Schwarze Katze Rundbrief 04.03.09
Was ein befreiter Sklave tut, dass muss man - erwarten!
Max Stirner
1.) Jahresrückblick 2008
Schwarze Katze
Was ist 2008 passiert? Uran-Transport gestoppt, Protest gegen Pro Köln, Aufstand in Tibet, Wolfgang Clement spielt beleidigte Leberwurst, Antispe-Kongress Hannover, Derrick Darsteller Horst Tappert löst seinen letzten Fall, Beschluss zur Vorratsdatenspeicherung und einiges mehr... [Anmerkung Schwarze Katze 12.01.15: Die Terminseite Jahresrückblick 2008 ist derzeit leider offline.]
Vor 200 Jahren wurde Charles Darwin geboren, vor 150 Jahren erschien sein Buch „Über die Entstehung der Arten“, das den Beginn der modernen Evolutionstheorie markiert. Diese mittlerweile durch unzählige Fakten gestützte Theorie hat unser Weltbild revolutioniert. Letztlich sind wir erst seit der Formulierung der Evolutionstheorie in der Lage, uns in dieser Welt zu verorten. Darwins Erkenntnisse helfen uns zu verstehen, wer wir sind und woher wir stammen.
Das Darwin-Jahr 2009 bietet einen hervorragenden Anlass, um den enormen Erkenntnisgewinn, der mit der Entwicklung der Evolutionstheorie verbunden war und ist, in stärkerem Maße gesellschaftlich zu verankern. Eine Möglichkeit hierfür ist die Einrichtung eines offiziellen Feiertags, an dem wir der Tatsache gedenken, dass wir allesamt „Kinder der Evolution“ sind – hervorgegangen aus einem ziellosen, immer wieder von Massenaussterben begleiteten und doch ununterbrochenen Staffellauf des Lebens, der von den ersten einzelligen Organismen der Urerde bis zu uns führte.
Am „Evolutionstag“ soll gefeiert werden, dass wir endlich den kindlichen Narzissmus überwunden haben, der uns dazu verleitete, unsere Art als „Krone der Schöpfung“ zu betrachten. Schließlich wissen wir heute, dass wir nur eine von Millionen Lebensformen auf diesem Staubkorn im Weltall sind. Und so stolz wir auch immer auf unsere „kulturellen Leistungen“ sein mögen, im Grunde sind wir kaum mehr als die „Neandertaler von morgen“.
Da nicht zu erwarten ist, dass die gesetzgebenden Länder den „Evolutionstag“ als zusätzlichen Feiertag einführen werden, bietet sich die offizielle Umbenennung eines bereits bestehenden christlichen Feiertags an. Der dafür am besten geeignete Kandidat ist unseres Erachtens „Christi Himmelfahrt“. Hierfür sprechen folgende Gründe:
1. „Christi Himmelfahrt“ ist einer der neun bundeseinheitlich geltenden Feiertage. Der an seine Stelle tretende „Evolutionstag“ könnte somit ebenfalls bundesweit gefeiert werden.
2. An „Christi Himmelfahrt“ unternehmen heute viele Familien Ausflüge in die Natur. Angemessener kann ein „Evolutionstag“ kaum begangen werden!
3. Die Mehrheit der in Deutschland lebenden Christen glaubt nicht mehr an das Glaubensdogma der leiblichen Auffahrt Jesu in den sogenannten „Himmel“. Es bietet sich daher an, an die Stelle eines überkommenen Mythos, an den nur noch eine verschwindende Minderheit zu glauben vermag, einen Gedenktag zu setzen, der von der Mehrheit der hier lebenden Menschen nachvollzogen werden kann.
4. Es gibt in Deutschland mittlerweile mehr konfessionsfreie Menschen als Katholiken oder Protestanten. Auf das konfessionsfreie Drittel der Gesellschaft müsste aus Fairnessgründen auch ein Drittel der gesetzlichen Feiertage zugeschnitten sein. Davon sind wir jedoch noch meilenweit entfernt! Die Umbenennung von „Christi Himmelfahrt“ in „Evolutionstag“ wäre ein erstes Anzeichen dafür, dass dieser Staat in seiner Feierkultur nicht nur gläubige Christen respektiert, sondern auch die vielen Millionen Bundesbürger, die eine dezidiert säkulare Weltsicht vertreten.
Wir fordern deshalb den Bundesrat und die zuständigen Landespolitiker dazu auf, die gesetzliche Umbenennung von „Christi Himmelfahrt“ in „Evolutionstag“ in die Wege zu leiten!
Nachtrag: Der obige Petitionstext wurde von Michael Schmidt-Salomon im Auftrag der Giordano Bruno Stiftung verfasst. Start der Kampagne: Aschermittwoch 2009. Die Schwarze Katze ist Mitunterzeichner des Aufrufs. Als Geburtstagsgeschenk zum 200. Geburtstag von Charles Darwin wurde die Seite www.darwin-jahr.de freigeschaltet, auf der unter anderem der Aufruf "Evolutionstag statt Christi Himmelfahrt" dokumentiert ist. Der Evolutionstag wird ebenfalls bei YouTube, Facebook und bei Schüler VZ beworben. Wer die Petition unterschreiben oder den gegenwärtigen Stand der Unterschriftenaktion betrachten möchte, kann dies über folgenden Link tun: http://giordano-bruno-stiftung.org/p_eday/petitionbook.php |
Nach dem ein Polizist am 06.12.2008 im Athener Szene-Stadtteil Exarchia den 15jährigen Alexandros Grigoropoulos bei einem öffentlichen Streitgespräch erschossen hat, kam es in den folgenden Wochen im ganzen Land zu spontanen Aufständen gegen die Politik der rechts-konservativen Regierung. Am 11.12. legten Arbeiter/innen überall in Griechenland die Arbeit nieder. Aufgerufen zu dem Generalstreik hatten die beiden reformistischen Gewerkschaften, der Termin stand jedoch schon lange fest. Aber die tagelangen Proteste und Aufstände gegen Polizeigewalt und Korruption machten aus dem Arbeitskampf ein politisches Signal mit mächtiger Stimme: Das ganze Land stand still.
