1920: Eine Fahrradtour

Am 30 März 2013 sind ein halbes dutzend Menschen aus NRW (und darüber hinaus!) der Einladung zu einer Radtour auf den Spuren der Märzrevolution von 1920 gefolgt.

Ab kurz vor 10 Uhr trafen die Leute ein. Die am Treffpunkt vorhandene Polizei kümmert sich jedoch nicht um die kleine Schar der „Radrevolutionäre“, sondern um eine Demonstration gegen die Sommerzeit – Sachen gibts….
Neben Teilnehmern aus Düsseldorf und Köln war einer sogar aus Bielefeld angereist (fester Wohnsitz Hannover). Der Rest kam aus dem Ruhrgebiet selbst.

Pünktlich um 10:15 Uhr starteten wir. Zuerst ging es durch die Innenstadt, über die Ruhr hinweg und dann am Rhein entlang bis nach Walsum. Bei einer ersten Rast am Rhein, wurden die Teihlnehmer (es waren tatsächlich nur Männer unterwegs) über die sozialen, historischen, politischen und kulturellen Hintergründe der Jahre 1917-1920 in Kentnis gesetzt. Bei dieser Gelegenheit wurde der Vortrag von Rudolf Mühland, der die ganze Tour zusammen mit einem Kollegen der FAU-Duisburg organisiert hatte, durch weitere sachdienliche Hinweise durch einen Teilnehmer ergänzt.
In Walsum besuchten wir auf dem Friedhof das erste Denkmal, das den Märzgefallenen gewidmet ist. Dieses Denkmal steht nicht nur seit einigen Jahren unter denkmalschutz, sondern wird auch regelmäßig im März von diversen Gruppen aufgesucht. Je nach Gruppe wird den „Verteidigern der Republik“, den „Unsterblichen Opfern“ oder einfach den Arbeiter*innen, die im März 1920 ganz spontan von einem Generalstreik in eine Revolution rüber glitten gedacht.
An diesem Mahnmal drehte sich der Vortrag hauptsächlich um die militärischen Aspekte der Revolution. Diese sind, wenn man sich nicht gerade in besonderem Maße dafür interessiert erstens schnell erzählt und zweitens realtiv langweilig. Das, unter „revolutionären“ Gesichtspunkten wohl interessanteste war wohl, das sowohl die Arbeiterwehren als auch die Rote Armee im Generalstreik spontan entstanden sind und bewußt anti-militaristisch waren. Die Rote Armee glich eher den anarchistischen und anarcho-syndikalistischen Milizen des Sommers 1936 in Spanien als einer Armee. Es gab gewählte und jedertzeit wieder abwählbare „Offiziere“, gleich Löhnung für und weitere Elemente die für Milizen typisch sind.

Neben dem Freidhof befindet sich ein Kaffee, das normalerweise nur von Rentner*innen nach dem Freidhofsbesuch frequentiert wird. Auch wir nahmen die Gelegenhgeit war um uns bei einer heißen Tasse Kaffee oder Schokolade ein wenig auf zu wärmen. Denn obwohl es an diesem Tag ganz ohne Schnee oder Regen blieb, so waren die Temperaturen mit ca.: 7° Grad doch recht niedrig.

Danach ging es weiter nach Dinslaken. Auf dem dortigen Friedhof befindet sich ein Denkmal an einem Massengrab.
An dieser Stelle wurde einiges zur Rolle der Frauen in der Revolution erzählt und auch zu den Frauenbildern die bei Teilen der Roten Armee oder der „Weißen“ (Freikorps, Reichswehr, konservative Presse) an zu treffen war. Eine weitere Frage die Thema an deiser Stelle war, war die, ob die Revolution von langer Hand vorbereitet war oder nicht. Ersteres ist die These vieler konservativer Akteure gewesen, welche die KPD als die treibende Kraft ansahen. Natürlich hat die KPD dieser Sicht später nie wiedersprochen.
Wir wissen jedoch ganz eindeutig, das sich die revolutionären Ereignisse vom 13.03.-09.04.1920 föllig spontan und dezentral entwickelten, und gerade das machen sie so wertvoll und spannend.

Durch die Dinslakener Innenstadt ging es über die Siedlung Lohberg weiter nach Bruckhausen. In Lohberg machten wir nur einen kurzen Stop. Direkt gegenüber der Zeche, die heute eines der zahlreichen „Krativzentren“ im Ruhrgebiet ist, steht bis heute das Arbeiterviertel. Eine Städtische Tafel erzählt in kurzen Sätzen die Geschichte dieser Siedlung. Die Revolution von 1920 kommt mit einem (!) Satz vor, und besagt, das im März 1920 Regierungstruppenn im Kasiono der Zeche untergebracht wurden.

In Bruckhausen, liegt versteckt im Wald, ein weiteres Massengrab. Die Bauern der Umgebung legten dies an und vescharrten dort gut 30 Arbeiter. Später wurde dort ein kleines Stück des Waldes eingehekt und ein steinener Baumstupf mit abgeschnitten Ästen symbolisiert das abrubte Ende der Revolution und der Hoffnung auf einen humanistischen „Frühling“.
An dieser Stelle ging es dann vor allem um die Veränderungen, welche die Arbeiterschaft des Ruhrgebietes und des bergischen Landes (z.B. Wuppertal) versucht haben durch zu setzten. In diesem kurzen „Frühling der Revolution“ nahmen sie sich fragen der Arbeitslosigkeit, der Wohnungsnot, der Übernahme der Produktionsmittel, der Justiz und Verwaltung und vieler anderer Fragen an.

Die letztens Stationen fanden sich dann in Krudenburg, einem Dorf direkt nördlich der Lippe.
Zum einen findet sich dort ein Massengrab, das bis heute nicht durch ein Denkmal oder auch nur eine Plakette sichtbar gemacht wurde. Zum andern befindet sich am Dorfrand, am ehemaligen jüdischen Friedhof ein Grabmal. Im Grab befinden sich sieben Arbeiter, davon mindestens einer aus Barmen (Wuppertal).
Hier erfuhren wir viel über den weißen Terror, der mehr Tote Arbeiter*innen brachte, als die ganze Revolution an Opfern auf allen Seiten zuvor zusammen.

Die letzten zehn Kilometer nach Wesel zogen sich dann für einige Teilnehmer dieser Expidition sehr, da sie untrainierte Radfahrer sind. Die Insgesamt etwas mehr als 50 Kilometer wurden in gut sieben Stunden, incl. der Pausen in den Cafés und der Stops an den Gedenkorten zurück gelegt.