let's play war guys - ein siegreicher Propagandafeldzug der Bundeswehr

Erfahrungsbericht über einen Besuch beim Militär

Im Rahmen des Zivildienstes durfte ich an einem Besuch der Blücherkaserne in Hemer teilnehmen, der mir die Chance gab, Einblicke in die Strukturen der Bundeswehr zu erlangen. Und ich war erschreckt, wie sich die Bundeswehr nach aussen erfolgreich als friedensstiftende, menschliche Institution darstellt, ohne von anderen Zivis Widerspruch zu ernten. Ganz im Gegenteil: einige Zivis haben nachher sogar offen gesagt, dass sie kein Problem mehr hätten, Wehrdienst zu leisten. Genug, um den manipulativen Charakter dieses Besuchs aufzudecken.

Mit Befehl und Gehorsam zur Selbständigkeit...

Vor den Toren der Blücherkaserne, die ich nun zum ersten Mal sehen würde, hatte sich schon eine Gruppe von Zivis versammelt. Dort wurden wir von unserem Rundführer, dem Sicherheitsoffizier der Kaserne abgeholt und in einen Schulungsraum geschleppt, wo dieser uns gleich zu Anfang versicherte, nichts nichts gegen Zivis zu haben, nur gegen solche, die gar nichts für die Allgemeinheit tun würden... und die würden immer mehr. Sein Ziel sei es, uns ein anderes Bild von der Bundeswehr zu vermitteln. Das Innere des Gebäudes war geprägt von Postern, die Panzer, Gewehre oder Truppenübungen auf für mich ziemlich verherrlichende Weise zeigten

 Er habe festgestellt, dass junge Männer nach dem Wehrdienst reifer und ernster seien. In diesem Zusammenhang kam er auch auf den Erziehungsauftrag der Bundeswehr zu sprechen. Männer würden hier noch ein letzes Mal abgerundet: selbständiger würden sie werden. Und bei der Bundeswehr gäbe es das Prinzip von Befehl und Gehorsam. Dass dies mit Selbstständigkeit nix zu tun hat, sondern durch und durch antidemokratisch ist, blieb außen vor. Mann solle lernen, sich unterzuordnen, weil die eigenen Interessen nicht denen der Gruppe entsprechen. Dass die Interessen der Gruppe von Typen in führenden Positionen vorgegeben werden, war wohl nicht nennenswert.

Immer wieder zeigte sich auch, welches biologistische Bild von Mensch und Gesellschaft hier vorherrscht: der Mensch sei - quasi von Natur aus - nicht friedlich, sondern egoistisch und Kriege hätte es immer gegeben. Gerade der Kosovo hätte bewiesen, wie nötig das Militär ist. Im Folge dessen wiederholte der Sicherheitsoffizier noch mal die gesammelten Propagandalügen von Rudolf Scharping und Co., mit denen der Angriffskrieg im Kosovo gerechtfertigt wurde: es habe Zustände wie im Dritten Reich gegeben, KZs zur Massenvernichtung. Und gerade "wir Deutschen" stünden aufgrund unserer Vergangenheit unter Verantwortung. An dieser Stelle sei nochmals auf die ARD Doku "Es begann mit einer Lüge" verwiesen, indem schonungslos offen gelegt wird, dass KZs im Kosovo eine Erfindung der NATO waren, um die "demokratischen" Massen hinter sich stehen zu haben.

 Seiner Ansicht nach soll die Präsenz von einsatzfähigem Militär Kriege verhindern. Kämpfe würden immer dort entstehen, wo militärisches Ungleichgewicht herrscht - als Beispiel nannte er den Irak. Ich merkte an, dass dieses Ungleichgewicht, auf das sich berufen wird, erst durch die Waffenlieferungen aus deutschen und anderen Ländern entstehen konnte. Am Ende dieser Runde war der Sicherheitsoffizier ganz stolz, wie kritisch wir doch diskutiert hätten.

