Ein grausiges Schauspiel: Die Gans hängt mit dem Kopf nach unten an einer Leine. Ein Reiter im traditionell blauen Bauernkittel versucht zuerst der "Schaugans" und dann der "Königsgans" den Kopf abzureissen. Früher lebte die Gans beim Zerfetzen ihres Körpers noch, jetzt wird ein extra dafür umgebrachtes Tier genommen. Es wird vorher gründlich mit Schmierseife eingerieben. Damit ist der Hals glitschig, folglich schwerer abzureissen und das entwürdigende Schauspiel dauert noch länger an. Wer der Gans den Kopf abgerissen hat, ist Gänsereiterkönig, um sich vom Pöbel bei Bier und Bratwurst bejubeln zu lassen. Tausende Alkoholisierte begaffen dies, applaudieren und besuchen den Gänsereiterumzug. Jahr für Jahr. Geschützt von der Polizei. Mit dabei: Kirche, Politiker, Gewerbetreibende, Nazis und ganze Familien. Es ist Rosenmontag. Wir befinden uns in Wattenscheid-Höntrop. Dort findet das tierfeindliche Spektakel statt. Wenn das "Gänseköppen" länger als eine Stunde dauert, wird der Hals mit einer Rasierklinge angeritzt, damit der ersehnte Augenblick der neuen Königswürde kommt. Der König wählt seine Gänsereiterkönigin aus, die meist im Pelz erscheint. Ein weiteres totes Tier wird so zur Schau gestellt. Ein passendes Zitat vom Anarchisten und Literaten Leo Tolstoi: "Vom Tiermord zum Menschenmord ist nur ein kleiner Schritt."
Eine lange blutige Tradition
Der Gänsereiterklub Höntrop 1598 e.V. datiert aufgrund eines Gutachtens des ehemaligen Stadtarchivars Dr. Eduard Schulte den Beginn des Gänsereitens auf das Jahr 1598. In dem Gutachten vom 6. Februar 1925 heißt es: "Seit unvordenklichen Zeiten erzähle man sich, dass das Gänsereiten von spanischen Kriegsleuten übernommen worden wäre, als diese während des spanisch-holländischen Krieges in den Jahren 1598 und 1599, sowie im Dreißigjährigen Krieg um Wattescheider Kirchspiele lagen und zur Kurzweil ihre heimatlichen Reiterspiele geübt hätten."
Töten zum Gaudi
Auch im nur wenige Kilomenter entfernten Sevinghausen muss eine Gans dran glauben. Töten zum Gaudi. Nachdem der Gans in Höntrop der Kopf abgerissen wird, zieht die bierseelige Meute nach Sevinghausen - wir sind deswegen auch an beiden Stellen präsent. Und das ärgert die Gänsereiter. Der Gänsereiterklub Sevinghausen 1598 e.V. kann jedes Jahr viele Familien mit Kindern begrüssen. Die tierbefreier rufen 2006 zur Demonstration auf und etwa 200 meist junge schwarzgekleidete Aktive aus dem Antifa- und Öko-Spektrum kommen. Auch die Schwarze Katze aus dem Sauerland demonstriert mit und fotografiert sowohl den Umzug der Gänsereiter als auch die Aktionen dagegen. Die uns entgegentretende Wattenscheider Bevölkerung reagiert gereizt, ärgerlich und mit Unverständnis darauf, dass ihr widerliches Schauspiel kritisiert wird. Sie erfreuen sich an zur Schau gestelltem Leid und Tod.
