Schwarze Katze Rundbrief 15.11.07

Das Göttliche ist Gottes Sache, das Menschliche Sache »des Menschen«. Meine Sache ist weder das Göttliche noch das Menschliche, ist nicht das Wahre, Gute, Rechte, Freie usw., sondern allein das Meinige, und sie ist keine allgemeine, sondern ist - einzig, wie Ich einzig bin.
Max Stirner, Der Einzige und sein Eigentum

1.) Dreckschleuder NRW
2.) Demo gegen Nerzfarm
3.) Warum keine Demokratie?
4.) Antifa Auflösung in Ludwigsburg
5.) Protest gegen Leiharbeit in Münster

1.) Dreckschleuder NRW
Sauerland gegen Atomkraft, November 07

NRW liegt beim CO2 Ausstoß an der Spitze
Im Braunkohlerevier des Rheinlands wird im Vergleich zu anderen Regionen europaweit das meiste Kohlendioxid ausgestossen: 85 Millionen Tonnen CO2 im Jahr! Der Energiemulti RWE betreibt dort vier Braunkohlekraftwerke, darunter auch das Kraftwerk Weisweiler. Durch die den Energiekonzernen geschenkten Verschmutzungsrechte subventioniert der BRD-Staat die klimazerstörende Energieform Braunkohle. Nach einer Studie des Ökoinstituts liegt das Kohlekraftwerk Weisweiler an sechster Stelle der 30 umweltschädlichsten europäischen Kraftwerke. Der Klimaexperte Karsten Smid spricht Klartext: "Das Rheinische Braunkohlerevier ist ein klimapolitischer Schandfleck in Deutschland. Wer soll den Ankündigungen deutscher Politiker Glauben schenken, wenn wir nicht einmal unsere eigenen Hausaufgaben machen?"

Klimaschutz statt Dreckschleudern!
Kohlekraftwerke gehören neben Atomkraftwerken zu den umweltschädlichsten Energierzeugungsformen. Sauerland gegen Atomkraft meint: Klimaerwärmung muss nicht sein! Hitzeperioden, Dürren, Orkane und Überschwemmungen wären sonst die Folge. Sonne, Wind- und Wasserkraft halten ewig - Kohle, Öl und Uran nicht. Darum mehr alternative Energieerzeugung!

RWE Braunkohlekraftwerk Weisweiler
Fotos: Schwarze Katze, 20.10.07

2.) Demo gegen die Nerzfarm Orsbach
Fotos und Bericht:
Schwarze Katze
Aachen, 20.10.07

Die Offensive gegen die Pelzindustrie weist in ihrem Flugblatt "Pelzhandel = Todeshandel" auf das blutige Geschäft mit Nerzen hin: "Weltweit werden jährlich weit über 50 Millionen Tiere umgebracht, um ihr Fell zur "Ware Pelz" zu verarbeiten. Nerze, Füchse, Chinchillas, Kaninchen, Katzen, Nutrias, Hunde, Waschbären und viele andere Tiere gehören zu den Opfern der Pelzindustrie. Der Pelzhandel muß abgeschafft werden! Helfen Sie mit, das Leiden zu beenden!"

So gehen die Meinungen auseinander: Gott ist für das Tragen von Pelz, die Schwarze Katze dagegen.
Schwarze Katze: "Leder und Pelz gehört den Tieren! Ob Pelz oder Fell: Das muss nicht sein!"
Bibel, 1. Mose, 3,21: "Und Gott der Herr machte Adam und seinem Weibe Röcke von Fellen und zog sie ihnen an."

Am 20.10.07 demonstrierten 200 Tierfreunde in der Aachener Innenstadt gegen die Nerzfarm Orsbach - also deutlich mehr als in den letzten Jahren. Dabei wurde vor einigen reinen Pelzläden und pelzverkaufenden Bekleidungsgeschäften ein Zwischenstopp eingelegt, um dort über das schändliche Tun aufzuklären. Etwa 100 Tierfreunde fuhren danach zur abgelegenen Nerzfarm, um dort weiterzudemonstrieren. Tagsüber bauten Aktive am Willy Brandt Platz Infostände auf, und klärten über Pelz und die Situation der Tiere auf: Bite Back Niederlande - Die Tierfreunde - Open Rescue - Think About Belgien - die tierbefreier MK - TierrechtsInitative Rhein-Main - Tierversuchsgegner Aachen - Tierversuchsgegner Pulheim - Tierversuchsgegner Saar - Tierrechtsaktion Chemnitz-Erzgebirge (TRACE) - vegankultur. Die Schwarze Katze informierte ebenfalls.

