Kotzbrocken zum G8
Kotzbrocken, Juni 07

Der kraftvolle Widerstand (bestehend aus unterschiedlichsten politischen und kulturellen Spektren und vielfälltigsten bunten Aktionen) in Heiligendamm neigt sich ja nun langsam dem Ende zu! Anscheinend hat es der Schwarze Block am 06.06.´07 sogar geschafft, den einen oder anderen Sicherheitszaun zu demontieren! Und die verschiedenen Straßenblockaden (stellenweise mit 2.000-3.000 G8-Gegnern, wenn nicht sogar noch mehr) und viele andere (gute) Aktionen scheinen auch wunderbar funktioniert zu haben! In den (konservativen/rechten) Medien wurde natürlich hauptsächlich wieder einmal nur über die Straßenkämpfe berichtet. Bilder von Vermummten, die Pflastersteine auf "ungeschützte" (ohne Schild!!!) Bullen werfen. Oder einen Bullen-PKW mit Steinen beschmeissen, bis der in Windeseile (verletzt) flüchtet.

Wieder wurden Demonstranten (allen voran der Schwarze Block) als Monster, Totschläger und was weiß ich noch hingestellt. Dabei ist der "Schwarze Block" keine organisierte Gruppe, bei Gipfelprotesten in der Minderzahl vertreten und es finden sich darunter auch solche, die Gewalt ausüben, um Dampf abzulassen (ähnlich wie bei den alljährlichen Mai-Demos wo unpolitische Gruppen/Gangs und Hooligans schwer mitmischen). Doch zwischen ihnen und den politisierten Vermummten unterscheiden die Bilder nicht.

Überhaupt wurde die Randale im Gegensatz zu anderen (bunten und einfallsreichen)Aktionen von den Medien extremst aufgebauscht. Deswegen praktizieren einige Aktivisten mitlerweile neue Aktionsformen (z.B. "Pink and Silver", u.ä.)und versuchen, diese Bilder zu brechen. Statt vermummter Radikaler gibt es dann z.B. bunte Clowns zu sehen, die tänzelnd die Bullen nervten und sichtlich nervös machten, so daß es sogar zu Handgreiflichkeiten bzw. Gewaltandrohungen kam. Konfrontative Aktionen nennt man das, von denen keine Aggression ausgeht, die aber staatliche Gewalt zeigen und in Frage stellen, wenn die Bullen Clowns angreift. Beim "Normalbürger" kommen solche Aktionen sicher besser an, wie Straßenkämpfe. Vorausgesetzt an solchen (gewaltfreien) Aktionen haben die Medien überhaupt Interesse und zeigen diese auch.

Stattdessen zeigen die dementprechenden Medien lieber arme BullezistInnen, die haufenweise Pflastersteine vor ´n Helm kriegen. Und der arme Bulle kann ja auch nix dafür! Oder doch?! Schließlich soll es schon oft genug vorgekommen sein, daß schwarz gekleidete Zivilbullen Demonstranten zur Gewalt angestachelt (und sogar den ersten Stein geworfen) haben. Dieses wird von der Staatsmacht vermutlich gemacht, um dessen (brutales) Vorgehen bzw. die Bulleneinsätze rechtfertigen zu können. Was ja anscheinend auch funktioniert. In Leserbriefen wird von "braven" Bürgern z.B. vorgeschlagen, "gewalttätige Chaoten" per Wasserwerfer (oder sonst wie) mit nicht abwaschbarer Farbe zu markieren, um diese (auch im Nachhinein der Demo) besser verfolgen bzw. erkennen zu können. Dieser Vorschlag ist noch eher einer der harmloseren. Aber ´n paar Wochen in einer Einzelzelle bei Wasser und Brot, da kommt so ein "Chaot" sicher zur Vernunft, nicht wahr ihr "braven" Bürger?!

Andere "brave" Bürger fragen sich hingegen, was die bekloppten Weltverbesserer denn überhaupt in Heiligendamm zu suchen haben?! Die sollen mal lieber arbeiten gehen! Sind doch sicher ALLES nur Hooligans, Arbeitslose/Schmarotzer, Langzeitstudis und faule bzw. beurlaubte Lehrer.

