Ausführlich besprochen und vorbereitet, sechzig Gruppen zum Vorbereitungstreff eingeladen, sollte der 1. Mai in Frankfurt von unseren Inhalten durch eigene Beiträge, Kundgebung und Demonstration geprägt werden. Zum ersten Vorbereitungsplenum kamen zwölf Gruppen, Arbeitloseninitiativen, Zwangsarbeiter-Inis (§ 19 BSHG) fehlten, und bald wurde klar, dass einige Leute auf jeden Fall an der offiziellen DGB-Demo teilnehemen wollten. Die interne Diskussion bei uns (Libertäres Zentrum, FAU) zielte darauf, dass wir nicht der DGB Ausgrenzungstaktik (siehe 1985 in Hamburg) entgegen kommen wollten. Daher sollte erst innerhalb der DGB-Demo mitgelaufen werden, mit eigenem Lautsprecherwagen, Transparenten usw., darauf eine eigene Demo durchs Bankenviertel mit abschließender Kundgebung stattfinden. Mit diesem Konzept und zwei Einleitungsreferaten über Flexibilisierung, Rationalisierung, §116 AFG, Entgarantierung der Arbeit, Jobber, organisierten wir das zweite Vorbereitungsplenum.
Ein gefüllter Saal ließ auf eine fetzige Demo hoffen. Anfangs wurde über die Referate, über die Arbeitsbedingungen in diesem Lande, über DGB und ökonomische Kämpfe diskutiert. Einige Anti-Imps meldeten sich und meinten, die Bundesregierung wolle mit der Änderung des §116 das Streikrecht abschaffen. Doch solle jetzt konkret geredet werden, wie wir am 1. Mai vorgehen sollen. Letztes Jahr hätten in El Salvador 50.000 Menschen zum 1. Mai demonstriert. Es ging ihnen mehr um einen wenig definierten "Internationalismus" und weniger um die Kampfbedingungen hier. Für uns stand im Vordergrund am 1. Mai gerade in diesem Land gegen unsere ökonomischen und sozialen Lebensbedingungen vorzugehen und klar zu machen, dass der DGB und genau so wenig "vertritt" wie SPD, dass es Menschen gibt, die kein Interesse an Sozialpartnerschaft haben und den Klassenkampf auch hier ausweiten wollen.
Klassenkampf nicht als abstrakte Phrase, sondern als Widerstand, alltäglicher Kampf gegen HERRschaft und Ausbeutung. Kampf, das soll nicht erst im Feierabend stattfinden, nicht nur auf der Straße den Revoluzzer spielen und im Alltag, in der Arbeit sich reformistisch, duckmäuserisch durchwursteln. Wir müssen unsere Vorstellungen in allen Lebensbereichen sichtbar machen, d.h. besonders auch in der alltäglichen Lohnarbeit. Darüber gab es keine inhaltliche Klärung, sondern es sollte unter der leeren Perspektive des "gemeinsamen Auftretens" die Aufteilung von "Redebeiträgen" und Organisatorisches gegensätzliche politische Vorstellungen ausgeklammert werden. Die Zauberformel schien, Zusammentun von Anti-Imps und Libertäre/Autonome gleich große politische Wirkung. Doch jene Zeit, in der ohne inhaltliche Klärung eine Zusammenarbeit möglich war, ist längst vorbei. Stichworte gibt es genug. Libertärer Widerstand in Osteuropa, für Anti-Imps und deren DKP-Logik nichts als CIA-Agenten, Einschätzung von nationalen Befreiungsbewegungen, (jeder Feind der USA ist unser Verbündeter??), die Rolle der Sowjetunion als "natürlicher Verbündeter der 3. Welt", Avantgarde und/oder Massenmilitanz, Perspektiven sozial-revolutionärer Praxis ... Daran scheiden sich nicht erst heute die "revolutionären" Geister.
