Schwarze Katze Rundbrief 29.02.08

"Ach", sagte die Maus, "die Welt wird enger mit jedem Tag. Zuerst war sie so breit, daß ich Angst hatte, ich lief weiter und war glücklich, daß ich endlich rechts und links in der Ferne Mauern sah, aber diese langen Mauern eilen so schnell aufeinander zu, daß ich schon im letzten Zimmer bin, und dort im Winkel steht die Falle, in die ich laufe."
"Du mußt nur die Laufrichtung ändern", sagte die Katze und fraß sie.

Franz Kafka

1.) Ein Fall für das Antifa Putzteam
2.) Antifa Jugendkongress
3.) Keine Arbeit ohne Lohn!
4.) NATO-Kriegskonferenz angreifen!
5.) Geschichte quer

1.) Ein Fall für das Antifa Putzteam
Übermalaktion im Sauerland

dokumentiert durch Schwarze Katze, 20.02.08


Faschos beschmierten...


...Wände des Schulhofs...


vom Städtischen Gymnasium Schmallenberg...


...mit dümmlichen Naziparolen.


Ein Fall für das Antifa Putzteam.


Gemeinsam mit Eltern und SchülerInnen...


...des Schmallenberger Gymnasiums...


...plante die Antifa eine Übermalaktion.


Damit wird ein Zeichen...


...gegen die Faschisten in Schmallenberg...


...gesetzt und zum Ausdruck...


gebracht, dass es im Sauerland...


noch Widerstand gegen die...


...braune Brut gibt.


Auch beim Supermarkt und...


beim Arbeitsamt Schmallenberg...


wurden die braunen Hetzparolen...


...schon übermalt.


Nie wieder Faschismus!


Antifa Flugi für Schülerinnen und Schüler

2.) 1. Antifaschistischer Jugendkongress für Dortmund, 22.-23.02.08
Bericht: Schwarze Katze AG Antifa, Fotos: Schwarze Katze

Vom 22.-23.02.08 fand in Dortmund der 1. Antifaschistische Jugendkongress statt. Wir nahmen an dem vom Dortmunder Jugendring, Arbeitsstelle Jugend und Demokratie und Bündnis Dortmund gegen Rechts organisierten Kongress im Fritz-Henßler-Haus teil. In der Einladung heisst es:

"Dortmund hat sich zu einem wichtigen Netzknoten der Neonaziszene entwickelt. Die Neonazis proklamieren anmaßend "Dortmund ist unsere Stadt". Jedoch ist Dortmund eine Stadt mit langer antifaschistischer Tradition. Auch heute gibt es zahlreiche Gruppen und Initiativen, die sich engagieren. Der 1. Antifa-Jugendkongress für Dortmund soll möglichst alle relevanten Gruppen und Organisationen an einen Tisch holen, um Strategien für den gemeinsamen Kampf gegen den Faschismus zu entwickeln und Aktionen besser zu koordinieren. Diese Einladung richtet sich an alle interessierten jungen Menschen, die sich gegen Rechtsextremismus engagieren wollen. Der Kongress soll einer Bestandsaufnahme und der gemeinsamen Entwicklung von konkreten Perspektiven dienen."

Freitag, 22.02.08
Ein Vertreter der Stadt Dortmund hielt das Grusswort und sprach von Dringlichkeit und Realität der braunen Gefahr in der Stadt. Anschliessend referierte am Freitagabend ein Vertreter der Arbeitsstelle Neonazismus von der Fachhochschule Düsseldorf. Dieser klärte über die rechten Strukturen auf und fasste die nationalistische Bewegung in den letzten Jahrzehnten zusammen. Er unterschied dabei nach Parteistruktur (DVU, REP, NPD, PRO NRW) und nannte zu jeder rechten Partei kurz Geschichte und Führer. Dabei ging er intensiv auf PRO NRW, den Ursprung aus PRO Köln und die braune "APO" ein.

Der Vortragende führte in seinem Impulsreferat aus, wie sich in den 90ern Untergrundstrukturen nach den Parteiverboten entwickelten, welche die Basis für heutige Strukuren schufen. Danach streifte er noch kurz die Konfliktfelder, welche seiner Meinung nach die Hauptgefahr sind: Zuerst die Islamismusdebatte sowie die Übernahme von linker Symbolik. Um diese Übernahme zu zeigen, zeigte der Vortragende Demobilder sowie Spruchbänder. Er ging dabei auf den Flügel der parteikritischen "Autonomen Nationalisten" ein. Ausserdem erwähnte er den "Deutschlandpakt" und das "Volksfrontbündnis" zwischen NPD, DVU und bekennenden Nazis. Zum Abschluss wurde ein Nazifilm der Faschogruppe "Nationaler Widerstand Dortmund" gezeigt, wobei klar wurde, dass die "Autonomen Nationalisten" sich gerne bei Lifestyle, Dresscodes und linken Subkulturen bedienen, um ihre eigene vermeintliche Attraktivität zu erhöhen.

