Bündnis Stop G7 Elmau zieht positives Fazit über Proteste

PM 08.06.15 +++ Bündnis Stop G7 Elmau zieht positives Fazit über Proteste +++

Nach sechs Tagen voller Protest zieht das Bündnis Stop G7 Elmau ein insgesamt positives Fazit aus den vergangenen Tagen. Benjamin Ruß, Pressesprecher des Bündnisses erinnert sich: “Die Voraussetzungen waren nicht immer einfach. Der entlegene Gipfelort beeinflusste die Mobilisierung, die sich lange hinziehenden juristischen Auseinandersetzungen um Protestcamp und Sternmarsch erschwerten unsere Vorbereitungen. Aber dennoch kamen tausende Menschen nach Garmisch-Partenkirchen und blieben teilweise tagelang auf den Camps und auf den Straßen.”

Cornelia Teller ergänzt: “Im Vorfeld wurde ein sehr negatives Bild von den Protesten und insbesondere dem Camp verbreitet. Aber glücklicherweise machten sich viele JournalistInnen und insbesondere auch BewohnerInnen Garmisch-Partenkirchens ein eigenes Bild. Die überwältigende Hilfsbereitschaft, freundlichen Besuche und interessanten Gespräche der AnwohnerInnen werden uns noch lange in Erinnerung bleiben.”
So unterschiedlich wie die einzelnen Akteure in dem Bündnis Stop G7 Elmau, so vielfältig waren die Proteste gegen den Gipfel. Auf dem Internationalen Gipfel der Alternativen, aber auch bei den zahlreichen Kundgebungen und Reden fand ein reger Austausch mit internationalen Gästen wie Jayati Ghosh, Jean Ziegler und dem italienischen Partisanen Adelmo Cervi statt. Ein buntes Kulturprogramm mit Musikbands und einem Aktionstheater, sowie viele kleinere künstlerische Aktionen bereicherten die Proteste. An der Stop-G7-Demonstration beteiligten sich 7.500 Menschen, auch der Sternmarsch und der antimilitaristische Aktionstag waren kraftvolle, große Protestaktionen. Am Sonntag blockierten immer wieder AktivistInnen die B2, die wichtigste Zufahrtsstraße zum Gipfelort Schloss Elmau.

Simon Ernst erklärt: “Wir haben angekündigt, dass der Gipfel nicht störungsfrei ablaufen wird und dass wir blockieren werden. Und wir haben angekündigt, dass von uns dabei keine Eskalation ausgehen wird. Beides haben wir eingehalten. Die AktivistInnen agierten entschlossen, aber auch besonnen. In der einzigen Situation, in der es zu Zusammenstößen kam, ging die Eskalation von der Polizei aus.”

Der G7-Gipfel war das Treffen der RepräsentantInnen der reichsten und mächtigsten Staaten der Welt. Ohne jegliche Legitimation sollte hier über die Geschicke der gesamten Welt entschieden werden. Dabei bedeutet die Politik der G7-Staaten neoliberale Wirtschaftspolitik, Krieg und Militarisierung, Ausbeutung, Armut und Hunger, Umweltzerstörung und Abschottung gegenüber Flüchtenden.

Benjamin Ruß bilanziert: “2007 in Heiligendamm zeigte sich, dass Gipfeltreffen auf massenhaften Protest und Widerstand stoßen. 2015 gab es deutlich höhere Kosten, ein massives Polizeiaufgebotund ein repressives Vorgehen gegen die Proteste. Aber die Rechnung ging nicht auf. Die AktivistInnen sind trotz des starken Polizeiaufgebots gestärkt aus dem Protest hervorgegangen. Vom Demonstrationseinschränkungen und dem Polizeiaufgebot ließen wir uns nicht abschrecken. Die Demonstrationseinschränkungen und das Polizeiaufgebot standen nicht nur für die AktivistInnen in keinem Verhältnis zu den Protestaktionen. Gleichzeitig lehnen immer mehr Menschen die inhumane und mörderische Kriegs- und Flüchtlingspolitik der G7-Staaten ab. Die Legitimation der G7-Gipfel bröckelt. Ich bin mir sicher, es wird so einen Gipfel in der Form nicht mehr in der Bundesrepublik geben.”

Weitere Informationen zum Bündnis Stop G7 Elmau unter:

www.stop-g7-elmau.info

G7 Aktionskonsens

Aktionskonsens für die gemeinsamen Aktionen gegen den G7-Gipfel 2015 in Elmau
Quelle: http://www.stop-g7-elmau.info

Wir sind ein breites Bündnis aus vielen Teilen der Gesellschaft und haben unterschiedliche politische Einstellungen, uns eint jedoch, dass wir das Treffen der G7 als nicht legitim ansehen und einen gemeinsamen Protest und Aktionen gegen den Gipfel organisieren.

