Frauen sollen dankbar sein statt immer mehr zu wollen

Frauen sollen dankbar sein statt immer mehr zu wollen
Die Neuapostolische Kirche stellt ihr reaktionäres Frauenbild offen zur Schau
Fotos und Bericht: Schwarze Katze, 05.01.17

Die Neuapostolische Kirche (NAK) hat ein biblisch-antiquiertes Frauenbild. In einem Schaukasten vor ihrer Kirche in Hemer ist das Bild einer Frau zu sehen und darunter der Spruch „Ich schaffe es …jeden Tag etwas dankbar zu sein, statt immer mehr zu wollen. Mit Christus. Neuapostolische Kirche“

Also sollen Frauen keine Forderungen stellen, nicht „immer mehr“ wollen, sondern sich mit dankbar sein zufrieden geben. Das ist ein typisch rückständig-christliches Frauenbild, wo Frauen den Männern im Allgemeinen und insbesondere dem Mann Jesus Christus dankbar sein sollen, also sich dem Mann unterwerfen. Durch solche Plakate wird ein passives dienendes Rollenbild der christlichen Frau zementiert. Das Unterwerfen der Frau und der Verzicht auf eigene Forderungen wird durch den Zusatz „Mit Christus“ als göttlicher Befehl ausgegeben. Worauf läuft es hinaus? Frauen sollen keine eigenen Forderungen stellen und sich dem Mann unterwerfen.

Das ist ein typisch rückschrittliches christliches Frauenbild, was dieses Plakat aussagt. Es ist ausserdem ein eindeutig reaktionäres Frauenbild der Neuapostolischen Kirche, welches auch in vielen anderen christlichen Kirchen anzutreffen ist. Dieses Plakat allein ist schon Grund genug der christlichen Ideologie den Rücken zu kehren.

„Ich schaffe es …jeden Tag etwas dankbar zu sein, statt immer mehr zu wollen. Mit Christus“.
Frauenbild der Neuapostolischen Kirche. Foto: Schwarze Katze, 05.01.17
Eindeutiges reaktionäres Plakat mit Kirche im Hintergrund.
Foto: Schwarze Katze, 05.01.17

Das altertümliche Frauenbild der Neuapostolischen Kirche hat sich seit über 100 Jahren nicht geändert, wie das NAK-Plakat von 2017 und das in einer NAK-Zeitschrift veröffentlichte Gedicht „Das Nullchen“ von 1912 zeigt, worin die Frau als Null und der Mann als die Numer Eins bezeichnet wird:

Das Nullchen
Neuapostolische Rundschau 1912, Nr. 7, S. 40

Wie oft geschieht es in der Welt,
dass man als Null die Frauen zählt.
Gar viele schätzen sie gering,
denn >Null< ist ein gar wertlos Ding.
Es geht auf dieser Lebensbahn
als Nummer Eins der Mann voran,
im Sturmgetös, beim Sonnenschein,
die Null folgt immer hinterdrein.
Doch seid nur still und seht es ein,
der Wert der Null ist doch nicht klein;
Steht sie nur auf dem rechten Platz,
so ist die Null ein großer Schatz.
Eins ist der Mann und Null das Weib,
ich sag’s nur so zum Zeitvertreib.
Eins ist nicht viel, doch sollst du sehn:
Ein Nullchen dran, sie bilden zehn.
Die Null hat Nummer Eins erhöht,
weil sie hübsch hinterm Einer steht;

Doch möcht das Nullchen vorne sein:
Und stünd‘ der Einer hinterdrein,
so gibt es ein verkehrtes Ding
und beider Wert wird dann gering.

