Schwarze Katze Rundbrief 10.02.10
Die Religion hat viel Schlechtes und nur wenig Gutes hervorgebracht.
Claude Adrien Helvétius, französischer Philosoph, 1715-1771
1.) Wie im Mittelalter
Schwarze Katze
60.000 schwarze Katzen getötet
Was bedeutet der menschliche Aberglaube für dunkelpigmentierte Katzen? Die italienische Tierschutzorganisation AIDDA informiert darüber, dass jährlich in Italien 60.000 schwarze Katzen aus religiösen Gründen umgebracht werden. In Italien leben 9 Millionen Katzen, davon 1 Million auf der Straße als Streuner. Also noch genügend "Nachschub" für irregeleitete Fanatiker...
Mit dem Teufel im Bunde?
Schon im Mittelalter mussten viele Katzen wegen ihrer dunklen Fellfarbe sterben. Dies entspricht einer langen kirchlichen Tradition. Aberglaube und Religion sprechen schwarzen Katzen seit Jahrhunderten böse Eigenschaften zu. Im Mittelalter hat die katholische Kirche neben großen Scheiterhaufen, auf denen Hexen verbrannt wurden, kleine Scheiterhaufen errichtet, auf denen schwarze Katzen dem Feuer und religiösen Wahnvorstellungen zum Opfer fielen. Grund: Sie wurden von Christen als Begleiterinnen der Hexen gesehen. Papst Innozenz VIII. erklärte 1484 Katzen zu "heidnischen Tieren, die mit dem Teufel im Bunde stehen". Weiterhin sagte der höchste geistliche Würdenträger: "Die Katzen sind Geschöpfe und Gestalten des Satans. Allen voran die schwarzen Katzen können nie genug leiden!" In Folge dessen setzten gläubige Christen das päpstliche Urteil in die Tat um: Einmauern, lebendiges Eingraben, verbrennen, aus grosser Höhe in die Tiefe geworfen und an Spießen geröstet war für die niedlichen Miezen an der Tagesordung.
Wie im Mittelalter
Ein für alle Mal: Schwarze Katzen sind nicht böse! Katzen haben keine Religion. Für einige ist das Mittelalter immer noch nicht vorbei. Die katholische Kirche stellt neue Exorzisten ein. Exorzisten sind Teufelsaustreiber. Ein Todesopfer im Zusammenhang mit Exorzismus war Anneliese Michel. Dieser tragische Fall diente als Vorlage für den spannenden Kinofilm Der Exorzismus von Emily Rose.
17. November: Tag der schwarzen Katzen
Für heutige religiöse Fanatiker entsprechen schwarze Katzen wie schon vor Jahrhunderten durch religiöse Autoritäten verkündet dem personifizierten Bösen und sie erschlagen sie vorzugsweise an Halloween. Deswegen hat die Tierschutzorganisation AIDAA den Halloweentag 17. November zum Schutztag der schwarzen Katzen erklärt.
2.) Alle Jahre wieder: Geschenke und Glaube
Anarchistischer Funke, Dezember 09
Flugblatt im PDF-Format
Kaufen, schenken! Kaufen, schenken! Sündigen, beten! Sündigen, beten!
Wie wäre es mit...
Alle Tage wieder: Solidarität und Vernunft
Helfen, Hilfe bekommen! Denken, verstehen!
Eines ist klar:
Glaube verhindert die freie Entwicklung jedes Individuums
und unterdrückt Selbstbestimmung durch eingeredete
Schuldgefühle, Angst und Dogmen, die den Alltag
beherrschen. Zum Beispiel durch:
- Übernehmen von vorgefertigten Meinungen und
Lebenseinstellungen
- Unterdrückung der Sexualität
Aber was haben diese Tatsachen mit Weihnachten zu tun?
Viele Menschen richten ihr Leben nach irrationalen Vorstellungen aus, deren Höhepunkt die kapitalistische Konsumorgie Weihnachten ist. Bei diesem Fest wird die Geburt des vorgeblichen "Gottessohnes", geboren von der angeblichen Jungfrau Maria, gefeiert. Religiöse Einrichtungen sammeln besonders zur Weihnachtszeit Spenden und geben dadurch vor etwas Gutes zu tun, doch die Realität sieht ganz anders aus:
- Spenden aber nicht handeln: Durch Spenden wird die eigene Verantwortung abgegeben und die Spender erkaufen
sich ein gutes Gewissen um weiter zu sündigen anstatt direkt gegen das herrschenden System vorzugehen, das andere
Länder und Menschen ausbeutet.
- Arme Menschen werden durch Spenden der Kirche vom eigentlichen Problem abgelenkt und beteiligen sich nicht am Kampf
gegen die Ungerechtigkeit, welche die meisten erst arm macht. Solange ihre Grundbedürfnisse gedeckt sind besteht
scheinbar kein Grund mehr sich gegen die ungerechte Eigentumsverteilung zu wehren.