In den Reden vor den Geschäften wurde auf die Boykottaktion gegen Escada und deren ebenfalls pelzverkaufendes Bekleidungsgeschäft BiBa hingewiesen. Die Schwarze Katze wird sich im Sauerland und den umliegenden Gebieten an dieser Kampagne beteiligen. Mithilfe erwünscht! Doch nun zurück zur Demo. Die veganen Rapper Callya aus Tübingen und der Münsteraner Sänger Aslan begleiteten die Demo mit systemkritischer Musik. Nachfolgend die Redebeiträge über die EACADA Campaign bei der Nerzfarm Orsbach Demo.

Vor dem pelzverkaufenden Geschäft BiBA Aachen wurde folgende Rede gehalten:

Wir demonstrieren heute gegen die Nerzfarm-Orsbach, eine der größten Pelztierfarmen in Deutschland. Auf den Farmen findet die eigentliche Ausbeutung und das Töten der Tiere statt. Doch der Auftrag für das Produkt "Pelz" wird woanders erteilt. Die ca. 40 Millionen Pelztiere, die jedes Jahr auf den Pelztierfarmen weltweit getötet werden, müssen sterben, weil Menschen die Ware Pelz begehren und kaufen. Die Hauptschuld am Tod der Pelztiere tragen also die Konsumentinnen und Konsumenten, die es weiterhin mit ihrem Gewissen vereinbaren können, dass Tiere für ihre Kleidung getötet werden. Aber auch die Geschäfte, die solche Produkte anbieten und die Mode-Design-Firmen, die solche Echtpelzprodukte herstellen, tragen eine Verantwortung und sind mitschuldig am Tod der Tiere - denn auch das Angebot und die Werbung für Produkte, bestimmt teilweise die Nachfrage.

Viele Kaufhausketten und Modefirmen haben sich in den letzten Jahren dazu entschieden keine Echtpelzprodukte mehr im Sortiment zu führen. Allein im letzten Jahr sind zahlreich namhafte Kaufhausketten in Deutschland aus dem Pelzhandel ausgestiegen, allen voran Peek&Cloppenburg, nach einer fast 4½-jährigen Kampagne der Offensive gegen die Pelzindustrie.

Wir stehen hier vor einer BiBA-Filiale. BiBA gehört zur ESCADA-Gruppe, einem Konzern, der weiterhin weltweit Echtpelzprodukte verkauft. Seit dem 12. Oktober läuft eine globale Kampagne gegen Pelz bei ESCADA, in der sich weltweit Tierrechts- und Tierbefreiungsgruppen zusammengeschlossen haben, um einen internationalen Ausstieg der ESCADA-Gruppe aus dem Pelzhandel zu fordern. Wie auf der Kampagnenwebseite zu lesen ist, fanden am Wochenende des Kampagnenstarts in zahlreichen Städten Aktionen gegen ESCADA statt. In vielen Städten Deutschlands wurde protestiert, auch hier in Aachen. Aber auch international wurde ESCADA zum Pelzausstieg aufgefordert. Unter anderem fanden Aktionen in St. Moritz, in Florenz, in New York City, in London und Tel Aviv statt.

Wir fordern heute erneut die Verantwortlichen bei ESCADA auf, sofort aus dem Pelzhandel aus zu steigen und sich den vielen weiteren Firmen anzuschließen, die sich dazu entschieden haben, keine Echtpelzprodukte mehr im Sortiment zu führen.

