Wer die Wahl hat,
    wählt die Qual ... !

Quelle: PROJEKTIL - anarchistisches Magazin aus Münster, Ausgabe 11/12 (Oktober 1990)
Schwerpunkt: Nie wieder deutsches Reich!

Die Entlarvung von Wahlen als Mechanismus der Legitimation von Unterdrückung der Minderheiten durch die Mehrheit war schon immer wichtiger Teilbereich anarchistischer Politik. Und in Deutschland soll nun wieder gewählt werden ...

Nur die dümmsten Kälber wählen ihre Schlächter selber, klar mit dieser Arroganz können wir uns anarchistischerweise dem Wahlvolk entgegenstellen. Doch eine ernste Auseinandersetzung zu Parlamentarismus und Wahlen ist gerade zu diesem Termin im Dezember dringender als je zuvor. Diese Wahlen sollen eine grossdeutsche BRD festzimmern, das historische Deutschsein wird in demokratischer Verfahrensweise ins rechte Licht gerückt werden. Geschichte wird vergessen gewählt werden - Deutschland den Deutschen und Europa applaudiert den neuen Herren, zu Markt Freiheit und Demokratie gratulierend ...

Es wird keine Wahl wie alle die vergangenen. In diesem Zusammenhang ist die folgende Diskussion aus Göttinger Antifa-Zusammenhängen zu sehen. Wir wünschen uns, dass sie intensiv weitergeführt wird - also macht euch Gedanken und setzt sie auch um - es sind nur noch drei Monate und zu verhindern wird realistischerweise auch nicht viel sein. Doch das Salz in der Suppe der Demokraten sollte diesmal wenigstens rausschmecken!

PROJEKTil

Vorwort

Die Geschichte überrollt uns mal wieder. Im Gallopschritt wird "wiedervereinigt". Die Menschen, die sich schon seit Jahren, seit Kurzem oder überhaupt im autonomen Widerstand befinden, haben noch keinen Weg gefunden eine eigene Position in Bezug auf die Annexion der DDR zu finden bzw. medienwirksam zu verkaufen (genauso wie jahrzehntelang eine deutlich artikulierte Position zur DDR und zum gesamten europäischen Osten gefehlt hat; die Red.).

  Der Versuch aus autonomen Zusammenhängen in Norddeutschland (initiiert aus Göttingen) unter der Parole "Nie wieder Deutschland" schon vor den Massendemos der verbal-"Radikalen Linken" eine Kampagne, Aktionen sowie eindeutige Positionen zu definieren, sind nach mehreren krankhaften Versuchen deutlich gescheitert. In diesem Jahr zerfiel auch nach jahrelangem Kränkeln bzw. Konflikt endgültig das "Norddeutsche"(Antifa-Treffen).

  Das alles war und ist Ausdruck einer veränderten Situation in autonomen Zusammenhängen, auf die mit einer Art Atemlähmung reagiert wird.
  Trotz der fehlenden autonomen Positionen zum Komplex "Nie wieder Deutschland" ist in Göttingen ein Papier entstanden, das die heilige Kuh der Wahl und den Legitimationsmechanismus des Parlamentarismus versucht auf den Punkt zu bringen. Dies aus der Überlegung dass die anstehende "Wiedervereinigungswahl" die geschichtliche Rechtfertigung bieten wird, um den Sieg des westlichen Systems im Zentrum Europas ideologisch festzuklopfen.

Parlamentarismus und Wahlen - autonome Politik dagegen

Zuerst eine Darstellung westlicher Gesellschaftszustände - mit dem Anspruch eindeutig Position zu beziehen ohne dem Wahn zu verfallen, durch eingebildete Objektivität glaubwürdiger zu erscheinen. Das aber nur am Rande.

  Die als beispielhaft angesehene BRD mit freiheitlichem Image verbirgt hinter ihrer fortschrittlich-sozialen Maske unterdrückende, autoritäre Züge: Dabei ein schlüssiges und klares Bild von den bestehenden subtilen Herrschaftsstrukturen zu geben und zu bewerten wird schwierig, will mensch sich nicht mit der schwammigen Formel "Die Herrschenden" abfinden.

  Die politischen Verhältnisse der BRD (bzw. Grossdeutschlands) lassen deutlich einen Scheinpluralismus erkennen (wie zur Zeit der Großen Koalition '66-69 aus CDU/CSU und SPD und deren Einführen der Notstandsverfassung '68), der darauf beruht, dass sich politische Auseinandersetzungen auf gesellschaftliche Oberflächenerscheinungen (z.B. Tarifpolitik) beschränken. In wesentlichen Bereichen der Stabilisierung sowohl innerhalb des Staates als auch im europäischen und letztlich weltweiten Maßstab sind sich die Interessengruppen einig.

