Schwarze Katze Rundbrief 29.10.04
Radioaktivität kennt keine Grenzen - unser Widerstand auch nicht!

Punks gegen Drogen
1.) Für mich heisst das frei zu sein
2.) Bewegungsarchiv gerettet
3.) Deutsche deutschen Blutes
4.) Anti-Castor Demo in Kamen
5.) Atommülltransporte stoppen!
6.) NPD-Zentrum in Altena dichtmachen
7.) Fight global war - Raus auf die Strasse
8.) Frauen an die Macht - Keine Macht für niemand
9.) Voraussetzungen für eine freie Gesellschaft

1.) Für mich heisst das frei zu sein
Schwarze Katze Interview mit einem Punk

Schwarze Katze: Du bist Punk, was heisst das für dich?

Ich kann jetzt nicht für alle sprechen. Für mich heisst das frei zu sein, machen was ich will und mich nicht an andere Leute zu halten. Ich respektiere von anderen Leuten was sie machen wollen, aber ich will auch meine Sachen machen.

Schwarze Katze: Dann hat Punksein für dich also auch eine politische Komponente?

Ja, für mich schon. Ich bin politisch korrekt und bin auch überzeugter Anarchist.

Schwarze Katze: Letztes Jahr warst du ja bei den Chaostagen dabei. Warum eigentlich?

Ich bin dahingefahren um gut Party zu haben und nicht um irgendwie Strassenschlachten zu machen, mich mit den Bullen zu prügeln. Ich wollte einfach nur hinfahren, viele Leute treffen, viele andere Punks und vielleicht auch Oi-Skins die gegen Nazis sind. Bin da aus´m Bahnhof gekommen, hab mit ein paar Leuten gefrühstückt. Nach ner halben Stunde haben wir erst mal für 12 Stunden Innenstadtverbot gekriegt. Sind wir in die Vororte gegangen und andauernd unter dem Auge des Gesetzes gewesen, überall standen Bullen rum, das war nicht so toll.

Schwarze Katze: Wer die Medienberichterstattung zu den Chaostagen 1995 mitverfolgt hat, der könnte ja glauben, dass dort, wo einst Hannover stand nur noch eine rauchende Trümmerwüste vorzufinden ist. Du warst ja bei den Chaostagen 1995 dabei, was hast du denn von der Medienberichterstattung gehalten?

Also teilweise war´s echt heftig. Es wird ja so dargestellt als wenn die bösen bösen Punks die armen Polizisten verkloppt hätten. Aber im Grunde war das nicht so, wir haben uns eigentlich nur gewehrt. Am Donnerstag war ich nicht da, von Donnerstag auf Freitag, wo die ersten Schlachten waren, das hab ich aus Erzählungen gehört - da wollten die Bullen ´ne Gruppe von 100-200 Leuten umzingeln und alle in Vorbeugehaft nehmen und die Leute wollten halt ihre Party haben. Und bei unserer Denkweise lässt man sich nicht so gerne von jemanden die Party versauen - auch nicht von den Bullen und dem Staat.

Schwarze Katze: Das heisst also bei den Chaostagen ging es vor allem darum Spass zu haben und die Polizisten haben euch den Spass dann verdorben?

Ja genau. Und deswegen haben wir uns dagegen gewehrt, dass die unsere Party zerstört haben. Also ich war jetzt zwar bei keiner direkten Schlacht dabei und ich war auch nicht in der Nordstadt, wo die grosse Randale war.

Schwarze Katze: Man könnte doch meinen es gibt schon genug Chaos in der Welt. Warum werden eigentlich Chaostage veranstaltet?

Chaos ist für uns nicht was für den normalen Bürger Chaos ist. Für uns steht Chaos mehr für eine Unordnung, die in Wirklichkeit eine Ordnung ist, die bloss kein anderer versteht.

Schwarze Katze: Was haben die Chaostage denn für einen historischen Hintergrund?

Anfang der 80er hat die Polizei in Hannover eine Punkerkartei eingerichtet und da wurden alle Punks registriert. So praktisch ein politisches Archiv mit Namen, Adressen und Fotos. Und das hat den Leuten damals gestunken und da haben sie damals die Chaostage gemacht. Das ist der geschichtliche Hintergrund.

Schwarze Katze: Und wie haben die sich dann entwickelt?

Das ist im Laufe der Jahre zu einer Party geworden, so 83 war richtig gut Party - ohne irgendwelche Gewalt. Haben halt nur die Punks in der Innenstadt gesessen, ihre Party da durchgezogen und die Bullen standen da und haben geguckt und mehr war da eigentlich nicht. Natürlich wurde hier und da mal ein Stück Gummibärchen geklaut, aber das ist ja wohl nicht so wild. Und dann 84 ist dasselbe passiert, was jetzt in den 90ern wieder passiert ist, das die Sache kriminalisiert und die Punks niedergeknüppelt wurden, weil die da ihre Party machen wollten.

