt mit Hummern drin.«
»Der Onkel meiner Mutter war Seemann«, sagte Nobby. »Aber nach der großen Seuche bekam er es mit Anwerbern der besonderen Art zu tun. Eine Gruppe von Bauern machte ihn betrunken, und am nächsten Morgen erwachte er an einen Pflug gefesselt.«
Die beiden Wächter warteten und beobachteten.
»Offenbar steht ein Kampf bevor,Feldwebel«, sagte Nobby, als der Maler überaus sorgfältig das abschließende »k« malte.
»Dauert bestimmt nicht lange«, erwiderte Colon. »Sind alles nur Feiglinge, die Klatschianer. Sie wetzen über den heißen Sand davon, kaum daß sie kalten Stahl zu spüren bekommen.«
Feldwebel Colon hatte eine umfassende Ausbildung hinter sich. Zuerst war er auf die Schule »Mein Vater hat immer gesagt« gegangen, um anschließend die Universität »Ist doch logisch« zu besuchen. Derzeit absolvierte er das Aufbaustudium »Was mir jemand in der Taverne erzählt hat«.
»Es dürfte also nicht weiter schwer sein, damit klarzukommen, oder?« fragte Nobby.
»Und sie haben nicht mal die gleiche Hautfarbe wie wir«, sagte Colon. »Äh... wie ich«, fügte er hinzu, als er an die unterschiedlichen Schattierungen von Korporal Nobbs dachte.
»Obergefreiter Besuch ist ziemlich braun«, meinte Nobby. »Ich habe nie gesehen, daß er weggelaufen ist. Wenn er die Chance wittert, jemandem eine religiöse Broschüre anzudrehen, lässt der alte Waschtopf nicht locker.«
»Ach, die Omnianer unterscheiden sich eigentlich nicht sehr von uns«, behauptete Colon. »Manchmal verhalten sie sich seltsam, aber im Grunde sind wir aus dem gleichen Holz geschnitzt, mehr oder weniger. Ein Klatschianer hingegen verrät sich schon dadurch, dass er viele Wörter benutzt, die mit al beginnen. Daran kann man die Klatschianer sofort erkennen. Sie haben alle Wörter erfunden, die mit ›al‹ anfangen. Wie zum Beispiel Al-kohol.«
»Die Klatschianer haben das Bier erfunden?«
»Ja.«
»Verdammt schlau von ihnen.«
»Ich würde es nicht schlau nennen«, sagte Feldwebel Colon und begriff zu spät, dass er einen taktischen Fehler begangen hatte. »Es dürfte eher ein glücklicher Zufall sein.«
»Und was haben die Klatschianer sonst noch erfunden?«
»Nun...« Colon strengte sein Gehirn an. »Al-gebra. Das sind Summen mit Buchstaben und so. Für Leute, die für Zahlen nicht intelligent genug sind.«
»Tatsächlich?«
»Ja«, bestätigte Colon. Er glaubte sich nun auf sicherem Terrain und fuhr selbstbewusster fort: »Ich hab mal gehört, wie ein Zauberer von der Universität sagte, die Klatschianer hätten nichts erfunden. Angeblich ist das ihr großer Beitrag zur Mathematik. ›Was?‹ fragte ich, und der Zauberer meinte, die Null stamme aus Klatsch.«
»Klingt nicht sehr intelligent«, kommentierte Nobby. »Jeder kann nichts erfinden. Ich zum Beispiel. Hab überhaupt noch nichts erfunden.«
»Eben«, bekräftigte Colon. »Ich habe dem Zauberer gesagt, die Erfinder von Zahlen wie vier und, und ...«
»...sieben...«
»...ja, seien die wahren Genies. Nichts brauchte nicht extra erfunden zu werden. Es war bereits da. Bestimmt haben es die Klatschianer einfach nur so entdeckt, rein zufällig.«
»Es liegt an der Wüste«, sagte Nobby.