- die Kirche verschafft sich durch diese Spenden ein gutes Image. Selbst wenn man sich nur oberflächlich mit der Geschichte
auseinandersetzt, wird schnell klar, dass Religionen mehr Menschen auf dem Gewissen haben als alle anderen mörderischen
Ideologien (Kommunismus, Nationalismus) zusammen. Auch in der heutigen Zeit hat sich nichts Grundsätzliches geändert.
Täglich werden Menschen durch religiöse Fanatiker in religiös beeinflussten Kriegen sowie durch Attentate kleinerer
fundamentalistischer Gruppen ermordet.
Wir wollen unser Leben selbst gestalten, organisieren und jedem Menschen die Chance geben seine Persönlichkeit frei zu entfalten und das Individuum zu stärken ohne von Herrschenden manipuliert und unterdrückt zu werden. Wir fordern auf sich gegen jede form von Religion zu stellen, diese zu bekämpfen und religiösen Wahnvorstellungen zu entsagen!
Religion ist heilbar. Liberate your mind!
Wir fordern auf sich dem kapitalistischen System entgegenzustellen und sich an Streiks, Boykotts und Demonstrationen zu
beteiligen. Kapitalismus abschaffen! Freies Leben erschaffen!
Und so einfach funktioniert der Kirchenaustritt: www.kirchenaustritt.de
Anarchistischer Funke – http://afunke.blogsport.de
Funke, Feuer, Flächenbrand!
3.) Wir tragen das Kreuz nicht länger!
JungdemokratInnen / Junge Linke NRW
Flugblatt im PDF-Format
In den Medien wird oft von bösen islamischen Fundamentalisten berichtet. Dass Polen, Italien und Spanien total katholische Länder sind, ist ein Allgemeinplatz. Auch die christlich fundamentalistische, konservative Bewegung in den USA findet immer mal wieder Beachtung. Doch dass die BRD eigentlich der Prototyp eines christlich-fundamentalistischen Staates ist, fällt fast niemand auf.
Kirchensteuer - um Gottes Villen!
Stell Dir vor, deine Eltern sind im KaninchenzüchterInnenverein. Mit Deiner Geburt wirst Du auch Mitglied in diesem Verein. Und wenn Du später arbeitest, und nicht vorher beim Amtsgericht aus dem Verein ausgetreten bist, wird Dir automatisch der Beitrag vom Lohn abgezogen. Unglaublich? Ja, aber genauso funktioniert das mit der Kirchensteuer. Die BRD ist der einzige Staat der Welt, in dem die Mitgliedsbeiträge der beiden großen Kirchen vom Staat - auf eigene Kosten - eingetrieben werden. Davon finanziert die Kirche dann ihre verschiedenen Einrichtungen, vor allem ihren riesigen Verwaltungsapparat. ReligionslehrerInnen und PriesterInnen werden jedoch vom Staat wie normale Beamte besoldet - also auch auf Kosten derer, die gar keiner Kirche angehören oder diese sogar strikt ablehnen.
Caritas und Diakonie - von wegen sozial!
Caritas (katholisch) und Diakonie (evangelisch) sind die sozialen Einrichtungen der beiden großen Kirchen. Sie werden oft als "moralische"Begründung für die Kirchensteuer herangezogen. Das gleiche gilt für die zahlreichen christlichen Kindergärten und Jugendeinrichtungen. Tatsächlich tragen die Kirchen aber nur ca. 15% der hier anfallenden Kosten, für den Rest müssen Bund, Länder und Gemeinden geradestehen. Selbstverständlich aus den Steuern unter anderem von AtheistInnen. Außerdem stellen kirchliche bzw. caritative Einrichtungen für die dort Arbeitenden einen rechtsfreien Raum dar: Es dürfen keine Betriebsräte gewählt werden, Austritt aus der Kirche oder - bei katholischen Einrichtungen- Wiederheirat sind Kündigungsgründe! Als Grund gilt, dass das Leitmotiv diser Einrichtungen die christliche Nächstenliebe ist. Dass mensch sich da von nichts zu fressen kaufen kann, ist aber wohl einleuchtend.
Religions"unterricht"
An Schulen ist die Unterweisung in christlicher Weltanschauung Pflicht. Erst mit 14 können junge
Menschen selbst entscheiden, ob sie sich dem noch ausliefern wollen oder nicht. Die Kirchen
entscheiden über die Richtlinien des Unterrichts. Sie bestimmen auch, welche ProfessorInnen an der
Universität die zukünftigen ReligionslehrerInnen lehren und später auch prüfen dürfen. Kirchenkritische
ProfessorInnen werden entlassen. Die Freiheit von Lehre und Forschung zählen nichts gegen die
absolute Treue gegenüber der Kirchenlehre.
So sichern die Kirchen ihren gesellschaftlichen Einfluß. Noten sind auch in diesem Fall
Strafmaßnahmen gegen junge Menschen, die offen ihre Kritik vortragen oder Desinteresse zeigen.
Durch christliche Kindergärten, Grundschulen, Kruzifixe in Klassenzimmern und eben den
Religionsunterricht erscheint Religion als etwas allgegenwärtiges, selbstverständliches und
unhinterfragbares.
Und der Staat?
In diesem Flugblatt werden Religion und Kirche kritisiert. Der Staat gerät dabei ein wenig aus dem
Blickwinkel.