Das öffentliche Leben wurde angehalten, die Luftfahrt gestoppt und auch der öffentliche Nahverkehr war ebenso betroffen, wie Banken, Behörden und staatliche Einrichtungen. Auch die Schulen, die wegen des erschossenen Schülers drei Tage lang aus Trauer den Lehrbetrieb eingestellt hatten, blieben leer. Der Energieversorger DEI wurde bestreikt, Krankenhäuser blieben zu (Notdienste waren vorbereitet). Zehntausende Arbeiter/innen demonstrierten gegen die rechts-konservative Regierung und gegen ihre Politik: Privatisierung, Steuererhöhung und eine Renten-"Reform", die über zwei Millionen Menschen in Armut leben lässt. Nun sehen die Marxist/innen und ihre Parteien eine Chance auf mehr Macht im Parlament und rufen daher schon zum Regierungswechsel auf. Aber weder parlamentarische Reformen, noch eine andere Regierung können das Elend beseitigen, das der kapitalistische Nationalstaat geschaffen hat.
Seit Monaten ist die griechische Gesellschaft in Aufruhr. Nach den schweren Waldbränden, die vor allem durch Korruption und Immobilienspekulation angefeuert wurden, gab es weitere Skandale - auch die orthodoxe Kirche ist darin verwickelt. Die soziale Lage hat sich zugespitzt: der landesweite Hungerstreik tausender Gefangener gegen unmenschliche Haftbedingungen und lebenslanges Wegsperren, der Protest von Anwohner/innen gegen eine Giftmülldeponie auf Korfu, ausstehende Löhne und demonstrierende Arbeiter/innen in der Hauptstadt. Der Gesundheitsminister wurde sogar von aufgebrachten Krankenschwestern festgehalten.
Auch in Universitäten und Schulen Griechenlands wird seit langem protestiert, wochenlang wurden über 800 Lehrgebäude besetzt und Massendemonstrationen gegen die Kürzungen im Bildungsbereich und die schlechten Berufsaussichten veranstaltet. Die weltweite Wirtschaftskrise des Kapitalismus, ausgelöst durch den Zusammenbruch der Immobilienspekulation, hat die Lage der Arbeiter/innen und Jugendlichen nur noch verschlechtert. Nicht nur in Griechenland! In Italien riefen die Gewerkschaften am 12.12. zum Generalstreik!
Und was ist die Antwort der Staatsmacht auf die Krise? Schusswaffen, Gasgranaten, Gummigeschosse, Festnahmen, Schlagstöcke. In Griechenland, nach grausamer Besatzung durch deutsche Nazis im Zweiten Weltkrieg, lebt noch die Erinnerung an den antikommunistischen Putsch von 1967 und die Militärdiktatur in dem NATO-Staat. Erst die Besetztung der Technischen Hochschule in Athen am 17.11.1973, die mit Panzern brutal unterdrückt wurde, leitete das Ende dieser Diktatur ein. Doch der Faschismus droht immernoch...
Tödliche Polizeigewalt im Mutterland der Demokratie ist keine Seltenheit und viele starben durch die Hand der Staatsmacht: der serbische Student Bulatovic (1998), der jungen Leontidis (2003), der 24jährige Onohua und die 45jährige Maria, sowie der Mord an dem pakistanistischen Migranten in Athen im November - die Erfahrung von Schikane und Polizeibrutalität ist in ganz Griechenland alltäglich. Die Grenzpolizei (und FRONTEX) haben jährlich hunderte Flüchtlinge auf dem Gewissen, die versuchen über die tödlichen Fluten des Mittelmeers oder die Minenfelder von Evros in die EU zu gelangen. Rassisten und Nazis tun ihr übriges.
Der Mord an Alexandros löste eine Welle von Wut und Verzweiflung aus. Hunderttausende gehen auf die Straßen - Jugendliche, Student/innen, Arbeiter/innen - Menschen jeden Alters. Diese Wut schafft sich Luft in gewaltsamen Widerständen gegen die Polizei, in Pflastersteinen gegen Banken und Luxusgeschäfte. Es gibt Plünderungen: Menschen nehmen sich Handys, Laptops, Uhren, Kleidung - die falschen Versprechen der Werbung werden wahr: Luxus für alle! Aber wann nehmen die Menschen ihr Leben selbst in die Hand? Wann besetzen sie nicht nur Straßen, sondern Fabriken, Geschäfte und Büros? Wann werden nicht nur Mülltonnen angezündet, sondern Grenzen niedergerissen? Demonstrationen und Versammlungen, Stadtteilkommitees und Gewerkschaften können vieles bewegen. Der politische Generalstreik, Besetzungen, direkte Aktionen gegen Staat und Kapital sind kleine, aber wirkungsvolle Schritte auf dem Weg zur sozialen Revolution:
Für den freiheitlichen Sozialismus!