In der anschliessenden Gesprächsrunde ging es um den mittlerweile geschlossenen Donnerschlag, andere rechte Läden und Szenetreffpunkte, braune Gewalt und eine Widerlegung des angeblichen Antikapitalismus der Nazis.

Samstag, 23.02.08
Stehcafe und lecker Mittagessen sorgten für das körperliche Wohl. Der Samstag wurde mit einem Vortrag zum Begriff des Faschismus eröffnet. Die von der stalinistischen KPD verbreitete Faschismusanalyse wurde als unzureichend und falsch kritisiert. Der antifaschistische Referent warnte vor einem inflationären Gebrauch des Wortes Faschismus. Er zeigte Grundzüge auf, die den historischen Faschismus prägten:

- Opfermythos
- Feindbildorientierung
- Prunkansprachen sowie Prunkparaden
- Jugendorientierung

Mithilfe verschiedener Arbeitsgruppen beschäftigten wir uns intensiver mit bestimmten Teilaspekten.

AG Lifestyle
Zuerst wurden Symbole und ihre Bedeutung vorgestellt. "Autonome Nationalisten" zeichnen sich dadurch aus, dass sie andere Musikrichtungen wie Gothic und Metal, autonomen Kleidungsstil, Palitücher, Che Guevara Bilder und rote Fahnen übernehmen, um andere Zielgruppen zu erreichen. Jugendlichen soll von den Nazi-Kadern durch moderne Themen, Grillpartys, Tierrechte, Antiglobalisierung, Demotourismus und Rechtsrock-Konzerte Gemeinschaftsgefühl und eine scheinbar Rebellion gegen das System vorgegaukelt werden. Die menschenverachtende rassistische NS-Ideologie bleibt allerdings im Kern bestehen.

Aktionsformen
Die Arbeitsgruppe "Alternative, innovative, neue Aktionsformen gegen Nazis" fasste mögliche antifaschistische Aktionsformen zusammen. Als positives Beispiel wurde eine direkte Aktion im Sauerland erwähnt, wo Antifas am 20.02.08 Nazi-Propaganda auf einer Schulhofwand übermalten.

Vom Gedenken zum Handeln
Der Workshop "Vom Gedenken zum Handeln - wie kann Gedenkkultur weiterentwickelt werden" wurde genutzt, um die
Steinwache zu besuchen.

Nazi-Propagandaaktion vor der Reinoldikirche
Die Arbeitsgruppe "Was ist Faschismus eigentlich? Eine Annäherung" hätte mittags in der Dortmunder Innenstadt ein praktisches Anschauungsbeispiel haben können: Dort verteilte der "Nationale Widerstand Dortmund" Flugblätter vor der Reinoldikirche. Das Flugblatt begann mit folgenden Worten:

"Ihr habt doch sicher schon mal von sogenannten Neonazis gehört. Ihr haltet ein Flugblatt von ihnen in der Hand."

Dieses Flugblatt, welches auch schon vor dem Helene-Lange-Gymnasium verteilt wurde, blieb nicht unbeantwortet: Antifas bescherten den "Autonomen Nationalisten" Rempeleien und eine kleine Verfolgungsjagd - bis eine halbe Hundertschaft Polizei auftauchte, die aufgrund eines Fussballspiels sowieso in Dortmund war. Ein Vertreter des Dortmunder Staatsschutzes sagte, das gegen die Flugblattverteilaktion nichts getan werden könne, da das braune Flugi, in dem es sozialdemagogisch auch um Globalisierung und die soziale Frage ging, strafrechtlich nicht relevant sei. Der Schuss ging für die Nazis nach hinten los: Als Reaktion auf die braune Flugblattaktion bewerben sich die Schüler des Helene Lange Gymnasiums um den Titel "Schule ohne Rassismus". Ausserdem wird an der Schule, die die Faschos mit ihrem geistigen Unrat heimsuchten, die Antifa Ausstellung der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes / Bund der AntifaschistInnen - ergänzt durch lokale Schautafeln des Bündnis Dortmund gegen Rechts gezeigt. Ein Vertreter der Schülervertretung meint: "Bisher waren viele Schüler der Meinung, dass sie mit dem Thema nichts zu tun haben. Für sie war das ganz weit weg. Seit der Flugblattaktion und dem Angriff der Neonazis wissen sie, dass jeder Schüler persönlich davon betroffen ist."