Kindergänsereiten
Viele Kindergenerationen mussten schon per Gruppendruck und Elternbefehl lernen einen Kopf abzureissen. Für Kinder hängt das Seil mit dem toten Tier etwas niedriger, damit der künftige Kindergänsereiterkönig auf dem Pony besser drankommt. Einige sensible Kinder haben extra am glitischigen Hals vorbeigegriffen. Nach 35 Jahren findet erstmals 2006 kein Zerfetzen von Tierleichen durch Kinder in Höntrop mehr statt. Der Pressesprecher der Höntroper Gänsereiter nimmt Bezug auf diejenigen, die sich für Tiere einsetzen und gibt nicht zu, dass die Protestierer ihren Anteil am Ende der Nachwuchs-Leichenfledderei haben: "Die werden das sicher für sich ausschlachten und glauben,
einen Sieg errungen zu haben." Die Tierversuchsgegner haben sich zum Kindergänsereiten einige Gedanken gemacht: "Den Gipfel der Perversion stellt das sogenannte ´Kinder- Gänsereiten´ dar. Hierbei legen Kinder selbst Hand an und trainieren das Kopf-Abreißen an jungen Gänsen oder Enten. Die natürliche Verbundenheit und Zuneigung zwischen Kindern und Tieren wird hierdurch ausgehöhlt. (...) Die Skrupellosigkeit und das Machtgebahren beim Gänsereiten dürfen keine Leitbilder für Kinder werden. Wenn unter Jubel und Gegröle den Gänsen die Köpfe abgerissen werden, erlernen die anwesenden Kinder Werte wie Abgebrühtheit, Gefühlskälte und Härte. Solche Gewaltverherrlichungen bereiten den Weg zur reinen Ellbogengesellschaft. (...) Wenn unsere Gesellschaft dies duldet, brauchen wir uns über die täglich in den Nachrichten gemeldete Gewalt an unseren Schulen nicht mehr wundern. Eltern, Lehrer und Politiker, die dieser Mentalität nicht entgegen wirken, dürften sich über blutige Nasen, Knochenbrüche oder Messerstechereien der Kinder nicht mehr erregen."
Die tierbefreier befassen sich ebenfalls mit dem Kindergänsereiten:
Kindergänsereiten – früh übt sich, wer dazu gehören will
"Freudestrahlend und den Gänsekopf noch in der Hand setze ich zu meiner Ehrenrunde an." Das schreibt ein Kind, vielleicht grade mal zehn Jahre alt, nach dem Kindergänsereiten in der "Höntroper Gänsereiterzeitung" 2003. "Seit meiner frühesten Kindheit ist mir unser Gänsereiterclub ein Begriff. Schon damals habe ich mir ausgemalt, wie es wohl sein könnte, wenn ich einmal das Höntroper Kindervolk regieren dürfte." So beginnt er seinen Artikel "An das Höntroper Kindervolk". Das Höntroper Kindervolk regieren? Man ahnt, welcher Menschenschlag bei den Gänsereitern (die Regeln verbieten die Teilnahme von Frauen) schon beim Nachwuchs herangezogen wird. Und weiter geht’s, nachdem also mit viel Mühe der toten Gans der Kopf vom Pony – die Variante für Kinder – aus abgerissen wurde: "Dann wurde es auch schon ernst: Ich musste meinem Volk ja noch zeigen, wer mit mir die Regentschaft übernehmen sollte. Zu meiner Hoheit wählte ich Jennifer II., mein Adjutant sollte ihr älterer Bruder Marcel Markmann werden." Nun ja, wie es bei den Erwachsenen aussieht, das "richtige" Gänsereiten findet immer am Rosenmontag statt, kann man sich auch ohne die Zeitung weiter durchzulesen, ausmalen.
Neben der ewigpräsenten Thematik, wer wann der tollste der Kerle war, der einer aufgehängten toten Gans den Kopf abgerissen hat und somit "König" war, geht es vor allem um Tradition, Lokalpatriotismus und ... Volksfestgelage ("Wurstsammeln" und viel Trinken).
Wer sich als Kind zur Karnevalszeit in Wattenscheid gegen dieses verrohende Brauchtumsspektakel und das dazugehörende Brimborium verwehren möchte, hat schlechte Karten: Michael Z. aus Wattenscheid erzählt in der "Welt am Sonntag" vom 15.02.04, wie fast alle Höntroper sei auch er "als Kind zu diesem Spektakel geschleift worden". Heute setzt er sich gegen das Gänsereiten ein. Seinen richtigen Namen möchte er nicht nennen, weil er seiner Familie Feindseligkeiten mit den Gänsereitern aus der Nachbarschaft ersparen will.
Was wird bei diesem angeblich schützenswerten Brauchtum vermittelt?