So wurde das Aufkommen der Grünen, aus der alternativen Protestbewegung mündend, von den beiden Volksparteien CDU/CSU und SPD benutzt, um sich und auch dem Staat ein ökologisches Image zu verschaffen (Öko-Kapitalismus).
  Der politische Widerstand, seit Mitte der 60er Jahre, wurde dazu benutzt, um eine Ausweitung und schließlich Perfektionierung des Polizei- und Überwachungsapparates ideologisch zu rechtfertigen.
  Parallel dazu werden rechtsextreme / faschistische Parteien benutzt, um a) Inhalte, die genehm sind, aufzugreifen und b) gleichzeitig sich von ihnen abzugrenzen, d.h. sich "links" oder in der "pol. Mitte" einzuordnen.

  In diesem Licht erscheint auch die Parteikrise und Profilneurose der Polizeipartei "Republikaner" seit Anfang der 90'er klar. Die bürgerlichen Volksparteien haben deren Inhalte zur Deutschlandpolitik quasi übernommen und die Reps damit ausgebootet.
  Die Verwertungsmechanismen scheinen absolut alles aufgreifen zu können.
  Der emanzipatorische Anspruch überzeugter Demokraten im Sinne der "freien" Willensbildung der Massenmanschen offenbart sich als Lüge. Durch die Folgen des Scheinpluralismus und mit Hilfe der staatsloyalen und meinungsstanzenden Medienmaschinerie wird Willensbildung zu einer Art Manövrierung der Massen.

  In der kapitalistischen Erfüllungs-(Überfluss)Gesellschaft, die ihre Grundlage in der menschenverachtenden und umfassenden Auspressung der Länder des Trikont hat, ist nicht mehr der / die Klassen bekämpfende ArbeiterIn zu finden - sie sind vom Wohlstand betäubt worden und ertragen monotone Produktions- und Reproduktionsarbeit (soweit es ArbeiterInnen hier noch gibt). Stattdessen existiert ein ausgeweitetes Staats- und Beamtentum das den durch die enorme Komplexität und den perversen Reichtum der Gesellschaft gewachsenen Rollenbedarf im oberen Machtbereich stillt.

  Die kapitalistischen Industrie- und Medienkonzerne, die nur begrenzt Machtrollen für Privilegierte bieten, finden also in Parlamentarismus und Bürokratie nicht nur ihre zuverlässigen politischen Vertreter, sondern auch Instrumente, um den gewachsenen Rollenbedarf im oberen Machtbereich abzudecken.

Dabei ist nicht zu verkennen, dass es sich bei "Machthabern" nur um Funktionsträger handelt. Der imperialistisch-kapitalistische Westen (früher oder später wohl weitgehend die nördliche Hemisphäre) ist mittels des von ihm ausgegangenen Weltwirtschaftsystems zum Selbstträger geworden.

  "Machthaber" handeln dabei quasi immer nur nach "Sachzwängen"; ihre technokratische Macht hat hauptsächlich eine funktionale Legitimität - sie gehört nicht dem Subjekt, sondern der Funktion.
  Deshalb ist das System - der Staat, die Regierung und die dahinterstehende Kapitalorganisation - nur schwer angreifbar.

  Gelegentlich macht es Sinn, Machtinhaber auszuschalten, im Falle einer personengebundenen Anhäufung von Machtpositionen. Dabei ist die politische Bedeutung, ebenso bei Aktionen gegen Industrieanlagen, Strommasten, Sexshops, Kaufhäuser und militärische Einrichtungen von Fall zu Fall zu bewerten.

  Einen weiteren Angriffspunkt bieten Wahlen, auf denen der Parlamentarismus als eine Form kapitalistischer Herrschaftsausübung beruht. Die Wahl als "Willensäußerung der Bevölkerung" wird als heilige Kuh gehandelt (entsprechend hoch ist ihr ideologischer Marktwert).

Von uns werden Wahlen abgelehnt - als Einrichtung zur Legitimation von Machtverhältnissen, die den Interessen und Bedürfnissen Weniger dienen, d.h. primär den kapitalistischen Machthabern und deren politischen Vertretern und sekundär dem Interesse der Bevölkerung der kapitalistischen Industriestaaten. Wahlen können daran nichts Wesentliches ändern.

