Man stelle sich einmal vor...
Sonntag Nachmittag - Familie
sitzt gemütlich im Wohnzimmer.
Plötzlich knallen Schüsse, ein
paar Meter vom Haus entfernt
robbt ein Menschen durchs Gras,
der beide Beine gebrochen hat
und versucht, sich kriechend seinen
Peinigern zu entziehen. Ein
Hund kommt hinzu, stellt diesen
Menschen und verbeißt sich in
diesen. Was würdet ihr machen?
So ähnlich muss es vor ein paar
Monaten in Pillingsen gewesen
sein. Nur, dass dort kein Mensch
durchs Gras robbte, sondern ein
Reh. Die eingangs erwähnten
Personen eilten dem Reh zu Hilfe,
welches vor Schmerz und aus
Angst um sein Leben schrie. Sie
schlugen auf den Jagdhund ein,
damit der von dem Tier ablässt.
Kurz darauf betrat ein in Jägermontur
gekleideter Mann die
Szene, beschimpfte die zur Hilfe
geeilten und begann letztlich
damit, das Reh mit einem Messer
zu töten. Nun, das war a) für das
Reh das beste, denn der Hund
hätte sich sicherlich weiter in ihm
verbissen und medizinische Hilfe
für Wildtiere ist ein Absurdum in
unserer Gesellschaft, zumal b) das
auch das Ziel des Jägers war.
Leserbriefdebatte
Im Nachhinein gab es zu diesem
Vorfall eine Leserbriefdebatte
in der Zeitung. Besonders interessant
war der Beitrag des Jagdpächters,
der zwar bei dem Vorfall
nicht anwesend war, aber trotzdem
alles wusste und dann natürlich
auch gleich besser. Ein von Selbstgefälligkeit
und Arroganz nicht zu
überbietendes Schriftgut, welches
selbst die Ghostwriter von Helmut
Kohls Memoiren vor Neid in die
Knie zwingen dürfte. Die dem Reh
zu Hilfe eilenden Menschen hätten
nicht nur keine Ahnung, sondern
den Jäger frech gestört und
überhaupt, ein Reh klagt manchmal,
wenn es sich in Gefahr sieht.
Ein Sprachstil, welcher einem
Louis XIV. entnommen zu sein
scheint.
Kein Einzelfall
Und das ganze ist kein
Einzelfall! Damit ist jetzt nicht die
Dumpfbartigkeit des Jagdpächters
gemeint, sondern die Tatsache,
dass täglich von den circa 340.000
registrierten deutschen Jägern
Tiere verstümmelt werden. Konkret
heißt das: Bauchdecke aufgeschossen
- Gedärme hängen heraus
- Kopfschüsse mit herausfließender
Gehirnmasse - gebrochene
Beine mit herausguckenden
Knochen... Das ist Jagdrealität.
Natürlich gibt es manchmal auch
glatte Todesschüsse. Aber angesichts
der oftmals greisen Jägersleut,
vermag dies eher dem Zufall
zu entsprechen.
Jetzt zwängt sich natürlich die Frage auf, weshalb es die Jagd noch gibt. Vom Deutschen Jagdverband (DJV) wird hierfür die Mär von der Hege und Pflege angeführt. Unsere Wälder seien so denaturiert, dass eine Bestandskontrolle unbedingt notwendig wäre, um das ökologische Gleichgewicht zu halten. Und tatsächlich fehlen in unseren Wäldern die natürlichen Feinde des noch vorhandenen Wildes. Wolf, Luchs, Adler... gibt es schon lange nicht mehr - Füchse werden gnadenlos verfolgt. Aber warum wehren sich die Grünröcke dann so vehement gegen eine Wiederansiedlung der Luchse? Warum werden Greifvögel abgeknallt? Und warum richten Jäger im Winter Futterstellen ein, die eine Überpopulation sichern? Wer mal ein Blick in ein Jagdmagazin geworfen hat, wird sich über die wahre Motivation schnell im Klaren: Der Jäger: Bezwinger der Bestie - Herrscher über Leben und Tod. Hier geht es rein um die Befriedigung niederer Instinkte, herrschaftlicher Phantasien. Hochglanzanzeigen von Jagdgesellschaften in Namibia oder auch anderen afrikanischen Ländern sprechen eine eindeutige Sprache.
Freizeitvergnügen für Besserverdienende
In der Steinzeit diente die Jagd
dazu, Nahrung zu bekommen. Mit
der Zeit entwickelte sie sich zur
Freizeitgestaltung für Besserverdienende.
Und da schließt sich der
Kreis. Denn die Arroganz des
besagten Jagdpächters hat durchaus
einen Grund, denn in seiner
kleinen Welt kommt er sich
bestimmt immer noch wie ein
Landvogt vor.
Ende 1996 ergab eine Umfrage,
dass 71 Prozent aller Deutschen
zwischen 16 und 60 Jahren die
Jagd ablehnen. Wenn das auch auf
dich zutrifft und Du nicht weiterhin
akzeptieren willst, dass den
Jägern jährlich auch circa
30 000 Hunde und bis zu 400 000
Katzen (Angabe des DJV) zum
Opfer fallen, kannst Du aktiv werden.