Siehe auch den Schwarze Katze Artikel „Frauen sollen den Mund halten“:
http://schwarze.katze.dk/#post416

Warum mir die Gender­ Schreibweise nicht gefällt

Warum mir die Gender­ Schreibweise nicht gefällt
Josef Swoboda
gai dao # 72

Anmerkung: Es ist in der Gai Dào üblich, Personenbezeichnungen mit * zu gendern. Der Autor dieses Artikels hat für die Gai Dào eine Rezension geschrieben und dabei statt der
Sternchen-Schreibweise abwechselnd weibliche und männliche Formen verwendet. Dies wurde von Menschen aus der Redaktion jedoch kritisiert. Daraus entstand eine Diskussion, zu der der folgende Text ein Beitrag ist. —- Ziel unserer Bemühungen in Bezug auf die Geschlechterfrage sollte es sein, dass das Geschlecht bzw. die sexuelle Orientierung einer Person für deren gesellschaftliche Rolle komplett irrelevant wird. Dass man also nicht länger zuerst als Frau, Mann, Lesbe usw. wahrgenommen, in bestimmte Schubladen gesteckt und dadurch in seinen Handlungsmöglichkeiten festgelegt und eingeschränkt wird. So würde wirkliche Individualität überhaupt erst ermöglicht.

Wenn man die heutige Situation mit der vor 50 oder 100 Jahren vergleicht, sind die westlichen Gesellschaften diesem Ziel schon ein Stück näher gekommen – wenn es auch noch lange nicht erreicht ist. Wahrscheinlich kann es auch ohne die Überwindung des Kapitalismus und der Herrschaft allgemein gar nicht erreicht werden. Jedenfalls scheint mir die in der Gai Dào und in anderen Szenepublikationen verwendete Gender-Schreibweise kein sinnvolles Mittel zu sein, um diesem Ziel – der Überwindung von Einschränkungen der individuellen Handlungsmöglichkeiten aufgrund des Geschlechts – näher zu kommen.

Verewigung von Identitäten

Erstens missfällt mir an der Gender-Schreibweise, dass sie geschlechtliche Identitäten betont und hervorhebt, was deren Überwindung entgegen zu wirken scheint. In bestimmten Kontexten kann eine solche Hervorhebung sinnvoll sein. Wenn z.B. eine Wissenschaftlerin in einem Krankenhaus einen Vortrag hält und diesen mit „liebe Ärztinnen und Ärzte“ beginnt, so stellt sie damit klar, dass in einem in der öffentlichen Wahrnehmung immer noch als „männlich“ gesehenen Berufsstand auch viele Frauen arbeiten und dass sie sich selbstverständlich an alle Anwesenden wendet. Wenn sie aber nun im weiteren Fortgang ihrer Rede bei jeder Erwähnung der Berufsbezeichnung durch entsprechende Gender-Formulierungen herausstellt, dass es davon männliche und weibliche Vertreter und auch solche gibt, die sich keinem Geschlecht zugehörig fühlen, dann kippt die anfängliche Intention ins Gegenteil. In dem Vortrag geht es ja um medizinische Fachfragen, für die das Geschlecht überhaupt keine Rolle spielt. Anstatt zur Abschaffung trägt man so eher zur Aufrechterhaltung der Geschlechterdifferenz bei. Noch deutlicher wird diese Tendenz bei in letzter Zeit modischen Begriffen wie „FLTI“ oder „LGBT“. Für letztere – „lesbians, gays, bisexuals, transgender“ – gab es früher das schöne Wort „queer“: Hier war jeder angesprochen, der, aus welchen Gründen auch immer, nicht in das vorherrschende heterosexuelle Raster passte. Aus irgendwelchen Gründen wurde diese Bezeichnung aber durch dieses sperrige Kürzel ersetzt, welches anscheinend sicher stellen soll, dass jede Sonderidentität auch als solche gewürdigt wird. Anstatt der Abschaffung des Schubladendenkens haben wir es hier also mit einer Multiplikation der Schubladen zu tun!

Bürokratismus

Zweitens erinnern mich Texte mit Gender-Schreibweise immer ein wenig an Formulare, wie man sie auf Ämtern bekommt. Das Gendern verkompliziert die Formulierung, ist im Schriftbild unschön und in der gesprochenen Sprache holprig. Um zuverlässig auszuschließen, dass sich an irgendeiner Stelle jemand ausgeschlossen fühlt, wird auf Flüssigkeit und sprachliche Eleganz verzichtet. Bürokratische Texte vom Jobcenter, der Krankenkasse etc. sind so formuliert, damit spitzfindige Advokaten in ihnen keine Lücken entdecken, durch die sie die Intention des Textes aushebeln und Vorteile für ihren Mandanten herausschlagen können. Ich denke, unsere Vorstellung von Emanzipation sollte nicht die der Rechtsanwälte sein. Lasst uns andere Wege finden, um klar zu machen, dass wir niemanden aufgrund des Geschlechts ausschließen oder diskriminieren wollen.