Infomaterial, Filme und Ausstellungen
Im Rahmen des Marktes der Möglichkeiten haben sich Antifa-Gruppen vorgestellt und auf zahlreichen Infoständen lagen antifaschistische Zeitschriften, Bücher und Flugblätter aus, wovon etliches für das Schwarze Katze Archiv erworben wurde. Diese Materialien können SchülerInnen aus dem Sauerland nun für Referate ausleihen. In einem Kinosaal konnten sich die jungen TeilnehmerInnen des Antifa Jugendkongresses Filme über die Naziszene ansehen: "Der Feind im Haus", "Lauter nette Leute" und "Nebenan der braune Sumpf". Drei Antifa-Ausstellungen konnten in den Pausen angeschaut werden: Die VVN-BdA zeigte ihre Ausstellung Neofaschismus in Deutschland, das Bündnis Dortmund gegen Rechts "Die rechte Szene in Dortmund" und Die Falken Dortmund-Nette "Nazis in Dortmund".

Rechte Gewalt in Dortmund
In dem Workshop "Netzwerkstrukturen der Dortmunder Naziszene" geht es um rechte Gewalttaten. Am 28.03.05 wird der Punk Schmuddel von einem 17jährigen Nazi in Dortmund erstochen. Intensiv wurde auf Dortmunder Nazistrukturen und ihre Anführer eingegangen. Diese versuchen sich als angebliche "Antikriegsbewegung" zu profilieren. Was natürlich beim Betrachten der Geschichte lachhaft ist. Siegfried Borchardt, auch als "SS-Siggi" von der Borussenfront bekannt, sprach auf der Dortmunder Nazi-Demo am 03.09.05 Klartext: "Nie wieder Krieg nach unserem Sieg. Jedem Volk seine Nation, sein Reich. Da dem auserwählten aller Völker, nach eigenem bekunden, das Himmelreich gehört, brauchen wir uns darüber auch keinen Kopf zu machen."

Durch Dortmund-Aplerbeck marschierten am 03.02.06 unter dem Motto "Kapitalismus bekämpfen - Für einen sozialistischen Nationalismus" 70 Nazis. Aber es gibt auch positives zu vermelden: Am 01.09.06 fand in Dortmund unter dem Motto "Gegen Krieg und Herrschaft - Für ein freies und selbstbestimmtes Leben!" eine antinationale Demo gegen den braunen Spuk statt.

Die antifaschistische Selbsthilfe organisieren!
Etliche Fascho-Angriffe mit Pflastersteinen, Springerstiefeltritten, Messer- und und Tränengaseinsatz auf alternative Treffpunkte und deren BesucherInnen bedeuten, dass der Neonazi-Szene klare Schranken gesetzt werden müssen. Die antifaschistische Selbsthilfe organisieren! Am 17.11.07 griffen 30 Neonazis mit dem Ruf "Scheiß Türken - Scheiß Ausländer"- und unter Zuhilfenahme von Schlagstöcken, Pflastersteinen und einer Schusswaffe eine vorwiegend von Menschen ohne deutschen Pass besuchte Dortmunder Gastätte in der westlichen Innenstadt an. Die Polizei hatte danach nichts besseres zu tun als fünf Antifas festzunehmen.

Positives Fazit
Der Antifa Jugendkongress schloss mit Überlegungen, wie künftig auf die braune Gefahr reagiert werden kann. Insgesamt ein interessantes Wochenende, wo wir bekannte Gesichter sahen, neue Kontakte herstellten und uns intensiv mit der Dortmunder Neonaziszene beschäftigten. Neben Filmen, Ausstellungen, Infoständen, Workshops und Referaten bestand die Möglichkeit zur Vernetzung und des gegenseitigen Kennenlernens, um für spätere gemeinsame Aktionen die neuen Kontakte zu nutzen. Wir können ein positives Fazit ziehen.

1. Antifaschistischer Jugendkongress Dortmund
Fotos: Schwarze Katze, 23.02.08


Antifa Infostand


T-Shirts


Lotta - antifaschistische Zeitung aus NRW


Gemeinsam Nazis stoppen!


Schwarze Katze Flugi


Ostermarsch 2008


Frieden - Freundschaft - Solidarität


Ausstellung der VVN-BdA


Grün-Braun? Nein danke!


Gemeinsam gegen Rassismus


Bündnis Dortmund gegen Rechts


Nazi-Symbole

3.) Keine Arbeit ohne Lohn!
Aufruf zur Kampagne der Lokalföderation Berlin

In Deutschland, und nicht nur dort, erleben wir derzeit einen beispiellosen Angriff auf die regulären Beschäftigungsverhältnisse. Einst hart erkämpfte Arbeitsstandards werden untergraben, Löhne nach unten geschraubt, das Arbeitsrecht aufgeweicht, Arbeit generell "flexibilisiert", wie sie es nennen. Gerade die allgemeine Herabsetzung der Löhne spüren wir, als lohnabhängige Bevölkerung, am härtesten. Der krasseste Ausdruck dieses Lohnverfalls liegt, logischerweise, dann vor, wenn Menschen ohne Lohn schuften.

