Der unbequeme Weg - Geschichten totaler Kriegsdienstverweigerer
Michael Eger Filmproduktion, 60 Minuten

Schwarze Katze Filmbesprechung

"Was an dir Berg war, haben sie geschleift, und das Tal schütteten sie zu... über dich führt ein bequemer Weg."
(Bertolt Brecht)

Im Januar 1991 leiten Luftangriffe den Beginn des Golfkriegs ein, es gibt Überlegungen zur Einbindung der Bundeswehr. Im Februar 91 findet das erste Gelöbnis nach der deutsch-deutschen Vereinigung statt. Am 1. März 91 erobern fünf Totalverweigerer ein Kriegerdenkmal, welches sie mit TKDV-Transparenten verschönern. Udo Meven, dessen Einklagen des Rechts auf totale Kriegsdienstverweigerung dreimalig abgelehnt wurde, begründet seine Haltung damit, dass kein Kriegsdienst sich mit seinen Wertvorstellungen vereinbaren lasse.

Der Musiklehrer Gerhard Scherer hat - nicht willig, einen "milden" Kriegsdienst zu leisten - den Zivildienst abgebrochen und verweigert, da ihm währenddessen klar geworden ist, dass dieser eben nicht belanglos für die militärische Planung ist. Im Konzept der Gesamtverteidigung ist die aus 100.000 Zivis bestehende "Reservearmee" genauestens eingebunden, sie sind z.B. für den Luftschutz und die Räumung von Bomben vorgesehen. Zivildienst ist erzwungener Dienst, der die Einschränkung wichtiger Grundrechte nach sich zieht, dem Staat jedoch billige Hilfskräfte zur Kaschierung des Pflegenotstands bietet. Gerhard Scherer sagt, dass die Negation allein nicht ausreiche, dass Verweigern und der Aufbau der Utopie zusammengehörten.

Mit drei Zivis gründet Heiko Strech 1986 das erste Totalverweigererkollektiv "die Deserteure", womit sie ein politisches Zeichen gegen die Vereinzelung von TKDV´lern setzen wollen. Der Staatsapparat stellt sie - ihre Absicht der kollektiven Verteidigung durchbrechend - jedoch einzeln vor Gericht. Heiko begreift sich als Vertreter des zivilen Ungehorsams, als Pazifist mit Abneigung gegen Befehle und Gehorsam, Uniformen und Gleichschritt. Seit 1987 ist er dienstflüchtig. In der Berufungsverhandlung, bei der er zu 10-monatiger Haft verurteilt wird, hat er mitsamt seiner Verteidigung die Waffenlieferungen der BRD in den Irak und Länder des Trikonts zum Thema gemacht, welche das Führen von Krieg erst mit ermöglichten. Der Totalkriegsdienstverweigerer beruft sich auf Artikel 26 des Grundgesetzes: Solange sich der Staat nicht rechtstreu verhält, muss sich der Bürger auch nicht rechtstreu verhalten, Widerstand ist in einem solchen Fall seine Pflicht. Für Heiko und andere gibt es keine Bewährung, ein Zeichen der politischen Sonderjustiz gegen TKDV´ler. Ziel der Haftstrafe sei es, das Gewissen der Inhaftierten zu brechen.

Im April 98 taucht Udo Meven unter. Er berichtet im Folgenden von der Terrorisierung der Nachbarn und Nahestehender durch die Feldjäger. Nach der Verurteilung vor Gericht zu 9 Monaten ohne Bewährung (wie sollte es anders sein?), ohne Anerkennung bis zur Berufungsverhandlung, wirkt Udo bei einem Theaterensemble, welches antimilitaristische Stücke aufführt, mit, um sich vor den Feldjägern zu schützen, die ihn zu der von der Kasernenleitung - unabhängig von der vom zivilen Gericht verhängten Arreststrafe - "abholen" wollen.

Am 1. Oktober 98 verteilen mit "Feldhase"-Binden bestückten TKDVler am Bahnhof Hamburg-Altona, von wo aus die Bundeswehr die Sammeltransporte in die Kasernen schickt, Flugzettel und werden von den echten Feldjägern auf recht unsanfte Weise weggezerrt.

Udo Meven trifft sich nach dem Fall der Mauer mit Kriegsdienstverweigerern aus der DDR, in welcher laut Angaben des Films 1958 der letzte Verweigerer zu Knast verurteilt wurde. In den Räumen der Alternativen Liste (AL) findet er Asyl, auf Einlenken der politischen AkteurrInnen hoffend. In einer Soli-Aktion in der Rathauseingangshalle ketten sich Totalverweigerer zusammen mit VertreterInnen der Bürgerrechtsbewegung an die Säule des Hauses. Die PolitikerInnen sind nicht zum Dialog bereit. Gewaltsam verschafft sich die KriPo Zugang zu den Räumen der AL. In der Nähe des Gefängnisses, in dem Gerhard sitzt und vor dem eine Demo stattfindet, äußert ein älterer Herr seine Ansicht zum Verhalten des Justizapparates: "Ordnung muss im Staat sein wie in der Familie und sonst gar nichts."