Tja, was wollten die Demonstranten denn da nun überhaupt: Die "Gruppe der 8" (G8) ist eine Institution ohne Legitimation. Dennoch trifft sie als selbsternannte informelle Weltregierung Entscheidungen, die die gesamte Menschheit betreffen. Das Treffen der G8 steht heute mehr denn je für eine Politik ausbeuterischer, kriegerischer, umweltzerstörender, kapitalistischer Globalisierung und autoritärer Umstrukturierung, bei gleichzeitigem Abbau von Sozial- und Freiheitsrechten in der ganzen Welt. Die Politik der G8 steht für eine neoliberale Globalisierung und Deregulierung, die Wirtschaftspolitik an den Rendite-Interessen internationaler Finanzanleger und Konzerne ausrichtet. Von der Weltbevölkerung leben grade einmal zwischen 13% und 14% in den G8-Ländern. Auf dem jährlichen Weltwirtschaftsgipfel treffen sich die Staats- und Regierungschefs der G8-Staaten und anderer Staaten. Der blanke Hohn, wenn man bedenkt, daß ausgerechnet diese Staaten MigrantInnen und Flüchtlinge aus (sehr armen) Entwicklungsländern ausgegrenzt oder abgeschoben werden, stellenweise sogar in Krisen- bzw. Kriegsgebiete, wo Flüchtlinge mit Folter oder dem Tod rechnen müßen.

Globalisierung im Interesse der Mehrheit der Menschen bedeutet wohl eher faire Beziehungen zwischen Industrie- und Entwicklungsländern, bedeutet Frieden, Gerechtigkeit, soziale Sicherheit und Bewahrung der Lebensgrundlagen des Planeten für die nächsten Generationen. Eine solche andere Globalisierung entsteht aber sicher nicht auf exklusiven und abgeschotteten Gipfeltreffen, sondern von unten aus der globalen Bewegung von Menschen und Initiativen, die sich für eine andere, bessere Welt einsetzen.

Doch der ein oder andere Bürger scheint bei solch heuchelnden Staatsveranstaltungen eher Mitleid und Mitgefühl für die bisserl malträtierte Bullerei zu haben, als für Millionen Tote durch Hunger, Krieg, Armut und Umweltzerstörung, made by eben diesen Industrieländern. Und die geheuchelte Humanität der "Kriegstreiber" (die sich einen Scheiß um die Menschenrechte kümmern) wird natürlich gleich von dem einen oder anderen (wohl betuchten) Weltbürger abgenommen und begeistert gefeiert. Zum Glück nicht von allen!!! Fakt ist: Die von der Dominanz der G8 geprägte Welt ist eine Welt der Kriege, des Hungers, der sozialen Spaltung, der Umweltzerstörung und der Mauern gegen MigrantInnen und Flüchtlinge. Deswegen sind Proteste und Aktionen (in jeglicher Form) begrüßenswert und wichtig!!! Ich wünsche allen (kämpfenden) Anti-G8-Genossen (außer natürlich der Nazipest) noch weiterhin (auch in Zukunft) viel Glück bei ihren Aktionen!!! Mögen alle einigermaßen heil den Protest überstehen, trotz der prügelnden und provozierenden Staatsmacht!

Wer übrigens genaue Infos zu den Protesten und Aktionen haben will oder sie einfach nur Revue passieren lassen will, dem sei der G8-Ticker (von Indymedia) zu empfehlen, wo ständig die aktuellsten News vom Protest in Heiligendamm zu finden sind/waren!!!

Nachtrag (14.06.´07): Am 13.06.´07 wurde bekannt gegeben, daß auch Tornados der Bundeswehr in Heiligendamm zur Beobachtung eines Protestcamps eingesetzt wurden, um (angeblich) "in verschiedenen Geländestreifen Veränderungen der Bodenbeschaffenheit und Manipulationen an wichtigen Straßenabschnitten durch einen Vergleich des Bildmaterials zu erkennen". Die Luftaufnahmen, darunter auch die vom Camp Reddelich, wurden laut Ministerium an die G-8-Einsatzleitung Kavala weitergeleitet.