Aber selbstverständlich ist auch der Staat nicht der liebe Onkel von nebenan. Vielen Menschen
erscheint er zwar als selbstverständlich und notwendig. Selbstverständlich ist das Vorhandensein
eines Staates nicht, wie schon ein Blick in die Geschichte zeigt. Notwendig erscheint er, weil ja
irgend jemand die Regeln aufstellen muß. Gerade aber in Deutschland sollte das zu denken geben:
weil hier mal ein Staat die Regeln aufgestellt hat, wer leben darf und wer nicht, mußten Millionen
von Menschen sterben.
Gerade am Beispiel des Nationalsozialismus wird deutlich: der Staat ist die organisierte Herrschaft von Menschen über Menschen. Ein paar stellen, wie in der Wirtschaft, die Regeln auf, nach denen alle Leben müssen. Und wenn diese Regeln noch so unvernünftig und unmenschlich sind! Dem stellen wir die Vorstellung einer Gesellschaft gegenüber, in der sich die Menschen tatsächlich als Freie und Gleiche gegenüberstehen. Eine Gesellschaft, in der alle über ihre gemeinsamen Angelegenheiten entscheiden, in der es keine Herrschaft und keine Unterdrückung mehr gibt. Eng damit verknüpft ist selbstverständlich auch ein gleichberechtigter Zugang zu den Dingen, die alle zum Leben brauchen.
Religion - Ideologie der Unterdrückung
Die Kirchen haben also offensichtlich einen großen gesellschaftlichen Einfluß. Doch was bedeutet Religion eigentlich in einem System, dass auf der - ökonomischen und politischen - Herrschaft weniger über viele beruht?
Wenn mensch sich die religiösen Ideologien anguckt, haben sie eines gemein: immer wird von einer höheren Instanz (oder Ebene) ausgegangen (Gott), die unhinterfragbare Gesetze, bzw. Gebote, für die Menschen erläßt. Diese Normen sind dementsprechend nicht zu hinterfragen oder zu diskutieren. In einem angeblichen Leben nach dem Tod wird ihr Befolgen oder Nicht-Befolgen entsprechend belohnt oder bestraft. Dazu gehört auch, dass Gott alles erschaffen hat, alles weiß, alles kann und überall ist. Durch diese Ideologie wird bei den meisten Menschen ein Bewußtsein erzeugt, das "oben" und "unten" wie selbstverständlich hinnimmt. Mit diesem Bewußtsein fällt auch das kritiklose Hinnehmen von Fremdbestimmung durch Chef und Staat leichter. Wer sich auf dem Gebiet der Religion und Moral daran gewöhnt hat, Anweisungen "von oben" als richtig zu akzeptieren, weil sie von oben kommen, der oder die ist auch auf dem Gebiet der Wirtschaft und der Politik nicht mehr allzu kritisch. Ein weiterer Bestandteil von Religion ist ebenfalls wichtig: das Vertrösten auf eine spätere Erlösung. Wer auf Erden alles kritiklos hingenommenund geduldig ertragen hat, wird für dieses Duckmäusertum belohnt. Unterdrückung und Elend auf Erden sind zwar unangenehm, aber erstens kann mensch ja eh nichts machen, zweitens werdengerade die Ärmsten irgendwann erlöst. Religion wird somit zur Stütze einer Herrschaft weniger über viele.
Für die Trennung von Kirche und Staat!
Kirchensteuer und Religionsunterricht abschaffen!
4.) Protest gegen Säubrenner Kirmes
Antispe Sauerland, 15.08.09
5.) Szeneperistaltik
Gegen linken Konservatismus - zum ständigen Gezänk zwischen Antideutschen und Antiimps
Anarchistische Gruppe/Rätekommunisten (AG/R), Januar 2010
Flugblatt im PDF-Format
Die Auseinandersetzungen im Gefolge der Verhinderung des Films "Pourqoi Israel?" von Claude Lanzmann im Oktober ´09 im Hamburger Szenekino B-Movie, die nicht mehr zählbaren Papiere und Statements dafür oder dagegen, v.a. natürlich dagegen, die antideutsche Demo mit 350 TeilnehmerInnen und das beinah weltweite Aufsehen, das das aufgebrachte Geschrei um diese törichte Aktion ausgelöst hat, die noch gar nicht absehbaren Folgen für die Hamburger Linke sind Auslöser, das folgende niederzuschreiben.
Vorm B-Movie und in der Folge eskalierte ein seit Jahren schwelender Konflikt, der geprägt ist vom gegenseitigen Versuch zweier Strömungen einander mundtot zu machen. Das verbal und gelegentlich auch physisch mit brachialen Mitteln ausgetragene Gezänk von Antideutschen und Antiimps dominiert mal mehr, mal weniger Diskussionen und Praxis der radikalen Linken - und behindert sie damit enorm. Mal mehr, mal weniger gelingt es einem der Flügel, andere politische Strömungen für sich einzuspannen. Wir könnten uns damit beruhigen, daß hier geistige Not mit intellektuellem Elend eine selbstzerstörerische Symbiose eingehen. Letztendlich denunzieren beide Seiten sich mit ihren durchgeknallten Positionen selbst, könnten uns also egal sein, wenn, ja wenn ihre Auseinandersetzung nicht weit in die Linke hineinwirken würde - wie der breit getragene Aufruf zur antideutschen Demo am 13.12. gezeigt hat.