Vereinheitlichung und Anti-Individualismus

Wenn das Gendern in einer Zeitschrift zur verbindlichen Norm erhoben wird, werden dadurch alle Texte in gewisser Weise stilistisch vereinheitlicht. Die Autorinnen und Autoren müssen sich dieser Regel unterordnen und ihr gegebenenfalls einen Teil ihrer individuellen Ausdrucksweise opfern. Ich finde, dass eine solche Vorgehensweise dem Geist einer anarchistischen Zeitung widerspricht. Es sollten verschiedene sprachliche Umgangsweisen mit dem Geschlechter-Problem zugelassen werden und man sollte Beiträge eher danach beurteilen, ob sie inhaltlich der Befreiung des Individuums von aller geschlechtlichen und sonstigen Beschränkung dienlich sind oder nicht.

Was nun?

Wodurch soll aber die Gender-Schreibweise ersetzt werden? Tja, so genau weiß ich das auch nicht. Im Prinzip finde ich es gut, dass es eine allgemeine, geschlechtsneutrale Form gibt, die man verwenden kann, wenn das Geschlecht in dem betreffenden Kontext nicht relevant ist. Nur dummerweise ist diese allgemeine Form im Deutschen zugleich die männliche. Ich habe keinen guten Vorschlag, wie man mit diesem Problem umgehen soll. In meinen eigenen Texten verwende ich normalerweise die männliche/allgemeine Form, darauf hoffend, dass es der Leserin durch den Kontext klar wird, dass hier Frauen und geschlechtlich nicht festgelegte Leute mit gemeint sind. Manchmal streue ich weibliche Formen ein, z.B. bei Aufzählungen: „Die Bewegung setzt sich aus Arbeiterinnen und Bauern, Schülern und Studentinnen zusammen“. Wirklich abwechselnd weibliche und männliche Formen zu verwenden, wie ich es in der Crimethinc-Rezension gemacht habe, ist im Grunde auch schon wieder zu pedantisch und umständlich. Ich habe dies als Annäherung an eure Gender-Schreibweise so gemacht, in der Hoffnung, dass der Artikel unbeanstandet durchgeht. Es war ein fauler Kompromiss, der viele der von mir oben ausgeführten Mängel teilt und den ihr natürlich sofort erkannt und beanstandet habt.

Letztendlich ist die Überwindung der vorherrschenden Geschlechterkategorien nicht primär eine sprachliche, sondern vor allem eine praktische Frage. Es braucht eine allgemeine gesellschaftliche Umwälzung, in der sich, zugleich mit allen anderen menschlichen Beziehungen, auch die Verhältnisse der Geschlechter freier und vernünftiger gestalten werden. Im Zuge dieser Umwälzung werden sicher auch neue sprachliche Ausdrucksformen entstehen, die den neuen Verhältnissen angemessen sein werden. Solange es diese Umwälzung oder auch nur eine ernsthafte Bewegung zu ihrer Vorbereitung nicht gibt, bleibt uns wahrscheinlich nur die Wahl, einen Knoten in die Zunge zu bekommen oder sich den Vorwurf gefallen zu lassen, ein wenig patriarchal daher zu reden. Angesichts dieses Dilemmas werbe ich für etwas mehr Toleranz und spreche mich dagegen aus, allgemein verbindliche Sprachregelungen aufzustellen.

Frauen sollen den Mund halten

In der Bibel steht im Ersten Korintherbrief das Paulus-Wort: „Die Frau hat zu schweigen in der Gemeinde.“ (1 Kor 14,33b-36) Der von Jesus eingesetzte Apostel Petrus sagte: „Desgleichen sollt ihr Frauen euch euren Männern unterordnen.“ (Petrus 3,1-12). Die Neuapostolische Kirche sieht das auch so, wie es am Schaukasten ihrer Kirchengemeinde in Hemer zu sehen ist. Dort steht unter dem Bild einer jungen lächelnden langhaarigen Frau im Vordergrund und dem Kirchensymbol im Hintergrund: „Ich schaffe es zuzuhören, statt das letzte Wort zu haben. Mit Christus.“ Darunter steht: „Neuapostolische Kirche“.