Anschliessend zogen wir weiter zum ESCADA Shop. Nachfolgend dokumentieren wir den dort gehaltenen Redebeitrag:

Auch wenn beim Aktionstag am 13.10. in Aachen im ESCADA-Shop so demonstrativ ein Zettel im Schaufenster hing, dass dort keine Pelze verkauft würden, so trügt dies nicht über die Strategie des ESCADA-Konzerns hinweg. Die Organisatorinnen und Organisatoren der globalen ESCADA Campaign warten laut eigenen Aussagen noch immer auf eine Dialogbereitschaft von Seiten der ESCADA-Geschäftsleitung, die im März während der Aktionärsjahreshauptversammlung versprochen wurde. Bisher hält die Konzernleitung von ESCADA offenbar an der Echtpelzstrategie fest. Dass ein paar wenige Filialen aktuell kein Pelz im Sortiment führen, ist sicherlich erfreulich - es trügt jedoch nicht über die ethiklose Position von ESCADA hinweg. Denn erst wenn es einen internationalen Beschluss der ESCADA-Geschäftsführung zum Pelzausstieg gibt, kann die globale Kampagne beendet werden.

Wir fordern hier und heute, dass ESCADA einen globalen Pelzausstieg beschließt und dass alle Firmen, die zur ESCADA Gruppe gehören, umgehend auf Echtpelzprodukte verzichten.

Einige nahmen für die Demo weite Strecken bis zu 600 km in Kauf. Vegane Chillisuppe, Kuchen und Brötchen gingen gut weg. Die Redebeiträge wurden, neben deutsch, für die niederländischen Aktiven auch in englisch gehalten. Kraftvoll gerufene Demosprüche brachten die Stimmung auf den Punkt: "Schluß mit dem Profit auf Kosten der Tiere!" und "Feuer und Flamme der Pelzindustrie! Frieden mit ihr? Nie, nie, nie!" lauteten zwei der oft gerufenen Slogans. Nach der Demo durch die recht volle Aachener Innenstadt ging es zurück auf den Platz mit den vielen Infoständen, die interessiert angenommen wurden. Danach fuhren wir zum Dorfplatz von Aachen-Orsbach, von wo ein etwa 2 km langer Fußmarsch bis zur Nerzfarm auf uns wartete. Polizisten standen vor der Nerzfarm. Einmal kurz auf die niederländische Seite rüber und Kontakt mit den dortigen Ordnungshütern aufgenommen - der Abschluß des Tages. Heute ist nicht alle Tage, wir kommen wieder, keine Frage!

Die Nerzfarm, in der jeden Herbst 30.000 Pelztiere umgebracht werden, liegt direkt an der deutsch-niederländischen Grenze, so dass wir zuerst von deutscher und anschliessend von niederländischer Seite demonstrierten. Wir möchten Pelzmord nicht nur in Deutschland, sondern überall abschaffen! Gegen Pelz und Kapital - Der Kampf um Befreiung ist antinational!

Weitere Infos
- Schwarze Katze Fotos des ereignisreichen Tages
- Schwarze Katze Themenseite Pelz
- Offensive gegen die Pelzindustrie

3.) Warum keine Demokratie?
freileben - weitere parlamentarismuskritische Texte auf
www.wahlkritik.de.vu

Was ist gegen eine Demokratie einzuwenden? Wir dürfen selber entscheiden, wen wir wählen wollen! Wir haben das Glück, eine Partei wählen zu können, die unsere Interessen vertritt!

Wirklich? Haben wir tatsächlich eine Wahl?
Die Wähler versuchen, sich über die verschiedenen Parteien zu informieren, indem sie die Zeitung lesen und täglich den Fernseher anschalten, wenn die Nachrichten laufen. Aber wie viele von ihnen entdecken DIE Partei, die genau ihre Interessen vertritt? Und wer kann von sich selbst behaupten, dass er der gewählten Partei vollkommen vertraut? Eine Partei ist nicht in der Lage, die individuellen Interessen jedes Einzelnen zu vertreten!