Es soll an dieser Stelle nicht um die konkrete Auseinandersetzung gehen, sondern wir werden Verhaltensweisen und Denkmuster kritisieren, die in der hiesigen Linken weit verbreitet sind. Hierin sehen wir die wirklichen Ursachen dafür, daß die Denunziation der sachlichen Auseinandersetzung vorgezogen wird, daß man sich bestenfalls ignoriert und schlimmstenfalls die Fäuste fliegen. In einer Zeit, in der es scheint, als könnten wir unsere Ziele niemals erreichen, verlagert sich das Interesse auf Nebenschauplätze, in die sodann alle Kraft gesteckt wird. Nach dem Motto, wenn wir das Schlechte dieser Gesellschaft schon nicht verändern können, wollen wir wenigstens in der eigenen Szene unsere moralischen Vorstellungen durchdrücken. Der andersdenkende Mitstreiter findet sich plötzlich in der Rolle des primären politischen Gegners wieder.
Rechthaberei und Verächtlichmachung anderer Positionen
Linker Konservatismus drückt sich in dem Axiom aus, nur der eigene Standpunkt sei der einzig richtige und alle anderen Positionen sind eigentlich nicht mehr links (in der Regel antisemitisch oder proimperialistisch).
Man lese dazu einmal antideutsche Texte. Die dortigen AutorInnen stilisieren sich wortreich zu Alleswissern und intellektuellen Alles-Zermalmern, die den angeblich in der Linken grassierenden Antisemitismus als einzige erkannt und kritisiert haben. Wo eine Kritik an der einseitigen und unsensiblen (weil unter Außerachtlassen des eigenen Standorts, nämlich dem Land der Shoah) Palästina-Solidarität dringend ist, kehren sie deren Argumentationsmuster um und verlangen eine unkritische Solidarität mit Israel als der Zufluchtsstätte für die Opfer des Antisemitismus. Sie blenden dabei aus, daß Israel eben nicht nur Refugium für Juden und Jüdinnen ist, sondern auch ein ganz normaler Nationalstaat und desweiteren ein Staat, der einen Anteil daran hat (aber keineswegs allein dafür verantwortlich zu machen ist), daß er immer noch nicht in Frieden mit seinen Nachbarn lebt. Israel ist eine historische Notwendigkeit, es besteht jedoch keine Ursache Israel zu glorifizieren.
Die antideutschen DenunziantInnen eines jeden linken Widerparts gebrauchen den Antisemitismus-Vorwurf derart inflationär, daß er in ihrer Argumentation, ohne daß sie dessen gewahr würden, jede Trennschärfe und analytische Qualität eingebüßt hat. Genau betrachtet verharmlosen Antideutsche auf diese Weise den real existierenden Antisemitismus.
Aber auch ihr selbst erwählter Contrepart (selbstgewählt von beiden Seiten), die sog. Antiimps (nach der gegenwärtigen Verwendung dieses Begriffs für AnhängerInnen einer sehr traditionellen und zumeist unkritischen Solidarität mit den verschiedensten antiimperialistischen Bewegungen weltweit), ist wenig mehr als die andere Seite dieser Medaille: Die Analysen, die ihrer trüben Gedankenwelt entspringen, sind ein lauwarmer Aufguß vergleichbarer Ansichten der 1980er Jahre. Sie sind den Antiimps quasi ewig gültige Wahrheiten. Neue Aspekte und Kritiken werden von ihnen nicht lediglich verworfen, vielmehr hat es den Anschein, als würde über sie gar nicht erst nachgedacht. Dem kritischen - wenn auch bestimmt nicht immer richtigen - Diskurs über Sinn und Unsinn von "Volksbefreiung" oder "Antizionismus" haben sie sich konsequent verweigert und geben in ihren Publikationen daher einen stets altbackenen, überkommenen Eindruck ab. Kritiken an tradierten Auffassungen in der Linken werden nur zur Kenntnis genommen, um Munition für die eigenen Erklärungen gegen die KritikerInnen zu gewinnen. Deshalb wirken Diskussionspapiere aus diesen Kreisen nicht nur ungeheuer angestaubt, sondern eben auch ahnungslos. Und ein Besuch in der B5 hat etwas von einer Zeitreise in die Vergangenheit.
Dieses Spektrum steht moderneren Formen des Antisemitismus hilflos gegenüber: Der hier immer wieder angeführte Vergleich einzelner Facetten der israelischen Besatzungspolitik mit den Verbrechen des deutschen Faschismus bestärkt letzendlich all jene, die die deutschen Verbrechen mit der "Erkenntnis" verharmlosen möchten, wo anders gehe es doch ebenfalls recht übel zur Sache. Niemals wurde in diesen Kreisen zur Kenntnis genommen, wie sehr die NS-Vergleicherei in der deutschen Bevölkerung einer Schuldabwehr dient.