Also fordern Christen auch noch im 21 Jahrhundert: Die Frau soll den Mund halten und der Mann das letzte Wort haben. Typisch frauenfeindlich-religiöse Ideologie, die auch bei anderen christlichen Kirchen und dem Islam vorherrschend ist. Frauen sollen sich den Männern unterordnen, so steht es in den Heiligen Texten der monotheistischen Religionen.

So heisst es in der Bibel: „Eine Frau soll sich still und in aller Unterordnung belehren lassen.“ (1 Ti 2:11). Im Koran steht in Sure 4:34, dass die tugendhaften Frauen die Gehorsamen sind: “Die Männer stehen den Frauen in Verantwortung vor, weil Allah die einen vor den anderen ausgezeichnet hat und weil sie von ihrem Vermögen hingeben. Darum sind tugendhafte Frauen die Gehorsamen und diejenigen, die (ihrer Gatten) Geheimnisse mit Allahs Hilfe wahren. Und jene, deren Widerspenstigkeit ihr befürchtet: ermahnt sie, meidet sie im Ehebett und schlagt sie! Wenn sie euch dann gehorchen, so sucht gegen sie keine Ausrede. Wahrlich, Allah ist Erhaben und Groß.”

Es wird Zeit, dass die Frauen der patriarchalen christlichen und islamischen Religion den Rücken kehren und anfangen ein selbstbestimmtes Leben zu führen.
Frauenfeindliches Plakat der Neuapostolischen Kirche in Hemer.
Foto: Schwarze Katze, 04.10.16

Siehe auch den Schwarze Katze Artikel „Frauen sollen dankbar sein statt immer mehr zu wollen“: http://schwarze.katze.dk/#post449

Münster: Gegen 1000 Kreuze 2016

Ja, ist denn schon wieder März?

2016: Wieder werden fundamentalistische Christ*innen mit weißen Holzkreuzen bewaffnet durch Münster ziehen, um betend, singend und schweigend ihre Verachtung gegenüber allem auszudrücken, was nicht ihrem Weltbild entspricht. Der von „EuroProLife“ organisierte Gebetszug‘richtet sich in erster Linie gegen Schwangerschaftsabbrüche und damit gegen das Selbstbestimmungsrecht von schwangeren Personen. Darüber hinaus lehnen sie Verhütung, Sex vor der Ehe, Homosexualität und queere Geschlechtsidentitäten ab. Ihr Kampf um reproduktive Rechte dient als Kristallisationspunkt für eine umfassende konservative Kulturkritik an der Gesellschaft. Durch das Aufgreifen von Themen der Familienpolitik und Sexualmoral und das Schüren von Angst vor dem Aussterben des “weißen‚ deutschen Volkes” produzieren und bedienen fundamentalistische Christ*innen zudem konservative bis extrem rechte völkische Gesellschaftsbilder.

Alles wie jedes Jahr? Nein.

Auch dieses Jahr bietet der Kreuze-Marsch wieder 1000 Möglichkeiten für Gegenaktionen: Nehmen wir ihnen die Meinungshoheit – nehmen wir ihnen die Straße! Ab 14.30h freuen sich die fundamentalistischen Christ*innen sicher über störenden Zuwachs in ihrem Marsch, oder aber über eine kreative Begleitung. Entert ihren Marsch – aber überlegt euch vorher gut, was ihr euch vorstellen könnt und geht nicht unvorbereitet in die “Hölle”.

Nutzt die Möglichkeiten der Stadt, bildet Banden, seid kreativ und werdet aktiv! Es wird Anlaufpunkte und (Mitmach-)Aktionen geben. Achtet auf weitere Ankündigungen auf http://gegen1000kreuze.blogsport.de

Wir sehen uns im März auf der Straße! Machen wir was aus dem Tag!

„Gegen jeden Fundamentalismus – nieder mit Jesus und für den Feminismus!“

Quelle: Gegen 1000 Kreuze