Ist das Arbeiterwohlfahrt?
Fotos und Bericht: Schwarze Katze, Dezember 06
veröffentlicht im Schwarze Katze Rundbrief 11.12.06
Sozialdemokratische Wurzeln
Die AWO wurde 1919 als "Hauptausschuss für Arbeiterwohlfahrt in der SPD" gegründet. Seitdem ist sie de facto eine SPD Vorfeldorganisation, in der regelmässig Sozialdemokraten gutbezahlte Vorstands- und Leitungsposten zugeschanzt bekommen. Bei Montagsdemos und anderen Sozialprotesten gegen die staatliche Sozialraubpolitik hat die Arbeiterwohlfahrt sich deutlich zurückgehalten. Wer beisst schon die Hand, die einen füttert? Die AWO steigt aus dem Bundesangestelltentarifvertrag (BAT) aus und drückt so die Löhne. Das sozialdemokratisch regierte Berlin macht der AWO vor wie Lohnkürzungen am besten gehen. Die Senatsmehrheit von SPD und Linkspartei beschloss zuungusten der Beschäftigten aus dem "Kommunalen Arbeitgeberverband" auszutreten. Folge: Lohnsenkung. Das ist sozialdemokratische Politik.
Sozialabbau-Münte erhält höchste AWO Ehrung
Am 25.11.06 verleiht die AWO dem ehemaligen SPD-Parteivorsitzenden Franz Müntefering, der für die Rente ab 67 eintritt, die Marie-Juchacz-Plakette. Die höchste Auszeichnung der AWO ist nach der sozialdemokratischen Gründerin des Verbandes benannt und wird vom Bundesvorstand verliehen. Mit der Auszeichnung werden laut AWO-Pressemitteilung "Persönlichkeiten geehrt, die sich Zeit ihres Lebens für die zentralen AWO-Grundwerte von Freiheit und Solidarität eingesetzt haben". Heuschrecken-Münte ist für die Einführung des Sozialraubgesetzes HartzIV und der Zwangsarbeit durch arbeitsplatzverdrängende 1 Euro Jobs mitverantwortlich. Das ist also laut AWO "Freiheit und Solidarität". Pfui! Die AWO verdient gut an den von ihr angebotenen 1 Euro Jobs, da ist eine Medaille für Sozialminister Müntefering ein angemessenes Dankeschön.
Überflüssige besetzen Berliner Zentrale
Über die Besetzung der Berliner AWO-Zentrale durch Die Überflüssigen erscheint am 11.10.04 ein Indymedia-Bericht:
"Seit wenigen Minuten ist die Landeszentrale der AWO (Arbeiterwohlfahrt) am Halleschen Ufer 32-38 von 50 "Überflüssigen" besetzt. Warum AWO? 600.000 Ein-Euro-Jobs wollen die Bundesverbände der Arbeiterwohlfahrt, der Caritas, des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes, des Deutschen Roten Kreuz und der Diakonie ab nächstem Jahr anbieten. Bis vor wenigen Wochen waren die Hartz-Gesetze noch in der Kritik dieser Verbände - jetzt wollen sie davon profitieren."
AWO verdient an 1 Euro Jobs
Die AWO verdient sich in vielen Städten durch die Bereitstellung der 1 Euro Jobs dumm und dämlich. Pflegetätigkeiten sind eine schwere und
verantwortungsvolle Tätigkeit und sollten angemessen bezahlt werden! Bei 1 Euro pro Stunde wird wohl kaum die erforderliche Motivation aufkommen. Das geht zu Lasten der Alten und Kranken. Durch 1 Euro Jobs gehen ausserdem Arbeitsplätze verloren. Auch wenn die Tätigkeiten unter dem Deckmantel der "gemeinnützigen und zusätzlichen" Arbeit angeblich keine Arbeitsplätze vernichten, sie tun es doch. Wieso sollte die AWO noch Menschen sozialversicherungspflichtig tariflich entlohnte Arbeit geben, wenn sie dieselbe Arbeit für einen Euro pro Stunde bekommen? Und diesen Euro auch noch bezahlt bekommt? Wir finden das Verhalten der AWO unsozial!
Ein "Verband mit sozialer Tradition" spart bei den Beschäftigten
Laut ihrem Grundsatzprogramm kämpft die Arbeiterwohlfahrt für eine sozial gerechte Gesellschaft. Schauen wir uns an, was darunter in Hemer verstanden wird: Im AWO Altersheim Hemer sind Hauswirtschaft und Küche an Fremdfirmen ausgegliedert worden. Die apetito catering GmbH ist für die Verpflegung verantwortlich, cleanik servicepool GmbH aus Wunstorf übernimmt Hausmeister, Hauswirtschaft und Spülküche. Was bedeutet das? Die dort 40 Beschäftigten werden nach einem Jahr weniger Geld für dieselbe Arbeit bekommen. Wir finden das nicht in Ordnung! AWO bedeutet Arbeiterwohlfahrt. Ist so ein Verhalten wirklich Wohlfahrt an Arbeiterinnen und Arbeitern? Nein! Sparen wir uns stattdessen die Chefgehälter! Es ist ein Unding die Beschäftigten erst so spät über die Pläne zu informieren. Wird der AWO Bezirk Westliches Westfalen auch in den 50 anderen von ihm betriebenen Altersheimen so ein unsoziales Gebaren an den Tag legen? Im offiziellen AWO-Leitbild heisst es im schroffen Gegensatz zur Realität: "Achtung und Schätzung unserer Mitarbeiter ist für uns als Verband mit sozialer Tradition Grundlage unseres Handelns".