Moralischer Rigorismus
Beide Seiten sind in ihren Äußerungen und ihrem Handeln stark moralisch und weit weniger als sie selber sich gern darstellen von einer kritischen Gesellschaftsanalyse geprägt. Hinter ihrer Parteinahme für jeweils eine Seite des Israel-Palästina-Konflikts verschwinden Auseinandersetzungen in unserer Gesellschaft zwar nicht vollständig, werden aber zur Randerscheinung. Die moralisch fundierte Parteinahme entweder für "die" PalästinenserInnen oder "die" Israelis führt zu einem Austrag eines stellvertretenden Nahost-Konflikts in der BRD, wie er absurder nicht sein könnte. Beide Seiten verstecken sich hinter Nationalstaaten resp. Nationalstaatsgründungsorganisationen und sind in derem bürgerlichen Denken gefangen. Auf der einen Seite Verherrlichung der imperialistischen Staaten als "Zivilisation", auf der anderen Seite ein völlig verlotterter Halbmarxismus, der bestenfalls auf die Unterstützung staatskapitalistischer Elendsverwaltung hinausläuft. Es drängt sich der Eindruck auf, daß sich, je handlungsunfähiger und gesellschaftlich marginalisierter die deutsche Linke ist, umso lauthalser der Antideutschen-Antiimp-Streit in den Mittelpunkt zu drängen vermag.
Suche nach Identität
Die bürgerliche Gesellschaft erzeugt ständig neu Konformität - nur wer mitmacht und Einverständnis bekundet ist ihr akzeptiertes Mitglied - alle anderen setzen sich der Gefahr aus, in eine Außenseiterposition abgedrängt zu werden. Auf der anderen Seite ist ausschließlich "graue Masse" langweilig (und damit auch geschäftsschädigend), so daß ständig der Ruf nach dem Besonderen, Einzigarten laut wird, das der oder die Einzelne darzustellen habe. So wird die eingeforderte Individualität zur Attitüde, zur Distinktion zum Zwecke gesellschaftlicher Teilhabe. Die Möglichkeiten der Zugehörigkeit zu allerlei Szenen, des Angebots diverser Moden, unter einer Unzahl von Hobbies auszuwählen oder des Anhängens an Traditionen, helfen nach außen eine Persönlichkeit darzustellen (eben auch da, wo gar keine vorhanden ist).
Neben vielen anderen Varianten, sich ein Image als pseudoindividuelles Kennzeichen zu verschaffen, macht - was zunächst widersinnig klingt - auch linke Politik unausgesprochen Angebote einer Identitätsfindung außerhalb des gesellschaftlichen Mainstreams. Welcher links orientierte Jugendliche bewundert nicht den gesetzlosen Militanten, den weder Normen noch deren staatliche VollstreckerInnen zu interessieren scheinen.
Antiimps und Antideutsche haben hier ganz einzigartige Angebote zu machen, um sich einer In-Group zugehörig fühlen zu können und sich von der "Masse" auch der übrigen Linken abzugrenzen. Diese stete Abgrenzung von "den Anderen" ist konstitutives Moment beider Strömungen, wie sie sich derzeit präsentieren; womöglich gäbe es beide ohne diese Abgrenzungspolitik gar nicht. Während das theoretische Rüstzeug der einen zu flach, ihre Außendarstellung (in diesen Kreisen noch ganz klassisch als Agitation und Propaganda bezeichnet) zu altmodisch ist, um Anziehungskraft zu entfalten, ist das Gedankengebäude der anderen zu absurd, um ohne identitäre Motivationen des Mitmachens auszukommen.
Beide Strömungen haben ein eigenes, unverwechselbares Erscheinungsbild entwickelt. Während die Antideutschen sich gern sehr modern, der Zeit voraus, gerieren und sich das Image der entschiedensten KritikerInnen anmaßen, geben sich die Antiimps hemdsärmlig als die entschlossensten Fighter gegen den Imperialismus. Beispielhaft mag für die ersten der Name einer dieser Truppen stehen: "sous la plage" heißt übersetzt "unter dem Strand" und rekurriert auf die ´70er Parole "unter dem Pflaster liegt der Strand": Sie schürfen eben noch tiefer und sehen nach, was denn unter dem Strand noch zu finden wäre. Für zweitere ist die gern ´mal - scheinbar nur nebenbei - eingesträute Bemerkung charakteristisch, wenn sie wegen ihre Gewaltbereitschaft innerhalb der Linken kritisiert werden, dies sei doch gar nicht so gravierend, mensch habe schließlich auch ehemalige Guerillakämpfer in den eigenen Reihen (und unausgesprochen: diese echten Kerle sind ganz anderes gewohnt). Aus diesem ganzen Gehabe spricht mehr Eitelkeit als Ernsthaftigkeit in der politischen Auseinandersetzung. Aber: Beide brauchen´s, um ihre Läden zusammenzuhalten, daher ihre Unbedingheit und Kompromißlosigkeit.
