Geheimdienst schnüffelt Tierfreunden hinterher
Verfassungsschutzbericht Österreich 2004

In Österreich erscheint wie in der BRD von offizieller Seite der "Verfassungsschutzbericht". Interessant ist die dreiseitige Rubrik "Militanter Tierschutz". Dort wird die Zusammenarbeit der anarchistischen Bewegung mit dem "militanten Tierschutz" gemutmasst. So eine Zusammenarbeit soll es ja nicht nur in Österreich geben...

Statt selbstlosen Tierfreunden hinterherzuschnüffeln wär es doch angebrachter Tieren zu helfen. Aber das ist nun mal nicht Aufgabe des Staates. Als ob die Tierfreunde eine militärische Organisation wie das österreichische Bundesheer wären, wird von Rekrutierung neuer Mitglieder gefaselt. Tierbefreiungen werden vom Geheimdienst als "Sachentziehungen" bewertet, also sind Tiere für die Schnüffler nur Sachen. Die Konzentration auf angebliche Straftaten dient vor allem der Diffamierung. Nachfolgend dokumentieren wir von der Schwarzen Katze Auszüge aus dem österreichischen Verfassungsschutzbericht 2004:

Auszüge aus dem Verfassungsschutzbericht 2004
Bundesministerium für Inneres, Wien

2.3. Anarchistisch/autonomer Block
(...) Die Anarcho-Gruppen sahen sich jedoch nach dem Jahr 2002, als sie die Meinungsführerschaft bei den Anti-EES-Protesten an die gemäßigten Globalisierungskritiker verloren hatten, gezwungen, sich neu zu orientieren. So wurde zum Beispiel versucht, über die Tierrechtsbewegung neue Themen für eine Protestbewegung zu erschließen. Aus den westlichen Bundesländern liegen Hinweise vor, dass diese Idee punktuell zwar weiterentwickelt wurde, jedoch liegen nach wie vor keine Beweise vor, die eine unmittelbare Zusammenarbeit der militanten Tierschutz- und der anarchistisch-autonomen Szene bestätigen würden. (...)

VII. MILITANTER TIERSCHUTZ

1. ALLGEMEINES
Die öffentliche und mediale Präsenz von Tierrechtsgruppen bewegte sich im Jahr 2003 auf dem Niveau der Vorjahre. Durch die Abhaltung von Protestaktionen wie Standkundgebungen und Demonstrationen, aber auch durch die Eigendarstellung und -werbung in den Medien, versuchten diese Gruppen Einfluss auf die Öffentlichkeit zu nehmen. Als Beispiel für gelungene Medienarbeit ist der Besuch eines international bekannten Tierrechtsaktivisten auf dem Wiener Opernball zu nennen. Die Öffentlichkeitsarbeit der einschlägigen Gruppen spricht jedenfalls für eine relativ geschlossene und straffe Organisationsstruktur. Diese Arbeit wird überwiegend von einer kleinen Anzahl von Personen wahrgenommen, die ohne Einschränkung für die einzelnen Organisationen sprechen kann. Der Informationsaustausch unter den Aktivisten der militanten Tierschutzszene erfolgt primär über das Internet sowie in den Vereinslokalen bzw. den einschlägigen Treffpunkten, in erster Linie veganen Lokalen. Die Kommunikation beinhaltet konspirative Elemente, die insbesondere bei jenen Gruppen zum Tragen kommen, die bewusst strukturlos agieren. In den Direct Action Groups, die bekannteste ist die Animal Liberation Front (ALF), kommt es zu keinem Informationsaustausch außerhalb der Zellenstrukturen. Erst nach der Durchführung einer Aktion wenden sich diese Kleinstgruppen durch das Anbringen von Parolen oder mit Internet- Bekennungen an die Öffentlichkeit.

Die Rekrutierung neuer Mitglieder und Aktivisten wurde auch im Jahr 2003 mit ungebrochenem Eifer betrieben. Anwerbungen werden hauptsächlich durch entsprechend aufbereitete Internetseiten der Gruppen oder durch direkte Ansprachen im Zuge von Protestaktionen durchgeführt. Der Zuwachs an neuen Mitgliedern im Jahr 2003 kann nicht quantifiziert werden. Es konnte jedoch festgestellt werden, dass sich vor allem Jugendliche zwischen 15 und 20 Jahren verstärkt bei Demonstrationen engagierten und teilweise durch aggressives Verhalten auf sich aufmerksam machten.

In den letzten Jahren gab es immer wieder Hinweise auf Zusammenarbeitsversuche zwischen österreichischen Linksgruppen und Tierrechtsaktivisten. Gemeinsame Aktivitäten sind bislang allerdings nicht evident. Die im Jahr 2003 innerhalb der Linken feststellbare Entwicklung lässt eine Annäherung oder Kooperation der beiden Szenen als wenig wahrscheinlich erscheinen.

Seitens linksextremer Kreise wird die von Tierschutzaktivisten praktizierte Verwendung von politisch eindeutig besetzten Begriffen, wie z.B. dem des Holocaust, im Zusammenhang mit Tierrechten heftig kritisiert und entschieden zurückgewiesen. Die Vertreter des Veganismus, der radikalsten Form des Tierschutzes, sehen in derartigen Vergleichen und Analogieschlüssen jedoch eine berechtigte Umschreibung der aus ihrer Sicht kritik- und verabscheuungswürdigen Zustände in der Massentierhaltung.