Respekt und Ehrfurcht vor dem Leben wohl kaum. Wenn bereits Kindern beim Kindergänsereiten vermittelt wird, dass es in Ordnung und absolut legitim ist, ein Tier zu töten, um ihm daraufhin als Gaudi zur Karnevalszeit als Ziel eines öffentlichen Schauwettkampfes den Kopf abzureißen, ist dies eine Entwicklung, die in die völlig falsche Richtung geht.
Alkoholbedingte Ausschreitungen bei Gänsereiterfans
Fast 70.000 Menschen sehen sich den Gänsereiter-Karnevalsumzug in Wattenscheid-Höntrop und den Karneval in Günnigfeld an. Die Bochumer Polizei schreibt in ihrer Pressemitteilung vom 27.02.06: "Dabei kam es zu alkoholbedingten Ausschreitungen und Streitereien. (...) Es gab acht
Platzverweise, drei Ingewahrsamnahmen, eine Festnahme sowie vier
Anzeigen."
Demoslogans
Die Demo kommt kämpferisch und lautstark rüber. Folgende Demoslogans werden gerufen:
- Blut, Blut, Blut an euren Händen
- Hände weg von Tieren, Hände weg!
- Das Gänsereiten gehört abgeschafft, das Gänsereiten gehört abgeschafft!
- Stoppt das Gänsereiten! Schluss mit Leichenfledderei!
- Gänsereiter, Nazipack - Vogelgrippe schafft euch ab!
- Massenmörder, Massenmörder!
- Schämt euch! Schämt euch!
- Schämt euch was! Leichenfledderei!
- Tierschänder!
- Gänsereiten widerlich!
- Schande - Schande, Mörderbande!
- Schämt euch was! Widerliche Tierschänderei!
Transparente
Auf den liebevoll gestalteten Transparenten steht folgendes: Gänsereiten widerlich, Hände weg von Tieren, Tierbefreiung rettet Leben, Im Namen der Gänse: Schluss mit dem Gemetzel, Artgerecht ist nur die Freiheit.
Tiere in Not Bochum gegen "barbarische Tradition"
Eine Vertreterin von Tiere in Not Bochum spricht sich gegen die "barbarische Tradition" aus: "Ich finde es pervers, dass ein Tier so würdelos, wie auf einem Schlachtfeld, vor jubelnden Menschen regelrecht zerfleddert wird. Wo ist unsere moralische Grenze?" An die Gänsereiter appelliert sie: "Schwört dieser mittelalterlichen Tradition ab."
Musikgruppe sagt künftige Auftritte beim Gänsereiten ab
Eine niederländische Musikgruppe wurde zum Gänsereiten eingeladen. Nachdem die Kapelle durch DemonstrantInnen mitbekommen hat, wo sie spielen soll, hat sie umgedreht. Die Musikgruppe versicherte später in einer e-mail Einladungen der Veranstalter des Gänsereitens zukünftig abzulehnen. Schön! Nachfolgend die von der Schwarzen Katze übersetzte tierfreundliche Stellungnahme der niederländischen Besucherin, die nie wieder für Gänsereiter Musik spielen wird:
Ich bin eine Frau aus den Niederlanden. Heute wollten wir Rosenmontag in der deutschen Stadt Bochum feiern. Wir waren mit unserer Musikgruppe da. Unsere Aufgabe war es, Musik für die Veranstaltung zu machen. Wir wussten nicht, was da passieren wird. Zuerst machten wir eine Tour durch die Stadt. Plötzlich liefen viele Menschen um uns herum und schrien uns an. Wir dachten: Warum schreien sie uns an? Einige Sekunden später wussten wir es. Sie tun in Bochum schreckliche Dinge mit Tieren. Ich hasste es. Und ich wünschte, dass ich bei all den DemonstrantInnen stehen könnte, um mit ihnen zu protestieren. Ich habe mich richtig geschämt. Ich will nicht Teil von so einer schrecklichen Party wie dieser sein. Das ist nicht unsere Art Karneval zu feiern. Ich hasse es und die meisten der anderen Musiker auch. Wir denken, dass ihr eine richtig gute Sache gemacht habt, weil ihr gegen so schreckliche Dinge wie diese demonstriert habt. Das ist nichts für das Jahr 2006. Dinge wie diese passierten im Mittelalter, sie sollten nicht heute geschehen. Ich wünschte, ich wäre heute nicht dabeigewesen. Es tut mir leid, dass ich heute dagewesen bin. Ich möchte allen Dank sagen, die ein Herz für Tiere haben.
