LIBERTARIAN PRESS AGENCY Berlin, RGL für LPA, 28.11.05
"ATOMKRAFTGEGNER ÜBERWINTERN IN DUNKELHEIT MIT KALTEM HINTERN" ...

So lautete Ende der 1970er Jahre eine beliebte und als kostenloser Aufkleber weit verbreitete Propagandaparole der Atomindustrie. Allen voran die RWE, die Rheinisch Westfaelischen Energiewerke. Die Parole zog nicht nur in (spiess)buergerlichen Kreisen. Auch die Gewerkschaften fanden die Arbeitsplaetze in der Atomindustrie unheimlich wichtig und Arbeiter vermoebelten "terroristische" Atomkraftgegner. Mein Vater klebte sich damals sogar in Opposition zu seinem aufmuepfigen Sohn einen dieser Aufkleber auf das Heck seines hochheiligen und auf Hochglanz polierten Mercedes Benz. Nie haette dieses rollende Symbol buergerlicher Etabliertheit sonst auch nur ein winziges Aufkleberchen zieren duerfen! Derweil fuhr ich mit meinem knallbunt bemalten Kadett B und einem riesigen, unuebersehbar leuchtenden Anti-AKW-Aufkleber auf dem Kofferraum durch die Landschaft und demonstrierte landauf und landab gegen den gestank- und geschmacklosen Giftstrom, der damals nicht einmal die Farbe Gelb hatte.

Gemaestet durch die Atom-Lobby im Bundestag, unisono SPD-FDP-CDU/CS!U, allen voran Atom-Kanzler Schmidt, wuchs und gedieh die Atom-Mafia. ZigMilliarden die heute im bankrotten Bundeshaushalt fehlen, flossen in das gefraessige Millardengeschaeft mit dem schleichenden Atomtod. Die Atomruine des Schnellen Brueters Kalkar, in der Plutonium erbruetet werden sollte, das gefaehrlichste Gift der Menschheit, duerfte heute noch den Haushaltsloecherplanern die Traenen in die Augen treiben. Jetzt ist es ein Vergnuegungspark ...

Seit Tagen sitzen nun die Kunden dieser Atombosse im Muensterland ohne Strom da, denn die "billigen" Nachtstromspeicherheizungen und aehnliche Atomstromfresser haben ihren Dienst aufgegeben. Lieferant: die RWE und andere Atomprofiteure, aktuell offenbar Atomstrombrankrotteure. Der alte abgefeimte Spruch hat jedoch offenbar seine Gueltigkeit, tauscht mensch nur billigerweise [sic!] ein Woertchen aus:

"Atomstromkunden ueberwintern in Dunkelheit mit kaltem Hintern."

Wer auf dezentrale Stromversorgung gesetzt hat, duerfte jetzt auch mit seinem abgelegenen Bauernhof nicht auf Tage und Wochen ganz licht- und waermelos dasitzen. Biogas, Windenergie, Erdwaerme, Holzpellet-, Rapsoelheizung und solare Waermespeicher sind, neben dem einen oder anderen autonomen Bachwasserkleinkraftwerk eben weniger von den Unbilden eines ploetzlichen Wettereinbruchs abhaengig. Wer ein batteriegepuffertes (photovoltaisches) 12-Volt-Stromsystem mit modernen Stromsparbirnen oder Diodenleuchten besitzt, der sitzt auch nicht im Dunkeln, selbst ohne Stromgenerator (der uebrigens auch mit Rapsoel betrieben werden kann).

Leid koennen einem nur die armen Viecher tun, die ohne die strombetriebenen Melkmaschinen schwer leiden muessen, weil per Hand die industrielle "Milchproduktion" nicht mehr abgemelkt werden kann. Auch die Kids koennen nix dafuer, dass ihre Eltern dummerweise an der falschen Stelle sparen wollten.

Letzte Nacht (27./28.11.05) sassen "nur noch" 120.000 Menschen ohne Licht und Heizung da (statt eine Viertelmillion vorher). [Seit heute sind es wieder 40.000 mehr ...]. Und dies nach einem verhaeltnismaessig laecherlich kleinen und kurzen Schneesturm. Viele dieser Menschen werden vielleicht nun doch mal ins Ueberlegen kommen, ob die Energiepolitik der vergangenen Jahrzehnte so das GELBE vom Ei war und was uns allen der lange provozierte Klimaumschwung noch weiter fuer unangenehme Ueberraschungen bringen kann ...

Im Dunkeln und eingehuellt in waermende Decken und Kleider laesst sichs trefflich nachdenken. Die Zeit des Nachdenkenkoennens wird fuer viele noch durch die Unmoeglichkeit sich vor die Glotze zu haengen und zur Arbeit zu kommen verlaengert werden. Eine gute Denkpause fuer einen Teil der Menschen im bevoelkerungsreichsten Bundesland der BRD. Und sollten diese denkwuerdigen und denkintensiven Stunden und Tage zu vernuenftigen Ergebnissen fuehren, duerften die Atomstromgangster eine Menge FreundInnen weniger haben. Im Muensterland, das weiss mensch, wohnen sture Leute, und wenn die einmal einen gefressen haben, dann kauen sie lange drauf rum.

Nachtrag: Liebe WestfalInnen, wie waers denn mit Blockheizkraftwerken und Kraft-Waerme-Kopplung (Strom, Heizung und Warmwasser autark)? Dafuer braucht mensch keine wegknickenden und durch Transportverluste sowieso schwer stromverschwendende Ueberlandleitungen. Denn BHWe sind klein und fein und werden dort gebaut wo sie gebraucht werden: dezent und dezentral. Auch Brennstoffzellen-BHWe fuers Einfamilienhaus sind laengst serienreif. Das ganze zusammen mit gut isolierten Haeusern, bei Neubauten Niedrigenergie- oder Nullenergiehaeuser, macht Euch wohlhabender und unabhaengig von den Energiekonzernen und sichert auf lange Zeit Eure Lebensqualitaet. Krisensicher sind sie sowieso. Arbeitsplaetze werden nebenbei bemerkt auch noch geschaffen. Also warum noch laenger den Energiegangstern "Schutzgelder" zahlen und sich fuehlen wie an einer Melkmaschine ??!