2. AKTIVITÄTEN
Im Jahr 2003 kam zu einem Anstieg von strafbaren Handlungen der militanten Tierschutzszene, der auch ein breiteres Spektrum an Aktivitätsarten mit sich brachte. Die in den vergangenen Jahren festgestellte Konzentration von Tathandlungen auf Ostösterreich, und hier vor allem auf Wien und Niederösterreich, war auch im Jahr 2003 evident. Von den 37 erfassten Tathandlungen im Jahr 2003 (2002: 18) entfielen 21 auf Niederösterreich und sieben auf Wien. Die Gesamtschadenssumme belief sich auf rund 70.000,- und blieb somit unter der Schadensbilanz des Jahres 2002. Wie schon in früheren Jahren kam es zu Beschädigungen von Schaufensterscheiben, dem Versprühen von Buttersäure und zur Verklebung von Türschlössern einschlägiger Betriebe wie Kürschnereien und Textilhändlern, aber auch an Niederlassungen von Firmen, die verdächtigt werden mit Tierversuchsanstalten zusammenzuarbeiten. Weiters kam es zu Brandstiftungen an Mastbetrieben, Jagdhochständen und Zirkuseinrichtungen sowie zum Diebstahl ("Befreiung") von Masttieren.

Neu hingegen war der Einsatz von E-Mail-Attacken, mit denen verfälschte Untersuchungsberichte ins Internet gestellt, Abonnements oder Reisen unter falschen Namen bestellt, aber auch Morddrohungen ausgesprochen wurden. Mediales Interesse rief auch die Störung einer Nutzfohlenversteigerung und des traditionellen "Metzgersprungs" in Salzburg hervor. Höhepunkt der Berichterstattung über die militante Tierrechtsszene war die Besetzung des Institutes für Krebsforschung in Wien, die eine neue Qualität der Aktivitäten mit sich brachte, da zum ersten Mal Körperverletzungen bei einer Tierrechtsaktivität verübt wurden. Im Bereich der "Home Demos" kam es 2003 zu einer Veränderung des bisher praktizierten Modus Operandi. Durch die Sensibilisierung der zuständigen Sicherheitsbehörden waren die Protestierer gezwungen, auf illegale Aktionen auszuweichen. So kam es vermehrt zu kurzfristigen und lautstarken Protesten, vorwiegend in den Nachtstunden, im Nahbereich der Wohnungen von Zielpersonen. Bei den so genannten "Going In"-Aktionen in Filialen von Kaufhausketten kam es ebenfalls zu überraschenden und lautstarken Protesten, die jeweils nach wenigen Minuten beendet wurden.

Statistisch betrachtet stellen sich die Aktivitäten der militanten Tierrechtsszene wie folgt dar:

Im Vergleich der Bundesländer liegt Niederösterreich mit 21 Tathandlungen deutlich vor Wien mit sieben, Tirol mit sechs sowie Kärnten, Oberösterreich und Salzburg mit je einer der militanten Tierschutzszene zuordenbarer Tathandlung.

Geordnet nach der Deliktsart dominieren eindeutig Sachbeschädigungen mit insgesamt 25 Anzeigen, gefolgt von Diebstahl oder dauernder Sachentziehung im Zuge von Tierbefreiungen mit sechs Anzeigen. Brandstiftung wurde den Behörden dreimal angezeigt, je zwei Anzeigen erfolgten wegen gefährlicher Drohung und wegen Hausfriedensbruch. Körperverletzung, schwere Nötigung und schwere Erpressung wurden jeweils einmal zur Anzeige gebracht. Die Hauptangriffsziele von Tierrechtsgruppen waren Mastbetriebe, Textilhandelsketten, das Pelz verarbeitende Gewerbe und Personen bzw. Institutionen der Pharmaindustrie und der Forschung, die mit Versuchen an lebenden Tieren in Zusammenhang gebracht werden.

Auf internationaler Ebene kam es zu einer Verstärkung der Zusammenarbeit mit ausländischen Aktivisten. Ende des Jahres 2003 wurden drei österreichische Mitglieder des Vereines gegen Tierfabriken (VgT) in Finnland wegen Landfriedensbruches angezeigt, nachdem sie gemeinsam mit finnischen Tierrechtlern in Pelztierfarmen eingedrungen waren. Als weiteres Indiz für die zunehmende Internationalisierung ist die vermehrte Einladung von ausländischen Aktivisten als Vortragende bei einschlägigen Veranstaltungen in Österreich zu werten.

3. PROGNOSE
Es ist zu erwarten, dass das Thema Tierrechte auch im Jahr 2004 breite Unterstützung in der öffentlichen Meinung genießen wird. Die in den letzten Jahren festgestellte zunehmende Qualifizierung der Art der strafbaren Handlungen - sowohl bei der Schadenshöhe als auch der Art der geschädigten Rechtsgüter - wird sich auch 2004 weiter fortsetzen. Weiters ist davon auszugehen, dass die Rekrutierung neuer Aktivisten weiterhin vorrangiges Ziel der einschlägigen Gruppen bleiben wird. Das Spektrum der potenziellen Angriffsziele wird keine Einschränkung erfahren, es ist eher noch mit einer Ausweitung zu rechnen.