Wer glaubt, unbezahlte Arbeit findet sich etwa nur dort, wo Menschen ehrenamtlich tätig sind, weit gefehlt. Sie ist ein um sich greifendes Phänomen inmitten der Arbeitswelt. Sie gibt es flächendeckend, in fast allen Bereichen: ob Probearbeit, Praktika, Lehraufträge oder – in der pervertiertesten Form – Ein-Euro-Jobs. Immer mehr Menschen erledigen Jobs (nahezu) ohne Entlohnung.

Gerade Probearbeit bzw. Probeschichten erfreuen sich zunehmender Beliebtheit, vor allem bei Klein- und mittelständischen Unternehmen.

Der große Probeschwindel

Immer mehr Menschen machen Erfahrungen mit unbezahlter Probearbeit, ja, diese Form der Ausbeutung scheint geradezu einzureißen. Vor allem für Tätigkeiten, die schnell anzulernen sind und keine oder nur geringe Vorkenntnisse benötigen, greifen Arbeitgeber zunehmend auf unbezahlte Arbeitskräfte zurück. Die Palette reicht von der Bedienung oder Küchenhilfe, über Verkaufs- oder Ladenarbeiten bis hin zu Portierjobs oder harter Knochenarbeit. Ob Gastronomie, Handel, Gewerbe oder Bau – kaum eine Branche, in der es das nicht gibt. Aber auch Jobs, die eine Ausbildung oder Fachkenntnisse erfordern, geraten zunehmend in diesen Strudel. Vor allem Zeitarbeitsfirmen treiben hierbei ein schamloses Spiel, während viele Unternehmen sich die immer schärfere Konkurrenz und die Verzweiflung von Erwerbslosen zunutze machen. Besonders drastisch wird die Situation, wenn dahinter noch der Druck von der Arbeitsagentur steckt.

In der Regel werden solche Arbeitskräfte für ein paar Stunden oder wenige Tage herangezogen, nicht selten aber auch für ganze Wochen, wobei sie die volle Arbeitsleistung für die vorgesehene Stelle erbringen. Die Übernahme der Probearbeitenden erfolgt dabei in den seltensten Fällen, meistens lässt das entsprechende Unternehmen nicht mehr viel von sich hören. Und ebenso selten wird, im Falle der Ablehnung, für die geleistete Arbeit ein ordentlicher Lohn gezahlt. Oftmals hat derjenige schon Glück, der zumindest eine kleine Vergütung erhält. Immer häufiger aber gibt es Pustekuchen für die Strapazen. Und auch im Falle der Anstellung – die Nicht-Entlohnung von Probearbeit bleibt eine Entwürdigung der Arbeitenden.

Unternehmen machen sich bei alledem das Unwissen der betroffenen Personen zu Nutze. Denn was viele dabei nicht wissen: wo eine Arbeitsleistung vorliegt, muss entsprechender Lohn gezahlt werden; rechtlich ist diese Verfahrensweise nur solange zulässig, wie sie nicht angefochten wird.

Keine Frage der eigenen Bereitschaft

Im Missverhältnis zum Trend der Probearbeit steht, dass diese Form der Ausbeutung wenig Aufmerksamkeit genießt und häufig unterschätzt wird. Die meisten Menschen erledigen diese Form der unbezahlten Arbeit stillschweigend, oftmals, weil ihnen keine andere Wahl bleibt, oftmals, weil sie sich etwas davon erwarten. In der Regel wird dies als individuelles Problem gesehen, als ein Zustand, gegen den man selbst nichts machen kann oder den man (kurzfristig) in Kauf nehmen muss.

Doch unbezahlte Arbeit zu leisten, ist nicht nur für die jeweilige Person bedauerlich. Dieses Problem betrifft alle Lohnabhängigen, auch wenn man selbst gerade nicht direkt davon betroffen ist. Jedes Mal, wenn wir unentgeltlich oder gegen symbolische Almosen einen Job erledigen, werden wir selbst zu Lohndrückern, werden zu Faktoren der Verdrängung regulärer Beschäftigung. Jedes Mal, wenn wir dies selbstverständlich in Kauf nehmen, schaden wir nicht nur uns selbst, wir schwächen die Position aller Lohnabhängigen. Derartige Arbeitsverhältnisse werden dadurch zunehmend standardisiert.