Schwarze Katze: Dieses Jahr wärst du ja fast auch zu den Chaostagen gefahren. Aber du bist ja nicht gefahren und in Hagen am Bahnhof hast du was erlebt. Kannst du das bitte genauer schildern?

Ja, ich wollte eigentlich erst fahren, aber dann hab ich ein paar andere Leute getroffen die wollten nach Norden-Norddeich und dann hab ich mich entschlossen lieber mit denen dahin. Das ist stressfreier, Hannover 6.000 Oberförster, da kommst´e sowieso nicht rein, also fährst du halt mit denen nach Norden-Norddeich. Mit einem hab ich gequatscht, durch den hab ich das rausgekriegt. Und dann kamen immer mehr von den Leuten aus Hagen und als wir viele waren, kamen auf einmal die Bullen, 6 Stück, umstellten uns, also Bundesgrenzschutz und sagten: "Ja ihr wollt nach Hannover fahren, wieso?" - "Nee, wir wollen nicht nach Hannover, wir wollen nach Norden-Norddeich." - "Nein, es besteht die Gefahr, dass ihr nach Hannover fahrt. Deswegen dürft ihr die Gleise nicht betreten und von hier aus nicht mit dem Zug fahren. Ihr müsst den Bahnhof verlassen." Wir so, Recht auf Reisefreiheit und so, da meinte er, das wär durch das Demonstrationsverbot aufgehoben und das ging nun nicht und wir müssten aus dem Bahnhof raus. Und als wir draussen waren, hat drinnen ein normaler Bürger Stress gemacht. Der Bundesgrenzschützer hatte gut Schiss, dass wir zur Presse gehen und ist rausgekommen, war stinkefreundlich und sagte wir könnten doch fahren. Wir sollten uns jetzt die Tickets holen und uns ausdrucken lassen wie wir fahren wollen und welche Strecke, damit er das auch sehen könnte und dann dürften wir doch fahren.

Schwarze Katze: Viele Punks haben ja einen regelrechten Hass auf die Polizei, warum eigentlich?

Das kommt noch aus den 80ern, da waren die Bullen echt übel zu den Punks. Inzwischen hat sich das bei manchen Kleinstädten gelegt, aber in der Regel ist es eigentlich immer noch so. Als Punk wird man beäugt, man wird beobachtet, nicht nur von den Bullen - auch von den Normalbürgern. Aber die Bullen haben halt ein besonderes Auge auf uns und uns wird halt schneller was angehängt. Zum Beispiel wenn du ein Bier irgendwo in der Stadt trinkst, kann´s dir schon mal passieren, das es dir verboten wird, weil Paragraph Alkoholismus in der Öffentlichkeit oder so, das kann dir schon passieren schneller als einem Normaljugendlichen, sag ich mal. Als jemand der seine Bravo liest, sein Techno hört und mit seinen Markenklamotten durch die Gegend rennt, bei denen ist das halt nicht so heftig, die werden halt als harmlos abgetan. Aber wir werden gleich immer als kriminell, gewalttätig, gefährlich und als das andere abgestuft, was irgendwie negativ ist.

Schwarze Katze: Welche Rolle spielt eigentlich Musik für die Punks?

Unsere gesamte Kultur basiert eigentlich auf der Musik. Es gibt Fanzines, das sind so kleine Heftchen über die ganzen Musikgruppen. Und die Musik ist unser Sprachrohr, vermittelt uns gegenseitig unsere Botschaften und bringt die durch die Texte rüber.

Schwarze Katze: Sind das auch kritische Texte?

Ja, es gibt den Politpunk, so mit richtig politischen Texten, die auch meistens anarchistischen Hintergrund haben. Dann gibt´s den Funpunk, das ist Musik über so spassige Sachen, wie über Freundin oder sitz auf´m Klo und hab kein Klopapier mehr und so. Das sind so eigentlich die beiden Richtungen die es gibt.

Schwarze Katze: Könntest du ein Beispiel für einen politischen Punktext nennen?

Ich zitier mal: "Zuviele sind zu Kreuze gekrochen, zuviele haben sich ergeben, zuviele haben Angst bekommen vor der Allmacht des Systems und sitzen jetzt verschreckt zu Hause."

Schwarze Katze: Dann sind das also Texte, die die Realität beschreiben und auf der anderen Seite dann auch wieder Mut machen, um aktiv zu werden.

