Der Protest geht weiter
Friedensfestzeitung 1998

Ahaus - eine Niederlage für die Atomkraftgegner? Wohl kaum. Auch wenn es der Polizei -wohl zum ersten und letzten Mal - gelungen ist, den wahren Termin für den Castor-Transport geheimzuhalten, war der Aufwand doch erheblich. Etwa 30.000 Polizisten mußten wieder einmal aus dem ganzen Land zusammengezogen werden, um dem Wahnsinn einen Weg zu bahnen.

Daß der schwer bewachte Transport am Ende sein Ziel erreichen würde, war allen Beteiligten klar. Worum es ging, war ein deutliches Zeichen gegen die Fortführung der Atomkraft und eine Verteuerung des Transports. Beides wurde - wie schon in Gorleben - erreicht. Der Traum von Angela Merkel, in Ahaus auf keinen nennenswerten Widerstand zu treffen, platzte wie eine Seifenblase. Dort, wo noch vor kurzem nur eine Handvoll Bürger gegen das Zwischenlager protestierte, ging jetzt eine Region auf die Barrikaden. Am letzten Sonntagsspaziergang vor dem Transport setzten sich fast 300 Bauern mit ihren Treckern vor den Demonstrationszug - und das, obwohl sich die Bahn geweigert hatte, die Fahrzeuge der Bauern aus Gorleben nach Ahaus zu transportieren.

Alle Hände voll zu tun hatte die Polizei auch am Tag des Transportes. Dank zahlreicher, zum Teil äußerst kreativer Aktionen rund um die Gleise, erreichte der Zug Ahaus erst mit stundenlanger Verspätung. Um die Zahl der Demonstranten am späten Freitagnachmittag einigermaßen in Grenzen zu halten, fiel den Beamten am Ende nichts anderes mehr ein, als die Straßenschilder nach Ahaus abzuschrauben, die Zufahrtswege weiträumig dichtzumachen und den Leuten die Luft aus den Reifen zu lassen. Wäre eigentlich interessant zu erfahren, welcher Paragraph das rechtfertigt.

Interessant war auch die Berichterstattung der Medien im Zusammenhang mit dem Castor-Transport. Während der IKZ in seinem von der "Westfalenpost" gestellten Hauptteil bis zuletzt die Schlacht um Ahaus ankündigte und gleichzeitig die Sicherheit des Behälters betonte, war in allen anderen Medien zeitgleich nachzulesen, daß ein Modell eines Atommüll-Behälters beim Fall aus neun Meter Höhe aufgeplatzt war, weil die Schrauben des Deckels nicht stabil genug waren.

Um es noch einmal klar zu machen: Es geht bei den Protesten nicht darum, Castor-Transporte wirklich unterwegs zur Umkehr zu zwingen bzw. zu verhindern das in Ahaus oder Gorleben Atommüll eingelagert wird. Worum es einzig und allein geht, ist der Einstieg in den Ausstieg aus der Atomkraft. Wenn eines Tages alle Reaktoren abgeschaltet werden, wird niemand etwas dagegen haben, den anfallenden Müll so sicher wie möglich aufzubewahren. Niemand protestierte gegen die Einlagerung des verstrahlten Schrotts aus dem THTR Hamm-Uentrop in Ahaus, nachdem dieser stillgelegt worden war.

Andererseits dürfen die Atomkraftwerke in Deutschland so lange weiterbetrieben werden, wie sie einen Entsorgungsnachweis vorlegen können. Ohne sicheres Endlager würde dies den Betrieb immer weiterer "Zwischenlager" erfordern, die letztendlich stillschweigend zu Endlagern würden. Und was in Deutschland nach einem Super-GAU passieren würde, ist spätestens seit Tschernobyl klar. Damit würde unser Land auf absehbare Zeit unbewohnbar.

Der nächste Castor-Transport wird aller Voraussicht nach bereits kurz nach der Bundestagswahl auf uns zurollen.