Wovon sollen Flüchtlinge leben?
Neben dem "Großen Lauschangriff" planten Politiker am 06. Februar dieses Jahres im Bundesrat einen Angriff auf die Menschlichkeit. Auf Initiative Berlins beschloß die Länderkammer, einen "Entwurf eines zweiten Gesetztes zur Änderung des Asylbewerberleistungsgesetzes" in den Bundestag einzubringen.
Der erarbeitete Entwurf sieht vor, geduldeten Flüchtlingen sowie ausreisepflichtigen Asylbewerbern den Anspruch auf solche Leistungen abzusprechen und nur noch die "unabwendbar nötige Hilfeleistung" (Innenminister Kanther) zu geben. Bereits jetzt erhalten Asylbewerber, Bürgerkriegsflüchtlinge und Geduldete nur abgesenkte Leistungen, die um mindestens 20 Prozent gekürzt sind und meist als Sachleistungen gewährt werden.
Betroffen von der geplanten
Neuregulung wären:
- Bosnische Kriegsflüchtlinge ohne Rücksicht auf
ihre Herkunft und Rückkehrmöglichkeit
- Flüchtlinge, die aus
humanitären Gründen und wegen Gefahren für Leib, Leben oder Freiheit eine
Duldung erhalten, zum Beispiel Flüchtlinge aus Afghanistan, Somalia und
anderen Kriegs- und Bürgerkriegsländern.
- Flüchtlinge, die nicht
abgeschoben werden können, wie zum Beispiel Albaner aus dem Kosovo,
Palästinenser aus dem Libanon und Vietnamesen.
Diese Flüchtlinge haben nach geltendem Recht eine Duldung, weil sie aus tatsächlichen, rechtlichen oder humanitären Gründen nicht ausreisen oder abgeschoben werden können. Ihnen wird aber gleichwohl unterstellt daß ihre freiwillige Ausreise dennoch möglich sei. Es ist unmenschlich und widersprüchlich, wenn geduldeten Flüchtlingen, die einen ausländerrechtlich anerkannten Status haben, gleichzeitig die Lebensgrundlage entzogen werden soll.
Hinzu kommt noch, daß dieser Gesetzesentwurf ein enormes Maß an bürokratischen Einzelfallprüfungen und Gerichtsverfahren nach sich ziehen wird. Zukünftig dürfen Leistungen nur dann gewährt werden, wenn dies "im Einzelfall nach dem Umständen unabweisbar geboten ist". Es ist vorsehbar, daß auf die Sozialbehörden tausende von Einzelfallprüfungen und auf die Gerichte Verfahren zukommen, in denen die Betroffenden versuchen müssen, ihren Lebensunterhalt einzufordern. Außerdem müssen die Sozialämter prüfen, ob die Möglichkeit einer freiwilligen Ausreise gegeben ist. Aus dem Unterlagen der Ausländerbehörde geht das nicht hervor.
Der vom Bundesrat eingebrachte Gesetzentwurf wurde inzwischen am 26.März in erster Lesung im Bundestag beraten. Mehrheitlich wurde beschlossen, den Entwurf an die zuständigen Fachausschüsse zu überweisen. Es bleibt nur zu hoffen, daß unsere Politiker mit ihren Entscheidungen nicht das verfassungsrechtliche Sozialstaatsprinzip aus den Augen verlieren und somit eine Verschärfung von sozialen Spannungen und eine sichtbare Armut in den Städten unterbinden.
Birgit Haarmann, Flüchtlingsberatung Iserlohn