Es heißt, dass selbst der motivierteste Revolutionär auf dem Thron des Königs zum herrschenden Diktator wird. In dieser Welt hängt sehr viel von Geld und Macht ab. Welcher Politiker würde sich für Geld, Macht und Ruhm nicht verkaufen? Wer hält seine Versprechen, wenn er erstmal ganz oben steht? Versprechen, die vor der Wahl gemacht wurden, werden gebrochen um weiterhin an der Macht zu bleiben. Das ist nicht erst seit gestern so. Die Handlungen der Regierung müssen in einer Demokratie für das Volk absolut transparent sein. Diese Transparenz gibt es aber kaum. Wie viele Skandale passieren, die erst Jahre später oder gar nicht aufgedeckt werden? Wie oft werden Versprechen gegeben um Wählerstimmen zu bekommen und wie oft werden diese wieder gebrochen, wenn es darum geht, weiterhin zu regieren.
Nach einem Regierungswechsel ändern sich die Gesichter der Politiker, doch sie werden von den gleichen Leuten bezahlt.

Wenn wir wählen, geben wir unsere Stimme in fremde Hände! Keine Partei ist in der Lage, auf die Bedürfnisse aller einzelnen Individuen einzugehen! Daher weigern sich Anarchisten, wählen zu gehen. Sie wollen nicht regiert WERDEN! Sie wollen für sich selbst entscheiden. Sie wollen sich selbst verwalten. Wer hat schon das Recht, über die Zukunft von anderen Menschen zu entscheiden? Es wird Krieg getrieben, um die Interessen der Politiker durchzusetzen. Das verärgerte Volk wird mit Polizeigewalt unter Kontrolle gehalten. Minderheiten stoßen in Deutschland sehr schnell an die Grenzen der Freiheit. Obdachlose, Homosexuelle, Anarchisten, Punks, Drogenabhängige usw... all diese Menschen bekommen diese Einengung besonders zu spüren. Sobald man sich nicht mehr in der anerkannten und gängigen Norm bewegt, bekommt man in diesem Land schnell Probleme.

"Ich stimme gegen die Verfassung, nicht weil sie Dinge enthält, die ich ablehne, oder Dinge enthält, die ich billige. Ich stimme gegen die Verfassung, weil sie eine Verfassung ist."
-Pierre J. Proudhon-

Wie oben schon beschrieben, befürwortet kaum jemand das komplette Programm einer bestimmten Partei. Wir haben also allerhöchstens die Wahl zwischen dem bekannten "kleineren Übel".

Es ist so, als hätten wir die Wahl zwischen einem kleinen und einem großen Haufen Kot. Wobei noch bedacht werden muss, dass sich der kleinere Haufen nachträglich als der größere entpuppen könnte.
Schönes Beispiel, nicht wahr?! :-)

"Diejenigen, die immer nur das Mögliche fordern, erreichen gar nichts. Diejenigen, die aber das Unmögliche fordern, erreichen wenigstens das Mögliche."
-Michael Bakunin-

Nochmal eine Zusammenfassung:

- In einer Demokratie gibt man die eigene Stimme in fremde Hände
- Es wird keine Rücksicht auf die Bedürfnisse des Einzelnen genommen
- Es wird über andere Menschen bestimmt und geherrscht
- Nicht selten wird die Macht mißbraucht
- Es wird Krieg getrieben, dabei wird Kindern schon gesagt, dass Gewalt keine Lösung ist
- Trotz (oder vielleicht gerade wegen) der vielen Gesetze herrscht Armut und Ungleichheit

Ich möchte auch anmerken, dass schlechtere Systeme gibt als unsere Demokratie. Aber ist es ein Grund, sich mit etwas zufrieden zu geben, nur weil es nicht das Schlimmste ist?!

4.) Autonome Antifa Ludwigsburg hat sich aufgelöst
Autonome Antifa Ludwigsburg, Oktober 07

Abgang mit SektDie Autonome Antifa Ludwigsburg hat sich aufgelöst.

Was, die gabs überhaupt noch? werden sich einige nun vielleicht beim Lesen fragen. Oder auch: und wenn schon - wen interessiert’s?