Öko-Butter kritisiert das Vorgehen der Polizei
Am gestrigen Montag (27.02.2006) fand im Bochumer Stadtteil Wattenscheid eine Demonstration gegen die deutsche Tradition des Gänsereitens statt. Gänsereiten ist eine tierverachtende Karnevals"sportart", bei der es darum geht einer toten Gans den Kopf abzureißen.
Die gestrige Demonstration wurde von den Tierbefreiern veranstaltet, konnte aber genauso als antifaschistische Demonstration angesehen werden. Wie schon im vorhinein bekannt, tummelten sich viele Nazis rund um die 2 Gänsereitveranstaltungen. Kein Wunder, wenn mensch bedenkt, dass in Wattenscheid die NPD-Landeszentrale ist und dass es seit Jahren eine rechtsradikale Zeitung mit dem Namen "Freiheit Wattenscheid" gibt.
Am Montag demonstrierten (...) 200 TierrechtlerInnen und AntifaschistInnen gegen die beiden Karnevalsveranstaltungen. Um ca. 13:00 Uhr setzte sich die Demonstration mit geringer Polizeibegleitung (es war aber trotzdem immer sichtbar das noch mehr Polizei vor Ort war) in Bewegung. Von Beginn an wurde die Demo von der Polizei abgefilmt, da die Polizisten im Tragen von Schals eine Vermummung sah. Nach einer relativ kurzen Route wurde der Platz der ersten Kundgebung erreicht, es handelte sich um den Bürgersteig direkt vor dem Eingang des Höntruper Gänsereitens.
An besagtem Eingang hatte sich auch schon eine größere Menschengruppe versammelt, diese bestand größtenteils aus Ruhrpottasis und einigen Nazis. Nach kurzer Zeit kam auch schon der Umzug der Karnevalisten an der Demonstration vorbei. Beim Versuch die Fahrbahn zu betreten, wurde ein Mensch von der Polizei in Gewahrsam genommen.
Auch sonst zeigte die Polizei sich nicht gerade zimperlich und schubste einige DemonstrantInnen auf den Bürgersteig zurück. Es ging dann weiter zum Reitplatz am Südpark, dort fand das zweite und größere Gänsereiten statt. Ab jetzt wurde die Demo auch von einem Polizeispalier begleitet, dieses wirkte sich allerdings nicht negativ auf die gute Stimmung aus. Beim zweiten Gänsereiten hatte die Demonstration leider keinen so schönen Platz um zu protestieren, sie wurde durch einen engen Weg auf einen matschigen Platz hinter dem Reitplatz abgeschoben. Vor den DemonstrantInnen waren Polizeigitter aufgestellt und mit etwas Abstand dahinter standen zwei Wagen auf denen die Karnevalsprominenz das Gänsereiten verfolgen konnte. Auch hier achtete die Polizei mit Argusaugen darauf, daß sich niemand von diesem Platz entfernte. Schaffte es aber scheinbar nicht Karnevalisten daran zu hindern ihren Weg durch die DemonstrantInnen zu suchen. Als eine dieser Karnevalisten sich von Leuten irgendwie angegriffen fühlte, nutzte die Polizei dies nocheinmal, um ordentlich rumzuschubsen und Menschen zu beschimpfen.
Nachdem die Demonstration dann irgendwann beendet wurde, hinderte die Polizei die Leute daran sich zu entfernen, sie wollten die Leute zum Bahnhof zurück begleiten und so wohl auch verhindern, das die Menschen ihren Unmut übers Gänsereiten noch auf dem Wattenscheider Straßenkarneval zu äußern. Die Begleitung zum Bahnhof ohne die Karnevalstraße zu betreten, gestaltete sich als unmöglich und so konnten die DemonstrantInnen nocheinmal ihren Protest gegen das Gänsereiten äußern.