Um unserem Anliegen Nachdruck zu verleihen, werden wir verschiedene Mittel benutzen.

Dazu gehören Gegengipfel, Demonstrationen, Camps, Kundgebungen, öffentliche Veranstaltungen, Blockaden und vielfältige Interventionen.

Polizeikräfte werden dabei versuchen, uns von unseren Vorhaben abzubringen aber wir fokussieren uns nicht auf sie, denn unser Ziel ist der G7-Gipfel.

Wo möglich werden wir Polizeiketten durch- oder umfließen.
Zwar werden wir ein Zusammentreffen mit der Polizei nicht ausschließen können, aber von uns wird dabei keine Eskalation ausgehen.

Während der Aktion wollen wir eine Situation schaffen, die für alle Blockierenden transparent ist und in der die AktionsteilnehmerInnen solidarisch aufeinander achten und sich unterstützten.
Wir werden unser Recht auf Demonstrations- und Meinungsfreiheit aktiv wahrnehmen und möglichen Repressionen gemeinsam entgegentreten.
Durch Einschüchterungsversuche, mögliche Demonstrations- und Campverbote sowie juristische Verfolgungen lassen wir uns nicht abschrecken.

Wir sind solidarisch mit allen Kräften die sich mit ihren Aktionen gegen den Gipfel richten und lassen uns von niemandem in verschiedene Lager spalten.
Die Teilnahme von Rassist_innen, Faschist_innen, religiösen Fanatiker_innen oder
sonstigen reaktionären Kräften in diesem Rahmen werden wir nicht dulden.

Anarchistische Kampagne und Mobilisierung rund um den G7-Gipfel 2015

Am 7. und 8. Juni 2015 treffen sich im oberbayerischen Schloss Elmau die Staats- und Regierungschefs der sogenannten „G7-Staaten“. Die Föderation deutschsprachiger Anarchist*innen (FdA-IFA) und die Anarchistische Föderation Rhein / Ruhr (AFRR) organisieren gemeinsam mit Aktivist*innen aus Bayern und weiteren anarchistischen Gruppen eine Kampagne zu diesem Thema. Geplant sind eine Gaidao-Sonderausgabe mit Texten der beteiligten Gruppen, ein anarchistischer, Block auf der Großdemonstration am 6. Juni 2015 in Garmisch-Patenkirchen, Info- und Mobilisierungsveranstaltungen sowie ein eigener Bereich auf dem Protestcamp.


Aufruf: Smash Capitalism!

Am 7. und 8. Juni 2015 findet der G7-Gipfel im Schloss Elmau in Bayern statt. Die „Gruppe der Sieben“ setzt sich aus den industriestärksten Nationen der Erde zusammen: den Vereinigten Staaten von Amerika, Frankreich, Italien, Kanada, Großbritannien, Japan und Deutschland. Laut der Bundesregierung sollen die Schwerpunktthemen dieses Jahr Außen-, Sicherheits- und Entwicklungspolitik darstellen. Wir sind im Begriff, dieses Treffen mit einem massiven Protest zu stören.

Die G7…
Die Gruppe der Staats- und Regierungschef*innen entstand als „Erfindung“ des Weltwirtschaftsgipfels im Jahr 1975 als Reaktion auf den wirtschaftlichen Aufschwung europäischer Länder und Japans. Sie sollte eine festigende Allianz der wirtschaftlichen Spitzen der globalisierten Welt darstellen, in deren Atmosphäre über wichtige weltbetreffende Fragestellungen und Problematiken beraten werden konnte.
Die G7 ist keine gewählte Vertretung und somit rein rechtlich keine demokratisch legitime Organisation. Somit existiert keine formelle Grundlage, nur ein gemeinsames Treffen, bei welchem unter Ausschluss der Öffentlichkeit – ohne Sitzungsprotokolle – vertrauliche Abmachungen unter den Regierenden geschlossen werden.

Die G7 versteht sich als Weltvertretung, handelt jedoch selbst außerhalb ihres gegebenen Legitimationsrahmens. Das Gipfeltreffen ist ein Demonstration der kapitalistischen Macht, die sich die Staaten selbst gegeben haben und nach außen transportieren.

Der diesjährige Ausschluss Russlands aufgrund der völkerrechtswidrigen Annexion der Krim soll eine symbolische Absage an undemokratische Methoden sein, wie sie die G7 selbst jedoch weltweit einsetzen. Tatsächlich geht es auf beiden Seiten um wirtschaftliche, geopolitische Interessen und Machtausdehnung. Die Definition von Menschenrechten und Demokratie ist den einzelnen Staatsorganen überlassen. Sei es bei der Abschottung an den Grenzen Europas und Nordamerikas, der Repression und Ausbeutung der Bevölkerung oder der Umweltzerstörung zu Gunsten des ökonomischen Fortschritts.