Perspektivlosigkeit
Beide Seiten der Medaille sind auch ein Ausfluß der derzeitigen Perspektivlosigkeit linksradikaler Politik. Die Antideutschen haben daraus den Schluß gezogen, daß, wenn es mit der (welt)revolutionären Veränderung schon keinen Zweck mehr habe, mensch wenigstens verhindern solle, daß sich das schlimmste Menschheitsverbrechen der Moderne - der Holocaust - wiederhole. Dieses ehrenwerte Anliegen wurde von einigen AkteurInnen im Laufe der Zeit in eine Lobbyarbeit für die israelische Regierungspolitik überführt und damit der Lächerlichkeit preisgegeben. Eine ernsthafte Analyse und Bekämpfung des real existierenden Antisemitismus hierzulande findet in diesen Kreisen längst nicht mehr statt. Sie haben den schwerwiegenden Vorwurf des Antisemitismus zum Schlagwort in innerlinkem Macht- und Einflußgerangel verkommen lassen. Aber auch die Antiimps haben ihre Kompensation der hiesigen unerfreulichen Zustände durch die Projektion ihres romantisch verklärten bewaffneten Kampfes auf alles, was irgendwo in der Welt knallt und schießt, gefunden. Dabei lassen sie allzugern außer acht, was da für AkteurInnen auf dem Platz stehen. Es sollte doch eigentlich selbstverständlich sein, daß, wenn man sich irgendwie auf Palästina bezieht, mitgedacht werden muß, daß die dortigen Hauptbeteiligten des "Widerstands" eben die faschistoiden IslamistInnen der Hamas sind. Wer das unterschlägt oder gar mit der Parole verteidigt, diese seien "objektiv antiimperialistisch", weil sie eben gegen Israel und die USA kämpften, hat das Ziel einer befreiten Gesellschaft aus den Augen verloren.
Ihre Art von Theorie ist beiden Seiten nicht Teil ihres Ringens um eine bessere Welt, sondern ein Haltegriff, um in den komplizierten tatgtäglichen Auseinandersetzungen nicht ins Schlingern zu geraten. Die einen schätzen es, in einer bemüht akademischen Sprache mit ihren Theorieversatzstücken um sich zu schmeißen. Nachwuchsantideutsche sind häufig als Jugendliche in die autonome Szene gegangen und mußten später bei ihren ersten intellektuellen Gehversuchen an der Universität feststellen, daß ihre eigenen Szene theoretisch kaum unterfüttert ist. In dieser Situation bieten sich die Antideutschen mit ihrem Sprachbombast geradezu an zum Erwerb der nun neuen Identität als kritische Intellektuelle. Wer antideutsche Texte liest, wird feststellen, daß zumeist mit einem elaborierten Sprach- und Formulierungsschatz umgegangen wird, daß aber der Inhalt dazu in keinem Verhältnis steht. Sprache wird hier auf Distinktion getrimmt und reduziert.
Ihr Antiimp-Pendant kommt da ganz anders und doch so gleich daher. Auch hier kommt es nicht vornehmlich auf die Richtigkeit dessen, was mensch sagt (oder schreibt), an, sondern darauf, wie es vorgetragen wird. Wo das Image des gestählten, seiner selbst absolut sicheren Kämpfers dargeboten werden soll, muß die Theorie dem entsprechen. Ihr Inhalt hat sich seit bald 100 Jahren nicht verändert, abgesehen von einem Update in den ´70ern, ihre Wahrheiten sind die stets gleichen, immerwährenden. Der dort geliebte Leninismus oder Maoismus wird auf griffige Formeln ´runtergebrochen. Wenn aber ein Theoriegebäude seit mehreren Jahrzehnten nicht verändert wurde, bedeutet dies entweder, die Welt hat sich nicht gewandelt oder die Theorie ist längst überholt. Aber auch sollte letzteres der Fall sein, in Antiimp-Kreisen würd´s eh keinen stören!
Politische Theorie dient beiden Strömungen nur der gegenseitigen Identitätsversicherung und will weit weniger zu einer Auseinandersetzung über die Welt, in der wir leben, und wie sie zu verändern wäre, beitragen. Die moralische Reinheit der eigenen Szene, ihrer Ideen und Veröffentlichungen ist beiden weit wichtiger als der Versuch, zu überzeugen, Menschen für die Vorstellungen einer anderen Welt zu gewinnen. Weder Antideutsche noch Antiimps tragen zur gesellschaftlichen Emanzipation bei. Hier nicht - und auch nicht in Israel und Palästina.
Beiden Seiten ist der Gedanke fremd, daß eine radikale Linke Veränderung nicht nur erfordert, sondern daß sie geradezu ihr Bewegungsprinzip ist. Als EinwohnerInnen eines bürgerlichen Staates, die eine andere, freie Gesellschaft anstreben, frei von Ausbeutung und Unterdrückung, dafür selbstbestimmt und kollektiv organisiert, stehen wir täglich zwischen dem, was uns diese Gesellschaft aufzwingt, zwischen bürgerlichen Verhaltensweisen, die wir jahrzehntelang eingeübt haben, und dem, wohin wir wollen. So gesehen sind Fehler vollkommen unvermeidlich. Sie sind auch überhaupt nichts Schlimmes, solange wir bereit sind, aus ihnen zu lernen. Der Wille zu verändern, auch sich selbst zu verändern, gefaßte Standpunkte zu revidieren, die politische Praxis immer wieder zu überprüfen und eingefahrene Wege zu verlassen ist ein konstitutives Element jeder linksradikalen, revolutionären Bewegung!