Die Demonstration kann auf jeden Fall als Erfolg gewertet werden. Auch wenn die Wattenscheider Bevölkerung erwartungsgemäß ablehnend reagierte, konnte durch Journalisten von RTL und dem WDR eine gewisse Medienöffentlichkeit hergestellt werden. Und auch jeder Gänsereiter dürfte gemerkt haben das seine deutschtümelnde Tradition nicht ungestört bleibt. Vielleicht gelingt es ja im nächsten Jahr auch eine größere Zahl an AntifaschistInnen zu mobilisieren und diese tierverachtende Veranstaltung effektiver zu stören.
Die tierbefreier gehen auf die traditionsbewussten Nazis ein:
"Sieg heil" – Nazis eifrig mit dabei
In diesem ganzen Milieu tummeln sich – wen wundert´s – auch Neonazis und sonstige Braungesonnene. Sprüche wie "Sieg Heil" und "Ab in die Gaskammer" bekommen Demonstranten gegen das Gänsereiten regelmäßig zu hören. Natürlich fühlen sich die Rechten wohl in dieser Atmosphäre des dumpfen Brauchtums, der Uniformen und Hierarchien, der Gewaltverherrlichung bei Leibeswettkämpfen und den anschließenden Sauf"festlichkeiten".
In Wattenscheid, der Hochburg des Gänsereitens, kommt weiter hinzu, dass der Lokalpatriotismus durch die Zusammenlegung von Bochum und Wattenscheid im Jahre 1974 noch geschürt wurde. Hier wundern Publikationen wie "Freiheit Wattenscheid", ein NPD nahes Magazin, ebensowenig, wie die Tatsache, dass die nordrhein-westfälische NPD Zentrale ebenfalls in Wattenscheid ansässig ist. "Tradition erhalten! Wattenscheider Widerstand" stand auf einem großen Transparent, das als Gegenmaßnahme gegen eine Tierrechtsdemo beim Gänsereiten 2002 in Wattenscheid gedacht war.
So scheint auch die Stadt Bochum sehr zögerlich, was ein Verbot des Gänsereitens angeht. Man wolle den Konflikt zwischen der Stadt Bochum und den Wattenscheidern nicht aufheizen, heißt es inoffiziell aus dem Rathaus. Die offizielle Version lautet, Traditionspflege gelte als vernünftiger Grund für das Töten und die weitere "Behandlung" der Gans, so dass ein rechtliches Einschreiten nicht möglich sei. Das sehen die Nachbarstädte Dortmund und Essen ganz anders, denn dort wurde in den letzten Jahren Gänsereiten und Hahneköppen (ein ähnlich abartiger Wettkampf, das Probst Neumann wie folgt beschreibt: "Immer geht es bei diesen Kämpfen darum, daß der Mensch seine Überlegenheit und Herrschaft dem Tier gegenüber zum Ausdruck bringt und auch siegreich dokumentiert.") mit "echten" Gänsen und Hähnen verboten.
Gutes Presseecho
In der WAZ vom 28.02. heißt es u.a.: "Begleitet waren die Königsritte im Südpark und am Hellweg von lautstarken Protesten mehrerer Tierschutz-Organisationen. Die Einsatzleitung zahlreicher Polizeikräfte schätzt die Gesamtzahl der Demonstranten auf etwa 200; zu Zwischenfällen kam es nicht." Auch die Ruhr-Nachrichten sprachen von etwa "200 schwarz gekleidete Tierschützern", die "lautstark aber friedlich gegen die "barbarische Tradition" protestierten. RTL und WDR berichteten speziell zur Demo in der landes- bzw. regionalzusammenfassung. Die Sender sprachen jeweils von rund 200 Demonstranten.
Die taz berichtete am 23.02. über diesen "makabren Brauch". "Die Teilnehmer reiten unter den toten Gänsen her und versuchen, ihnen den Kopf abzureißen. Anschließend werden sie an den Beinen aufgehängt". Die Welt am Sonntag schreibt am 24.02. das "in den letzten Jahren der Protest gegen diese Veranstaltung wächst. Neben verschiedenen Tierrechtsgruppen äußert auch der Bochumer Kinderschutzbund Kritik und geht von einer Verrohung der dem Event beiwohnenden Kinder aus."