Unternehmer und Einrichtungen drehen bewusst an dieser Spirale. Sie forcieren derartige Verhältnisse, um durch billige Arbeitskräfte mehr Gewinn zu machen oder mehr einzusparen. Die um sich greifende Probearbeit ist somit ein Teil des neoliberalen Angriffs auf die Beschäftigungsverhältnisse.

Gemeinsam dagegenhalten

In vielen Bereichen werden solche Arbeitskräfte, ja, manchmal ganze Belegschaften zyklisch ausgetauscht. Diese hohe Fluktuation verstärkt die Vereinzelung, macht es schwierig, das Problem als ein Kollektives zu begreifen und anzugehen.

In der Tat können wir nur kollektiv an diesen Missständen rütteln und unsere Würde bewahren. Wenn uns das gesetzliche Recht zwar gewisse Möglichkeiten bietet, auch individuell dagegen vorzugehen, so ist auch dieser Weg für die meisten zu steinig, um ihn allein zu gehen. Langwierige aufreibende Verfahrenweisen, rechtliche Unkenntnisse, fehlende Erfahrungen, psychologischer Druck und evtl. Kosten stellen für viele eine zu große Bürde dar. Nicht zuletzt wird dieser Angriff auf die Beschäftigungsverhältnisse auf breiter Front geführt und kann deshalb adäquat auch nur auf breiter Front beantwortet werden.

Eine kämpferische und solidarische Gewerkschaft, in der sich Menschen branchenübergreifend organisieren, ist eine Antwort dieser Art. Mit ihr können wir unsere Interessen direkt und nachhaltig durchsetzen, die Unternehmen in die Enge treiben und letztlich sogar in die Offensive gehen. Ob durch die Ausübung von direktem Druck beim jeweiligen Ausbeuter durch eine Vielfalt gewerkschaftlicher Maßnahmen oder durch den Rückhalt bei letztlich eingeleiteten rechtlichen Schritten – organisiert durchbrechen wir die Vereinzelung und schaffen die nötigen Druckpotenziale.

Es ist an dir, eine Wahl zu treffen...

Schwarze Katze Nachtrag: Bei der Kampagne handelt es sich um eine gewerkschaftliche Initiative der Freien ArbeiterInnen-Union (FAU) Berlin. Die GewerkschafterInnen wollen damit Standards setzen: gegen die Überausbeutung in Probeschichten, in Praktika, in Lehraufträgen und in jeglicher anderer Form der besonders prekären Arbeit. Weitere Infos zur Kampagne "Keine Arbeit ohne Lohn" gibt es auf folgender Webseite: http://www.fau.org/static/keine-arbeit-ohne-lohn/

4.) Fight capitalist war! Fight capitalist 'peace'!
NATO-Kriegskonferenz angreifen!

Immer noch ist München der Ort, an dem sich einmal jährlich die wichtigsten Vertreter der NATO-Staaten und ihrer Verbündeten zur sog. "Sicherheitskonferenz"; (SIKO) einfinden. Auch vom 8. bis 10. Februar 2008 wird es den MilitärstrategInnen und RüstungsmanagerInnen wieder darum gehen, ihre Interessen aufeinander abzustimmen.

Die Veranstalter der Tagung werden wieder versuchen, die militärischen Interventionen als Einsätze für "Frieden"; und "globale Sicherheit" anzupreisen. Allerdings ohne den gewünschten Erfolg: Durch unsere massiven Proteste in den letzten sieben Jahren ist es uns gemeinsam gelungen, die SIKO in der Stadt zu delegitimieren. Die Konferenz kann nicht mehr ohne Störung und Widerspruch stattfinden.

Immer noch gehen tausende Menschen aus verschiedenen sozialen Bewegungen gegen globalen Krieg, Militarisierung und kaptitalistische Ausbeutung auf die Straße. Auch 2008 werden wir unsere Wut und unseren Widerstand der Politik der NATO-Staaten entgegensetzen.

Immer noch sind wir der Meinung: Das ist zu wenig! Es reicht nicht, sich einmal im Jahr gegen die Normalität eines Kriegszustands aufzulehnen, der längst unser Alltagsleben durchdringt. Antimilitaristischer Widerstand muss sich im Alltag verankern, sich vernetzen, überall dort blockieren und sabotieren, wo der andauernde Kriegszustand in Erscheinung tritt.

