Kurdistan
Was kommt nach
Öcalan?
Friedensfestzeitung 99
Die Verhaftung von PKK-Führer Abdullah Öcalan
hat den Konflikt zwischen den Kurden und der türkischen Regierung nicht
beendet, sondern verschärft. Wie es dazu kam und wie es nun weitergehen
soll, fragen sich nicht nur die in Deutschland lebenden
Kurden.
Zur Vorgeschichte: Nachdem die Türkei großen Druck auf
Syrien ausgeübt und mit Krieg und der Einschränkung der Wasserversorgung
gedroht hatte, gab Syrien nach und verlangte von PKK-Führer Abdullah
Öcalan, das Land zu verlassen. Vorher waren bereits die Militärcamps der
PKK in der libanesischen Bekahebene geschlossen worden.
So wie es
aussieht, traf die neue Situation den Chef der PKK unvorbereitet. Er hat
die Macht der CIA und des israelischen Geheimdienstes Mossad unterschätzt.
Vom ersten Tag seiner Reise nach Rußland verfolgte ihn der Mossad,
kontrollierte all seine Telefonate und leitete die Informationen an den
türkischen Geheimdienst weiter. Alle anderen Stationen Öcalans in Italien,
Griechenland und dann Nairobi sind bekannt. Durch seine Entführung aus
Nairobi in die Türkei und seine Demütigung durch die Bilder vor der
türkischen Flagge wird klar, wie Türkei mit ihren Gegnern umgeht. Was mich
sehr enttäuscht, ist die Beteiligung des israelischen Geheimdienstes am
Kampf gegen das kurdische Volk. Die Juden, die sehr gelitten haben unter
dem Völkermord in Hitlerdeutschland, helfen der Türkei jetzt bei dem
Völkermord gegen das kurdische Volk.
Die türkische Regierung mit
Ecewit, dem Militär und dem Präsident Demirel dachten, daß mit der
Verhaftung Öcalans das kurdische Problem beendet sei. Das Gegenteil war
der Fall. Die Kurden haben gezeigt, daß das kurdische Volk entschieden
hat, für seine Rechte in der Türkei zu kämpfen.
Mir wäre viel
lieber, wenn der Kampf nur politisch-demokratisch wäre, ohne Blutvergießen
und ohne Terror. Alle türkischen und kurdischen Opfer in diesem
Bürgerkrieg sind Opfer der faschistischen Politik in der
Türkei..
Die türkische Regierung wirft der PKK Terror und Krieg
gegen die Zivilisten vor, aber sie bombardiert die kurdische
Zivilbevölkerung im Irak dauernd. Die Türkei lehnt auch jeden politischen
und demokratischen Dialog mit den demokratischen Parteien in Kurdistan und
außerhalb Kurdistans ab. Unter dem Mantel der Nähe zur PKK verfolgt die
türkische Regierung alle Kurden und ihre demokratischen Organisationen.
Die letzten Verhaftung von 1300 Mitgliedern der HADEB –Partei sind das
beste Beispiel. Die Regierung wollte auch diese Partei verbieten, wenn es
das türkische Verfassungsgericht zugelassen hätte, weil sie Angst hat, daß
sich die Kurden bei den anstehenden Wahlen für diese Partei entscheiden
und mit parlamentarischen Mitteln für ihre Rechte kämpfen
werden.
Während die meisten Minderheiten, zum Beispiel im Kosovo,
Bosnien, Armenien und Eritrea, in den vergangenen Jahren ihre
Selbständigkeit bekamen, denken die türkische Regierung und die Faschisten
dort noch immer wie im 19. Jahrhundert. Sie vergessen, daß die Kurden
schon mehrmals gegen die Regierung in Istanbul kämpften, wie zum Beispiel
Scheich Seid und Scheich Mahmoud beim Badrachan–Aufstand. Und sie werden
weiter für ihre demokratischen Rechte kämpfen mit allen demokratischen
Kräften in der Türkei und der ganzen Welt für eine gerechte und
demokratische Lösung für alle in der Türkei lebenden Völker.
Die
Türkei leugnet immer noch das Massaker am armenischen Volk und drohte
sogar der Regierung in Frankreich mit wirtschaftlichem Boykott, falls das
Parlament den Völkermord in Armenien mißbilligt.
Wenn die Türkei in
die EU will, muß sie sich umstellen und die Menschenrechte in der Türkei
respektieren und die Rechte der Kurden auf ein Leben in Freiheit,
Demokratie und Frieden.
Wir sind alle für eine demokratische
Türkei, in der sich der Verstand durchsetzt und politische Lösungen für
alle Probleme der Menschen ermöglicht. Die Spirale von Gewalt und
Gegengewalt, unter denen besonders die Zivilbevölkerung leidet, muß ein
Ende haben.
Hussein