»Genau! Guter Hinweis. Die Wüste. Wie jeder weiß, besteht eine Wüste größtenteils aus nichts. Für die Klatschianer ist das Nichts gewissermaßen ein wichtiger Rohstoff. Ist doch logisch. Wir aber sind zivilisierter, ich meine, bei uns gibt's mehr Dinge, und deshalb haben wir die Zahlen erfunden, um sie alle zu zählen. Ich meine...Es heißt, die Klatschianer hätten die Astronomie erfunden.«
»Al-tronomie«, warf Nobby ein.
»Nein, nein...Nein, Nobby, ich schätze zu der Zeit hatten sie bereits das ›s‹ erfunden. Ich meine, es würde mich gar nicht wundern, wenn sie es uns geklaut hätten. Wie dem auch sei: Die Klatschianer haben die Astronomie erfunden, weil sie gar nichts anderes zu tun hatten, als die Sterne zu beobachten. Jeder kann zu den Sternen hochsehen und ihnen Namen geben, ich meine, mit erfinden hat das doch gar nichts zu tun. Wir laufen nicht herum und behaupten, irgend etwas erfunden zu haben, nur weil wir einen kurzen Blick darauf geworfen haben.«
»Die Klatschianer sollen viele seltsame Götter haben«, sagte Nobby.
»Ja, und verrückte Priester«, sagte Colon. »Viele von ihnen mit Schaum vorm Mund. Glauben an die sonderbarsten Dinge.«
Einige Sekunden sahen sie dem Maler stumm zu. Colon wartete auf die nächste Frage.
»Worin genau liegt eigentlich der Unterschied zu uns?« erkundigte sich Nobby. »Ich meine, einige von unseren Priestern sind...«
»Ich hoffe, du wirst jetzt nicht unpatriotisch, sagte Colon streng.
»Nein, natürlich nicht. Ich war nur neugierig. Ich meine, mir ist natürlich klar, daß die Klatschianischen Priester viel schlimmer sein müssen als andere. Immerhin sind es Ausländer und so.«
»Und natürlich sind sie alle ganz wild auf den Kampf«, sagte Colon. »Bössartige Burschen, mit ihren krummen Schwertern.«
»Soll das heissen, sie...greifen bössartig an, während sie gleichzeitig feige fortlaufen, sobald sie kalten Stahl zu spüren bekommen?« fragte Nobby, der ein verräterisch gutes Gedächtnis für Details haben konnte.
»Man kann den Burschen nicht trauen, das ist meine Meinung. Und nach den Mahlzeiten rülpsen sie immer.«
»Das machst du auch, Feldwebel.«
»Ja, aber ich tue nicht so, als wäre das höflich.«
»Nun, wir können von Glück sagen, daß du hier bist, um die Dinge zu erklären, Feldwebel«, sagte Nobby. »Es ist erstaunlich, was du alles weßt.«
»Manchmal bin ich selbst überrascht«, erwiderte Colon bescheiden.
Der Maler lehnte sich zurück, um sein Werk zu bewundern. Die
beiden Wächter hörten, wie er aus tiefem Herzen stöhnte, und
daraufhin nickten sie zufrieden.
Terry Pratchet: Fliegende Fetzen
Das war ein kurzer Auschnitt aus dem lesenswerten Buch »Fliegende Fetzen«, ein Roman von Terry Pratchett's bizarrer Scheibenwelt. Ich finde diesen Auschnitt so passend, weil er auf komische, schön übertriebene Weise herauskristallisiert, wie Rassismus funktioniert: Feldwebel Colon will sich vor Nobby als clever darstellen, indem er erzählt, wie böse die Klatschianer seien. Dabei schreibt er ihnen, den »AusländerInnen« jede Menge vermeintliche Eigenschaften zu, die vor allem negativ sind. Damit liegt Terry Pratchett gar nicht weit von der Wirklichkeit entfernt: auch hier werden Menschen Eigenschaften zugeschrieben, die vor allem negativ sind. Nur einige der üblichen Bekannten: Ausländer sind kriminell, laut, schmutzig. Ausländer sind Sozialschmarotzer, die sich in der BRD ein schönes Leben machen wollen. Dabei wird so getan, als gäbe es eine einheitliche Gruppe der Türken, der Deutschen oder der EngländerInnen, deren Vertreter alle die gleichen Eigenschaften haben sollen. Aha. Ich soll also eine gemeinsame Identität mit all den Leuten haben, die sich nach Feierabend am Stammtisch einen hinter die Binde giessen. Und, isst du eimal pro Woche Sauerkraut, bist sauber und ordentlich und Fussballfan? Nein? Dann ist aber fraglich, ob du auch wirklich deutsch bist oder etwa eine Fremde...