Gegen die mörderische Normalität des globalen Krieges

Auf der SIKO 07 verkündete US-Kriegsminister Gates, dass es ein transatlantisches Bündnis brauche, das "Sicherheit über die Grenzen der NATO hinaus" exportiere. Was das konkret bedeutet, zeigt die gegenwärtige Entwicklung im Irak und Afghanistan: Der globale Krieg der Besatzungsarmeen, der privaten Söldnerheere und "Sicherheits"-firmen eskaliert. Die neokolonialen Protektorate sind Zonen der Rechtlosigkeit: Wenn in Bagdad Söldner des amerikanischen "Sicherheits"-konzerns Blackwater siebzehn Menschen grundlos massakrieren, ist das nur ein besonders drastisches Beispiel für den alltäglichen Terror gegen die Zivilbevölkerung. Es entspricht der Logik des imperialen Ausnahmezustands, dass Morde durch Söldner billigend in Kauf genommen werden und der Logik des Neoliberalismus, dass inzwischen über 30.000 Söldner im Irak agieren und somit die Gewaltökonomie selbst immer mehr zum lukrativen Unternehmen wird.

Gleichzeitig bombardieren im Rahmen des "Sicherheits-Exportes"; NATO-Militärs in Afghanistan tagtäglich Ortschaften. Die BRD hat die Besatzung dort vor kurzem mit Tornados verstärkt, welche die Bombardierungen per ‘Luftaufklärung’ vorbereiten.

Aber die Brutalisierung der Lebensverhältnisse beschränkt sich nicht auf einzelne ‘Luftschläge’ und Söldnermassaker: Insbesondere die Gewalt gegen Frauen u. a. in Form sexistischer Ausbeutung wie z. B. (Zwangs-)prostitution verschärft sich überall dort, wo Krieg und Besatzung die Alltagsgeschicke der Menschen bestimmen. Die durch die Besatzung ausgelöste Gewaltdynamik lässt das Scheinargument der Frauenbefreiung im ‘Krieg gegen den Terror’ vollends zur Farce werden.

Der Zynismus der Herrschenden spiegelt sich auch in der deutschen Abschiebepraxis wieder: Aktuell sind Tausende irakischer Flüchtlinge von der Abschiebung in den angeblich sicheren Norden des Landes bedroht – ein Land, in dem seit Kriegsbeginn 80.000 Zivilisten umgebracht wurden. Für uns ist die Solidarität mit diesen Flüchtlingen ein konkreter Ansatzpunkt einer internationalistischen Praxis gegen den globalen Krieg.
Gleichzeitig stellt sich die militärische Abschottung der EU-Außengrenzen, durch welche jährlich hunderte Flüchtlinge in den Tod gedrängt werden, als wesentlicher Bestandteil der Logik des globalen Krieges dar: Die Zerstörung der Lebensgrundlagen durch Kriege und die Folgen der kapitalistischen Globalisierung lösen Migrationsdynamiken aus, die durch die stacheldrahtbewehrten Mauern der Festung Europa gebrochen werden sollen. Jene Menschen, die es trotzdem in die EU schaffen, werden hier als Illegalsierte extrem verschärften Ausbeutungsbedingungen unterworfen: Die Renaissance sklavereiähnlicher Arbeits- und Lebensbedingungen auf den Obstplantagen Südspaniens zeigt exemplarisch wie die Dynamiken von Neoliberalismus und Krieg ineinandergreifen können.

Gegen den Sicherheitswahn

Mit dem Schlagwort "Sicherheit"; wird nicht nur der Krieg nach Aussen legitimiert, sondern auch die stetige Verschärfung der staatlichen Repression, der Überwachung und Kontrolle. Diese begegnet uns in Form der allgegenwärtigen Präsenz von Polizei und privaten "Sicherheits"-diensten, von flächendeckender Kameraüberwachung der Innenstädte und von zunehmender Überwachung aller Kommunikation, der Ausgrenzung kommerziell nicht verwertbarer Lebensweisen, rassistischer Kontrollen, von Abschiebungen und Lagerunterbringung von Flüchtlingen.

Die zunehmende Überwachung und Kontrolle steht im Zeichen einer generellen Verlagerung des staatlichen Interventionsfeldes weg von der "sozialen Fürsorge" hin zum Ausbau eines autoritären Sicherheitsstaates und somit in letzter Konsequenz zur Aufrechterhaltung des kapitalistischen Systems. Dabei geht es nicht nur um präventive Aufstandsbekämpfung angesichts einer wirtschaftlichen Entwicklung, die trotz des "Wachstums" zur Rückkehr der Massenarmut führt, sondern auch um die langsame und stetige Umstrukturierung des alltäglichen gesellschaftlichen Denkens und Handelns: Die neoliberale Ideologie entwirft den Menschen als egoistisches und leistungsfähiges Individuum, dessen gesellschaftliche Integration sich auf Verwertungsverhältnisse beschränkt. Dementsprechend sollen die zunehmende Kontrolle und Überwachung die Tendenz zur Vereinzelung verstärken, Kommunikation einschränken und überall dort lähmend wirken, wo Menschen sich ein kollektives Leben jenseits von Anonymität, Leistungsdruck und Konsum auch nur vorstellen können.