Es stimmt, in den letzten zwei Jahren wurden unsere Aktivitäten zunehmend geringer und weniger nach außen hin sichtbar. Aber hey-immerhin haben wir, nachdem sich alle möglichen Gruppen schon vor Jahren aufgelöst haben, bis heute durchgehalten. Schon klar, das muss nicht immer von Vorteil sein. Aber in unserem Fall schon!

Um Unklarheiten bei anderen Antifas oder den Ermittlungsbehörden vorzubeugen, wollen wir nun aber doch lieber unseren Abgang mitteilen.

Und um diejenigen zu informieren, die in den vergangenen Jahren mit uns zusammengearbeitet oder uns unterstützt haben. Danke.

Die autonome antifa ludwigsburg gab es nun etwas mehr als 10 Jahre, was wir für eine autonome Gruppe, die in einer bekanntermaßen subkulturell und jugendlich dominierten Szene entstand, doch beachtlich finden.

Wir haben in den vergangenen 10 Jahren zahlreiche Veranstaltungen initiiert, an Veranstaltungsreihen mitgewirkt, in Netzwerken gearbeitet, gegen Naziaufmärsche mobilisiert, Konzerte organisiert und uns im großen und ganzen mit vielen kleinen und größeren Aktionen der unabhängigen und notwendigen Arbeit gegen Nazis gewidmet.

Das Verebben unserer Aktivitäten ist unter anderem dem Umstand geschuldet, dass immer weniger Individuen mit immer größerer Belastung durch strukturelle Zwänge wie Existenzsicherung eine Fortführung unserer politischen Aktivitäten nicht tragen konnten.

Es ist deshalb Zeit für etwas Neues.

Wir stoßen nun trotzdem an und lachen, weil es, neben allem was politisch zu tun und manchmal auch aufreibend war, eine verdammt gute Zeit mit netten und kritischen Menschen gewesen ist!

Machts gut und danke für den Fisch!

aalb. Oktober 2007

5.) Protest gegen Leiharbeitsmesse
FAU Münster, 18.10.07

Münster – Ca. 30 Personen demonstrierten am Vormittag des 18. Oktober 2007 in Münster gegen eine Leiharbeitsmesse in der Halle Münsterland. Die ARGE Münster (Arbeitsgemeinschaft Arbeitsagentur und Sozialamt der Stadt Münster) hatte die Messe ausgerichtet und ca. 2.500 Erwerbslose unter Androhung von Sanktionen dazu eingeladen. (Abb.: Sicherheitsdienst geleitet uneingeladenen Sklavenhändler samt seiner Ware nach draußen.)

Die Protestierenden machten per Megaphon auf die Missstände in der Leiharbeitsbranche aufmerksam und führten ein spontanes Theaterstück auf, in dem die Veranstaltung als Sklavenmarkt karikiert wurde: Arbeitslose wurden an einem Strick durch die Halle geführt und versteigert. Der WDR filmte diese Aktion, bis die Veranstalter die AktivistInnen des Raumes verwies. Vor der Halle Münsterland wurden Flugblätter verteilt, die Niedriglöhne in der Leiharbeitsbranche und die Kooperation der Arbeitsagenturen mit der Leiharbeitsbranche kritisierten. AktivistInnen des Internetforums www.chefduzen.de und der FAU Münster verteilten die so eben erschienene 1. Ausgabe der Zeitschrift "Leihkeule". Abgerundet wurde die Aktion durch einen Auftritt des Berliner Liedermachers Geigerzähler mit Texten zum Thema.

Von Arbeitsagenturen durchgeführte Leiharbeitsmessen mit Zwangseinladungen für Erwerbslose gab es bereits in diversen anderen Städten. Die Arbeitsagenturen präsentieren dies als Service sowohl gegenüber Arbeitgebern wie auch den Arbeitslosen. Die Zeitarbeit gilt als "Wachstumsbranche", die vermeintlich Arbeitsplätze schaffe. Oft werden hier Arbeitslose, deren Chancen auf einem ersten Arbeitsmarkt gering sind, nur zeitweilig zu Niedriglöhnen zwischengeparkt, bevor sie wieder in die Arbeitslosigkeit zurückfallen. Durch die viel geringeren Lohnkosten in der Leiharbeitsbranche wird ebenso Lohndruck auf den ersten Arbeitsmarkt ausgeübt. Die Branche trägt damit wesentlich zu einem ständig wachsenden Niedriglohnsektor bei, in dem die Lohnarbeit kaum zur Sicherung des Lebensunterhalts ausreicht.