  Dazu kommt die Ablehnung des Mehrheitsprinzips auf gesamtgesellschaftlicher Basis, da eine Einschränkung eigener Freiheiten und Bedürfnisse für unüberblickbare Projekte der Gesellschaft nicht akzeptabel ist.
  Trotz vieler hier noch ungeklärter Fragen drängt sieh ein Problem als wichtigstes auf, wie nämlich gegen Wahlen vorzugehen ist und gleichzeitig autonome Inhalte zu vermitteln sind.

Wer die Wahl hat, wählt die Qual

Welche praktischen Konsequenzen hat unsere ablehnende Haltung zum Parlamentarismus? Außer der mehr oder weniger kontinuierlichen politischen Arbeit blieb die Position zu Wahlen, die ja den Parlamentarismus ideologisch legitimieren, relativ ungeklärt.
  Aus der ablehnenden Haltung folgte meist ein "diffuses" Handeln in Form von Nicht-Wählen.
  Um dieses "diffuse" Verhalten etwas aufzuklären, einige Überlegungen zu Boykott und Sabotage als Umgang mit Wahlen:

Was sind Wahlen?

Wahlen sind weder ein Repressionsinstrument der Herrschenden noch dienen sie ihnen zur Ausbeutung. Sondern: Sie dienen zur Verschleierung von Repression und Ausbeutung. Sie sind das - spätestens seit Flick - verschlissene demokratische Deckmäntelchen.
  Sie gehören zum Erscheinungsbild einer Erscheinungsform des Kapitalverhältnisses. Wenn gegen Wahlen vorgegangen wird, kommt es also darauf an, den hinter dem Bild liegenden Kern zu demaskieren.

  Wahlen sind ein Gespenst, ein Popanz. Angriffe auf die Wahlen haben deshalb in der Regel "nur" symbolischen Charakter. Gerade weil militante Aktionen gegen die Wahlen keinen "Selbstzweck" haben (ein kaputter Logistik-Computer z.B. ist immer ein guter Logistik-Computer, egal was irgendwelche BILD-JournalistInnen darüber schreiben), ist es nötig, ihre Art und ihren Sinn sehr genau zu diskutieren. Noch immer glauben viele Leute, durch Wahlen etwas Grundsätzliches ändern zu können. Auch viele Linksradikale setzen Hoffnungen in rot-grüne Regierungen. Unsere Öffentlichkeitsarbeit sollte hier Bewusstseinsprozesse initiieren können.

Ein taktisches Verhältnis zu Wahlen

Es gibt eine Überlegung, obwohl wir Wahlen für eine Volksverarschung halten, doch wählen zu gehen:
  Seit rechte Parteien einen Stimmanteil teil von mehr als 0.5% erhalten, ziehen sie massiv Kohle aus der Wahlkampfkostenrückerstattung.
  Für jedeN WahlberechtigteN werden nämlich 5 DM erstattet, und zwar an die Parteien entsprechend ihren gültigen Stimmanteilen. D.h. da die Wahlbeteiligung unter 100% liegt und ja auch nicht alle abgegebenen Stimmen gültig sind (aktiver Wahlboykott!), erhalten die Parteien pro Wählerstimme tatsächlich mehr als 5 DM.
  Ein Boykottaufruf, dem zum größeren Teil wohl Linke folgen würden, bedeutet also indirekt mehr Geld für die Rechten.

  An die bestehenden Kräfteverhältnisse (die gesamte Linke ist am schrumpfen, die Rechten ziehen mittlerweile sogar Geld aus ihrem Wahlkampf) schließt sich nun die taktische Überlegung, kleine linke Splitterparteien zu wählen. Auch wenn mensch nicht zu 100% hinter dem Wahlprogramm steht, so flösse das Geld zumindest Linken zu. Da diese an der Wahlkampfkostensrückerstattung jedoch erst beteiligt werden, wenn sie mehr als 0.5% der Stimmen erhalten, kämen bei den jetzigen Verhältnissen nur die Grünen in Frage, deren Wahl für viele mittlerweile undenkbar geworden ist.
  Zur Grossdeutschlandwahl müsste das linke Parteienspektrum also erst genau untersucht werden (gegen die Widerliche Vereinigung und gleichzeitig mehr als 0.5% zu erwartender Stimmanteil), um diese Möglichkeit propagieren zu können. Im Akt des "Wählens" drückt sich natürlich ein rein taktisches Verhältnis zum Staat aus, indem wir etwas tun, was wir eigentlich ablehnen, um den Rechten nicht mehr Geld als unabwendbar zukommen zu lassen.