Was ist Imperialismus, fragte ein Neugieriger. "Das höchste Stadium des Kapitalismus", kam es prompt zurück. Marxistisch-leninistischer Dünnschiss, meinen einige, "Kommunistenhasser" riefen die anderen. Zu den inhaltlichen Differenzen kommen jene Erfahrungen aus der "militanten Geschichte" hinzu, wie Anti-Imps einst beim Konflikt um einen "Schwarzen Block", bei den Aktionen nach Günther Sares Tod usw. Aktivitäten anderer Gruppen vor ihren ideologischen Karren spannen wollten. Besonders nach der Ausgrenzung der libertären Bewegung von den Vorbereitungen des "Widerstandskongresses" in Frankfurt, dem Abblocken bestimmter Inhalte während des Kongresses und den Kontrollen durch die "Schutztruppe" war bei vielen Leuten Enttäuschung und Wut vorhanden. An jenem Dienstag brachen wir - Libertäre, Anarchisten, Autonome, Startbahngegner - unsere Aktionen ab, da keine Einigung mit den Veranstaltern möglich war und wir keine Massenschlägerei wollten. Dennoch war uns klar, und dies wurde auch laut gesagt, dass damit der Bruch mit den Anti-Imps vollzogen wurde, so, wie vorher mit den Alt-Spontis.
Die Aktionen zum 1. Mai fanden statt und waren erfolgreich. Der systemtreue DGB ist gewarnt. Wir organisieren uns selbst und überlassen dem DGB weder den 1. Mai als Symbol des langen und zähen Kampfes der Ausgebeuteten gegen die Ausbeuter, noch machen wir um den Bereich Lohnarbeit, soziales Elend, Ausgrenzung weiter einen Bogen. Wenn sich der Internationalismus der Anti-Imps vor allem darin äußert, sich mit marxistisch-leninistischen, stalinistischen, autoritären Sekten anderer Länder zusammenzutun und eine "Internationale der Revolutionsführer" zu bilden, so können wir froh darüber sein, diesem Kreise nicht anzugehören.
Fast ist er vergessen, der große Kampf um die Änderung des §116 AFG. Der DGB probte den Aufstand, machte Klassenkampf-Gymnastik. Heraus kam eine Redeschlacht im Saale, das Sammeln von Unterschriften, Hoffen auf das Bundesverfassungsgericht und die Bundestagswahl. Doch in den Betrieben gab es Unruhe, Versammlungen, Diskussionen. An der Basis, Betriebsräte, einfache mitglieder, nahmen die Kampfparolen ihrer Vorständler ernst, bereiteten sich auf harte Auseinandersetzungen vor, redeten sogar von Generalstreik. Aber auch davon blieb nicht viel. Der DGB pfiff seine Leute zurück, starrte auf das Parlamentsritual in Bonn, zog die inhaltsleere Unterschriftensammlung durch und wartet weiter auf einen Regierungswechsel. Die Änderung des §116 AFG ist Ausdruck der Schwäche des Sozialpartners des DGBs. Unter seiner Mithilfe sind die Betriebe zu entpolitisieren, zu befriedeten Oasen der Ruhe der Ruhe und der Maloche geworden.
Streik soll risikolos sein, bei weitgehender finanzieller Absicherung. Streik in der BRD hat mehr mit bezahltem Urlaub als mit einem kollektiven Kampf um materielle und politische Verbesserung zu tun. Heute warnt der DGB, der soziale Friede sei gestört, die Streikfähigkeit und die Demokratie gefährdet. Mit solchen Sprüchen soll abgelenkt werden, dass es in Wirklichkeit um die Bankkonten der ArbeiterInnenbosse geht. Eine Gewerkschaft, die ihre Kampfkraft in DM-Beträge rechnet, hat längst ihre Streikfähigkeit eingebüßt. Sreik gab es immer schon, gibt es, solange es Sklavenarbeit und Ausbeutung gibt. Dazu braucht es kein Gesetz, keine tarifwürdige Gewerkschaft, keine selbsternannten ArbeiterInnenführerInnen. Und heute? In der BRD gibt es schon lange keine Streikfreiheit mehr. Der Arbeitskampf ist genau geregelt, gesetzlich eingekreist, mit Bestimmungen aller Art belastet.
