Anarchisten in der DDR
Trafik # 12, April 1984
trafik - Internationales Journal zur Kultur der Anarchie

In seinem Buch ,,Kommunismus, Sozialismus, Anarchismus" schreibt Günter Bartsch: ,,Nur unter sowjetischer Besatzungsmacht kam es zum Wiederaufleben des Weimarer Anarchismus, der hauptsächlich von syndikalistischen Arbeitern getragen war." Nach dem Krieg hatte sich um Willi Jelinek in Zwickau ein neuer Kreis von freiheitlich gesinnten Genossen gebildet. Jelinek war Betriebsratsvorsitzender eines großen Industriebetriebes. Diesem Kreis gelang es durch mündliche und briefliche Agitation, ein weitmaschiges Netz über die gesamte Ostzone und spätere DDR zu spannen.

Zirkulare des Zwickauer Kreises fielen dem Staatssicherheitsdienst in die Hände. "In Zwickau wurde, so unglaublich es klingt, eine Informationsstelle des gesamtdeutschen Anarchismus gebildet. Sie berief Mitte 1948 nach Leipzig eine geheime Konferenz aller unter sowjetischer Besatzungsmacht lebenden Antiautoritären verschiedener Richtungen ein. Der Staatssicherheitsdienst war jedoch bereits informiert, er verhaftete alle Teilnehmer. Danach gab es in der DDR keine neuen Gruppen mehr oder zumindest keine bekannten. Doch nach dem Kriegsende bis zu der tragischen Tagung 1948 waren die anarchistischen Gruppierungen in der DDR so stark, dass sie sogar die westdeutschen Anarchisten mit einer Vervielfältigungsmaschine und Geld unterstützen konnten.

Es gab also Antiautoritäre in der DDR - aber wie sieht es damit heute aus? Von den Gruppen in verschiedenen Städten Polens wie SIGMA wissen wir ebenso dass in Bulgarien und der Sowjetunion Gruppen und/oder Einzelpersonen aktiv waren beziehungsweise sind.

Die DDR wurde von der sogenannten "Friedensbewegung" leicht erschüttert; Jugendliche, von denen übrigens viele entgegen den offiziellen Verlautbarungen der Regierung Arbeitslose sind, wurden mit Themen konfrontiert, mit denen sie durch die Bildungspolitik der DDR noch nicht in Berührung kommen konnten.Fällt der Name Bakunin in einer Diskussion, so setzt bald ein Streit über das Gesagte ein, ist doch so gut wie Nichts über die Anarchisten und den Anarchismus bekannt. In den Augen der staatlich zensierten Medien sind ja Leute wie Proudhon, Bakunin, Machno, etc. Konterrevolutionäre, die man ,,Lenin sei dank" zerschlagen und vernichten konnte: Kronstadt - Ukraine - Zwickau.

Der Wunsch einiger junger DDR'ler ist es, mit Schriften von Anarchisten bekannt zu werden, sich über sie zu informieren sowie Kontakt zu west- und ostdeutschen Anarchisten zu bekommen. Daher:

  • Wer ist an einer Kontaktaufnahme zu DDR-"Genossen" interessiert?
  • Wer hat entsprechende Kontakte nach ,,drüben"?
  • Wer weiß von bestehenden Gruppen?
  • Wer ist bereit, konkrete Unterstützung zu leisten?
  • Wer kennt Schriften, die sich in deutscher Sprache speziell mit dem Anarchismus "drüben" befassen?

    Interessierte melden sich bitte brieflich unter dem Stichwort "Anarchismus drüben" bei der Redaktion der Trafik. Ihre Briefe werden wir prompt weiterleiten an den koordinierenden Genossen.


    Anmerkung der Schwarzen Katze: Die Schnüffler und politischen Verbrecher der Stasi haben viel an hoffnungsvollen Ansätzen kaputtgemacht. Über die Stasi folgt auch noch ein Text. Wer Infos über Anarchismus in der DDR und über die Machenschaften der Stasi hat, kann sich an uns wenden. Wir würden uns freuen weitere Texte darüber zu veröffentlichen oder ein Radiointerview mit Stasiopfern zu führen. Meldet euch bei uns:

    Schwarze Katze
    Postfach 41 20
    58664 Hemer
    http://schwarze.katze.dk

    Da wir auf unserer Internetseite Texte von Basisgruppen veröffentlichen und die Materialien für unsere Radiosendungen und Bildungsveranstaltungen verwenden, freuen wir uns immer über Flugblätter, Zeitschriften und Bücher als Spende für unser Bewegungsarchiv.