… und deren Umgang mit Protesten
Durch Massenproteste der letzten Jahre und Jahrzehnte ist es immer wieder gelungen, die Illegitimität des Zusammentreffens und seine dadurch resultierenden Folgen aufzuzeigen und dieses teilweise zu blockieren. Wir wollen an diese Erfolge anknüpfen und durch gezielte Aktionen den Gipfel soweit wie möglich stören. Hierbei lassen wir unsere Aktionsformen nicht in “gutes” und “böses” Handeln spalten. Dies beinhaltet auch, einen Schwerpunkt auf die gegenseitige Solidarität zu setzen um einen wirkungsvollen Protest zu erreichen.

Die Gipfeltreffen stehen in der Tradition, Gegenstimmen keinen Raum zu geben und jegliche Störung des repressiven „Friedens“ zu unterbinden. So wurden den Demonstrierenden zu jedem bisherigen Protest, auch schon in der Vorbereitungszeit, massive Verfolgung und Grundrechtsversagung zuteil. 2001 gipfelten diese Protestniederschlagungen in der Erschießung des Demonstranten Carlo Giuliani und der gewaltvollen Räumung der Días–Schule in Genua durch die Polizei. Carlos Vater äußerte sich nach Carlos Tod: „Mein Sohn ist ermordet worden und das war nicht eine Einzelperson, sondern der Staat.“

Auch wir sehen diese Angriffe klar als geplante und brutale Repression gegen unsere Proteste und unseren Widerstand. Der Gipfel ist ein Symbol für Ausbeutung, Autorität, Unterdrückung und Zerstörung. Wir appellieren mit unserem Protest aber nicht an den Staat bzw. an die G7, da wir staatliche Strukturen als Mittel zur Exklusion und autoritärer Unterdrückung ablehnen. Wir kämpfen nicht für eine bessere globale Politik, sondern für eine Dekonstruktion der auf wirtschaftlichen Interessen basierenden herrschenden Verhältnisse. Wir protestieren gegen die Machtausübung der G7 und die Folgen ihrer politischen Handlungen. Deshalb rufen wir zu den Protesten gegen den G7-Gipfel 2015 auf.

Gegen menschenverachtende Asylpolitik und Rassismus
Die Bilder aus Lampedusa, die uns 2014 erreichten, sind die Spitze eines größtenteils ignorierten Eisbergs. Im besten Falle „ignoriert“. Denn die aktive Grenzabschottung Europas und Nordamerikas ist kein Versehen oder eine Notlösung, sondern eine gewollte Ausgrenzung Geflüchteter. Krieg, Verfolgung, Folter und Hunger oder einfach nur die Sehnsucht nach einem besseren Leben bringt hunderttausende Menschen jedes Jahr dazu, aus ihrer Heimat in „westlich-demokratische“ Länder zu fliehen. Viele von ihnen werden jedoch schon vor den Grenzen wieder von Organisationen wie z.B. Frontex mit sogenannten „Push-back“-Aktionen abgedrängt. Diejenigen, die es schaffen, Fuß in einem Gebiet zu fassen, werden mit Gesetzen schikaniert. Dazu gehören, besonders in Bayern, wo die G7-Staaten sich treffen, die Residenzpflicht, das Betätigungsverbot und die Lagerpflicht.

Dies ist unter anderem zurückzuführen auf eine nationalistische Verwertungslogik der bestehenden Staaten. Es wird in nützlich und unnütz getrennt. Gibt es eine internationale Öffnung, dann nur zu Gunsten von Effizienz- und Produktivitätssteigerung, nicht für meist mittellose Geflüchtete. Besonders industriestarken und „entwickelten“ Nationen, wie sie in den G7 vertreten sind, ist jedes Mittel recht, ihre Festung zu verteidigen.
Dazu kommt ein rassistischer Grundkonsens, der, nicht nur in Deutschland, Tradition hat.

Mit der jüngsten Mordserie an neun migrantisch-stämmigen Menschen und einer Polizistin durch den Nationalsozialistischen Untergrund (NSU), zeigte sich durch die einseitigen Ermittlungen, wie stark die Behörden in Ressentiments denken. Unter anderem wurde jahrelang gegen Angehörige der Ermordeten und Verletze des Keupstraßenanschlags ermittelt, obwohl die Betroffenen schon anfangs Neonazis hinter den Taten vermuteten. Grund hierfür ist ein institutioneller Rassismus und die Verstrickung der deutschen Behörden in die Naziszene. Auch durch den Münchner NSU-Prozess werden diese Strukturen nicht offengelegt, von staatlicher Seite besteht hierfür auch kein Bedarf.

