Bundeswehr, rechts um?
Schwarze Katze, 10.03.04
abgedruckt im Schwarze Katze Rundbrief 18.04.04

Der Wehrbeauftragte der Bundeswehr, Wilfried Penner, stellte am 09.03.04 den Jahresbericht 2003 des Wehrbeauftragten der Öffentlichkeit vor. Erschreckende nationalistische und sexistische Vorkommnisse sind dort nachzulesen. Wir dokumentieren aus diesem Bericht einige Textauszüge:

Im Berichtsjahr wurden 139 "Besondere Vorkommnisse" mit Verdacht auf rechtsextremistischen oder fremdenfeindlichen Hintergrund gemeldet. In den Jahren 2000 bis 2002 waren 196, 186 bzw. 111 einschlägige Meldungen registriert worden. Es geht im Wesentlichen um Schmierereien, das Hören von rechtsextremistischer oder fremdenfeindlicher Musik sowie um das Zeigen des "Hitlergrußes", "Sieg- Heil"-Rufe und die Kundgabe nationalsozialistischer Parolen, oft begleitet von beleidigenden und fremdenfeindlichen Äußerungen.

Bei den Tatverdächtigten handelt es sich zu etwa 70 % um Grundwehrdienstleistende oder freiwillig zusätzlichen Wehrdienst leistende Soldaten. Unterteilt nach Dienstgradgruppen lag der Anteil der Mannschaften bei etwa 83 %. Unteroffiziere und Offiziere waren mit ca. 16 bzw. 1 % beteiligt.

Ein Grundwehrdienstleistender bezeichnete gegenüber anderen Soldaten einen Oberfeldwebel philippinischer Herkunft als "Fidschi", einen Hauptgefreiten als "Neger" und zwei Muslime in der Kompanie als "Kanaken". In diesem Zusammenhang äußerte er sein Unverständnis darüber, dass solche Menschen Soldaten in der Bundeswehr sein könnten. Im Übrigen gab er an, vermummt an einer NPD-Veranstaltung teilgenommen zu haben. Gegen den betroffenen Soldaten wurde ein Disziplinararrest von sieben Tagen verhängt. Die Staatsanwaltschaft wurde eingeschaltet.

Während einer Feier im Unterkunftsgebäude einer anderen Kompanie zeigte ein freiwillig zusätzlichen Wehrdienst leistender Soldat in deutlich alkoholisiertem Zustand anderen Soldaten die im SMS-Speicher seines Mobiltelefons befindlichen nationalsozialistischen Symbole. Als ein weiterer Soldat die Stube betrat, deutete er durch das Anlegen von zwei Fingern an die Oberlippe den Bart von Hitler an und führte den "Hitlergruß" aus.

Die Dienstzeit des Soldaten wurde auf neun Monate neu festgesetzt; gleichzeitig wurde gegen ihn eine Disziplinarbuße von 400 Euro verhängt. Die Vollstreckung wurde auf die Dauer von fünf Monaten zur Bewährung ausgesetzt. Auch in diesem Fall erfolgte eine Abgabe an die Staatsanwaltschaft.

Ein Maat hob nach übermäßigem Alkoholgenuss in der Mannschaftsmesse einer portugiesischen Fregatte den rechten Arm zum "Hitlergruß". Als er von einem deutschen und portugiesischen Mannschaftsdienstgrad auf seine Fregatte zurückgebracht wurde, rief er zweimal "Heil Hitler". Bei den daraufhin durchgeführten Ermittlungen wurde festgestellt, dass der Soldat bereits in der Vergangenheit durch rechtsextremistische Äußerungen aufgefallen war, die jedoch nicht gemeldet worden waren. So hatte er beim Landgang in der Türkei einheimische Jugendliche als "türkisches Dreckspack" bezeichnet. Während eines Aufenthaltes in Spanien sang er die ersten beiden Strophen des Deutschlandliedes und sprach vom "Führer". An Bord einer Fregatte sprach er gegenüber einem Mannschaftsdienstgrad vom "Führer" und äußerte sich dahin gehend, dass "früher alles besser war und wir wieder rote Armbinden mit Hakenkreuz tragen sollten". Schließlich wurden auf seinem privaten Laptop Dateien mit rechtsextremistischem Inhalt entdeckt. Auf seinem Rechner befanden sich indizierte Musik, das in Deutschland verbotene Computerspiel "Return to Castle Wolfenstein" sowie eine veränderte Version des Buches "Mein Kampf". Der betroffene Soldat wurde fristlos aus der Bundeswehr entlassen. Die Staatsanwaltschaft wurde eingeschaltet.