Nur eine Gewerkschaft, die "tariffähig" ist, darf streiken. Streik soll nicht sittenwidrig, tarifwidrig sein, soll sozial adäquat sein und sich im Rahmen des ethisch gewachsenen Gemeinschaftslebens bewegen. Der demokratische Staat duldet Gewerkschaften, hat aber strenge Auflagen für den Arbeitskampf. Die Klassenfeinde werden Sozialpartner, die in der Tarifautonomie Verträge abschließen, die den UnternehmerInnen freie Hand lassen bei Betriebsführung, Produktionsumstellung, Rationalisierung, Investitionen, und die Belegschaften aber mit einer Friedenspflicht belegen. Der Streik darf nicht auf die Vernichtung des Sozialpartners, sprich seines Eigentums zielen, darf nur als letztes Mittel eingesetzt werden. Streik gegen den Staat, gegen die Parlamente, die Regierung und deren Entscheidungen ist rechtswidrig. Politischer Streik ist verboten. Der größte Streikbrecher ist der DGB selbst. Seine edelste Aufgabe ist es, Streiks zu verhindern. In der DGB-Satzung ist verankert, dass ein Streik erst nach einer Urabstimmung mit 75%iger Zustimmung ausgerufen werden darf. Zum Streikabbruch reichen 25%. Doch die Vorstände sind daran nicht gebunden. Sie können tun und lassen, was sie wollen. Die Vorstände entscheiden, wann, wo, in welcher Form und wie lange gestreikt wird.
Der DGB, ein bürokratischer Apparat, schwerfällig, hierarchisch geführt, kalkulierbar für den Gegner. Doch für uns, für die Arbeitenden disziplinierend wirkend, befriedend und systemtreu. Das Ziel einer wirklichen Streikfreiheit heißt, eine politische Auseinandersetzung, einen Kampf führen gegen das formalisierte Streikrecht insgesamt, gegen den Ordnungshüter DGB, gegen seine verrechtlichte Streikpraxis und seine sozialpartnerschaftliche Betriebsarbeit. Angesichts der bestehenden Streikgesetze und Bestimmungen, angesichts der Ordnungsfunktion des DGB ist die Änderung des §116 ein Klacks. WIR FORDERN STREIKFREIHEIT STATT GESETZE!
Das Geschrei um die Paragraphenänderung zeigt, dass wieder mal Gesetze mit erkämpften politischen Freiheiten verwechselt werden. Streikfreiheit gibt es nicht auf dem Verhandlungswege, wird weder im Parlament beschlossen noch von einer gnädigen Regierung per Dekret erlassen. Streikfreiheit gibt es nur soweit, wie sie erkämpft wird, wie von ihr Gebrauch gemacht wird. Nur wer sich bewegt, spürt seine/ihre Ketten und kann sie vielleicht abwerfen. Sreikfreiheit ist: Wir bestimmen selbst, wann, wo, in welcher Form wir streiken, streiken ohne DGB, in einem Betrieb, in einer Region, in einer Stadt, in einer Branche, für unsere Ziele, gegen die Entscheidungen einer Regierung, gegen die Macht des großen Geldes, für die Übernahme der Betriebe durch die Arbeitenden. Unsere Demos können sie leicht mit ihren Bullenknüppeln zerschlagen.
Ein Streik kann wirkungsvoller sein. Er trifft die Mächtigen an einer wunden Stelle: am Profit!!! Lernen wir, den Streik wieder als politische Waffe zu gebrauchen. Verbinden wir unsere politischen Kämpfe, unseren Widerstand an der Startbahn gegen die WAA in Wackersdorf, unsere Häuserkämpfe mit den ökonomischen Kämpfen. In den Betrieben wirksam werden, dort, wo wir arbeiten, für konsequente Streiks, je wilder desto besser, für Selbstverwaltung. Organisieren wir uns auch hier, in Arbeitslosenselbsthilfegruppen, Jobber-Initiativen, und warum nicht in einer militanten Gewerkschaft wie der Freien ArbeiterInnen Union?! Nur durch die Vernetzung unserer Kämpfe, durch diese Verbindung, kommen wir heraus aus der Defensive. Dazu war diese Kundgebung, war unsere eigenständige Demonstration der Anfang.
