Ganze Herrscharen von studierten Mathematikern leben davon, Statistiken zu erstellen. Es gibt ein Statistisches Bundesamt und es gibt mit Sicherheit im Dunstkreis der Europäischen Union auch jede Menge Statistiker. Irgendjemand von den Letztgenannten muss vor geraumer Zeit mal eine Statistik zum Thema "Kinderarmut in Europa" veröffentlicht haben.Das muss ein herber Schlag für unsere Politiker gewesen sein, denn - oh Schreck - Deutschland stand mal so gar nicht gut da! Lediglich ein Mittelfeldplatz sprang raus. Nicht das unsere Politiker sich plötzlich für das Kind als Solches und seine Situation im Detail interessierten, aber vordergründig sind sie nun mal alle kinderfreundlich! "Kinder sind unsere Zukunft" = wer zahlt unsere Rente? Was also tun? Es musste etwas sein, was wirklich wirksam die Kinderarmut in Deutschland bekämpft, aber in Zeiten knapper Kassen nichts kostet.
Kindern helfen?
Im Normalfall denkt man sich jetzt:
Okay,Kinderarmut kann man bekämpfen,
indem man Kindern, bzw. deren Eltern
mehr Geld zur Verfügung stellt.
Da es nichts zusätzlich kosten soll,
muss das Geld eben umgeschichtet
werden.
Das ist ja schließlich die Aufgabe eines
Staatswesens - Geldströme so zu lenken,
dass das Allgemeininteresse am
bestmöglichen bedient wird. Aber
scheinbar denken Mandatsträger unserer
Republik bei wirksamer Bekämpfung
der Kinderarmut nicht an
die Kinder, sondern an die eingangs erwähnte
Statistik.
Wohngeldgesetz
Von den Medien weitgehend unbeachtet
wurde deshalb das Wohngeldgesetz
geändert. Seit dem 01.11.2008 können
nun nicht nur ganze Familien Wohngeld
beantragen, sondern auch "nur"
die Kinder der Familie, so sie neben
dem Kindergeld über irgendein eigenes
Einkommen verfügen. 5-jährige
gehen eher selten arbeiten, also wird
das im Zweifel entweder Unterhalt
sein oder Leistungen nach dem Unterhaltsvorschussgesetz
(wenn der Elternteil,
der Unterhalt zahlen soll, dies
aus welchen Gründen auch immer
nicht macht). Damit wird schon deutlich,
dass Zielgruppe dieser Gesetzesänderung
in erster Linie die Kinder
von Alleinerziehenden sind. Und eine
andere Voraussetzung: Die im gleichen
Haushalt lebenden Eltern/Elternteile
können den Lebensunterhalt des Kindes
/ der Kinder nicht durch eigenes
Einkommen decken und sind auf Leistungen
nach dem Zweiten Sozialgesetzbuch
= Hartz IV angewiesen.
Diese Änderung des Wohngeldgesetzes
ist also auf Hartz IV Empfänger zugeschnitten.
Immerhin sind da ja auch
die Kinder zu finden, die in der Armutsstatistik
den deutschen Schnitt
runterziehen. Also - so könnte man
meinen - kriegen die Kinder nun
Wohngeld, fallen aus dem Leistungsbezug
raus und alle sind glücklich:
Nullsummenspiel
Die Statistik sieht besser aus und die
Kinder und ihre Eltern haben mehr
Geld zurVerfügung. Aber nun sind wir
wieder an der Stelle mit: Es soll aber
nichts kosten! Das was die Kinder nun
an Wohngeld kriegen, wird den Eltern
bei der Hartz IV Berechnung wieder
abgezogen. Damit sind die Kinder aus
der Statistik draußen (weil die haben
ja nun mit Kindergeld, Unterhalt und
Wohngeld ausreichend Einkommen),
aber die Familie als solches hat trotzdem
nicht mehr Geld zur Verfügung,
bzw. wegen Anrechnung eines etwaigen
pauschalierten Freibetrages evtl.
bis zu 30,- Euro mehr.
Beispiel:
Laura Z. ist alleinerziehende Mutter
von Ephraim.
Sie selber geht für 100,-Euro im Monat
jobben, ihr Sohn erhält neben dem
Kindergeld 200,- an Unterhalt.
Zusammen haben sie vorher 600,-
Euro Hartz IV Leistungen erhalten =
164,00 Euro Kindergeld + 200,00 Euro
Unterhalt + 100,00 Euro Job + 600,00
Euro Hartz IV - 1.064,00 Euro im
Monat. Jetzt erhält Ephraim 164,00
Kindergeld + 200,00 Euro Unterhalt +
100,00 Euro Wohngeld = 464,00 .
Laura bekommt noch 500,00 Euro
Hartz IV + 100,00 Euro Job = 600,00
Euro - insgesamt also 1.064,00 Euro.
Traue keiner Statistik...