Da kann es einem doch verGen: Gentechnik in unserem Leben
Friedensfestzeitung 08, Schwarze Katze

Von den selbsternannten ExpertInnen aus Medizin, Wirtschaft und Politik wird die Gentechnik schon seit geraumer Zeit als der Garant für den Fortschritt der Menschheit ausgegeben. All unsere globalen Probleme sollen mit Hilfe von Gentechnik gelöst werden: Krankheiten wie Krebs sollen dadurch bekämpft werden, dass vermeintliche Verursachergene entdeckt und mittels Gentherapie repariert werden. Dem schon heute behebbaren Hunger auf Erden und vor allem auf der südlichen Halbkugel soll vorgeblich beigekommen werden, indem neue, gentechnisch veränderte Pflanzen im Anbau eingesetzt werden, die gesteigerte Erträge versprechen und gegen sogenannte Schädlinge resistent sind. Von den Folgen, Gefahren und ethischen Bedenken, die mensch gegenüber dieser Technologie haben könnte, ist in den Werbebroschüren der Gentechkonzerne nicht die Rede. Grund genug, um die Gentechnik unter die Lupe zu nehmen.

Das Problem der Gentechnik: der Mensch

Zur Gentechnik gehört ein Bild vom Menschen, das diesen auf seine Erbanlagen reduziert. Alle erdenkbaren Verhaltensweisen sollen sich aus den Genen ableiten lassen. Immer wieder bringen Verhaltensgenetiker neue Sensationsmeldungen über in Umlauf, die über neu entdeckte Gene für Homosexualität, Intelligenz oder Alkoholsucht berichten. Ausgeblendet wird dabei, dass Menschen vor allem eines sind, nämlich soziale Wesen: erst durch das Leben mit anderen, durch Erfahrungen und unsere Umwelt werden wir zu dem gemacht, was wir sind. Genetik geht davon aus, dass nicht die Umwelt, sondern Gene bestimmen, ob Menschen krank, homosexuell oder gewalttätig werden.

In der Medizin hat sich diese Ansicht schon erschreckend weit verbreitet: in staatlich geförderten Projekten wird fieberhaft nach Genen gesucht, die Krebs und andere Krankheiten verursachen - vergebens. Mit gutem Grund wird dabei vergessen, dass fast alle Krankheiten durch die Umwelt verursacht werden, in der wir leben: durch Arbeitshetze, Leistungsdruck, der schon in der Schule anfängt, durch Gifte, welche durch Fabriken und Fahrzeuge produziert werden, durch radioaktive Strahlung, die von Atomkraftwerken ausgeht, durch ungesunde Fertignahrungsmittel. Der Blick wird auf die Erbanlagen der einzelnen Menschen gelenkt - sie sind schuld und nicht die krank machenden Bedingungen in der Fabrik.

Für die Gentechnik sind stets der einzelne Mensch und dessen Gene das Problem,
nicht eine Umwelt, in der das Leben immer unerträglicher wird.

In den USA sind Reihenuntersuchungen von ArbeiterInnen auf genetische Anfälligkeiten schon gängige Praxis: so wurden von einem Chemiemulti ArbeiterInnen abgelehnt, die als besonders anfällig für Krebs galten. Von den chemischen Giften, mit denen ArbeiterInnen umgehen müssen und die nachweislich Krebs verursachen, ist hier nicht die Rede. Und wem ein genetischer Defekt bescheinigt wird hat Probleme, überhaupt noch versichert zu werden. Hier wird unter medizinischem Deckmantel Auslese betrieben. Unternehmen können so kranke Menschen aussondern, ohne an ihrer zerstörerischen Produktion etwas zu ändern, die Mensch und Umwelt vergiftet. Die Welt soll so bleiben wie sie ist und die Kosten sollen auf die Einzelnen abgewälzt werden.

Schon am Beispiel Krebs wird klar, dass Gentechnik nicht zur Verbesserung unserer Gesundheit da ist: Krebs ist eine Zivilisationskrankheit, deren Ursachen in den Lebensgewohnheiten begründet sind, die das kapitalistische System den Menschen aufzwingt: Stress, Umweltgifte und schlechte Ernährung - um nur einige zu nennen. Bei einigen Urvölkern ist Krebs z.B. gänzlich unbekannt - und der Grund dafür sind sicher nicht bessere Gene.