Rassistische Denkweisen sind in allen G7-Ländern keine Randerscheinungen, sondern auch Mittel zur nationalen Erhaltung.

Unser Ziel ist eine Welt ohne Grenzen und ohne Barrieren, die mit Gewalt verteidigt werden und ein solidarisches Miteinander aufhalten. Wir sehen in den G7 ein Symbol für Abschottungspolitik und Privilegienvorherrschaft, gegen die wir uns entschieden stellen.

Gegen Ausbeutung und Unterdrückung
Als Wirtschaftsgipfel gegründet, sind die Schwerpunkte des Treffens interne und vertrauliche Abstimmungen ökonomischer Interessen. Abmachungen, die zwischen den Industrienationen getroffen werden, sollen später Gültigkeit für den Rest der Welt erhalten. Möglich ist dies durch die wirtschaftliche Stärke der Mitgliedsstaaten, in denen 68 der 100 größten Konzerne ihren Sitz haben. Die G7 sind Hauptakteure – und Profiteure – der sogenannten Globalisierung, jenes wirtschaftlichen und sozialen Verdrängungskampfes, der nach dem Ende des “kalten Krieges” weltweit eingesetzt hat.

Hauptaugenmerk allen Fortschritts ist die ökonomische Produktivität. Individualität ist Leistung untergeordnet, um auch eine möglichst konforme Gesellschaft zu konstruieren. Unsere Freiheit misst sich jedoch nicht an ihrer Effizienz.
Es gilt die Devise „Fight the game, face the players!“. Verantwortlich für kapitalistische Unterdrückungsmechanismen sind nicht die einzelnen G7-Staaten und ihre Regierungschef*innen.

Sie reproduzieren jedoch die einstudieren Vorgänge der Leistungsgesellschaft und erheben Sanktionen gegen diejenigen, welche sich nicht an die Gesetze des unumstritten herrschenden Kapitals halten oder halten können.
Wir bekämpfen die G7 als Symbol des Kapitalismus und der Intension, Menschen Kapitalidealen unterzuordnen. Die Interessengemeinschaft fördert ein konkurrierendes, repressives Gegeneinander der Menschen in und außerhalb der G7-Staaten. Vor allem ist dies erkennbar im Umgang mit sogenannten „Entwicklungsländern“, in denen „billige Arbeitskräfte“ und Ressourcen zum Wohle der „westlich-zivilisierten“ Welt ausgebeutet werden und somit eine Kontrolle erzeugen. Solche neokolonialistischen Ansätze schüren die Machtpositionen und Monopolstellungen der Wohlstandsnationen wie z.B. Deutschland.
Es geht uns um mehr als nur eine bessere Verteilung der Produktionsmittel. Wir sind für ein ganz anderes Ganzes, in dem nicht Leistung um der Leistung willen, sondern ein solidarisches Miteinander auf freiwilliger Basis entscheidend ist. Diese Solidarität kann nicht durch aufgezwungene transnationale Verbindungen oder Finanzausgleiche, sondern nur durch die gemeinsame Dekonstruktion von Staat, Nation und Kapital entstehen.

Gegen die Rüstungspolitik der G7
Circa 30 Milliarden Euro gibt die deutsche Regierung im Jahr für Rüstung aus: Deutschland ist ein Exportweltmeister der Waffenindustrie und steht mit an der Spitze der G7-Staaten. Diese haben insgesamt ein Jahresbudget von über 900 Milliarden Dollar für Kriegsgerät und Militärs. Vieles von diesem Geld fließt in sogenannte „Friedenseinsätze“, die zur Stabilisierung von Kriegs- und Krisengebieten beitragen sollen. Diese Interventionen dienen angeblich der Demokratisierung der Welt, sind jedoch Stützen für ökonomische und politische Abhängigkeitsverhältnisse. Wie erfolgreich außerdem „Friedenseinsätze“ laufen, zeigt sich am Beispiel Afghanistans mit dem deutschen Bombardement der Zivilbevölkerung bei Kunduz im Jahr 2009.

Andere Einsätze wie zum Beispiel der (größtenteils US-amerikanische) „War on terror“ schüren Ressentiments und stärken damit ein nationalistisches, exklusives Gemeinschaftsgefühl.

Ebenso steht zumindest die Bundeswehr in Tradition der Wehrmacht und zelebriert deren Verbrechen öffentlich. Zum Beispiel finden sich im bayerischen Hinterland, wo auch der diesjährige Gipfel stattfindet, unzählige Dörfer, in denen rechte Traditionspflege in Form von geschichtsrevisionistischen Wehrmachtsgedenken an der Tagesordnung steht. Explizit in Mittenwald, keine zehn Kilometer von Schloss Elmau entfernt, feiern sich jedes Jahr alte und neue Nazis bei einem sogenannten Traditionstreffen.