Es gibt Sachen die sind sozialkritisch und es gibt Sachen sie sind mehr zur Motivation gedacht. So Sachen wie "Wir sind wieder da" oder "Uns gibt es noch" oder "Punks not dead".


2.) Bewegungsarchiv vor der Vernichtung bewahrt
Schwarze Katze Archiv, Oktober 04

alternative Zeitungen, die es nicht in jedem Kiosk zu kaufen gibt20 Jahre wurde von einem Anti-Atom Aktivisten alles aus den Bereichen der ausserparlamenatarischen Opposition gesammelt. Viele Zeitschriften, Flugblätter und Bücher aus den Bereichen Atommafia, Ökologie, Antimilitarismus, Anarchismus, Autonome, Antifa, Soziales, Studentenpolitik, Schwul-Lesbisches und Internationalismus wurden gesammelt und sortiert. Nun ist der Vater des Sammlers gestorben. In dessen grossen Haus in der Eifel lagerten viele Jahre die gesammelten Materialien. Der Hobby-Archivar hat sein mit Schriftgut vollgestelltes Elternhaus in der Eifel allerdings nicht alleine geerbt, sondern mit seinen Geschwistern in einer Erbengemeinschaft. Diese bestanden drauf, das Haus zu verkaufen um die Kohle einzustreichen. Der Sammler kann sie nicht auszahlen, also muss verkauft werden. Übergabetermin war der 29.10.04. Der Bruder des Sammlers hat angekündigt das ganze Zeug wegzuschmeissen, wenn es nicht abgeholt wird. Grund: Im Verkaufsvertrag des Hauses war eine Konventionalstrafe von 1.000 Euro festgelegt, wenn das Haus nicht leer übergeben würde. Deswegen bemühte sich die Schwarze Katze das an Bewegungsarchive zu vermitteln oder einen Teil erstmal privat zwischenzulagern. Bewegungsarchive wie das Schwarze Katze Archiv sammeln Materialien der ausserparlamentarischen Opposition und stellen sie Interessierten zur Verfügung.

Anfragen an andere Archive
Die Schwarze Katze hat das Angebot bekommen dieses recht grosse Bewegungsarchiv zu übernehmen. Wir sind ja immer auf der Suche nach alten Texten der ausserparlamentarischen Opposition, um sie für eigene Radiosendungen zu nutzen oder um ausgewählte Artikel aus Basisblättern einzuscannen und online zu setzen. Für uns war recht schnell klar, dass wir nicht den Platz für das recht umfangreiche Archiv haben. Im Gegensatz zum Sammler verfügten wir über die Kontakte zu vielen Archiven und Gruppen. Um die Materialien der ausserparlamentarischen Opposition vor der Vernichtung zu bewahren, hat sich die Schwarze Katze bereiterklärt, die Koordination zur Rettung zu übernehmen. Nicht alles lief reibungslos. Wir hatten vor allem ein Transportproblem. Es nahm einige Zeit in Anspruch diverse Menschen und Gruppen nach einem Bulli bzw. einem grösseren Wagen zu fragen. Jemand von der Schwarzen Katze erklärte sich bereit die Sachen durch ganz Deutschland zu den Archiven zu fahren.

Danach wurden Anfragen an diverse Archive gestellt, ob diese einen Teil oder alles übernehmen würden. Ferner wurde abgeklärt, wieviel Platz vorhanden war, was für Interessenschwerpunkte bestehen, ob die Materialien selber abgeholt werden oder gebracht werden müssen und wer einen Bulli zur Verfügung stellen kann. Leider gab es bei den meisten Archiven, die prinzipielles Interesse gezeigt hatten, nachher keine Reaktion mehr. Etwas enttäuschend. Ein Bewegungsarchiv aus Thüringen hatte sich zurückgemeldet und hatte - im Gegensatz zu den meisten anderen Archiven - auf Anfrage eine Kontakttelefonnummer zurückgeschickt.

Die lange Fahrt in die Eifel
Wir fuhren am Sonntag, 24.09.04 zu zweit in die Eifel, um das Archiv vor dem Wegschmeissen zu retten. Der Fahrer ist um 8 Uhr von Thüringen losgefahren und um 13.30 Uhr in Hemer angekommen. Er betreut ein Bewegungsarchiv und hatte vor allem Interesse an Antifa-Materialien. Diese hat er auch bekommen. Der vegane Fahrer bekam in Hemer veganes Essen zur Stärkung, dann gings mit jemand von der Schwarzen Katze los. Da der Sammler zuwenig leere Kisten hatte, nahmen wir genug leere Kartons mit. Diese waren auch nötig.

