In der Stunde grösster Gefahr, in der Stunde drohenden Ausverkaufs unseres Landes wenden wir uns an Euch, das Volk der DDR, und insbesondere an die Arbeiter in den Betrieben, die Bauern auf dem Lande, die Wissenschaftler in den naturwissenschaftlich-technischen Lehr- und Forschungseinrichtungen, an alle, die die Werte schaffen, und mit ihnen an ale ehrlichen, aufrechten und arbeitsamen Menschen in diesem unseren Land mit dem Ruf
LASST DEN AUSVERKAUF NICHT ZU!
Nahezu 30 Jahre hat eine autokratische Führungsclique 15 Millionen Menschen wie Staatssklaven gehalten, hat sie ein ganzes Volk eingemauert und mit einem nahezu perfekten System der Bespitzelung und Denunziation in Schach gehalten, hat sie Widersetzige eingesperrt und anschließend wie Sklaven verkauft, des Landes verwiesen oder mittels einer allgegenwärtigen Kaderbürokratie in die Asozialität gedrängt. Sie hat das Volk ausgebeutet, sich an seiner Arbeit bereichert, persönlich und durch ein verzweigtes System von Privilegien und Vergünstigungen. Für ihre Villen und Paläste sowie für ihre Empfänge und Reisen verjubelten sie auch die von uns teuer erwirtschafteten Devisen. Derweil verkamen ganze Stadtviertel, Betriebe und Einrichtungen. Dieses unser Land ist ruiniert worden.
Nun sind die Konkursverwalter angetreten und leiten den Ausverkauf des Landes ein. Mit dem Finger, auf die Spekulanten zeigend und so die Aufmerksamkeit von sich ablenkend bieten sie alles, was Generationen arbeitender Menschen in 40 Jahren geschaffen haben, ausländischen Kapitalgruppierungen als Einzahlungssumme in Beteiligungsgesellschaften an. VW, Siemens, Springer und IG Farben teilen sich schon den Kuchen, verhandeln bereits die Anteile. Wer hat die Wirtschaftsführer. unseres Landes autorisiert?
Sie sagen dem Arbeiter, er müsse sich künftig außer der Knute der Funktionäre auch noch die der Kapitalisten gefallen lassen. Sie bieten volkseigene Betriebe zum Verkauf an, auf dass die Reichen immer reicher und die Armen immer ärmer werden. Selbst in den meisten Ländern Westeuropas gibt es ein niedrigeres Lebensniveau als in der DDR, nicht trotz sondern wegen eines freien Marktes. Arbeiter in den Betrieben, wir rufen Euch auf:
SCHÜTZT EURE BETRIEEE! NEHMT EURE BETRIEBE IN EUREN BESITZ!
Wenn die Kampfgruppen in den Betrieben jemals einen Sinn hatten, dann jetzt. Angehörige der Kampfgruppen, tut, wofür man Euch einet gerufen hatte: Schützt eure Betriebe vor dem Zugriff der Konkursverwalter und der in- und ausländischen Kapitalisten! Angehörige der Intelligenz, macht, wozu man Euch immer aufforderte, stellt Euch an die Seite der Arbeiter, schützt mit Ihnen die Betriebe, die auch euch gehören, und helft mit, die Betriebe im Interesse der Aufrechterhaltung der Versorgung und der Dienstleistungen in Gang zu halten.
WÄHLT BETRIEBSRÄTE UND VERBINDET EUCH OBERBETRIEBLICH!
Bekundet am 19.12., dem Tag des Kohl-Besuchs, auf einer machtvollen Demonstration Euren Willen, den Ausverkauf unseres Landes zu verhindern, seine souveräne Existenz zu bewahren und den Träumen von einem großdeutschen Reich unsäglichen Angedenkens eine Abfuhr zu erteilen!
INITIATIVE VEREINIGTE LINKE, Berlin
Die Demonstration beginnt am Dienstag, den 19.12.89 um 17.00 Uhr auf dem Alexanderplatz in Ost-Berlin.
Schwarze Katze Nachtrag: Der unkritisch-positive Bezug auf Betriebsräte sollte hinterfragt werden und ist auf die Unkenntnis der Tücken des sozialpartnerschaftlich-kapitalistischen Systems zurückzuführen.