Dokumentation des Aufrufs:

Niedriglohn, Zwangarbeit – Dafür haben wir keine Zeit!
Schluß machen mit Arbeitszwang zu Dumpinglöhnen!

Wir treffen uns am 18.10. um 10.30 Uhr am Münsteraner Hauptbahnhof, Ausgang Ost (Bremer Platz), um dagegen zu protestieren, dass die ARGE Münster 2.500 Münsteraner Arbeitslose dazu zwingt, sich bei Menschenhändlern – Leiharbeits und Zeitarbeitsfirmen – zu bewerben sowie in CallCentern, wo die Arbeitsbedingungen oftmals ebenso schlecht sind. Die ARGE hat hier in der Halle Münsterland eine "Messe" organisiert und die Arbeitslosen verpflichtet, diese zu besuchen und sich bei den anwesenden Firmen zu bewerben. Das entlarvt mal wieder das Zwangssystem Hartz IV. Wir sind hier, weil wir der Meinung sind, dass die Methoden der Arbeitsagenturen und der Leihartbeitsfirmen menschenunwürdig sind.

Niedriglohn
Vier Zeitarbeitsverbände haben Tarifverträge abgeschlossen, zwei mit dem DGB (7,15 € West, 6,22 € Ost brutto als Einstiegsgehalt) und zwei mit christlichen Gewerkschaften (6,34 € West, 5,22 €). Darüber hinaus gibt es noch zahlreiche Einzelklitschen, die keinen Tarifvertrag haben und diese Bezahlungen noch unterbieten. Von diesen Löhnen kann man nicht leben, die Arbeitslosen, die sich heute hier bewerben, sind morgen arbeitende Arme. Selbst einen geforderten Mindestlohn von 7,50 € - mit dem man auch noch arbeitend arm wäre – wird hier massiv und bewusst unterboten.

Zwangsarbeit
Mit Hartz IV hat der Staat den Leih- und Zeitarbeitsfirmen einen großen Gefallen getan. Denn bekanntlich ist jede Arbeit zumutbar, solange sie nicht sittenwidrig ist. "Sittenwidrig" wäre ein Lohn, der den geltenden Tarifvertrag um ein Drittel unterschreitet. Die Agentur für Arbeit kann Erwerbslose also auch dann noch in die Zeitarbeit zwingen, wenn diese einen Stundenlohn von ca. 4,- Euro auszahlen (wir reden immer noch von Bruttolöhnen!). Nimmt ein Erwerbsloser eine solche Arbeit nicht an, winken Abzüge beim Arbeitslosengeld – in der ersten Stufe eine Kürzung von 30 Prozent.
Die Zeitarbeitsfirmen nutzen das schamlos aus: Wer die angebotene Stelle nicht annimmt, wird bei der Arbeitsagentur verpetzt. Das heißt schlicht und einfach: Die Personalabteilungen der Leiharbeitsfirmen zwingen Erwerbslose, für sie zu arbeiten.

Unsicherheit ist Programm
Daß Arbeitsagenturen und in diesem Fall die ARGE Münster diese Klitschen noch fördern, indem sie ihnen ein Forum bieten, wäre sogar dann kontraproduktiv, wenn man an Hartz IV irgend etwas Gutes finden würde: Leiharbeitsfirmen funktionieren nach dem Motto Anstellen und Rausschmeißen. Den schlecht bezahlten Job hat man genau so lange, wie man gebraucht wird. Offiziell kann man sich zwar durchaus krankschreiben lassen, aber dann wir man eben nicht mehr ausgeliehen. Und solange man nicht arbeitet, steht man eben nur in der Kartei und wird nicht bezahlt – man steht also auch wieder in der Schlange vor der Arbeitsagentur.

Hartz IV abschaffen! Leiharbeit abschaffen!