Vorfall ,,Stalinplakat"
Interim # 89, 8.2.90, Seite 17


Im Rahmen der allgemein viel zuwenig geführten Stalinismusdebatte, aber gerade auch für die Westberliner Linke Szene wichtigen Diskussion, insbesondere für anstehende Aktionsbündnisse beispielsweise Kiezdemo am 12. Dezember 89, wollen wir noch einen kleinen Beitrag zusteuern, der eindeutig stalinistisches Denken und Politik beschreibt.

Wir, dass ist das agit-Druckkollektiv, und die auch für uns unerwartete Diskussion fing damit an, dass in der 2. Dezemberwoche leute von der KPD ein Plakat vorbeibrachten. Wir haben schon öfters was für die KPD gedruckt, das letzte Mal zum 1. Mai 89. Die KPD besteht in Berlin aus ein paar Leuten, die sich früher KPD/ML nannten.

Als Motiv für das Plalat war Stalin ganz gross und ein Aufruf zu ner Demo ab Oranienplatz am 21. Dezember anlässlich seines 128. Geburtstages. In der Hektik wurde das Plakat angenommen ohne richtig draufzusehen. Als wir das später nachholten war klar, dass wir das nicht drucken. Problem war, dass wir keine Telefonnummer bzw. Adresse der Leute hatten, die das Plakat vorbeigebracht haben und ihnen somit nicht Bescheid geben konnten.

4 Tage später kamen 2 Männer von der KPD und wollten das Plakat abholen. Ich war alleine und versuchte ihnen inhaltlich zu verklickern warum wir das Plakat nicht gedruckt haben. Ich will andieser Stelle nicht inhaltlich-theoretisch auf die Debatte eingehen, weil dies den Rahmen dieses Artikels sprengen würde. Jedenfalls wurde ich nach kurzem heftigen Gefecht als Trotzkistin, Revionistin, BZ-Leserin u.ä. beschimpft. Die beiden gingen wutschnaubend davon.

Ich musste eher etwas grinsen oder hatte sowas schon erwartet, hätte es auch gut verstanden, wenn sie mich mehr darauf angemacht hätten, dass wir - inhaltlich unabhängig - ne Terminabsprache nicht eingehalten haben. Nun gut. Für mich war die Sache damit gelaufen. Nicht so für die KPD.

Ne' Woche später gibt's den ersten Anruf. So'n Typ mit stark hamburgerischen Slang ruft an und fragt ob denn der Eispickel schon angekommen wäre. Mein Kollege frägt, welcher Eispickel denn? Ja wir sollten einen Eispickel bekommen und der würde auch angewendet werden und überhaupt bei uns würden doch Trotzkisten arbeiten.

Die meisten von Euch wissen vermutlich was es mit dem Eispickel auf sich hat, aber trotzdem nocheinmal, Trotzki wurde in Mexiko von Stalinisten mit einem Eispickel erschlagen. Damit wird klar welches Denken bie den KPDlern in Westberlin vorherrscht. Jeden liquidieren der anderer Meinung ist.

Bis zu diesem Zeitpunkt hatte ich mich zwar schon immer von Stalinisten abgegrenzt, aber schon gedacht, dass es auch Berührungspunkte gibt. Das ist nun vorbei. Denn am Beispiel wie sich diese Leute uns gegenüber verhalten haben wird klar, dass es einfach um Ausmerzen Andersdenkender geht und damit die damalige stalinistische Liqiudierungspolitik sehr bewusst mitgetragen wird.

Dieser Telefonanruf war nicht der erste und letzte gewesen. Wir bekamen 3-4 Wochen fast täglich Anrufe. Bsp.: Wir machen euch platt. Ihr Staatsschutzschweine. Dreckige Ratten, Trotzkisten u.ä. Wir wollen, dass ihr wisst welches Denken in der KPD vorherrscht und 17 dass bei zukünftigen Bündnisgeschichten NIX mit denen läuft.

Für ne' weitere Auseinandersetzung. die Agits