Krieg militarisiert die Welt und die jeweilige Gesellschaft und schürt gezielt globale Konflikte um Ressourcen, Staatsgebiete und Machtverhältnisse. Westlicher „Frieden“ impliziert bewaffnete Konflikte anderswo.

Militär bedeutet für uns Unterdrückung, Folter und Mord als Mittel zur angeblichen Krisenbewältigung und Sicherung der „westlichen Freiheit“.

Staat heißt immer Militär und heißt immer Krieg. Lediglich gibt es zwischen den Kriegen Phasen des Friedens. Jeder Staat muss immer danach trachten stärker zu sein als andere Staaten. Er wird immer daraufhin arbeiten, seine wirtschaftlichen Interessen gegenüber anderen Staaten durchzusetzen. Sind die Umfeldparameter für die eigenen Interessen nicht ausreichend, wird er, wenn er dazu in der Lage ist und wenn auch als “spätes“ Mittel, seine Ziele militärisch durchsetzen. Auch wenn er sich dabei Allianzen mit anderen Staaten bedienen muss.

Gegen Umweltzerstörung
Selbstgesetztes Ziel der G7-Staaten ist der nachhaltige Schutz der Umwelt.
Innerhalb der einzelnen sieben Länder ist dies jedoch ein utopischer Vorsatz.
Während in Japan nach der Nuklearkatastrophe in Fukushima Wasser, Luft, Boden und Nahrungsmittel in der land- und meerseitigen Umgebung des Atomkraftwerkes Fukushima I kontaminiert sind, ignorieren die politischen Spitzen der G7 die verheerenden Folgen, welche Nuklearenergie schafft. Die Lösung des Problems bringt nicht die geplante „Energiewende“ der Bundesregierung, da dies letztendlich nur zur Fremdbeschaffung der Atomkraft führt (z.B. von Frankreich). Die Risiken, welche von Atomkraftwerken ausgehen, sind dystopischen Ausmaßes. Trotzdem werden sie von Staatsregierungen mit Geldern in Millionenhöhe gefördert.
Ebenso verhält es sich mit dem Stein- und Braunkohleabbau, der nicht nur Böden und Landschaften und mit ihnen auch den Existenzrahmen der dort ansässigen Lebewesen zerstört, sondern auch Zwangsenteignungen von Grundstücken zur Flächennutzung mit sich bringt.

Insgesamt spielen auch weltweite Monokulturen meist großer Konzerne mit ein. Natürliche Vegetationen und geschützte Flächen werden wirtschaftlich orientiert durch einseitigen Anbau abgenutzt und zur ökonomischen Wettbewerbsfähigkeit mit Pestiziden behandelt, die nicht nur der Erde, sondern auch den Menschen, die in unmittelbarer Nähe wohnen oder damit arbeiten müssen, schaden. Vor allem in südlichen Ländern, beispielsweise in Lateinamerika, sind ganze Dörfer von den Folgen der giftigen Düngemittel, entwickelt von Firmen wie Bayer oder Monsanto im Auftrag des Staates, durch enorme gesundheitliche Schädigungen beeinträchtigt. Auch in der Nutzung der Umwelt und ihrer natürlichen Ressourcen ist Effizienz das Essenzielle. Ein Beispiel hierfür ist auch die Genmanipulation von Lebensmitteln, die nicht absehbare Risiken bergen. Ein nachhaltiger Umgang mit der Erde ist Grundlage des lebensbejahenden Freiheitskampfes und aller späteren Existenz, auch der befreiten solidarischen Gesellschaft. Die Umweltzerstörung der Herrschenden, ist die Negation unserer Zukunft.

Die Scheinheiligkeit der G7-Staaten beim Thema Umweltschutz zeigt sich zuletzt bei der Wahl des Tagungsortes 2015 im ökologisch sensiblen Werdenfelserland. Für die tatsächlichen zwei Tage der Besprechungen bedarf es massiver Eingriffe in das Naturschutzgebiet rund um Schloss Elmau. Es müssen mehrere Straßen und Hubschrauberlandeflächen gebaut sowie diverse Leitungen und Ersatzleitungen verlegt werden.