Mit besonderer Härte trifft die Repression all jene, die sich gegen die herrschenden Zustände wehren: Mit den drei großen Repressionswellen im Sommer 2007 versuchte der deutsche Staat, den Widerstand gegen Kapitalismus und Krieg zu schwächen. In allen Fällen wurde vom § 129a, also dem Vorwurf der Bildung einer terroristischen Vereinigung, Gebrauch gemacht. Der §129a spielt in diesem Fall ein zweifache Rolle: Einerseits als Werkzeug zur umfassenden Ausspionierung der linken Bewegung und andererseits als Propagandainstrument, mit dem linker Widerstand mit Selbstmordattentaten und Fanatismus in eins gesetzt werden soll. Gegen beides müssen wir uns wehren!

Inzwischen ist selbst den deutschen Gerichten im Fall der Berliner Beschuldigten der Terrorvorwurf zu absurd vorgekommen und dementsprechend abgeschwächt worden. Doch eines muss klar sein:

Die Verteidigung der linken Bewegung bleibt uns selbst und unserer Solidarität überlassen!

Terroristisch sind jene, die Kriege führen – nicht die, die sich dagegen wehren!
Sofortige Einstellung aller Verfahren gegen linke AktivistInnen!

Aufbruch gegen Militarisierung und kapitalistische Verhältnisse!

Wir werden die herrschenden Zustände nur effektiv bekämpfen können, wenn wir den globalen Krieg, die Festung Europa, die dauernden Verschärfungen der Überwachung und Kontrolle und den forcierten Sozialabbau als Facetten einer umfassenden Entwicklung begreifen und dieses Verständnis zum Ausgangspunkt einer vielfältigen, emanzipatorischen und radikalen linken Politik machen: Einer Politik, welche die Solidarisiernung mit illegalisierten Flüchtligen, die Entwicklung kollektiver Lebensformen, die Sabotage der lautlos arbeitenden Kriegsmaschinerie um uns herum mit dem Kampf für höhere Löhne und weniger Arbeitshetze verbindet und in Austausch mit all jenen tritt, die weltweit eine Perspektive auf Befreiung suchen!

Deshalb solidarisieren wir uns mit den Protesten im Frühjahr 2008 gegen den NATO- Gipfel in Bukarest und gegen die Erweiterung der US-Militärbasis in Vicenza, aber auch mit den Arbeitskämpfen hierzulande, z. B. mit den Streiks der LokführerInnen und dem sich ankündigenden Arbeitskampf im Öffentlichen Dienst und der alltäglichen Auflehnung gegen Ausbeutung jenseits gewerkschaftlicher Organisierung.
Wir verstehen uns als Teil einer breiten Bewegung, die bei den Protesten gegen den G8-Gipfel in Heiligendamm gezeigt hat, dass ihre Stärke trotz aller Differenzen im Zusammenspiel verschiedener kreativer und unberechenbarer Aktionsformen liegt.

Im Februar 2008 werden wir massenhaft gegen die SIKO auf der Straße sein. Weder die Rote Zone rund um das Nobelhotel "Bayerischer Hof", noch ein mehrreihiges Bullenspalier auf der Internationalen Großdemonstration wird uns davon abhalten, die Friedhofsruhe der Kriegsplaner zu stören!

Wir ziehen mit einer kurzen powervollen Demo zur Residenz, um uns dort den KriegstreiberInnen bei ihrem Transfer vom Tagungshotel in die Residenz in den Weg zu stellen.

Raus gegen globalen Krieg – rein in den internationalistischen Block!

UnterstützerInnen: ak internationalismus (München), Mittwochskafe | Kafemarat (München), AJA - Autonome Jugendantifa (Nürnberg), Infoladen Salzburg, carambolage (Berlin), Soligruppe s. y. l. t. - support your local terrorists (Hamburg), six hills (Berlin), Infogruppe Rosenheim, Freitagskafe | Kafemarat München, Organisierte Autonomie (Nürnberg), Radikale Linke Nürnberg

www.no-nato.de | www.no-g8.tk

5.) Geschichte quer - Zeitschrift der bayerischen Geschichtswerkstätten
Schwarze Katze Rezension