Demo in Hemer
Am Do., 27.07.06 findet um 15 Uhr vor dem AWO Altersheim Hemer an der Parkstrasse eine Demo der dort Beschäftigten unter dem Motto "Verraten und verkauft" statt. Die Schwarze Katze ist solidarisch mit dem Kampf der AWO-Beschäftigten und beteiligt sich deswegen an der Arbeiterdemonstration. Unser Fazit: Wer sich nicht wehrt, lebt verkehrt!
Demo gegen AWO-Sparpläne in Hemer Fotos: Schwarze Katze, 27.07.06 |
|
Verraten und Verkauft |
Demo der AWO Beschäftigten in Hemer |
Bewohner des AWO-Altenheims |
Aufschrift: Herzlos in die Zukunft |
AWO Seniorenzentrum Parkheim Hemer |
Laute Bauarbeiten am AWO Gebäude während der Demo |
Deutliche Worte
Schon 2004 kündigte die AWO-Geschäftsführung mit dem bezeichnenden Zitat "Es gibt keine Tabus mehr" den künftigen Sparkurs an. Ein AWO-Parkheimbewohner wählt in seinem am 26.07.06 im Iserlohner Kreisanzeiger veröffentlichten Leserbrief deutliche Worte:
"Bei der Diskussion um das AWO-Parkheim zeigt sich die AWO-Bezirksverwaltung absolut asozial (nicht gemeinschaftsfähig/-willig)". Der Anwohner beklagt, dass jeder Arbeiter "einzeln genötigt werden" soll, "Verträge zu unterschreiben, die ihm aufgezwungen werden." Nach seiner Ansicht folgt "die AWO (in Nähe der SPD und ihren - sozialen? - Mitgliedern) (...) der Politik der Wirtschaftlichkeit mit Abbau aller sozialen und menschlichen Grundwerte. Wie zu erfahren war, hat die AWO sogar eine eigene Verleihfirma: Arbeitsverträge von nur vier Wochen oder 9,2 Wochenstunden oder Tagesverträge. Eine ständige Fluktuation!"
Der betroffene Bürger befürchtet: "Was geschieht mit der alten Bewohnerschaft? Kein Wort darüber! Wird das Gelände an einen Immobilienhai verkauft, der Alte einfach rausschmeißt? Wird der Beirat unterrichtet? Bei der Gelegenheit sei daran erinnert, dass die Krankenkassen seinerzeit die Ärzte aufforderten, den 80-Jährigen nur noch das Mindeste zu verschreiben, sie hätten ihr Leben gelebt: "Alte, legt die Löffel weg!".
Ein weiterer Auszug aus dem Leserbrief: "Eigenartig, dass das Management einen Einblick in das Defizit von 500 000 Euro verweigert. In letzter Zeit wurden Sachen angeschafft, die ausschließlich der Repräsentation dienten. Liegen vielleicht Managementfehler vor, die zu Besorgnis bei den Bewohnern führen müssen, da sie zu Leistungsminderungen führen könnten? Die AWO zeigt jedenfalls, dass Bewohnerschaft und Arbeitnehmerschaft bei ihr nicht demokratischen und fairen Regeln unterliegen. Sie ist asozial." Der Leserbrief schliesst mit der Feststellung, dass Arbeiter und Bewohner jetzt in ständiger Angst leben.
Das hat System
Die AWO Hemer ist kein Einzelfall. Seit einiger Zeit privatisieren Städte und Gemeinden ihre Putzkolonnen und sanieren damit die Stadtkasse auf Kosten der Arbeiter. Durch die städtische Ausgliederung von ehemals eigenen Aktivitäten in Fremdfirmen und 1 Euro Jobs verschlechtert sich die Position der Arbeiter. Die abhängig Beschäftigten müssen für weniger Geld mehr Arbeit in kürzerer Zeit erledigen. In einem kapitalistischen System hat Profitmaximierung oberste Priorität. Ökologische und soziale Fragen spielen da eine untergeordnete Rolle. Es ist Zeit für ein soziales Miteinander zu kämpfen.
Aktionen gegen Sozialraub
- FAU - Die etwas andere Gewerkschaft: www.fau.org
- Chefduzen - Forum der Ausgebeuteten: www.chefduzen.de
- Infos zu aktuellen Kämpfen und Soliaktionen: www.labournet.de
Schwarze Katze - Postfach 41 20 - 58664 Hemer - http://schwarze.katze.dk