Gegen den Staat
Als Anarchist*innen sehen wir den Staat als patriarchalen überwachenden Unterdrückungsmechanismus, der bestehende Hierarchien durch beispielsweise Gesetzgebung und Institutionen nicht beseitigt, sondern im Gegenteil festigt und reproduziert. Rühmen sich auch die G7-Staaten, demokratisch und modern zu agieren, so sind doch die Menschen in den Nationen, welche sich nicht hierarchiebejahend unterordnen, Zielscheiben von Repression und Entrechtung. Grenzen dienen zur Ab- und Ausgrenzung der „Anderen“. Stolz auf die Nation zu sein, heißt, ein Land mit allen seinen historischen Kapiteln, sozialen wie politischen Verhältnissen, Verdrängungen und überlieferten Normen zu zelebrieren. Dies bedeutet in Anbetracht der herrschenden Ordnung ein Ignorieren, Umdeuten oder Gutheißen von rassistischen Normalzuständen, Heteronormativität, Sexismus, Patriarchat, Sozialchauvinismus, Leistungsdruck und anderen menschenverachtenden Freiheitsberaubungen. Die Wege der Nation zur „Stabilisierung“ der Ökonomie führen zu einer gewollt ungerechten Verteilung zu Gunsten der Autoritäten.

Der Protest gegen G7 ist gleichzeitig der Protest gegen Staat, Nation und Kapital. Staaten egal welcher Ausprägung sind immer Institutionen zur Sicherung der Machterhaltung privilegierter Gruppen. Kapitalistische Staaten, ebenfalls egal welcher Ausprägung, unterstützen, sichern und schützen zudem das Kapital.

Was wir wollen
Die Liste dessen, was wir ablehnen, ist lang. Wir könnten an dieser Stelle noch viele weitere Punkte aufführen. Ebenso umfangreich ist die Fülle unserer Vorstellungen, Ideen und Ziele, weswegen wir uns in diesem Aufruf auf wenige zentrale Punkte beschränkt haben:
Als Anarchist*innen eint uns das Ziel, eine solidarische, respektvolle, gewalt- und herrschaftsfreie, also eine emanzipatorische Gesellschaft aufzubauen. Ein solches Vorhaben ist in den herrschenden Verhältnissen nicht ohne weiteres möglich, da im Kapitalismus nicht die Bedürfnisse aller Menschen, sondern einzig eine nach Profitmaximierung ausgerichtete Verwertung aller Lebensbereiche im Vordergrund stehen.
Um einer befreiten Gesellschaft näher zu kommen, müssen wir uns mit alltäglichen Herrschaftsverhältnissen und Unterdrückungsmechanismen kritisch auseinandersetzen und sie letztlich als Ganzes überwinden. Dabei bleiben wir nicht bei der Forderung nach weniger Arbeit, uneingeschränktem Bleiberecht, billigem Wohnraum oder kostenloser Bildung stehen, sondern fordern den materiellen, kulturellen und sozialen Reichtum für alle.
Einem Leben wie wir es uns wünschen, in Selbstbestimmung und Solidarität, muss ein von Gleichberechtigung und Respekt geprägter Umgang zugrunde liegen. Sicherlich ist es noch ein sehr langer Weg bis dorthin, aber wir tragen unsere Vorstellungen und Hoffnungen mit uns.

Um unseren Zielen Schritt für Schritt näher zu kommen, bauen wir bereits im Hier und Jetzt alternative Strukturen auf, treten Missständen auf vielfältige Art und Weise entgegen und erlernen, ohne Ellenbogenverhalten oder Mehrheitsentscheide, sondern im Konsens unsere Entscheidungen zu treffen.
Um die vorhandenen Hierarchien und Unterdrückungsmechanismen überwinden zu können, müssen wir sie und unsere eigene Rolle dabei erkennen, reflektieren und jeden Tag aufs Neue hinterfragen. Wir wollen die Hierarchien bekämpfen, die Menschen in einer Gesellschaft nach Macht und Nicht-Macht, in höhere und niedere Statusgruppen einteilen.

Hierzu ist es nötig aktiv zu werden.
Unseren Protest werden wir an den Aktionen rund um den G7-Gipfel in die Öffentlichkeit tragen, denn dies ist nicht das Ende der Geschichte!

Kommt und beteiligt Euch zahlreich an den Aktionen gegen den G7-Gipfel, das Symbol für Unterdrückung und Ausbeutung!