6.) Wer sind wir? Und wenn ja, wie wenige?
Libertäre Harburg (LH), Januar 2010
Zur Stellungnahme "Gegen linken Konservatismus - zum ständigen Gezänk zwischen Antideutschen und Antiimps" von Anarchistische Gruppe/Rätekommunisten (AG/R), Januar 2010 Danke AG/R für die o.g. Stellungnahme: Worte, die wir selbst so nicht finden konnten, uns aber auf der Zunge lagen und uns nun aus dem Herzen sprechen und durch euch inspiriert über die Tastatur aufs Papier fallen. Wir fragen uns selbst: Wieso hat uns dieser Konflikt zw. Antideutschen u. Antiimps so sehr durchdrungen, dass selbst im kleinsten informellen Kreis Spaltungsprozesse drohten, auf der Suche nach Identität oder dem Festhalten daran, wovon man glaubte, dass es die eigene Identität sein sollte? Es sollte doch zunächst eine eher antiimperialistische Identität sein, die wir annahmen, bis die Antideutschen immer mehr ins Gespräch kamen und ihre entfachten Diskurse uns erreichten ("Antisemit!").
Wir waren erstmal angewidert von der Rechthaberei, Abgehobenheit und dem permanenten Versuch die Linke (viele ADs bezeichnen sich ja nicht mehr als links) als antisemitisch zu denunzieren. Sei es z.B. aus Kritik am Irakkrieg, israelischer Siedlungspolitik, Arbeitgebern, Hartz IV, Finanzmarkt od. Globalisierung: überall wurde ja ein versteckter Antisemitismus gewittert und abstrakt hergeleitet. Einen weiteren Punkt, den wir schwierig fanden (teilweise noch finden), ist der Versuch zum einen den Islam(ismus) mit dem Faschismus auf eine Linie zu setzen und die Tendenz fromme Moslems allgemeinhin als Islamfaschisten und Antisemiten zu bezeichnen. Weiterer Kotzpunkt: Folglich war es als weitere Schlussfolgerung für die Antids nicht weiter schwierig, bei jedem solidarischen linkspolitischen Zugeständnis hinsichtlich der freien Religionsausübung und der kulturellen Differenzen (z.B. Kopftuch i.d. Schule), den versteckten Antisemitismus in der Linken nur noch mehr bestätigt zu sehen. Auf der anderen Seite haben sich die Vorurteile verfestigt, dass die Antids in ihrer (teilweise) uneingeschränkten Israel-USA-Solidarität und einseitigen manchmal verächtlichen Palästinenser- und Islamkritik rassistischen Ressentiments gegenüber moslemischen Einheimischen und Einwanderern entsprechen würden. Und in ihrer Kritik am verkürzten Antikapitalismus sowie an entsprechenden Globalisierungsgegnern eher prokapitalistisch, liberal und auf eine pragmatische Weise nationalistisch seien. Also Feindbild. Diese Stereotype haben sich auch bei uns erstmal verfestigt. Unhinterfragt. Vom Hören und Sagen her.
Dieses Bild hat sich allerdings bei genauerem Hinsehen durchaus verändert. Denn dort wo Vorurteile aufgelöst werden, weicht der affektiven Empörung oftmals die entschleiernde Nüchternheit, dass nicht immer alles so ist, wie man glaubte zu wissen.
Die Antideutschen sind nicht die "Teufel", für die wir sie teilweise hielten und ihr Spektrum bei Weitem nicht so einheitlich, wie wir dachten. Wenn man sich wirklich mit sogenannten "antideutschen" Texten befasst, wird man es schwierig haben, Rassismus nachzuweisen. Das Gegenteil tritt meistens ein. Es erfordert allerdings Durchhaltevermögen, die teilweise recht verworrenen Texte aufmerksam bis zum Schluss zu lesen, um die Pointe auch zu verstehen. Denn hier gilt oftmals: warum nicht auch möglichst kompliziert ausdrücken, mit Schlenkern, Irrungen und Wirrungen, wenn es viel einfacher geht. Manchmal erhärtet sich der Eindruck: die Autoren wollen gar nicht verstanden werden. So gelangt man zugegebener Maßen schnell zu falschen Schlüssen.
An dieser Stelle sei gesagt: wir kennen aus persönlichen Kontakten Menschen beider Strömungen, die wir auf zwischenmenschlicher Ebene schätzen. Und ihre politischen Haltungen können wir durchaus ein Stückweit nachvollziehen und finden auch nicht alles falsch, an dem was sie sagen. Politisch trennen uns dennoch Denkwelten, die zwar nicht unüberbrückbar sind und uns hier da zusammenbringen mögen, aber an anderer Stelle wieder auseinander, sogar gegeneinander treiben. Ins Wortgefecht. Analytisch, lebhaft und kritisch. Und die Fäuste bleiben in der Tasche. So stellen wir uns Auseinandersetzungen vor.