Handlungsmöglichkeiten

Einfach nicht hingehen: "passiver" Boykott.
  Wenn Leute nicht wählen, weil sie etwas besseres zu tun haben, sich selbst organisieren, freuen wir uns natürlich. Wir werden in unseren Publikationen aber nicht dazu aufrufen und sehen den passiven Boykott mehr als ein mögliches Nebenprodukt eines Politisierungsprozesses an.

  Das große Kreuz, der aktive Boykott, ist mit Sicherheit eine persönlich befriedigende Handlung. Die durchgestrichenen Stimmzettel werden allerdings zu den ungültigen Stimmen gezählt.

  Die Anzahl der ungültigen Stimmen hat sich übrigens von der letzten zu dieser Landtagswahl in Niedersachsen von ca. 20000 auf über 40000 erhöht und die Leute sind bestimmt nicht innerhalb von 4 Jahren deutlich blöder geworden ...

  Es ist klar, das nicht die Aktion selber etwas bewirkt (außer bei einem selbst), sondern die Propagierung der Aktion und ihre Begründung. "Hyperaktiver" Boykott: Bestellen von Briefwahlunterlagen, die Wahlplakatwände damit zu tapezieren und das Ganze durchzustreichen! Die Aussage ist eindeutig. Sie kann ansonsten noch durch entsprechende Flugblätter / Plakate befördert werden.

Gefahren eines Boykottaufrufs

Wenn der Boykott propagiert würde, dürfte das auf keinen Fall so geschehen, als sei er als Mittel brauchbar, die Wahl zu be- oder gar verhindern. Wenn so viele Menschen dazu bereit wären, dass es tatsächlich möglich wäre, die Wahl zu verhindern, wären die Kräfteverhältnisse so, dass die Revolution vor der Tür stünde (Jubel). Der Boykott kann nur als ein' symbolischer Akt der Ablehnung der verlogenen Einrichtung der Wahlen propagiert werden. Wenn die Menschen von der Wirksamkeit des Boykotts als Mittel gegen die Wahlen überzeugt wären, bestünde die Gefahr, dass das Boykottbewusstsein zum Bumerang wird. Es könnte derselbe Effekt eintreten, wie bei den Bewegungen gegen den Nato-Doppelbeschluss bzw. der Anti-AKW-Bewegung.

  Die Friedensbewegten waren so davon überzeugt, mit ihren Mitteln etwas bewirken zu können, dass sie sich oft von militanten Aktionen distanzierten. Dies führte dann häufig zur Spaltung.

  Selten, sehr selten ist aus einer / einem überzeugten Peacenik eine militante Person geworden. Immer nur dann, wenn diese Leute direkt mit der Staatsexekutive, den Bullen, konfrontiert wurden; über die Aktion, die Praxis, Demos.
  Auf die Boykott / Sabotage-Diskussion übertragen, könnte es also passieren, dass die Leute einen Boykott ("erster Schritt") gutheißen, sich aber gegen die Sabotage richten. Deshalb steht der Boykott nicht zwangsläufig in einer Radikalisierungslinie mit Sabotage.
  Es könnte ein Schritt in das Dogma der hysterischen Gewaltfreiheit sein, das die Herrschenden predigen, damit sie sogenannte illegale Widerstandsgedanken und Aktionen besser zerschlagen können. Gewaltfreiheit als ethisches Ziel verkauft wird zur Religion.

  Wie oben schon geschrieben, scheint uns gerade der passive Boykott mehr ein Nebenprodukt einer Politisierung zu sein. Unser Aufruf lautet also nicht: Jagt Kohl 'nen Schrecken ein, lasst das Wählen sein, sondern: Denkt mal drüber nach, was wollt ihr von denen da oben noch? Stellt euch doch auf die eigenen Beine!

Militante Aktionen

Da, wie schon in der Einleitung erwähnt, Wahlen weder zu den Produktionsmitteln oder Transporteinrichtungen noch zum juristisch/polizeilichen Unterdrückungsapparat gehören, können sie im gängigen Sinne auch nicht sabotiert werden.
  Es gibt seit einigen Jahren diese kleinen Tuben mit Sekundenkleber, die des öfteren schon dazu benutzt wurden, um Sicherheitsschlösser vor dein Öffnen zu sichern. Erfahrungen beispielsweise in Göttingen haben allerdings gezeigt, dass solche Aktionen von den Bullen totgeschwiegen werden.

  Eine andere Aktion war das Entwenden von Wahlurnen (Mörfelden-Walldorf vor einigen Jahren). Damit kann zumindest ein Riesen-Presserummel erzeugt werden.
  Beide Aktionen hatten den Nachteil, dass sie sich nicht selbst vermitteln. Mensch ist darauf angewiesen, dass die Bullen die Meldungen herausrücken, die Presse die Erklärungen verbreitet. Der Aufwand, der z.B. für Urnenklau betrieben werden muss, steht in einem schlechten Verhältnis dazu, dass die Aktion nur symbolischen Wert hat.

