direkte aktion # 85, Jan./Febr. 91 | direkte aktion ist die anarchosyndikalistische Zeitung. |
J., Bielefeld |
"Loye and Rage" ("Liebe und Wut") ist der Titel einer "revolutionären anarchistischen Monatszeitschrift" (so der Untertitel), die seit April in den USA erscheint. Um die anarchistische Bewegung in den USA ist es ruhig geworden, soweit man/frau nicht eh darüber verwundert ist, das es sowas dort überhaupt gibt bzw. gegeben hat. Ich will hier auch nicht die gegenwärtige oder historische Bewegung nachzeichnen, sondern ein Projekt vorstellen.
Nach zwei Jahren Diskussion und Vorbereitungszeit erscheint jetzt seit April 1990 monatlich eine Zeitung, die von Gruppen und Einzelpersonen aus aus ca. 20 us-amerikanischen Städten getragen wird. Demnächst sollen auch aus kanadischen Städten (Vancouver, Toronto, Montreal) Leute dazukommend Aufgrundder großen Anzahl von Latinos/-as, die im Südwesten und an der Ostküste der USA leben, erscheint die Zeitung zweisprachig, englisch und spanisch.
Die Zeitung bringt Informationen über - oft militante - Aktionen, und beleuchtet deren Hintergründe. Es geht dabei z.B. um:
-antirassistische Demonstrationen in San Francisco, bei denen Skins verprügelt wurden;
-einen Riot in Miami (Florida), weil wei ße Bullen mal wieder einen Schwarzen dienstlich ermordeten;
-die Organisierung von Schwarzen und Linken in Hartem (nördlicher Teil von Manhattan, New York City);
-gegen ein Gen-Tech-Zentrum der University of Columbia, bei dem ein teil des Stadtteils plattgemacht und die dort lebenden Menschen vertrieben werden sollen;
-die Zerschlagung einer versuchten Blockade von weißen Moralisten und Abtreibungsgegnern vor einen öffentlichen Krankenhaus in New-York-City durch die "Women's Health Action and Movement" (WHAM) und die "Autonome Anarchistische Aktion" (AAA).
Viel Platz wird in der Nr. 5 (August) auch der Revolte der Mohawks in Canada eingeräumt, um Hintergrundinformationen zu verbreiten und den Lügen und Desinformation der bürgerlichen Presse etwas entgegenzusetzen. Es gab auch durchaus Widerspruch von einigen Gruppen, die die macho-militante Aufmachung und Darstellungsweisen der Zeitung kritisierten. Über die Kritik hinaus zählten sie an anderer Stelle anarchistische Grundsätze auf. Theoretischer gehts nimmer!
Inhaltlich kommen zu den erwähnten Positionen antisexistische, internationalistische und ökologische hinzu. Durchgängig nehmen Artikel von Frauen (-gruppen) einen breiten Raum ein, nicht nur wenn es um direkte Aktionen geht oder die Kritik an der Macho-Militanz in der Bewegung, sondern auch bei der Untersuchung feministischer Politik, z.B. in "Bi-Women, lesbian identity and sexual liberation" in Nr. 4.
Militante Tierschützer der "Animal Liberation Front" (ALF) kommen ebenso zu Wort wie die californischen Waldschützer von "Earth First", die zusammen mit den lWW (Industrial Workers of the World), um den erhalt von Wäldern kämpfen, deren Baumbestand über 100 Jahre alt und damit ökologisch unersetzlich ist. Internationalistische Artikel untersuchen den anarchistischen Antiimperialismus, die Situation in Südafrika und in Panama nach der US-Intervention oder bringen viele Kurzinfos über Demos, Aktionen in der BRD, den Niederlanden, Großbritannien, Griechenland usw. Normalerweise erwecken die US-Zeitungen den Eindruck, daß es außerhalb der USA nichts mehr gibt! Darüberhinaus gibt es noch feste Rubriken, wie etwa "On Gogol Boulevard", in der über Osteuropa berichtet wird. Das "anarchist Black Cross" (ABC) hilft, unterstützt und berichtet über politische Gefangene auch aus anderem revolutionären Spekteren weltweit.
"Gedankennahrung" überschreiben zwei Mitglieder des "Editorial Council" (EC) ihre Rückschau auf das Treffen von EC-Mitgliedern in New York City am 30.6./ 1.7.90. Das EC ist das höchste Entscheidungsgremium zwischen den Konferenzen, an denen alle UnterstützerInnen des Projektes teilnehmen und mitbestimmen können. Hergestellt wird das ganze letztendlich von einer Gruppe in New York City, die in regelmäßigem Kontakt mit dem EC steht. Probleme gab es mit der Übersetzung ins Spanische. Oft wurden zu wenig Texte übersetzt oder es erschienen ganz andere Artikel im spanischen Teil, sodaß dieser einen ganz anderen Charakter bekam. Das soll sich jetzt ändern, die beiden Teile sollen identisch sein.
Die Gruppe aus Minneapolis, die die Macho-Militanz kritisierte - "More Love in our Rage" (Mehr Liebe in unserer Wut) - schrieb weiterhin dazu: "Wir müssen neue, kreative Wege finden, um Leute aufzufordern, bei uns einzusteigen. 'Love and Rage' kann ein Mittel dazu sein dies zu tun ..." Das EC gab dazu ein Statement heraus: "Politische Gewalt ist eine taktik, nicht ein Ziel. 'Love and Rage' sollte Militanz fördern, aber nicht die patriarchalen Bedingungen, die Militanz hervorrufen. 'Love and Rage' sollte ebenfalls grundsätzliche Untersuchungen fördern, wie patriarchale Verhaltensweisen in unserer Bewegung reproduziert werden."