Der WDR berichtet am 27.02., dass "gegen das Rosenmontagsspektakel Gänsereiten in zwei Stadtteilen in Bochum-Wattenscheid wieder Proteste von Tierschützern und Bürgern erwartet" werden." Weiter heißt es: "Das Gänsereiten geht wohl auf Grausamkeiten der spanischen Besatzungstruppen im 16. Jahrhundert zurück und wurde später Karnevalsbrauch. Lebensverachtend und sogar verfassungswidrig meinen die Tierschützer. Tatsächlich haben die Nachbarstädte Essen und Dortmund solche grausamen Spektakel vor 3 Jahren verboten".
Da gehen wir gegen an.
Schwarze Katze Interview mit den ratten
Schwarze Katze: Ihr kümmert euch um das Gänsereiten. Was hat es damit auf sich?
die ratten: Das Gänsereiten findet immer am Rosenmontag in Wattenscheid-Höntrop statt. Das ist eine 400 Jahre alte Tradition, ursprünglich von spanischen Soldaten hier eingeführt. Und zwar wird dann eine bereits tote Gans an ein Seil aufgehängt, und die Gänsereiter reiten auf Pferden unter diesem Seil her und versuchen dann der toten Gans den Hals, also den Kopf abzureissen. Und wir finden, da fängt die Verrohung an und dass sich keiner mehr darüber Gedanken macht, dass das mal ein fühlendes Lebewesen war. Da wird sich einfach ein Spass draus gemacht, aus dem Lebewesen. Da gehen wir gegen an.
Schwarze Katze: Einige Nazis sind auch immer dabei.
die ratten: Weil es eben heisst das wäre Tradition. Dabei kommt diese Tradition von spanischen Soldaten, ist also keine deutsche Tradition. Und ich denke mir: Was war alles schon Tradition und ist mittlerweile abgeschafft worden? Also könnte man auch diese Tradition abschaffen oder umwandeln. Sie können ja andere Geschicklichkeitsspiele machen. Aber nicht, dass wir ein Lebewesen töten, um Spass daran zu haben.
Kirchenfunktionär sieht im Gänsereiten einen zeitgemäßen Brauch
Der katholische Probst Paul Neumann aus Wattenscheid verteidigt das Gänsereiten aus theologischer Sicht in seinem Artikel zum 400jährigen Bestehen des Gänsereitens "Alter und zeitgemäßer Brauch im Einvernehmen mit der Schöpfungsordnung für Mensch und Tier - Das Gänsereiten als Ausdruck des Kampfes zwischen Mensch und Tier":
"Es ist ... Ausdruck eines Kampfes Mensch mit Tier gegen ein Tier. Es wird ja geritten, so daß sich der Mensch auch mit einem anderen Tier zu gemeinsamen Tun verbündet. ... Wenn nach längerem und durchaus anstrengendem Reiten, vielfach länger als eine Stunde, einer der Teilnehmer der Gans den Kopf abgezogen hat, gilt er als der neue König. Der Gänsekopf in seiner Hand wird stolz als Siegeszeichen vorgewiesen. Es ist die Trophäe nach siegreichem Kampf, wenn auch gegen einen wehrlosen Gegner. Immerhin hat die Gans die Zähigkeit ihres Halses und die Stärke ihrer tierischen Konstitution dem menschlichen Angreifer - zusätzlich erschwert durch Einreiben des Halses mit Schmierseife - entgegengesetzt. Dieser ist nur deshalb Sieger geworden, weil er sich angestrengt, weil er gekämpft hat. Deshalb kann dieser Kampf auch gedeutet werden als die symbolisch vollzogene Tötung der Gans nach einem strengen Ritual und nach herausfordernden Anstrengungen dieses Tötens. ...