  Auch Wahlplakatwände wurde schon häufiger als Angriffs- und Agitationsflächen benutzt (es hat sich allerdings gezeigt, dass Mollies nicht geeignet sind, da die Flüssigkeit zu schnell abläuft. Kohleofenanzünder und Pattex sollen besser sein). Ähnlich ist es mit dem Be- und Verhindern von öffentlichen Wahlkampfveranstaltungen.
  Diese Aktionen wirken gerade dadurch, dass wir Inhalte (durch Flugblätter, Plakate etc.) direkt gegen die Lügenpropaganda und die feisten Charaktermasken setzen können. Außerdem besteht die Möglichkeit, Gruppen außerhalb des autonomen Spektrums anzusprechen (Umwelt-, Friedensgruppen, Bürgerinis, Gewerkschaften, Schülerinnen usw.)

Die Wahl der Superlative - gesamtdeutsch

Die seitenlangen Gedanken bezogen sich auf Wahlen im Allgemeinen.
  Hier der Versuch einer Einschätzung, warum gerade jetzt eine Diskussion über Wahlen, Boykott und militante Aktionen sinnig ist:

  Bei der anstehenden Wiedervereinigungswahl werden sowohl die Menschen in der DDR als auch in der BRD zum überwiegenden Teil jubelnd ihre eigenen Henker wählen. Wenn die Wiedervereinigung das wichtigste Thema dieser Wahl ist (es wird nicht das einzige sein, aber schon das entscheidende), dann haben die Menschen, die gegen die Wiedervereinigung sind, nur eine Wahl:

Verdammt zum Boykott

Alle Parteien sprechen sich für die Wiedervereinigung aus. Aufgrund dieser Situation müssten auch die letzten "kritischen" Wahlgläubigen begreifen, dass der Parlamentarismus und dessen Legitimation, die Wahlen, eine Farce sind.
  So müsste gerade bei dieser Wahl die Kritikfähigkeit der WählerInnen gegen das sog. demokratische System zunehmen.

  Keine Möglichkeit zu haben, eine Partei zu wählen, die in dieser Frage Position in ihrem Sinne bezieht, verdammt die Leute zum Boykott und erhöht somit die Akzeptanz für Angriffe auf die Wahlen.

Auf ein Letztes

Nach dem Lesen dieser Gedanken wird uns die Geschichte weiter bearbeiten. Eine Kampagne mit eigenen Positionen nach außen zu vertreten bis zur gesamtdeutschen Wahl am 2. Dezember dürfte im Positionsstreit mit der "Radikalen Linken" unter dem Motto "Nie wieder Deutschland" ergötzen.

  Dennoch bedeutet dies nicht sich wort- und tatenlos den Geschehnissen unterzuordnen oder sich den Massendemos der RL einfach nur anzuschließen.
  Das Hauptaugenmerk wird auf der gesamtdeutschen Wahl liegen. In dieser Nacht werden die Menschen im ähnlichen Taumel wie beim Weltmeisterschaftsgewinn, mit schwarz-rot-goldenem Outfit (oder gar Reichkriegsflaggenoutfit) gröhlend und grunzend durch Grossdeutschlands Straßen ziehen. Sie feiern die einige Nation in der Tradition teutscher brutalomacho Besäufnisse im staatlich legitimierten Wahns des "wir sind wieder wer". Das, was am Weltmeisterschaftsabend an Nationalismus in die Nacht gesabbert wurde, wird sich in noch gesteigerter Form am Wahlabend wiederholen.
  Trotz alledem - die Nacht ist lang ...

  Lasst uns nicht hinter abgeschlossenen Türen in WG's oder autonomen Zentren zaghaft die Gardinen zur Seite schieben und die Scheußlichkeiten dieser Welt über uns ergehen lassen.

Lasst uns zumindest Sand im Getriebe, Salz in der Suppe oder Splitter in der Haut sein. An der richtigen Stelle und vor allem zum richtigen Zeitpunkt, das haben wir schon des öfteren bewiesen, können wir auch zustechen.

  Laßt die Wahl nicht zur Qual werden.
  Sie haben die Macht, uns gehört die Nacht.
  Unser Hass setzt nicht nur unsere Herzen in Flammen.

FÜR EINE HEISSE NACHT
mit Aufruhr zum Licht.