Neben nationalistischen Vorkommnissen gab es auch wieder über Sexismus zu berichten. Die Schwarze Katze distanziert sich von sexistischen und nationalistischen Vorfällen in der Bundeswehr und anderswo! Die CDU/CSU will ausgerechnet diese Bundeswehr gegen den "Feind im Inneren" einsetzen... Nachfolgend Informationen aus dem Jahresbericht 2003 des Wehrbeauftragten über sexistische Vorfälle in der Bundeswehr:

Im Berichtsjahr wurden insgesamt 83 Besondere Vorkommnisse mit Verdacht auf Verstoß gegen das Recht auf sexuelle Selbstbestimmung gemeldet.

Dazu einige Beispiele:

Ein Vorgesetzter rief nach den Feststellungen der zuständigen Einleitungsbehörde eine ihm unterstellte Soldatin an und befragte sie eingehend, welche sexuellen Praktiken sie bevorzuge.

Darüber hinaus bot er ihr an, mit ihr in einen "Swingerclub" zu gehen. In einem weiteren Gespräch fragte er sie, "Na, wie war die Woche Ficken?"
Gegen den Soldaten wurde ein gerichtliches Disziplinarverfahren eingeleitet.
Ein Leutnant umarmte eine Obergefreite und versuchte sie zu küssen. Sie machte unmissverständlich deutlich, dass sie seine Annäherungsversuche nicht wolle. Dennoch drang der Leutnant ca. zwei Stunden später in die Stube der schlafenden Soldatin ein, küsste sie und berührte sie im Intimbereich. Erst nach mehrfacher laut geäußerter Aufforderung der inzwischen erwachten Soldatin, sie in Ruhe zu lassen, ließ er von ihr ab. Der Leutnant wurde fristlos entlassen.

Bisher konnten 31 Fälle abschließend untersucht werden. In sechs Fällen bestätigte sich der Verdacht auf verbale Übergriffe. In 16 Fällen konnte den verdächtigten Soldaten die Anwendung körperlicher Gewalt nachgewiesen werden.

Eine Soldatin meldete ihrem Vorgesetzten, dass ihr aus dem Fenster eines Bundeswehrfahrzeuges eine Beleidigung mit sexistischem Hintergrund nachgerufen worden sei. Aufgrund der Dunkelheit habe sie Nummernschild und Fahrer des Wagens nicht erkennen können. Der Vorgesetzte nahm die Ermittlungen zwar auf, unterließ es aber, die Ergebnisse der Vernehmungen in einem Aktenvermerk festzuhalten oder zu protokollieren. Damit verstieß er gegen § 32 WDO. Die Aufklärung des Sachverhalts erfolgte nicht mit der gebotenen Sorgfalt; das Verfahren wurde in die Länge gezogen. Ein solches Verhalten von Vorgesetzten ist angesichts des Verdachts eines Eingriffs in die sexuelle Würde eines Menschen unangemessen.

In dem Bericht des Wehrbeauftragten stehen noch weitere als "Einzelfälle" bezeichnete Schandtaten. Interessant dabei ist, dass der "Einzelfall" Günzel fehlt. General Günzel solidarisierte sich mit dem CDU-Rechtsaussen Hohmann, der Juden als Tätervolk diffamierte. Nachfolgend die von offizieller Seite zugegebene Spitze des Eisberges, wer weiss was uns noch alles vorenthalten wird...