Föderation deutschsprachiger Anarchist*innen und Anarchistische Föderation Rhein/Ruhr

Kampagnenseite: http://fda-ifa.org/g7/

Stoff zum Nachdenken – TTIP

STOFF ZUM NACHDENKEN

TTIP = „Taktik zur Transformation politische Initiativen in eine
Profi-Protestkultur“ … ein paar kritische Gedanken

Es ist unheimlich. Niemand weiß so richtig, was in dem Vertrag
stehen wird. Und was kann mensch dagegen schon tun? Alles unklar und
keine konkreten Aktionsideen – das ist der Stoff, aus dem in
heutiger Zeit die prägenden politischen Kampagnen entstehen: Angst
und Ohnmacht formen eine Empörung ohne eigene Handlungsoptionen.
Professionelle Bewegungsagenturen nutzen das aus und präsentieren
sich als Rettung – gesetz dem Fall, dass genügend Menschen Geld
spenden und so die scheinbar handlungskompetenten Apparate mit ihren
aufgeblähten Hauptamtlichenbüros sichern. Damit verschärft sich, was
ohnehin gerade läuft: Handlungsfähige Basisinitiativen lösen sich
mehr und mehr auf oder werden zu reinen Zuarbeits-Vereinen für die
Hauptamtlichenapparate namens Campact, Umweltinstitut und andere.

Die klassischen Umwelt-NGOs, von den modernen Massenmail-Agenturen
ein wenig abgehängt, hecheln hinterher und bauen ihre Strategien nun
ebenfalls auf diese Arbeitsweise um. Ziel ist hier nicht (mehr), die
Menschen zum Widerstand zu ermutigen oder gar zu schulen (wer macht
das eigentlich noch?), sondern Herden bereitwilliger Spender_innen
aufzubauen und zu unterhalten, damit der Euro rollt. Keine Frage:
Hier wächst zusammen, was zusammen gehört. Denn die Masse der
Menschen ist müde, ausgebrannt, fühlt sich ohnmächtig – zumindest
die, die länger dabei sind. Die jüngeren Aktiven sind oft ohnehin
auf Internetklicks fixiert und in ihrem Leben gewöhnt, nicht selbst
die Dinge zu organisieren und bei Bedarf auch zu ändern. So entsteht
ein Geben und Nehmen im doppelten Sinne: Die einen geben Geld –
richtig viel Geld -, welches in den riesigen Hauptamtlichenapparaten
versickert. Aber es wirkt auch umgekehrt, denn die Spender_innen
bekommen auch etwas von Campact, Umweltinstitut & Co. – nämlich das
gute Gefühl, trotz Wenig- oder Nichtstuns aktiv zu sein: Durch
Spenden, Unterschreiben, Klicken. Vermeintliche Erfolgsmeldungen aus
den Bewegungsagenturen erhalten dieses gute Gefühl. Insofern ist es
tatsächlich Geben und Nehmen: Geld zahlen, dafür gutes Gefühl bekommen.
Für den Widerstand ist das fatal – und TTIP ist eine Extremform
dieser Entwicklung. Das Thema ist für den beschriebenen Trend
bestens geeignet, weil ohnehin niemand recht weiß, worum es
überhaupt geht und wie mensch aktiv werden könnte. Also bleibt nur:
spenden, Veranstaltungen machen, die Massenmails der irgendwie
schlauer wirkenden und sich so darstellenden Hauptamtlichenapparate
weiterleiten (am besten 10x über alle möglichen Mailverteiler – viel
hilft bestimmt viel …) – und ansonsten die eigene Ohnmacht und
Handlungsunfähigkeit kultivieren. Ach, was waren das noch für
anstrengende Zeit, als wir gegen Genfelder, Tierhaltungsanlagen,
Autobahnen, Stromtrassen oder für eine Entprivatisierung von Wasser-
oder Energienetzen stritten. Als wir uns dem Castor entgegenwarfen
oder eine Abschiebung verhinderten. Davon ist viel vorbei – und TTIP
ist ein Sargnagel beim Tod handlungsfähiger Bewegung.

Doch Ohnmacht ist nicht das einzige, was die Debatte um das TTIP
auslöst und dem Umbau politischer Bewegung in einer
Hauptamtlichen-Spenden-Logik fördert. Die inhaltliche Unbestimmtheit
bietet den optimalen Humus für vereinfachte Welterklärungen aller
Art. Als die Debatte aufkam, wurde vor allem mit der Angst
„argumentiert“, dass die tollen EU-Standards durch die schlechteren
US-Standards verdrängt würden. Das ist nicht nur falsch (z.B. das
Haftungsrecht ist im angloamerikanischen Rechtsraum viel schärfer),
sondern schildert auch das Ziel des TTIP völlig falsch. Es geht um
eine Machtverschiebung zugunsten der Konzerne und auf Kosten der
Menschen. Ob es europäische oder US-Konzerne sind, die dann davon
profitieren, ist völlig egal. Doch das ist offenbar zu kompliziert.
Antiamerikanismus zieht in Deutschland mehr. So verteilte Campact
auf der diesjährigen Demo „Wir haben es satt!“ industriegefertigte
Fahnen (in einem Land billig gedruckt, mit dem Deutschland ein
Freihandelsabkommen hat???) mit zwei Symbolen, die als Monster Angst
schüren sollten: Monsanto und der Dollar. Das ist primitiver
Antiamerikanismus … die Menschen haben die Fahnen massenweise
geschwungen.