Ich schreibe diesen Brief aus der Wut über einige Vorfälle der jüngsten Zeit heraus. Es geht dabei um die seit langem laufende Auseinandersetzung zwischen Frankfurter Libertären und einer Gruppe von Antiimps. Den vorläufigen Höhepunkt erreichten diese Auseinandersetzungen auf dem Anfang des Jahres stattgefundenen "antikapitalistischen, antiimperialistischen Widerstandskongress". Doch haben die Ereignisse dieses Kongresses eine lange Vorgeschichte, deren wichtigster Punkt der Bruch zwischen der antiimperialistischen und der autonomen Fraktion des ehemaligen Frankfurter Autonomenplenums 1984 war.
Der Grund war eine von Antiimps durchgeführte Demo, bei deren Vorbereitung es zum Putsch der Antiimps im Autonomenplenums kam und bei deren durchführung aus "demotaktischen" Gründen ein Teil der leute auf der Demo verheizt wurde von der Leitung im Lautsprecherwagen. Seit dieser Zeit ist Frankfurt fast in der einmaligen Situation ein überwiegend libertäres autonomes lager zu haben.
Es wird uns oft der Vorwurf gemacht, wir hätten unsere lokalen Probleme in den Kongress getragen und ihn damit "kaputtgemacht". Doch ist es meiner Meinung nach völlig falsch, zu denken, dass es unser lokales Problem ist, wenn wir in Frankfurt mit einer Gruppe durchgeknallter Hardcore-Antiimps konfrontiert sind. Wir haben auf dem Kongress, der auch für uns ein Forum hätte sein können, unsere grundsätzlichen Differenzen mit allen autoritären Inhalten und Praktiken zur Diskussion gestellt. Die Folge war eine noch stärkere Abgrenzung der Veranstalter von möglichen oppositionellen und eine noch größere Unsicherheit bei dem kritischen Teil des Publikums. Zu einer gemeinsamen offenen Diskussion kam es nicht, mit immer den selben verschobenen Begründungen wurden Fragen abgeblockt.
Daraufhin versuchten mehrere Gruppen aus dem Rhein-Main-Gebiet am Montag mit Flugblättern die angesprochenen Punkte auf die Tagesordnung zu setzen und erst nachdem sich dann die Situation weiter zugespitzt hatte, einige Büchertische waren zu diesem Zeitpunkt verboten worden, kam es am Dienstag zu den bekannten Auseinandersetzungen, die für mich den wahren stalinistischen Charakter dieser Clique ganz deutlich gezeigt haben. Nachdem wir zwei Stunden die Treppe zu den oberen Räumen belagert hielten mit der unmissverständlichen Forderung nach sofortiger und bedingungsloser Aufhebung der Kontrollen, kam vier Tage zu spät eine Diskussion hierüber auf. Nachdem wir mehrmals vertröstet worden waren, wurde uns das Warten auf eine Antwort der in diesem Moment in der FH HERRschenden Clique zuviel und wir beschlossen geschlossen den Kongress zu verlassen. Auch ein fauler Kompromiss in letzter Minute konnte daran nichts ändern. Für viele war der Bruch mit den Antiimps vollzogen. Doch ist dieser Bruch auch nur die logische Konsequenz einer Situation, wie sie sich überall in der BRD genauso entwickeln könnte.
Im Allgemeinen bestehen antiimperialistische Gruppen in anderen Städten aus weit weniger Mitgliedern als in Frankfurt. Dazu kommt, dass ihr politisches Umfeld, die "Szene", meist weit eingeengter ist. Aus diesem Grund sind solche Gruppen viel stärker auf eine fruchtbare Zusammenarbeit mit anderen Gruppen, z.B. Autonome oder auch AnarchistInnen, angewiesen und können sich kein avantgardistisches Verhalten erlauben. Doch sind die Grundprinzipien ihrer Politik überall die gleichen und diese sind die Grundlagen für ihre Vorgehensweise auf dem Kongress. Eine stärkere Auseinandersetzung aller antiautoritären Gruppen mit diesen marxistisch-leninistischen Grundprinzipien ist unbedingt nötig, wenn eine Zusammenarbeit mit Antiimps nicht vom machtpolitischen Kalkül ihrer Kader bestimmt werden soll.
