Der neue Faschismus
Haider & Co.

Artikel aus der 10. Iserlohner Friedensfestzeitung - Sommer 2000

Ein Gespenst geht um in Europa - und diesmal ist es nicht der Kommunismus. In Österreich, Frankreich, Italien und Dänemark greifen Rechtsradikale zur Macht. Und weit und breit ist niemand in Sicht, der sich ihnen überzeugend zu widersetzen vermag.

Warum fällt es den demokratischen Parteien zu schwer, das simple Konzept der Populisten zu entlarven? Die Antwort ist einfach: All das, was sie Haider & Co. vorwerfen könnten, wurde von ihnen selbst auch bereits praktiziert. Ein starker Mann an der Spitze, der es schon richten wird? Welche Partei hat dem Wähler nicht genau das schon versprochen. Längst geht es im Wahlkampf nur noch um Personen und nicht mehr um Inhalte. Und wenn es doch einmal um Themen geht, dann sind es in der Regel die, die an den Bauch und nicht an den Kopf appellieren: Angst vor Arbeitslosigkeit, Ausländern und Gaunern. Dummerweise haben viele Bürger die Parolen ernst genommen: Sie glauben an die Bedrohung und wollen jemanden, der sich des Themas auch nach dem Wahlabend annimmt. Und da scheint das Original eben weit überzeugender als die Kopie.

Leichen im Keller
Haider hat genau dies erkannt. Nicht umsonst konfrontiert er seine Gegner in Diskussionen vorzugsweise mit ihren eigenen Parolen. Wer im Glashaus sitzt tut sich eben schwer, mit Steinen zu werfen. Und die wenigen aufrechten Demokraten, die keine Leiche im Keller haben? Sie klammern sich an das Bild vom Faschismus, das wir aus den Geschichtsbüchern kennen: Braune Hemden, Hakenkreuze, Krieg, Antisemitismus und Konzentrationslager. Doch so dumm ist Haider nicht. Im Gegensatz zu seinen erfolglosen Kameraden in Deutschland leugnet er den Holocaust nicht, nein er bietet sogar an, eine Gedenkstätte zu besuchen und erklärt sich zum Freund der Juden. Und welchem Land wollte Österreich schon den Krieg erklären?

Populisten sind keine Demokraten
Ist Haider deshalb kein Faschist? Doch. Denn die wesentlichen Züge dieser Philosophie finden sich auch bei ihm wieder - nur in moderner Form. Die Ablehnung der Demokratie, die Diffamierung des politischen Gegners, der Sündenbock, den man für die eigenen Probleme verantwortlich macht, der Appell an das nationale Bewußtsein - all das findet sich in seiner Politik wieder. Ein Populist, der gegen die Demokratie ist? Nur ein scheinbarer Widerspruch. Denn das, was Haider und Konsorten an öffentlichen Stimmungen aufgreifen, ist natürlich nur eine Auswahl. Würden die Neofaschisten auch für ihr Verbot eintreten, wenn es die breite Masse will? Wohl kaum. Die demokratischen Spielregeln werden von ihnen nur so lange befolgt, wie sie ihnen nutzen. Danach gilt: Der Führer hat immer recht.

Dass so ein simpel gestricktes Muster noch einmal breiten Rückhalt in der Bevölkerung findet, zeigt vor allem eins: Bei der Aufarbeitung des Faschismus wurde mit Rücksicht auf die vielen Beteiligten geschlampt. Das Führerprinzip, es wurde niemals wirklich in Frage gestellt. Der Hass auf Fremde und Minderheiten, er wurde immer wieder gerne benutzt und die wirklich Verantwortlichen für die Probleme im Land - sie wurden nie genannt.

FriedensPlenum Iserlohn