Männer und ihr Kriegsspielzeug

Nächste nennenswerte Station war die Vorführung von ASPT. ASPT ist ein realistischer Gefechtssimulator für den Panzer "Leopard 2", mit dem das anonyme Morden bestens eingeübt werden kann. In dem Film, der uns gezeigt wurde, wurde es wie ein harmloses Videospiel mit vielen tollen Features dargestellt. Große Unterschiede zum Morden auf der play station gab es wirklich nicht: für mich hat das noch einmal klar gemacht, was alle Videospiele bedeuten und dass mit ihnen Menschen aufs Umbringen anderer vorbereitet werden, auch wenn sie nicht zur Bundeswehr gehen. Waffengewalt, Militär und Krieg soll ihnen als Normalität präsentiert werden, die es hinzunehmen gilt. Die anwesenden Zivis waren jedenfalls schon so abgestumpft, dass sie keine großen Bedenken zeigten. Auf die Frage an einen Soldaten, der so eben mit ASPT geübt hatte, was denn seine Aufgabe sei, antwortete er: "Gepanzerte Ziele erfassen und den Feind vernichten."

In der Werkstatt für Panzer war es kaum noch auszuhalten, wie Waffen verherrlicht wurden: der Typ, mit dem wir redeten, erzählte mit glänzenden Augen von den technischen Leistungsmerkmalen, so als handele es sich um ein Spielzeug. Auf meinen Hinweis, dass ein Panzer ein Kriegsinstrument und kein Porsche sei, ging er überhaupt nicht ein, sondern fuhr munter fort. Ganz bewusst wurde hier der männliche Technikfetisch angepeilt, der Jungen von Geburt an anerzogen wird... Autokarten, Zinnsoldaten. Die Zivis fanden es richtig toll.

 Im folgenden durften wir den echten Leopard 2 samt Besatzung "bestaunen" und der Kommandant gab bereitwillig Informationen darüber, mit welch raffinierten Mitteln dieser Panzer Menschen auslöschen kann. Die Anforderung an den Hersteller sei gewesen, einen Panzer mit 100% Treffsicherheit zu bauen - und dies sei mit dem Leopard 2 auch gelungen. Dass einzige Fehlerpotential sei der Mensch. Auch die Fragen der Zivis bezogen sich ohne Ausnahme auf technische Details der Mordsmaschine. Die Frage, wie man damit klarkommt, mit KE Munition (Geschosse, die sich durch die Rüstung von Panzern bohren und dann explodieren) andere Menschen zu zerfetzen, die man nicht einmal zu Augen bekommt, stellte keiner. Für mich wurde hier auch klar, dass die Bundeswehr Menschen erst soweit abstumpfen lässt, dass sie fähig sind, so gegen andere Menschen vorzugehen. Angst machen mir nicht fremde Angreifer, sondern diese Soldaten und das Militär hier, all die Panzer, die ein paar Kilometer von meinem Zuhause entfernt sind. Es ist diese Kälte, welche die Soldaten austrahlten, die mir gesagt hat: ihr seid nicht meine Beschützer, sondern eine Bedrohung meiner Freiheit. Und die Vergangenheit hat gezeigt, dass das ach so nationale Millitär nicht davor zurückschreckt, gegen die "eigene" Bevölkerung vorzugehen, wenn diese sich nicht fügt.

ein siegreicher Propagandafeldzug

Am Ende waren wir noch in der angelagerten Gedenkstätte für das Kriegsgefangenenlager in Hemer, in dem vor allem russische Menschen eingesperrt und ermordet wurden. Doch wie die Greuel der Nazis als Begründung angeführt wurden, um wieder Krieg zu führen, ging und geht einfach nicht in meinen Kopf. Von den begeisterten Zivis wurde gefordert, dass die Bundeswehr in die Schulklassen gehen solle, um Leute für den Wehrdienst zu werben. Und so war es kein Wunder, dass ich die Kaserne einfach nur deprimiert und hassgeladen verließ. Sauer war ich auch auf die Konsumhaltung der anderen Zivis, die nix von dem, was ihnen da gezeigt wurde, hinterfragt haben. Solche Typen braucht das Vaterland.

 Was den Zivis präsentiert wurde, war pure männliche Technikverliebtheit, die selbst am Mordsspielzeug Gefallen findet. Alles war genau auf das zugeschnitten, was Männer in dieser Gesellschaft spannend finden: Fahrzeuge, Technik und Hartsein. Von den hierarchischen Strukturen, von dem Drill und den Zwängen, die Menschen kaputt und Männer zu gefühlskalten Arschlöchern machen war nicht die Rede. Krieg dem Krieg... für eine Welt ohne Waffen und Gehorsam, die leider in weiter Ferne liegt.

Dies war ein Bericht von jemand aus der Schwarzen Katze. Weitere Texte sind auf http://schwarze.katze.dk