Auslese im Reagenzglas

Es gibt kaum noch Frauen, die sich nicht einer vorgeburtlichen Untersuchung unterziehen. Bei dieser kann festgestellt werden, ob ein Kind mit Behinderungen zur Welt kommen wird oder nicht. Frauen, denen ein behindertes Kind diagnostiziert wird, werden massivstem Druck durch Ärzte ausgesetzt, das Kind abzutreiben. Ärzte können verklagt werden, wenn sie Frauen nicht auf die Möglichkeit dieser Untersuchung hinweisen: Der Schaden ist das Kind, das mit Behinderungen zur Welt kommt. In Zukunft wäre es möglich, dass Krankenversicherungen sich weigern, Mütter behinderter Kinder zu unterstützen. Sie hätte es ja vorher gewusst und abtreiben können. Hier wird die Doppelmoral dieser Gesellschaft offensichtlich: während Lebensschützer auf der einen Seite Frauen das Recht absprechen, abzutreiben soll behindertes Leben verhindert werden. Zur Welt kommen sollen nur die, welche sich später gewinnbringend für den Arbeitsprozess verwerten lassen. Frauen sollen durch die Gentechnik in die Rolle von wandelnden Gebärmaschinen gezwängt werden, die neue, gesunde Menschen produzieren sollen. Ihnen wird das Recht abgesprochen, sich selber für oder gegen eine Geburt zu entscheiden.

Durch In-Vitro-Verfahren, bei dem die Eizelle in einem Reagenzglas befruchtet wird, soll vorgeblich der Wunsch von kinderlosen Eltern nach einem Kind erfüllt werden. Doch in Wirklichkeit geht es den MedizinerInnen darum, an menschliches Leben zu gelangen. Sogenannte überzählige Embryonen sollen für Menschenversuche eingesetzt werden. Sie geben vor, genetische Fehler beheben zu wollen - doch was sie wollen ist der leistungsstarke Einheitsmensch, der völlig an die Arbeitsbedingungen der Wirtschaft angepasst ist. Genetisch manipulierte Schweine sollen noch mehr Fleisch abwerfen, genetisch manipulierte Menschen sollen noch mehr Profit erwirtschaften. Behinderte, den Schönheitsnormen nicht Entsprechende oder Kranke gelten als Fehler, die es auszumerzen gilt. Mit Hilfe hat das gar nichts zu tun. Davon abgesehen betonen kritische WissenschaftlerInnen, dass Gene keine biologischen Kippschalter sind und kein Mensch weiß welche Folgen die Manipulation eines einzigen Genes haben kann. Die Gefahren für Menschen und Umwelt sind nicht absehbar.

Genfood gegen den Hunger?

Nach Aussagen der Gentech-BefürworterInnen sollen gentechnisch manipulierte Nahrungsmittel den Hunger in der Welt besiegen. Eine schöne Lüge: Große Konzerne arbeiten schon lange an gentechnisch manipulierten Nutzpflanzen, die gegen ein bestimmtes Pestizid resistent sind. Auf beides sichern sich diese Konzerne das Patent. Bauern, vornehmlich aus der so genannten Dritten Welt sind gezwungen, das Pestizid und das zugehörige Saatgut jedes Jahr neu zu erwerben. Die Pflanzen wurden so manipuliert, dass sie sich nicht fortpflanzen können. Ein schlauer Trick der Konzerne, welcher die Abhängigkeit der Bauern nochmals in die Höhe treibt. In naher Zukunft ist es möglich, dass wenige Konzernmultis die globale Nahrungsproduktion ganz kontrollieren. Die Abhängigkeiten der Bauern und die Profite werden dabei vervielfacht, doch der Hunger wird weiter bestehen bleiben, ebenso der Einsatz von chemischen, umweltzerstörenden Pflanzengiften. Der Hunger in der Welt ist durch die ungleiche Verteilung verursacht und nicht durch fehlende gentechnische Manipulationen. Es gibt schon heute genug zu essen für alle - wie könnten in den Industrieländern sonst Unmengen von Getreide aus finanziellen Gründen vernichtet werden? Eine solche Wirtschaft kann Menschen nicht satt und zufrieden machen.

Wir sagen Nein!

Die Gefühle von kinderlosen Eltern und unheilbar Kranken werden ganz gezielt mit Hilfeversprechen angepeilt und ausgenutzt, um Gentechnik in unser aller Leben einzuführen. Wer ein bisschen Gentechnik befürwortet, ebnet denen den Weg, die sie zur lückenlosen Anwendung bringen wollen.

Gentechnik ist eine Grundsatzfrage - wir sagen kompromisslos Nein zu ihr. Und du?

Schwarze Katze, Postfach 41 20, 58664 Hemer
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