Rassismus geht davon aus, dass es unterschiedliche Völker gibt,
die alle ihre eigene Natur haben. So soll z.B. die germanische Kultur im Blut
all derer stecken, die auf deutschem Boden geboren werden. Und deshalb sei es
gar nicht gut, wenn sich Menschen unterschiedlicher Kulturen paaren, weil ihre
Nachkommen als Mischlinge nie glücklich werden könnten. Bei der Geburt
sollen Menschen also ihre Kultur gleich mitgeliefert bekommen - ach, wie praktisch!
Trotz dessen scheint sich das ordentliche »Deutschtum« bei vielen Jugendlichen
nicht richtig zu entfalten - oder handelt es sich dabei um einen Genfehler?
Es ist genau umgekehrt: Rassismus will Menschen auf eine bestimmte Kultur
festlegen, indem er diese als ihre »Natürliche« vorgaukelt. Aber
Menschen essen nicht von Natur aus Frühlingsrollen, sprechen nicht von
Natur aus deutsch und lieben nicht von Natur aus Volxmusik - wäre ja schrecklich!
Eigenschaften und Vorlieben werden erworben, Menschen werden erst durch Eltern,
Schule und Medien geprägt und dazu erzogen...nur gut, dass es nicht bei
allen klappt. Auf jeden Fall duldet Rassismus nicht die Freiheit, sich individuell
zu entscheiden, wo und wie mensch leben möchte. Na, auch keine Lust auf
Volxgemeinschaft?
Das Problem hat schon längst angefangen, wenn mensch sich darauf
einläßt, von den AusländerInnen zu reden. Wer von »Ausländerkriminalität«
spricht, steckt schon fest in der rassistischen Logik, die ausblendet, dass
es die einheitliche Gruppe der Ausländer überhaupt nicht gibt. Es
hat nie und es existiert keine einheitliche Gruppe der Deutschen, die Griechen
oder die EngländerInnen. »Rassen« sind nichts, was von Natur aus da ist,
sondern gesellschaftlich erzeugt wird. Sie werden erst dadurch geschaffen, dass
über die immer wiederkehrenden Zuschreibungen von bestimmten Eigenschaften
scheinbar einheitliche Gruppen von Menschen, sogenannte Rassen, aufgebaut werden.
Doch selbst von Seiten der Biologie wird heute zugegeben, dass die Unterschiede
zwischen zwei beliebigen Menschen größer sind als die zwischen Schwarzen
und Weißen, dass es nicht haltbar ist, Menschen in »Rassen« aufzuteilen.
Damit ist die Grundlage, auf die sich der Rassismus stützt, nämlich
dass es unterschiedliche »Rassen« gäbe, futsch. Oh, dass tut uns aber leid
- was sollen die armen Rassisten nun tun, wo's nicht einmal mehr Rassen gibt?
Die Judenverfolgung im Faschismus ist das erschreckenste Beispiel, wie
weit die Zuschreibungen von der Wirklichkeit entfernt sind - auch wenn Antisemitismus
nicht mit Rassismus gleich zu setzen ist. Das von den Nazis verbreitete Bild
vom Juden mit Hakenase und hochgezogener Stirn war sicher einprägsam, nur
konnte es potentiell auf jeden Menschen zutreffen. Weil nur die wenigsten Juden
diesem Ideal entsprachen, wurde der Judenstern eingeführt, um jeden Juden,
jede Jüdin als solche identifizieren zu können. An dieser Stelle spätestens
wird unübersehbar, dass die »gemeinsamen« Merkmale, um von »den« Juden
sprechen zu können, erst konstruiert werden mussten. Von den Nazis wurde
dies zynischerweise noch als Trick der Juden gewertert: die sind eine so gerissene
und hinterlistige Rasse, dass mensch sie gar nicht als solche erkennen kann.
