Morgens - mittags - abends frei - arbeitslos und Spass dabei!
Quelle: Iserlohner Friedensfestzeitung 2002

Von allen Parteien wird Arbeitslosigkeit als schlimmes Übel definiert. Das sehen viele Arbeitslose nicht so, trauen sich aber nicht die positiven Seiten der Arbeitslosigkeit offen zu propagieren. Da ist zuerst mal viel freie Zeit, die mit Freunden und Verwandten sinnvoll verbracht werden kann. Da aber in der BRD die meisten sozialen Kontakte über die Lohnarbeit laufen, fallen viele Arbeitslose nach Wegfall der Zwangsgemeinschaftskontakte nach einer "Ferienwohlfühlzeit" in ein tiefes Loch und wissen nichts mit sich anzufangen. Wichtig ist in solch einer Phase soziale Kontakte aufrechtzuerhalten bzw. neue aufzubauen. Wichtig ist auch sich Ziele zu setzen und die Zeit für sich selber z.B. zur eigenen geistigen Weiterentwicklung zu nutzen. Wer weiss, was sie will, für die kann die Zeit ohne Lohnarbeit zur besten Zeit des Lebens werden. Dann ist mensch nicht mehr in der Knochenmühle der Lohnarbeit drin.

Gesellschaftlich sinnvolle Arbeit gibt es in Massen. So warten zahlreiche ausserparlamentarische Oppositionsgruppen, nicht nur aus der Friedensbewegung, auf Menschen mit viel Zeit und viel Energie. Zu sehen an etwas grösserem teilzuhaben kann oft mehr Befriedigung schaffen als sich in einem schlechtbezahlten Job kaputtzuschuften. Lebensziele müssen nicht immer was mit Konsum zu tun haben.

Wenn da nur nicht die neidischen Nachbarn und Freunde wären, die selber gerne arbeitslos wären, es sich aber nicht eingestehen können und dich beneiden. In der BRD werden von Unternehmerverbänden und Parteien regelrechte Hetzkampagnen gegen Erwerbslose gestartet. "Sozialschmarotzer", "faules Pack, dass sich in der sozialen Hängematte ausruht" und ähnlicher Blödsinn tauchen als Schimpfkanonaden regelmässig in der veröffentlichten Meinung auf. Ein Arbeitsloser unter 100.000 hatte einen verrosteten Daimler und einer ein altes verrottetes Boot. Das Arbeitsamt Iserlohn machte daraus eine Pressemitteilung und schon am nächsten Tag konnte mensch im IKZ die Überschrift lesen: "Arbeitslose mit Benz und Boot". Verallgemeinern braucht die Zeitung nicht - das tun schon die Leser. Einige Zeit später sah ich diesen Artikel fein säuberlich ausgeschnitten am Infobrett einer Sachbearbeiterin des Hemeraner Sozialamtes. Sozialhilfeempfänger mit sowieso wenig Selbstbewusstsein wird durch diesen Artikel fälschlicherweise suggeriert, unberechtigterweise Staatsknete abzuzocken. Die Menschen im Sozial- und Arbeitsamt sind doch nur "bessere Arbeitslose", die nur deswegen ihre Stelle haben, weil es die von vielen von ihnen verachteten Arbeitslosen und Sozialhilfeempfänger überhaupt gibt. Viele Behördenvertreter tun so, als müssten sie die Leistungen selber aus eigener Tasche bezahlen. Lasst euch von solchen Typen nicht ärgern!

Wer zerstört denn die natürlichen Lebensgrundlagen? Sind es die, die immer mehr sinnloses Zeug produzieren und immer mehr endliche Ressourcen konsumieren? Oder die, die sich dank der "Sozialgesetzgebung" mit einem Minimum an materiellen Mitteln bescheiden und daher gar nicht die ökologischen Katastrophen anrichten können wie die fleissigen Arbeitsameisen und die Workaholics mit Zweitwagen, Konsumorgien und Erlebniskäufen? Sind es die korrupten Politiker, die für ein paar Scheine Umweltauflagen bei Müllverbrennungsanlagen vergessen, wie kürzlich in Köln geschehen?

Als Arbeitslose sollten wir aufhören mit gesenktem Kopf umherzulaufen wie es uns Staat und Parteien vorschreiben. Mehr Selbstbewusstsein ist angesagt! In Deutschland gibt es schon viel zu lange den verinnerlichten protestantistischen Arbeitsethos, der alles für unwert erklärt, was nicht so schuftet wie der typische Deutsche. Arbeit macht nicht frei, sondern versklavt.

Lohnarbeit bedeutet im Regelfall unhinterfragte Unterordnung unter Boss und Vorarbeiter. Da sich die Arbeiter nicht frei entfalten können, ersäufen viele von ihnen ihre unbefriedigten Bedürfnisse in Alkohol oder Konsum und werden so zu Konsumidioten. Ähnlich sieht es bei "fremdbestimmten Arbeitslosen" aus, die die herrschenden Werte und Normen verinnerlicht haben und sich wegen ihrer Arbeitslosigkeit unwert fühlen. Da ist es doch besser ein selbstbestimmter glücklicher Arbeitsloser zu sein und dazu zu stehen.


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