Für andere Städte heißt das aber, dass die Diskussion mit Antiimps über den momentanen Konsens in tagespolitischen Fragen hinausgehen müsste und somit die Zusammenarbeit in Frage stellen würde. Wie können Menschen für ein und dieselbe Revolution kämpfen, wenn die einen eine HERRschaftsfreie, selbstverwaltete und und autonome Gesellschaft anstreben, die anderen jedoch der Meinung sind, dass die Menschen, die zuvor noch ihr Leben für die Revolution geopfert haben, danach zu dumm oder ungebildet seien, um selbstverwaltet und HERRschaftsfrei zu leben. Die ihnen deswegen erst für eine "Übergangszeit" den sogenannten Sozialismus, eine Parteidiktatur, die die Menschen führen, leiten und lehren soll ein freier Mensch zu werden, aufsetzen wollen. Wie können diese praktisch gegensätzlichen Auffassungen in Aktionen und im Kampf gegen dieses System nebeneinander oder sogar miteinander existieren? Ich kann mit niemanden zusammen kämpfen, von dem ich denke, dass er/sie mich früher oder später liquidieren wird, wie in Spanien 37, weil ich seine Vorstellungen nicht teile und für mich und meinesgleichen Freiheit und Autonomie fordere. Anfang April kam es in Ffm. Zu zwei öffentlichen! Vorbereitungstreffen für vom DGB unabhängigen Aktionen am 1. Mai. Diese Treffen waren von einer aus ca. 10 Personen bestehenden Gruppe im libertären Zentrum seit März vorstrukturiert worden.
Da es sich um den hundertsten Jahrestag des 1. Mai und der Haymarket Bombe handelte, wollten gerade AnarchistInnen und AnarchosyndikalistInnen mit ihren Ideen massiv an die Öffentlichkeit gehen. Die äußerliche Abgrenzung vom DGB wurde nach den kläglichen Versuchen der letzten Jahre innerhalb der DGB Aktionen und Demos zu agieren, zum zweiten Hauptanliegen der VorbereiterInnen. Klar war für alle, dass die Inhalte, um die es bei unseren Aktionen gehen sollte, alle in Zusammenhang mit der ökonomischen Bedeutung des 1. Mais stehen sollten. Als ich am Abend des ersten öffentlichen Treffens, für das durch Plakate aufgerufen worden war, den Veranstaltungsraum betrat, war ich, wie die meisten anderen von uns, erstmal ziemlich baff, zwei Drittel der BesucherInnen als Antiimps, RätekommunistInnen, ihre autonomen FreundInnen und wie sie sich alle nennen, zu erkennen. Die Situation erinnerte mich im ersten Moment an die Vorfälle 1983 auf dem Autonomenplenum. Mit keinem von uns war über ein so starkes Interesse an einer gemeinsamen 1.. Mai-Vorbereitung zuvor geredet worden. In der Diskussion wurde zunächst versucht, die verschiedenen Interessen in Bezug auf die 1. Mai-Aktionen klarzumachen.
Dabei wurde sehr schnell klar, dass das Hauptinteresse der Imps auf einem internationalen Block innerhalb der DGB-Demo lag. Auf den Vorschlag einer eigenen Demo wurde mit Skepsis bis hin zur Ablehnung reagiert. Inhalte wurden auf diesem ersten Treffen kaum diskutiert, lediglich die möglichen Redebeiträge der Gruppen wurden stichpunktartig umrissen. Unsere Vorstellung war, mit JoberInnen, ZwangsarbeiteInnen, SozialhilfeempfängerInnen usw. zusammen die momentane Tendenz zurück zu frühkapitalistischen Zuständen anzuprangern und mit unseren Forderungen für die Abschaffung der Streikgesetze und den Aufbau einer revolutionären Gewerkschaftsbewegung dem Sozialpartnerschaftsgesabbel des DGBs etwas entgegenzustellen. Demgegenüber stand dann ein Redebeitrag über die bekannten Antiimpithemen wie NATO, Yankeeimperialismus, Dritte Welt usw. Obwohl viele von uns diesen Interessenkonflikt vorhergesehen hatten, standen wir, als die Situation klar wurde, ihr etwas hilflos gegenüber. Nein sagen wollte keiner. Dazu war auch alles noch zu unklar.