Mit seiner Frage an den Feldwebel, worin der genaue Unterschied zwischen ihnen und den Klatschianern läge, trifft Nobby daher genau den Kern: Die realen Unterschiede zwischen denen, die sich für Einheimische halten und denen, die als ausländisch gelten, sind viel geringer als die Übereinstimmungen. Sie müssen daher, wie zuvor beschrieben, erst produziert werden: künstlich werden Menschen zum Fremden und Bösartigen gemacht, mit dem sich keine mehr identifizieren mag: »Es sind ja nur Ausländer.« Nur so ist zu erklären, warum so viele Menschen die Abschiebungen durch den deutschen Staat ohne Widerstand hinnehmen. So ist es dann möglich eine Gruppe von elementarsten Grund - und Menschenrechten auszuschließen, wie es sich in den sogenannten AusländerInnengesetzen ausdrückt: MigrantInnen müssen in Sammelunterkünften unter den miesesten Bedingungen leben, dürfen ihren Aufenthaltsort nicht verlassen (»Residenzpflicht«) und haben nur unzureichenden Anspruch auf gesundheitliche Hilfe. Wenn die Menschen hier Mitgefühl mit den Flüchtlingen hätten, sich in ihnen selbst sehen würden, wären diese Diskriminierungen undenkbar. Dass es diese Proteste im grossen Rahmen nicht gibt beweist eines: Rassismus spaltet Menschen.
Über rassistische Zuschreibungen werden Gruppen aufgebaut, die
von PolitikerInnen für Probleme wie z.B. Arbeitslosigkeit oder Kriminalität
verantwortlich gemacht werden. Und jede einzelne dieser scheinbaren Gemeinschaft
kann diskriminiert werden, ohne dies individuell begründen zu müssen
oder Protest zu befürchten. Zum einen können AusländerInnen als
unterbezahlte LohnarbeiterInnen angestellt werden, um Kosten zu sparen und Löhne
zu drücken. Den anderen ArbeiterInnen kann so gezeigt werden: seid froh
mit dem, was ihr habt, die sind noch schlechter dran als ihr. In diesem Fall
verhindert der spaltende Rassismus, dass Menschen gemeinsam für bessere
Arbeitsbedingungen für alle kämpfen. Zum anderen läßt
sich die Konstruktion AusländerInnen in Zeiten sozialer Wandlungsprozesse
dazu einsetzen, ihnen die Schuld für Arbeitslosigkeit oder Kürzungen
im sozialen Bereich zu geben.
In den Medien konnte mensch in den letzen Jahren genau verfolgen, welches
Bild von den AusländerInnen vermittelt wird: die AusländerInnen werden
als Schmarotzer dargestellt, die »den Deutschen« - who's this? - Arbeit und
Wohlstand rauben, kriminell sind und mit Drogen dealen. PolitikerInnen aller
Parteien haben dieses Bild gefördert und greifen selber darauf zurück
- mit Rassismus wird Politik gemacht: um Verschärfungen des Asylgesetzes
durchzusetzen werden Ängste vor (sic!) Flüchtlingswellen, der
»Asylantenflut« geschürt, ein Begriff, der dem Vokabular des Nationalsozialismus
entlehnt ist: hier wird nicht mehr von Menschen gesprochen, sondern von einer
Naturkatastrophe (!) - die mit entsprechenden Mitteln zu »bekämpfen« ist.
