Wir machen den Weg frei... die Staatsgewalt - eine Doku über die Folgen zivilen Ungehorsams
Schwarze Katze Filmbesprechung, Bärbel Jacob / Video-Art, 1997

Durch das "unverhältnismässige" Vorgehen der Polizei gegen CastorwiderständlerInnen wurde bei den Mitgliedern der SPD-Ortsverbände um Gorleben die Illusion in den Rechtsstaat arg angekratzt - aber nicht genug. Dieser Film dokumentiert neben dem Protest der gewaltfreien AtomkraftgegnerInnen gegen den Castortransport vor allem, dass Ausschreitungen und gewalttätige Übergriffe durch PolizistInnen keine Einzelfälle oder gar Randerscheinungen sind. Es fängt an mit Bildern, die zeigen, wie ein Mensch beliebig aus der Menge von DemonstrantInnen herausgegriffen und sofort von mindestens 10 PolizistInnen "angegangen" wird. Über zehn Minuten wird er von PolizistInnen immer wieder getreten, geschlagen und zu Boden geworfen, bis sich die grüne Meute dann doch dazu herablässt, ihm Handschellen anzulegen. Ein Bauer berichtet von einem ähnlichen Vorfall (natürlich wieder zehn gegen einen!), bei dem ein Polizist ihm den Schlagstock auf den Brustkorb gesetzt und ihm damit einen Rippenbruch beschert hat. Nachher hat sich der Einsatzleiter für die "Überreaktion" seiner Truppe bei ihm entschuldigt, wohl nicht aus Reue, sondern um eine Anzeige zu vermeiden...

Sonntagabend setzen Polizisten, die sich ohne sichtbaren Grund durch eine Menge wartender AktivistInnen schieben, Reizgas ein, ohne daß es von den DemonstrantInnen zu Angriffen gekommen wäre. "Notwehr" sollte dies im Nachhinein heissen - gute Nacht Deutschland. In selbiger Nacht stibitzten Magdeburger PolizistInnen in einer - fast schon komischen - Nacht-und-Nebel-Aktion ein Plakat mit der Aufschrift "Besatzer rauSS". Dieses Plakat schien ihnen irgendwie nicht gefallen zu haben - komisch...

Montagabend setzt die Exekutive Wasserwerfer gegen die friedlichen, blockadesitzenden CastorgegnerInnen ein. Als "Achtung, Achtung, hier spricht die Polizei" übers Megaphon ertönt ist alles weitere klar. Gummiknüppel voran, der BGS trägt BlockiererInnen der tödlichen Fracht zuhauf weg. Am nächsten Tag macht die Magdeburger Bereitschaftspolizei ihrem schlechten bzw. guten Ruf - je nach Sichtweise - alle Ehre. Fausthiebe, Menschen an Nasen hochziehen und sonstige Misshandlungen - alles ist drin. Die eingesetzten Wasserwerfer führen bei vielen Menschen zu Unterkühlungen und ernsten Verletzungen. "Die Gewalt ging von der Polizei aus", so die SanitäterInnen.

In der folgenden - langatmigen - Sequenz wird gezeigt, wie PolizistInnen des Berliner "Abräumkommandos" DemonstrantInnen treten, schlagen und als lebende Wurfobjekte gegen andere Widerständige verwenden. Es wird sich empört über ungerechtfertigte Gewalt andernorts "aber dies ist der Gorleben-Einsatz und der gilt als politisch notwendig - deshalb wird darüber geschwiegen". Einer der Neosozis fordert, dass PolizistInnen besser zu identifizieren sein müssten, um das "Fehlverhalten einzelner" - ist er wirklich so blind? - ahnden zu können, und sieht in typisch sozialdemokratischer Manier darüber hinweg, dass jenes Fehlverhalten in Gorleben die Regel war. Nicht ohne Grund hatten ältere AnwohnerInnen den Eindruck sich in kriegsähnlichen Zuständen zu befinden.

"Seitdem hat für mich Staatsgewalt eine andere Anschauung... danach glaubt man an nix mehr!" sagt eine Bürgerin später und wer nach diesem Film immer noch an den wohlwollenden Staat glaubt, will die Wirklichkeit nicht sehen.