Seit 1992 erscheint in unregelmäßigen Abständen die Zeitschrift "Geschichte quer" und kann über www.geschichte-quer.de bestellt werden. Seit 1998 erscheint die Zeitschrift im Alibri Verlag aus Aschaffenburg. Herausgegeben wird sie von den bayerischen Geschichtswerkstätten, die wiederum in der Tradition der "neuen Geschichtsbewegung" stehen. Letztere begann sich Anfang der 1980er Jahre zu formieren. In zahlreichen Städten und Gemeinden der BRD schlossen sich damals historisch interessierte Menschen mit und ohne wissenschaftliche Vorbildung, die über die Auseinandersetzung mit lokal- bzw. regionalgeschichtlichen Themen emanzipatorische Formen politischen Engagements zu entwickeln beabsichtigten, zu basisdemokratisch organisierten Initiativen zusammen. War der Forschungsblickwinkel professioneller HistorikerInnen bis dahin weitgehend auf die Ebene der staatlichen und wirtschaftlichen EntscheidungsträgerInnen beschränkt geblieben, führte die "neue Geschichtsbewegung" den Ansatz einer "Geschichte von unten" ein. So gilt denn auch das Hauptaugenmerk von Geschichtswerkstätten nicht der Herrschafts-, sondern der Alltagsgeschichte.

Entsprechende Initiativen bemühen sich darum, Geschichte erleidende Individuen und Personenkreise, die in der Regel nur die Wahl besaßen, sich mit ihnen aufgezwungenen Machtverhältnissen zu arrangieren oder letztlich zum Scheitern verurteilten Widerstand zu leisten, der historischen Anonymität zu entreißen. Seitens der historischen Zunft allzu lange sträflich vernachlässigt, werden hierbei etwa vergangene Lebenswelten von ArbeiterInnen oder Angehörigen sozialer Randgruppen nachgezeichnet. Nicht selten liefern diesbezügliche Untersuchungsprojekte wertvolle Informationen und Erkenntnisse für politische Kämpfe der Gegenwart, beispielsweise durch das Aufdecken unaufgearbeiteter Verstrickungen noch existierender Konzerne in das nationalsozialistische Zwangsarbeitersystem.

In methodischer Hinsicht gehen von der Geschichtswerkstättenarbeit ebenfalls immer wieder belebende Impulse für das allgemeine Geschichtsverständnis aus. So konzentrieren sich VertreterInnen entsprechender Initiativen bei ihren Recherchen nicht auf das Studium von Akten und Fachliteratur, sondern erschließen sozusagen Quellen aus erster Hand für die historische Forschung, stöbern etwa Feldpostbriefe sowie private Fotoalben auf und bergen Erinnerungsschätze im Zuge der Durchführung biographischer Interviews mit ZeitzeugInnen. Auch bei der Präsentation von Untersuchungsergebnissen erweisen sich Geschichtswerkstätten häufig als sehr einfallsreich und innovativ, wenn beispielsweise, wie in Berlin geschehen, ein ausrangierter ÖPNV-Doppeldeckerbus zu einem mobilen Museum umfunktioniert wird.

"Geschichte quer" dokumentiert auf überaus interessante Weise die Entwicklung der Geschichtswerkstättenarbeit in Bayern seit Anfang der 1990er Jahre. Jede der zwischen 60 und 70 Seiten umfassenden Ausgaben ist einem besonderen Themenfeld gewidmet, etwa der Umwelthistorie (Heft 3/1994) oder der Frauengeschichte (Heft 6/1998). Die meisten Beiträge beleuchten lokal- oder regionalgeschichtliche Zusammenhänge, die Bezüge zum jeweiligen inhaltlichen Schwerpunkt aufweisen. Das den Titel "Kavaliersdelikt und Kapitalverbrechen. Von kleinen Gaunern, großen Verbrechern und >>ehrenwerten Herren<<" tragende Heft Nr. 10 aus dem Jahr 2002 etwa enthält u. a. Texte über die Rolle süddeutscher Räuberfrauen im 18. und frühen 19. Jahrhundert, die Stellung sogenannter Berufsverbrecher im nationalsozialistischen KZ Dachau sowie die Lebensgeschichte des Münchener Studentenpolitikers, linksradikalen Aktivisten und Justizopfers Rolf Pohle.

Komplettiert werden die Ausgaben von "Geschichte quer" durch Projektberichte und Buchrezensionen. Etliche Fotos, Zeichnungen und Abdrucke historischer Dokumente veranschaulichen die Inhalte der Zeitschrift. Hervorzuheben gilt es zudem, dass die Artikel gewöhnlich in einer relativ leicht verständlichen Sprache gehalten sind und kaum geschichtliches Vorwissen der LeserInnen voraussetzen. Jede Ausgabe der Zeitschrift "Geschichte quer" bietet ein faszinierendes Kaleidoskop historischer Einblicke und Erkenntnisse, die oft genug Herrschaftsverhältnisse der Gegenwart durchschauen helfen. Daher dürfte der Preis von 6 Euro pro Heft gerade für geschichtsinteressierte Menschen mit dem Anspruch, sich aktiv in Prozesse gesellschaftlicher Veränderung einzuschalten, eine lohnende Investition darstellen.