Ein Redebeitrag, der verständlich die Zusammenhänge zwischen der Ausbeutung der Dritten Welt und unserer ökonomischen Situation erklärt hätte, wäre sicher eine Möglichkeit für eine gemeinsame 1. Mai-Kundgebung gewesen, doch gab es einen solchen Redebeitrag noch nicht. Allerdings hatte ich auch nicht das Gefühl, es wäre den Imps darum gegangen einen solchen Redebeitrag auf die Beine zu stellen. Nachdem beide Gruppen ihre Themenvorschläge genannt hatten, wurde von einigen Leuten die Diskussion sofort auf die technische Ebene gezogen. Wie organisiert mensch einen Lautsprecherwagen, wie schützt mensch ihn usw. Die inhaltliche Diskussion war aus und vorbei, bevor überhaupt irgendetwas klar war. Die Aktion war auf dem besten Weg zu einem Vehikel der Imps für ihre politische Propaganda zu werden. Die Diskussion wurde dann von einigen Leuten gestoppt, die meinten, dass so keine gemeinsamen Aktionen möglich seien, und dass auf einem weiteren Treffen die Redebeiträge konkretisiert und die inhaltlichen Probleme geklärt werden müssten, bevor mensch sich Gedanken über die technische Durchführung machen könne. In diesem Sinne vertagte mensch sich auf eine Woche darauf.
In der Woche zwischen dem ersten und dem zweiten Treffen klärten wir unter uns unsere Standpunkte noch einmal ab. Einige Leute hatten zwar so ziemlich keine Lust mehr überhaupt noch was mit den Imps zu machen, ihnen war es schon wieder zu viel, wie sie auf dem Vorbereitungstreffen aufgetreten waren. Die überwiegende Meinung war aber, eine mögliche zusammenarbeit von der Situation abhängig zu machen. Klar war allen, dass mensch sich dieses Mal nicht wieder unterbuttern lassen wollte und wenn ein gemeinsamer Konsens nicht zu finden sein würde, mensch auf die Zusammenarbeit verzichten solle.
Mit diesem Ziel gingen wir dann auf das 2. Vorbereitungstreffen. Dort umrissen zunächst die Jobberini und die FAU, beides Zentrumsgruppen, ihre geplanten Redebeiträge genauer. Die Jobberini hatte sich den Schwerpunkt Teilzeitarbeit und die FAU den Schwerpunkt §116 und Streikrecht gewählt. Von Seiten der Antiimps sah das Verfahren allerdings etwas anders aus. Anstatt ihren Rederbeitrag zu konkretisieren, begannen sie die Notwendigkeit ihres Themenbereichs zu begründen. Mit Argumenten, wie unterschiedliche politische Sozialisation wollten sie rechtfertigen, dass am 1. Mai ein für das Publikum unverständlicher und in keinerlei Zusammenhang mit dem Anlass stehender Redebeitrag gehalten werden sollte. Ihr Hauptinteresse galt zu diesem Zeitpunkt dem US Angriff auf Lybien, der als neues Thema in ihren Redebeitrag aufgenommen worden war. Auf den Zusammenhang zwischen der wirtschaftlichen Entwicklung in der BRD und dem US Angriff auf Lybien angesprochen, konstruierten sie eine abenteuerliche Brücke über das Interesse der westdeutschen ImperialistInnen an einem äußeren Feindbild und dem Bombenangriff der USA praktisch als ausführendes Organ, bis hin zu dem von den USA vorgeschobenen Grund des Terrorismus gegen Lybien. Doch löste sich diese Brücke ebenso schnell wieder auf wie sie entstanden war und die Erläuterungen drehten sich wieder nur um die Zusammenhänge und Interessen des westdeutschen Imperialismus.
