Unserer Behörde bekannt, 97, 3sat
Schwarze Katze Filmbesprechung

Die Doku "Unserer Behörde bekannt" dreht sich um den Ende der 80er Jahre aufkommenden Schweizer Überwachungsskandal, hervorgerufen durch die jahrelange, permanente polizeiliche Observation linker AktivistInnen, aber auch SympathisantInnen, UmweltschützerInnen, zu denen auch der in der 68er Bewegung eingebundene Claude Muret gehört. Mit Hilfe der Erinnerungen seiner selbst, zahlreicher Freunde, von Befehlshabern der Polizei, den Überwachern und Einträgen aus den Fichen (= Überwachungsakten) werden die Ereignisse vielschichtig reflektiert.

Claude Muret erhält eines Tages ein Paket aus Bern, das seine Fichen enthält, welche das Resultat einer erschreckend umfassenden Beobachtung sind. Seine ehemaligen Überwacher erläutern, dass das Ziel ihrer Arbeit war, Militante und Sympathisanten bestimmter Bewegungen zu erfassen, um sich ein Bild ihrer Stärke zu machen und Informationen zu sammeln, die für ein mögliches Vorgehen in der Zukunft hilfreich sein könnten.

Am 16. Mai 1964 verteilen Claude und zwei Freunde auf einer Militärparade antimilitaristische Flugis. Nach einer biographischen Sequenz wird Murets Werdegang geschildert: In der "Jeunesse Progressive", die anfangs ein Treffen unter Freunden ist, wird C. M. zum Sprecher gewählt, wie aus den Fichen hervorgeht. Claude, der sich von der Verlogenheit der Gesellschaft und des Bürgertums abgestoßen fühlt, ist zusammen mit vielen anderen auf der Suche nach etwas Besserem.

Seine Spitzel erklären, dass sie viel Zeit mit dem Lesen subversiver Schriften verbrachten, um nicht als Unwissende aufzufallen. Später ist C. M. in der Hilfsbewegung für Vietnam aktiv, die einen neuen Antrieb für die darin involvierten Menschen darstellt. Die observierenden Polizisten erinnern sich, dass die Leute sich für alles Neue interessierten, die angestrebte Veränderung ihrer Ansicht nach aber nicht umsetzen konnten.

Nach den revolutionären Geschehnissen in Paris ´68 geht C. M. mit einigen Freunden eine kollektive Lebensgemeinschaft in einem Haus, genannt Kommune, ein. Dies, so sagt er selbst, sollte die Trennung zwischen politischer Aktivität und Wohnen aufheben, die Revolution im Alltag verwirklichen. Ebenso sollte damit die bürgerliche Paarbeziehung, Familie und Treue in Frage gestellt werden.

In der "Kommune" wollen sie über Grenzen hinausgehen, was den Überwachern zufolge im Wahnsinn oder der Drogenabhängigkeit endete. Nachdem ein Genosse Selbstmord begangen hat, verliert die Wohngemeinschaft für die Beteiligten ihren Sinn, ihre politische Bedeutung wird von den Beteiligten als Abschluss eines Reifeprozesses betrachtet. Dennoch lebt Claude Muret weiterhin im Widerstand, nicht willig, sich in bürgerliche Kategorien einzuordnen.