Anarchistische Ursprünge des 1. Mai
Schwarze Katze

Die Ursprünge des 1. Mai liegen in den USA. In den 80er Jahren des 19. Jahrhunderts kamen mit der Einwandererwelle aus Europa viele in ihrer Heimat verfolgte Sozialisten und Anarchisten in die USA. Sie spielten eine wichtige Rolle bei der Neuorganisation der nordamerikanischen Arbeiterbewegung. Einer der bekanntesten war der ehemalige SPD-Abgeordnete Johann Most, der sich mittlerweile dem Anarchismus zugewandt hatte. Die Anarchisten wollten damals wie heute eine Gesellschaft ohne Herrschaft des Menschen über den Menschen aufbauen. Vor allem in Chicago, einem der grossen Industriezentren, wurden sie zur treibenden Kraft der Arbeiterbewegung. Viele Gewerkschaften und Zeitungen wurden von ihnen ins Leben gerufen.

Bereits in den 60ger Jahren des 19. Jahrhunderts wurden von Anarchisten und anderen Sozialisten die Forderung nach einem 8-Stunden-Tag in den USA erhoben. In einigen Bundesstaaten war der 8-Stunden-Tag sogar Gesetz, wurde in der Praxis jedoch nie realisiert. 1884 wurde die Forderung auf dem Allunionstag der Gewerkschaften erneut gestellt und eine landesweite Kampagne beschlossen. Durch eine grossangelegte Streikoffensive und einen landesweiten Generalstreik am 1. Mai 1886 sollte die Forderung nach dem 8-Stunden-Tag endgültig durchgesetzt werden. Die Anarchisten wurden, wie ein Chronist der Arbeiterbewegung schrieb, zum Motor und der revolutionären Spitze der gesamten Bewegung.

Am 1. Mai 1886 wurde der Generalstreikaufruf von 350.000 Arbeitern befolgt, davon 40.000 aus Chicago. Die Unternehmer setzten Streikbrecher, Polizei und privat angeheuerte Söldnertruppen gegen die Streikenden ein. Am 3. Mai fand in der Nähe der Landmaschinenfabrik McCormick eine Massenveranstaltung der Holzarbeitergewerkschaft statt. Die Polizei überfiel die Versammlung und erschoss 4 Arbeiter. Einen Tag später versammelten sich aus Protest darüber tausende auf dem Chicagoer Haymarket. Als die friedliche Versammlung sich aufzulösen begann, wurde sie von einer Polizeieinheit angegriffen. Augenblicke später detonierte eine Bombe, die von einem Unbekannten geworfen wurde. Bis heute ist nicht geklärt, ob es sich um einen Provokateur handelte. Die Polizei eröffnete sofort das Feuer auf die fliehenden Männer, Frauen und Kinder. Der ganze Platz war von Leichen übersät. Auch sieben Polizisten wurden durch eigene Kugeln getötet.

Nun hatten Staat und Unternehmer endlich einen Vorwand um gegen die Arbeiterbewegung vorzugehen. Hunderte von Arbeiterführern, egal ob sie Anarchisten, Sozialisten oder Kommunisten waren, wurden verhaftet. Den prominentesten Anarchisten wurde wegen der Haymarket Vorfälle der Prozess gemacht. Obwohl bewiesen war, dass keiner der Angeklagten die Tat hätte begehen können, wurde gegen sie ein Schauprozess eröffnet. Da es keine Beweise für die Mordanklage gab, hiess es danach, sie seien an einer Verschwörung beteiligt gewesen und hätten Artikel verfasst, in denen zum Umsturz der bestehenden Verhältnisse aufgerufen worden sei. Damit seien sie verantwortlich für die Tat, da sie die Täter inspiriert hätten. Am 20. August 1886 wurden die Todesurteile gegen die Angeklagten verkündet. Die Schlussreden der zu Unrecht Verurteilten wurden als "Anklagen der Angeklagten" weltberühmt. Sie waren ein Manifest gegen die Ausbeutung und für eine freie, menschliche Gesellschaft ohne soziale Ungerechtigkeit.

Parsons, Engel, Fischer und Spiess wurden am 11. November 1887 gehenkt. Louis Lingg beging einen Tag vor seiner Hinrichtung Selbstmord. Die anderen Angeklagten wurden zu Haftstrafen verurteilt und nach 7 Jahren vom neuen Gouverneur, ebenso wie die Hingerichteten, für unschuldig und zu Opfern eines Justizmordes erklärt.

Also nochmal kurz zusammengefasst: Die Ursprünge des 1. Mai liegen in der Bewegung für den 8-Stunden-Tag und im Kampf der amerikanischen Arbeiter für ihre sozialen Rechte.

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