Sanktionen und Disziplinierungsmaßnahmen, Zwangsumzüge, 1-Euro-Jobs, Missachtung des Datenschutzes, Bruch mit sozialstaatlichen Grundprinzipien, Verarmung und Prekarisierung: Die Hartz IV-Regelungen werden von vielen Betroffenen nicht mehr als soziales Netz empfunden, sondern rufen nackte Existenzangst hervor.
"Wer nicht arbeitet, soll auch nicht essen"
Dies jedoch ist gewollt, die gesetzlichen Verschärfungen der letzten Monate sprechen eine deutliche Sprache. Beim Verlust der eigenen Wohnung als Folge einer Zweitsanktionierung spürt ein unter 25jähriger die soziale Kälte plötzlich ganz real. "Wer nicht arbeitet, soll auch nicht essen" (Franz Müntefering in der "Zeit" vom 10.05.06) ist die neue Losung. Im April diesen Jahres war es dann soweit: In Speyer verhungerte ein 20jähriger Hartz IV-Empfänger, der seit Monaten keine Unterstützung mehr bekommen hatte.
Nicht fördern aber fordern
Die Aus- und Weiterbildungsmaßnahmen der Bundesagentur für Arbeit werden seit Jahren zurückgefahren. 2006 wurde ein Rekordüberschuss von über 11 Mrd. € erzielt und die Koalitionspartner stritten um die Höhe der Senkung der Beiträge. Gleichzeitig werden immer mehr Langzeitarbeitslose unter Druck gesetzt und mit Leistungskürzungen überzogen, anstatt sie fit für den Arbeitsmarkt zu machen. Auch das ist ein Skandal.
Kinder sind die Hauptverlierer
Zu den Verlierern dieser Politik zählen auch über 1,9 Millionen Kinder und Jugendliche, die 2006 als Hartz IV Empfänger in der BRD lebten - 10% mehr als ein Jahr zuvor. Die Auswirkungen von Kinderarmut auf Gesundheit oder Bildungschancen sind bekannt (Kinderschutzbund 2006, Unicef-Studie 2005 etc.). Darüber hinaus gibt es seelische Folgen, die nicht erfassbar, sondern unfassbar sind: Wie fühlen sich zum Beispiel Kinder, deren Kommunionsgeschenke als "Einkommen" angerechnet und ihnen weggenommen werden?