Die Zeitschrift "W10 – Magazin für junge Soldaten/-innen" wird von der Heimbetriebsgesellschaft mbH u. Co. KG (HBG) alle zwei Monate heraus- und in Mannschaftsund Unteroffizierheimen unentgeltlich ausgegeben. Herstellung und Vertrieb des Magazins erfolgen in ausschließlicher Zuständigkeit und Verantwortung der HBG. In der Ausgabe Juli/August 2003 wurde ein Pin-Up-Poster einer gefesselten Frau, deren Oberkörper nur mit einem zerrissenen, beschmutzten Unterhemd bekleidet war, dargestellt. Der Rest des Unterhemdes war um die Hüfte geknotet. Soldatinnen und Soldaten haben darüber geklagt. Die Darstellung des Pin-Up-Posters wurde vom Bundesministerium der Verteidigung missbilligt, weil sie fatale Assoziationen zuließ. Das Bundesministerium der Verteidigung wird im Beirat der HBG darauf hinweisen, dass Publizierungen, die dem Ansehen der Bundeswehr Schaden können, nicht geduldet werden. Die HBG bedauerte, dass beim Betrachten des Fotos der Eindruck habe entstehen können, es handele sich um eine vergewaltigte Frau. Die HBG sicherte zu, bei der Auswahl der Poster künftig größere Sorgfalt walten zu lassen.

Ein Unteroffizier hielt als Wachhabender einem am Tisch sitzenden Obergefreiten im Aufenthaltsraum der Wache seine Dienstpistole von hinten in den Nacken und sagte: "So, …, jetzt bist du dran". Darüber hinaus erhob er während eines Unteroffizierabends im alkoholisierten Zustand gegenüber Unteroffizieren und Mannschaftsdienstgraden wiederholt den rechten Arm zum "Hitlergruß" und rief dabei "Sieg Heil". Der Soldat wurde fristlos aus der Bundeswehr entlassen.

Ein Unteroffizier schlug über einen längeren Zeitraum mehrfach verschiedene Mannschaftsdienstgrade mit einem Lineal, einer Antenne und ähnlichen Gegenständen. Vereinzelt kniff er auch Soldaten. Dies verursachte sichtbare Körperverletzungen. Einen Hauptgefreiten schlug er mit einem aufgeklappten Tacker, sodass eine Tackernadel im Arm hängen blieb. Ohne dienstlichen Anlass ließ er diesen Soldaten auf einer Wiese robben und drückte ihn in ein Schlammloch. Schließlich äußerte er sich in einem Gespräch mit dem Hauptgefreiten wie folgt: "Mannschaften sind nichts wert, Mannschaften sind wie Dreck, jederzeit austauschbar und wenn sie kaputt gehen, ist es kein Problem, dann kann man sie einfach neu ordern". Einen Obergefreiten indischer Herkunft bezeichnete er darüber hinaus mehrfach am Tag als "Bimbo" und "Quotenneger". Der Unteroffizier wurde fristlos aus der Bundeswehr entlassen. Die Staatsanwaltschaft wurde eingeschaltet.

Ein Oberfeldwebel erweckte den Anschein, disziplinare Ermittlungen durchzuführen. Er forderte eine Soldatin zu einem "Gespräch" im Dienstzimmer des abwesenden Disziplinarvorgesetzten auf. Dabei hielt er der Soldatin vor, Kameraden gemobbt und sexuelle Verfehlungen begangen zu haben. Die Soldatin ging aufgrund der Umstände des "Gesprächs" davon aus, dass dieses Vorgehen offiziell sei. Das Fehlverhalten des Oberfeldwebels wurde durch den zuständigen Disziplinarvorgesetzten lediglich missbilligt.

Ein Hauptmann sprach einen Feldwebel in Anwesenheit weiterer Kameraden mit den Worten "Na …, haben Sie Leukämie?" auf dessen sehr kurzen Haarschnitt an. Auf die Erwiderung des Feldwebels, dass man über eine solche Krankheit keine Scherze machen sollte, antwortete der Offizier: "Sieht trotzdem Scheiße aus." Gegen den Hauptmann wurde eine Disziplinarbuße verhängt, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wurde.