Der Protest gegen das TTIP wird aus zwei Gründen die Debatte noch
lange prägen. Erstens ist es das gefundene (Spenden-)Fressen für die
modernen Bewegungsführungen. Sie können große Massen von Menschen zu
bereitwilligen Melkkühen machen. Vorbei ist das Zeitalter, wo sie
sich Bedrohungen durch vermeintliche Neuzulassungen von Genpflanzen
ausdenken mussten, um die dadurch schockierten Menschen zum Spenden
zu animieren. Ja, wirklich, ihr habt euch nicht verlesen: Campact,
Umweltinstitut und andere sind derart geldgierig, dass sie sich
Bedrohungen manchmal auch ausdenken, um an euer Geld zu kommen.
Dummerweise haben sie damit auch noch Erfolg und kaum jemand wird
auf Demos wie „Wir haben es satt!“ so bejubelt wie die Leute, die
mit Panikmache, Erfindungen und professioneller Inszenierung eigener
(vermeintlicher) Erfolge die Spendengelder locker machen – euer
Geld! TTIP steigert das ins Unendliche: Ihr habt gar keine eigene
Aktionsmöglichkeit, die großen Hauptamtlichenapparate erscheinen
euch als Rettung. Das lässt die Kasse klingeln.

Zweitens aber ist gerade die Unbestimmtheit von TTIP gut für die
hohe Akzeptanz des Protestes dagegen. Denn wir leben im Zeitalter
der vereinfachten Welterklärungen. TTIP passt nicht nur zum weit
verbreiteten Antiamerikanismus, sondern auch zu den sich
ausbreitenden Behauptungen über Weltverschwörungen, neue
Weltordnungen usw. Nicht, dass die Mächtigen in Nationen,
Institutionen, Konzernen und den sie überlagernden Seilschaften
untätig herumsitzen. Natürlich basteln sie an allen möglichen
Strategien, noch mehr auszubeuten, noch mehr zu kontrollieren, noch
mächtiger und reicher zu werden. Das ist der Impuls eines Systems,
welches (fast) alle Menschen dazu zwingt, sich konkurrierend gegen
andere durchzusetzen und aus Geld mehr Geld zu machen. Dass dieses
System existiert und die Mächtigen genauso antreibt wie uns, ist
aber sehr breit akzeptiert und wird kaum kritisiert. Die meisten
derer, die diesen Text lesen, sind unterstützender Teil dieses durch
und durch unmenschlichen Systems. Deren Nutznießer_innen aber
dürften sich freuen, dass wir uns immer mehr mit absurden Gerüchten
über die neue Weltordnung beschäftigen. Völlig egal ist, ob die
stimmen oder nicht – es macht uns ohnmächtig. Es gibt da keine
Handlungsoptionen. Wir können nur denen Geld spenden, die uns
versprechen, uns zu retten. Dummerweise sind die dann Teil des
ewigen Spiels um mehr Profit und werden nach immer Geld streben
(hier: Spenden) – da sind Campact, Greenpeace, BUND und andere nicht
anders als Karstadt, Daimler, BASF oder Tupperware. TTIP passt
wunderbar in das Gedankenmodell der Verschwörungen, denen wir
ohnmächtig gegenüber stehen. Und in diesem Sinne, perverserweise,
ist unser ohnmächtiger Hass auf „die da oben“ genau das, was „die da
oben“ brauchen. Wir machen uns selbst zum Kaninchen vor der
Schlange. TTIP nimmt uns die letzte Kampffähigkeit. Dabei müssen wir
nicht aufhören, auch gegen solche Konzernmachtübernahmen zu kämpfen.
Aber wir müssen wieder lernen, dass politische Aktion am Konkreten
das Symbolische angreift. Gegen den Castor, weil wir eine andere
Energiepolitik wollen. Gegen den konkreten Knast vor Ort, weil uns
Strafe und Disziplinierung nicht gefallen. Gegen die
Genehmigungsbehörde oder das konkrete Genversuchsfeld, weil uns die
Landwirtschaftspolitik nicht passt. Usw. Der Widerstand gegen das
TTIP ist, wenn er so weiterläuft wie bisher, eine weitere Beerdigung
handlungsfähiger Bewegung – und der weitere Ausbau geldgeiler
Hauptamtlichenapparate in Berlin, Hamburg, Verden, München oder
sonst wo.

Emanzipatorische Gentechnikkritik:
www.projektwerkstatt.de/gen/emanz_kritik.htm

Quelle: Umwelt & Macht, 11.03.15