Zumeist ziert den Königsorden das Bild einer Gans, neben Darstellungen von persönlichen Bezügen zu König und Königin. So wird gleichsam mit dem Bild der getöteten Gans noch einmal dokumentiert, daß der Kampf gegen sie mit vollendetem tödlichem Ausgang in einer Art und Weise geschehen ist, welche die kreatürliche Würde des Tieres achtete. Die Gans als ein Teil der Schöpfung, zu der ja der Mensch in herausragender Weise auch gehört, wurde keineswegs vernichtet, sondern in besonderer, gar feierlicher Art getötet. Das ist dann letztlich eine Form des Schlachtens, die den Menschen erinnert und ermahnt, nichts an der Schöpfung mutwillig zu zerstören: Keinen Baum, kein Tier und vor allem nicht sich selbst, auch wenn er noch nicht zur Welt gekommen ist oder wenn sein Leben zu Tode krank und medizinisch unheilbar ist. So ist die bei uns bekannte und praktizierte Weise des Gänsereitens aus ihren geschichtlichen Wurzeln heraus und in ihrer jährlichen wiederkehrenden Durchführung geradezu ein Beitrag zum würdigen Verhältnis des Menschen gegenüber dem Tier und zu dem unverzichtbaren Respekt vor der Schöpfung und vor dem göttlichen Schöpfer."
Nein zu christlichen Rechtfertigungen für Kopf-Ab Methoden!
Es ist schon eine üble Sache, wenn ein Geistlicher das Gänsereiten als "unverzichtbaren Respekt vor der Schöpfung und dem göttlichen Schöpfer" bezeichnet und meint, dass es "in einer Art und Weise geschehen ist, welche die kreatürliche Würde des Tieres achtete". Was ein Haufen besoffener Männer inklusive mitgeschleppter Familie, die dem Abreissen eines Gänsehalses begeistert zuschauen, für den Christen mit einer feierlichen Art des Tötens zu tun hat, ist uns schleierhaft. Diese christliche Rechtfertigung des Gänsereitens steht in Tradition der Kirche, die mit dem Bibelwort "Macht euch die Erde untertan" Mitverantwortung für die Zerstörung der natürlichen Lebensgrundlagen trägt. Ein anderer Geistlicher, Manfred Baas, Probst aus Gelsenkirchen, besuchte ebenfalls das Gänsereiten.
Die Kirche verbreitet noch heute, dass Tiere im Gegensatz zu Menschen keine Seele haben. Das englische Wort für Tier "animal" kommt vom lateinischen "anima", also "die Seele". Da im Christenglauben die Seele eine wichtige Rolle einnimmt, ist folglich ein Lebewesen ohne Seele minderwertig. Auch deswegen werden im katholischen Katechismus heute noch Tierversuche befürwortet. Die Kirche hat neben grossen Scheiterhaufen für Hexen kleine Scheiterhaufen für schwarze Katzen in Flammen aufgehen lassen - mit den zu verbrennenden gefesselten angeblich bösen Lebewesen. Wer was für Tiere übrig hat, kommt bei solchen Taten und Worten der frommen Geistlichkeit sicherlich auf den Gedanken zum Kirchenaustritt.
So ein Brauchtum brauchen wir nicht
Nicht nur Kirchenfunktionäre, auch der BRD-Staat sieht keinen Grund zum Eingreifen. Die Staatsanwaltschaft stellte die Verfahren ein, da es sich um ein Brauchtum handele, bei dem ihrer Ansicht nichts rechtswidrig und strafbar sei. Geschäftsleute unterstützen das Gänsereiten durch Anzeigen in Zeitungen, in denen die Gänse noch verhöhnt werden. Parlamentarier sind regelmässig dabei. So hat der ehemalige Bundeslandwirtschaftsminister Jochen Borchert beim tierfeindlichen Treiben um die tote Gans teilgenommen. Der christdemokratische Jäger und frühere Mitbesitzer einer Hennen-Legebatterie kennt sich ja mit Tieren privat und politisch bestens aus...
Wir erwarten Mitgefühl und Widerstand
Wir erwarten nichts vom Staat, der Obrigkeit, dem Kapital, den Nazis oder der Kirche. Aber von dir erwarten wir Mitgefühl und Widerstand. Mitgefühl kann sich auch darin äußern tier- und menschenfeindliche Organisationen nicht mehr zu unterstützen. Widerstand fängt mit Nein sagen an und endet dort nicht...