Immer wieder wird auf die verfestigten ausländerfeindlichen Denkhülsen
und Vorurteile zurückgegriffen: um dem angeblichen »Asylmissbrauch« ein
Ende zu setzen, soll das Recht auf Asyl nun ganz abgeschaft werden. Vor dem
Hintergrund, dass in der BRD augenblicklich nur maximal 4% aller Asylanträge
durchkommen, ist dieser Vorwurf mehr als zynisch.
Rassismus...sind da nicht die Asylanten schuld dran?
In Befragungen der Polizei geben viele Menschen an, sich vor »Ausländerkriminalität«
zu fürchten. Sozialwissenschaftliche Untersuchungen haben wiederum gezeigt,
dass nur die wenigsten Menschen von AusländerInnen überfallen wurden.
An dieser Stelle eröffnet sich eines der entscheidenden Momente von Rassismus:
Die Ängste der Menschen stammen eben nicht aus der Erfahrung, viele von
ihnen hatten vermutlich nie engeren Kontakt zu den sogenannten AusländerInnen.
Das Bild von den AusländerInnen wird ihnen fast ausschließlich durch
die Medien vermittelt und basiert auf Vorurteilen, die nie mit der Wirklichkeit
abgeglichen worden sind. Und gerade dadurch wird verhindert, dass Menschen Beziehungen
zu ausländischen Mitmenschen aufbauen. Vorurteile sichern, dass die Konstruktionen
weiter bestehen und benutzt werden können.
Das bedeutet auch, dass Rassismus nichts mit den zu AusländerInnen
Gemachten zu tun hat, sondern mit den Menschen, welche die Vorurteile haben.
Dieser Hinweis ist wichtig, da PolitikerInnen nicht davor zurückschrecken,
den sogenannten AusländerInnen selbst noch den Rassismus anzulasten: so
will z.B. die CDU Ängste vor Überfremdung abbauen, indem die Einwanderung
in die BRD begrenzt, kontrolliert oder verunmöglicht wird. Weiter gedacht
bedeutet dies: weil so viele »AusländerInnen« in die BRD kommen, entsteht
Fremdenfeindlichkeit unter den Menschen. Der Spruch »Wenn wir nicht so viele
AusländerInnen hätten, gäbe es auch keine Ausländerfeindlichkeit.«
ist weit verbreitet. So drehen die RassistInnen die Perspektive um. Die »AusländerInnen«
selber sollen die Ursache für Ausländerfeindlichkeit sein, und müssen
daher folgerichtig weg. Immer wieder muss deshalb betont werden: Das Problem
sind und bleiben die RassistInnen. Denn die Zuschreibungen gehen von ihnen aus:
die Vorstellung, farbige Menschen seien besonders triebhaft und dümmer
als Weiße, stammt von Weißen. Die Identität, in die AusländerInnen
gepresst werden, wird ihnen von außen aufgedrückt - was nicht heißen
soll, dass sie nichts dagegen tun könnten. Ein solcher Ansatz war z.B.
eine von Flüchtlingen selbstorganisierte Demo in Iserlohn (8.2.01), in
der die menschenverachtende Gutscheinpraxis und Residenzpflicht für MigrantInnen
angeprangert wurde.
Wirklich antirassistische Arbeit bedarf einer nicht einfachen Gratwanderung: um Rassismus an der Wurzel zu packen ist es notwendig, Rassen als Konstrukte zu entlarven. Aber dabei darf nicht vergessen werden, dass sich Menschen real in diesen Konstrukten mit all ihren Zuschreibungen bewegen. Und Vorurteile werden nicht einfach verschwinden, weil Leuten gesagt wird: hey, es gibt keine Rassen. Auf die Verknüpfung kommt es an. everybody is an alien.
Dieser Inhalt ist unter einer Creative Commons-Lizenz lizenziert. Er darf frei verwendet, kopiert und verändert werden unter folgenden Bedingungen: Alle darauf aufbauenden Inhalte müssen auch in diesem Sinne frei sind, d.h. unter der gleichen Lizenz weiter gegeben werden. Zudem sollte der Name der jeweiligen Autorin genannt werden. Alles für alle!