Wir halten den traditionellen Antiimperialismus für einen gescheiterten Irrglaube und in einer Nostalgie befangen, die ihn unberechenbar wie ein trotziges Kind macht, welches Angst davor hat über einen romantischen Sozialismus hinauszudenken - aus Angst vor der tatsächlich realisierten Mündigkeit der sog. Allgemeinheit. Also folgt die Umklammerung am Volkskörper als Objekt der begehrten (Selbst)Befreiung, aufgelöst im Zug zur Macht über andere für die eigene Weltbestimmung: begonnen mit dem autoritären Souverän einer Person/ eines Personenkreises innerhalb der informellen Hierarchie einer Gruppe. (Dies betrifft natürlich nicht nur auf sog. Antiimps.zu)
Damit sollen sich jene angesprochen fühlen, die von Massenbewegungen träumen und sich als Avantgarde oder aufklärerische Befreier der Massen bzw. des sog. Volkes berufen sehen und dabei in ihrem festgefahrenen Dogma davon überzeugt sind die wahrhafte Lehre des Guten in ihrer Gemeinschafts-, Gleichheits- und Einheitsideologie zu vertreten. Dabei wird die westliche Zivilgesellschaft wird als größtes Übel identifiziert: da von ihnen imperialistisches Aggressorentum und Kriegstreiberei ausgehe: hier verstanden als Folgen der kapitalistisch-expansiven Profitgier der westlichen Welt. Selbstverständlich gibt es hier berechtigte Kritik und daraus resultierend notwendiges Engagement gegen die Folgen und für Alternativen. Aber aus einer anarchistischen - freiheitlichen - herrschaftslosen Perspektive wäre es falsch zu verleugnen, dass die bürgerliche Demokratie der liberalen bzw. kapitalistischen Gesellschaftssysteme mit ihren sozialen Errungenschaften egalitärer und fortschrittlicher sind, als z.B. die realsozialistischen oder islamistisch-geprägten Staaten dieser Welt. Wir kritisieren zwar nach wie vor die Kriege bzw. militärischen Interventionen in Afghanistan oder Irak scharf(vor allem in ihrer Form!), ohne aber zu übersehen, dass diese durchaus gegen abscheuliche Regime geführt werden.
Wir können dennoch die Ängste der eben anskizzierten Antiimps und die damit verbundenen Wünsche nachvollziehen. Auch wir entstammen z. T. dem antiimperialistischen Milieu und bleiben davon geprägt und soweit verbunden, wie wir es für richtig halten, während wir uns von den traditionellen Vorstellungen lösen, teilweise auch Ekel davor empfinden. Mittlerweile sehen wir uns innerhalb der radikalen Linken durch die vielen Kritiker, auch durch die antideutschen und antiimperialistischen Linken, vielfältig inspiriert und sind einerseits dankbar für die kritischen Impulse. So wie wir andererseits manchmal genervt sind von Absolutheitsansprüchen, Theoriegeprotze und Praxisverdruss jenseits von Party. Auch wenn wir sicherlich nicht besser sind.
Die Maxime "Auschwitz darf nie wieder sein" als Ausgangspunkt der antideutschen Akteure, ist eine Losung, die sich in der kritischen Auseinandersetzung auf verschiedenste Bereiche des menschlichen Handelns übertragen lässt und bedauernswerter Weise sicherlich aktuell bleibt, genauso wie z.B. antiimperialistisch-orientiertes Handeln gegen die Ausbeutungs- und Unterdrückungsverhältnisse in den Postkolonien. Wir können daher um so weniger die Absolutheitsansprüche der betreffenden Antiimps und Antids nachvollziehen. Das liegt vor allem daran, dass ihre Absolutheitsansprüche im krassen Widerspruch zu vorgeblich emanzipatorischen und an Selbstorganisierung orientierten Bestrebungen stehen: da sie die Befähigung zur (selbst-)kritischen Reflexion im Dialog und die daraus mögliche Weiterentwicklung bremsen.
Der permanente Versuch einiger ADs jegliche Linke Praxis als antisemitisch zu entlarven, ist ein Zeugnis für den infantilen Wunsch nach unbedingter Provokation und Abgrenzung vom aus ihrer Sicht romantischen Gutmenschentum: welches die ADs vorschnell als antisemitisches Ressentiment interpretieren und als typisch deutsch ablegen. In manchen sozialpraktischen Zusammenhängen mag das sicherlich zutreffend sein, aber in anderen verlieren sie sich hier in narzisstischer Selbstbezogenheit und (Mit-)Weltvergessenheit. Wir beäugen das Gezänk zwischen den Menschen mit antideutscher und antiimperialistischer Politorientierung kritisch. Mögen sie weiter kommen als an diesen Punkt und die Fäuste in den Taschen lassen. Wir distanzieren uns und bleiben, wo wir sind. Wir können beides auf einmal sein und gar nichts von beiden. Wir haben die Schubladen verlassen.