Auf den Punkt DGB angesprochen, erklärten sie diesen zwar als systemimanent, sahen aber nicht die Notwendigkeit zur offensiven Opposition gegen ihn. So wurde es immer klarer, dass die grundlegendsten Voraussetzungen für eine Zusammenarbeit am 1. Mai fehlten, und als an einem Punkt, an dem von einer sachlichen Diskussion längst nicht mehr die Rede sein konnte, die Antiimps und ihre autonomen Freunde unter martialischen Sprüchen den Raum verließen, war ich ziemlich erleichtert. Wir standen nun zwar vor der Situation am 1. Mai zwei getrennte, wenn nicht gar gegensätzliche Aktionen laufen zu haben, aber dafür wir den inneren Konflikt los.
Wie der 1. Mai in Ffm. Dann ablief, werden die meisten schon wissen. Wir schafften es mit unserem sozialrevolutionären Block mit ca. 200 Leuten unbehindert samt Lautsprecherwagen in die DGB-Demo zu stoßen und gingen bis zur Abschlusskundgebung auf dem Römerberg mit. Von dort aus formierten wir uns eine Stunde später zu unserer autonomen Demo und marschierten, von einem riesigen Bullenaufgebot begleitet, mit 250-300 Leuten durch Ffm.
Ich denke, dass nicht zuletzt auch dieser Erfolg Grund für die Vorfälle ist, die sich um Pfingsten rum ereignet haben.
Seit einiger Zeit bekommen wir in Ffm. Aus anderen Städten seltsame Dinge zugetragen. Gerüchte über die Frankfurter AnarchistInnen und speziell das Libertäre Zentrum, in die Welt gesetzt von den örtlichen Antiimp-Fraktionen, machen die Runde. Spalter seien wir, kleinbürgerliche Liberale, Counterschweine oder wir würden alle unsere Freundinnen verprügeln. Seltame, an Dichtung grenzende Versionen des Ablaufs der 1. Mai-Vorbereitungen werden verbreitet. Wir hätten die Imps aus dem Vorbereitungstreffen rausgeschmissen, unsere ganze Aktion überhaupt nur gemacht, um die der Imps zu sabotieren. Solche Diffamierungen als Mittel der Auseinandersetzungen sind allerdings gar nicht neu. Zu seiner Zeit waren ja auch die Machnotschina und die revolutionären Kronstädter Matrosen Banditen und Kriminelle wie auch die spanischen AnarchosyndikalistInnen, denen sogar die Kolaboration mit den FaschistInnen und die Sabotage der Front vorgeworfen wurde.
Solche Methoden sind geschichtlich die gängige Praxis stalinistischer ArbeitermörderInnen und VolksverräterInnen. Ein offener Vergleich zwischen den KonterrevolutionärInnen der Geschichte und den Diffamieren von heute ist nicht immer ganz einfach. Im Allgemeinen entziehen sich diese GenossInnen Diskussionen und Fragen nach ihren Vorstellungen von einer zukünftigen Gesellschaft. Doch zeigen Äußerungen wie "Mein Vorbild ist der Geheimdienstchef der DDR Wolf" oder der ernsthafte Versuch zu erklären, dass eine sozialistische Stechuhr etwas anderes sei als eine kapitalistische, in eine andere Richtung und zwar gen Osten. Eine vielleicht einmalige Klarheit dieser Situation bewirkten einige Äußerungen einer Gruppe Imps an Pfingsten im oberpfälzischen Wackersdorf. Von Mund zu Ohr und von Mund zu Ohr übermittelte sich uns der Wortwechsel, dessen Sinn wie folgt lautet: Die Leute aus dem Libertären Zentrum seien eh alles Spalter und man solle sie am kommenden Tag ganz vor an die Front schicken, um sie zu verheizen.
Der geistige Urheber dieser Idee, darauf angesprochen, stand fest zu seiner Aussage. Ein tapferes "Schwein", dass muss mensch ihm lassen. Doch ist damit ein Punkt überschritten. Ich möchte nur an die Notiz in der Moskauer Prawda vom Mai 1937 erinnern, in der stand "In Spanien ist mit der Säuberung von Anarchisten und Trotzkisten begonnen worden, wie bereits vor einigen Jahren in der SU." Damals starben Hunderte von antifaschistischen Arbeitern unter den Kugeln der kommunistischen Geheimpolizei.Und ich kann nur sagen, für einen solchen Moment werden wir genügend Gewehre nach hinten gerichtet halten. Und wir werden nicht zögern, sie auch zu benutzen.