Das ‚Recht auf globale Bewegungsfreiheit’ und die Forderung ‚Gleiche Rechte für Alle!’ sind für viele Gruppen aus der antirassistischen Linken, insbesondere selbstorganisierte Flüchtlings- und MigrantInnengruppen zentrale programmatische Eckpunkte. Häufig geht das Hand in Hand mit einer grundsätzlichen Kritik globaler, ja neokolonialer Herrschafts- und Ausbeutungsverhältnisse. Flucht und Migration sind aus dieser Perspektive stets Ausdruck unterschiedlicher Wünsche und Motive: Suche nach Sicherheit und Schutz genauso wie individuelle Überlebensstrategie, manche spitzen sogar zu und sprechen von sozialen Aneignungsbewegungen gegen das globale Ausbeutungsgefälle.
Menschenrechtlich orientierte Gruppen – z.B. zahlreiche Flüchtlingsräte – favorisieren demgegenüber einen etwas anderen Zugang: Sie sprechen sich in erster Linie für die Etablierung eines rundherum robusten Flüchtlingsschutzes aus: Das umfasst nicht nur das freie Recht auf Einreise (als Voraussetzung, ein rechtsstaatlich fundiertes Asylverfahren durchlaufen zu können), vielmehr geht es auch um die Anerkennung von Armut, Krieg oder Umweltzerstörung als schutz- bzw. asylrelevante Fluchtmotive. Darüber hinaus wird ein Bleiberecht für Menschen gefordert, die schon lange in Deutschland leben. Zuweilen geht das mit der Forderung nach einer Legalisierung der etwa 1 – 1,5 Millionen in Deutschland lebenden Papierlosen einher, als Mindestes wird gefordert, dass auch Papierlosen grundlegende soziale Rechte wie z.B. kostenlose Gesundheitsversorung einzuräumen wären. Ob und inwieweit dem Staat das Recht zukommt, Flucht und Migration zu regulieren, ob durch Visapolitik, Grenzkontrollen oder Abschiebungen, wird von dieser Warte aus gemeinhin nicht thematisiert.
Aus gewerkschaftlicher, teils auch globalisierungskritischer Sicht ergibt sich schließlich ein weiterer Blickwinkel. Die Rechte von Flüchtlingen und MigrantInnen werden zwar nicht in Frage gestellt, es wird aber zugleich auf die Notwendigkeit von Regulierung hingewiesen. Denn häufig sei es insbesondere die von (undokumentierten) MigrantInnen und Flüchtlingen ausgeübte Arbeit im prekarisierten Niedriglohnsektor, die Lohn- und Sozialdumping nach sich ziehen würde (ganz gleich ob es sich um reguläre oder irreguläre Beschäftigungsverhältnisse handeln würde). Vor diesem Hintergrund seien Kontrollen unerlässlich – die IG BAU hat seinerzeit sogar eine telefonische ‚Meldestelle gegen Lohndumping und illegale Beschäftigung‘ eingerichtet.
Praktisch hat das massive Proteste nach sich gezogen, auch innerhalb der Gewerkschaften. Einerseits weil Papierlose, die bei Razzien angetroffen werden, meist in Abschiebehaft landen. Andererseits weil prekarisierte Jobs für Flüchtlinge und undokumentierte MigrantInnen häufig die einzige Chance sind, überhaupt ein Auskommen zu finden. Wer sich für Mindeststandards einsetze, müsse folglich, so der Tenor, Flüchtlinge und MigrantInnen in (bürger)rechtlicher und sozialer Hinsicht grundlegend gleichstellen. Das schließe auch die Einbeziehung von Flüchtlingen und MigrantInnen in die Forderung nach einem bedingungslosen Grundeinkommen mit ein. Nur so könne verhindert werden, dass unsichere Aufenthalts- und Existenzbedingungen für Erpressungsmanöver (mit negativen Konsequenzen für alle!) instrumentalisiert würden.
Ziel des Workshops ist es, die verschiedenen Perspektiven miteinander ins Gespräch zu bringen – ohne (moralischen) Druck und auf der Basis wechselseitigen Respekts. Es geht darum auszuloten, ob und an welchem Kristallisationspunkt eine politische Verständigung im Rahmen der G8-Proteste möglich ist, allen unterschiedlichen Positionen und Prioritätensetzungen zum Trotz. Konkreter Hintergrund ist unter anderem ein von verschiedenen Gruppen und Netzwerken aus der antirassistischen Linken gemeinsam getragener Aufruf, der zu einer Großdemonstration einen Tag vor dem Gipfel unter dem Motto „Für globale Bewegungsfreiheit. Gleiche Rechte für Alle“ einlädt (der Aufruf kann unter www.nolager.de abgerufen werden).
An der Vorbereitung des Workshops sind bislang (!) AktivistInnen von NoLager Bremen, kein mensch ist illegal/Hanau, attac/Berlin und fels/Berlin beteiligt. VertreterInnen u.a. von Gewerkschaften sind angefragt.