Wir brauchten zwei Stunden um die ganzen Sachen einzuladen, da jeder einzelne Karton erst beschriftet und kommentiert wurde. Für das Schwarze Katze Archiv gab es einen in der Nacht vorher mit 4 Stunden Zeitaufwand gepackten recht grossen Karton mit Anti-Atom Materialien. Damit ist eine weitere Lücke geschlossen. Wir haben ja sowieso vor uns intensiver mit dieser Thematik auseinanderzusetzen.

Nideggen in der Eifel hat eine interessante Geschichte
Etwa um 17 Uhr kamen wir in Nideggen an der Eifel an. 3.500 Einwohner, landschaftlich reizvoll, in der Mitte von Köln, Bonn und Aachen gelegen - mit 40 km Waldausblick bis ins Bergische Land. Schade, dass das schöne Haus verkauft werden musste. Nideggen ist der ehemalige Herrschersitz der Grossherzöge von Jülich. Durch Zuheirat kamen grosse Teile vom späteren NRW dazu. Die Zwingburg diente dazu, die umliegende Bevölkerung auszuplündern. Reaktion: Der Herzog von Jülich wurde von der aufgebrachten Bevölkerung bei einem Staatsbesuch bei der freien Reichsstadt Aachen geköpft. Beim umliegenden NATO-Flughafen Nörvenich lagerten 50 Atomsprengköpfe für den Kriegsfall. Wir sahen uns noch die Steinesammlung seines verstorbenen Vaters an, die teilweise vom Mineralogischen Institut einer NRW-Uni übernommen wird.

Die Rückfahrt ins Sauerland
Der Bruder des Sammlers wollte, dass wir die schon eingeladenen Bücher auspacken sollten, damit er sich alles nochmal genau durchguckt, ob Bücher seines Vaters zu China/Mao Tse Tung dabeiwaren. Da wir aber die China-Bücher aus Platzmangel nicht mitgenommen haben, brauchten wir glücklicherweise nicht wieder alles aus- und dann wieder einzupacken. Ein Grossteil der mitgenommenen Materialien, darunter fast alle Bücher, wurden direkt nach Thüringen gefahren und von dort aus weiterverteilt. Die recht zahlreichen Antifa / 3. Reich Bücher und viele Bücher zu Pädagogik/Erziehung kommen an ein dortiges Bewegungsarchiv, die DDR-Sachen gehen an ein Archiv in den neuen Bundesländern, die Materialien zu Bürgerrechtsthemen sammeln. Diese Sachen mussten also nicht in Hemer ausgeladen werden und brauchten nicht zu den Plätzen gebracht werden, wo sie zwischengelagert werden sollten. Trotzdem danke für die Bereitschaft die Sachen zwischenzulagern, bis ein anderes Archiv sie abholt bzw. sie gesichtet werden können. Es blieben nur wenig Sachen übrig, die weiterverteilt werden können, da das meiste in den neuen Bundesländern landet. Ein Teil geht an ein schon länger arbeitendes Antifa-Archiv aus Berlin. Die studentenpolitischen Materialien kommen an ein Universitätsarchiv. Der Transport ist gesichert. Diejenigen Basisblätter, die der Sammler selber behalten möchte, werden an einem sicheren Platz zwischengelagert.

Wir kamen erst um 23.30 Uhr in Hemer wieder an, luden den kleineren Teil der Sachen wieder aus und der Fahrer kam erst um 3.30 Uhr morgens in Thüringen an. Für die Fahrt fielen 90 Euro an Spritkosten an und der Fahrer bekam davon 50 Euro Fahrtkostenzuschuss und viele Bücher für das von ihm betreute Archiv. Für die zeit- und kostenaufwendigen organisatorischen Bemühungen bekam ein Schwarze Katze Aktivist als Privatperson ebenfalls 50 Euro, diese werden von ihm an die Schwarze Katze gespendet, da noch einige Rechnungen, unter anderem die Webspacekosten für www.free.de ausstehen.

In Dortmund gibts was für das Schwarze Katze Archiv
Positiv bei der Fahrt in die Eifel war, dass wir auf dem Rückweg in Dortmund vorbeifuhren, wo wir alternative Zeitschriften aus einer Wohnungsauflösung abholten. Deswegen konnten wir uns das sonst recht hohe Porto sparen. Wir erhielten 28 Exemplare vom anarchistischen Schwarzen Faden, 11 Ausgaben der sozialrevolutionären Wildcat und fünf Anti-Atom Bücher.

Geschafft!
Wir hatten wegen dieser Archivgeschichte recht viel Koordinationsarbeit: Telefonate, e-mails, Auto besorgen, Absprachen und nicht zu vergessen der Zeitaufwand für die Fahrt. Das alles hat zwar viel Zeit in Anspruch genommen, aber es ist ein schönes Gefühl ein Bewegungsarchiv vor der Vernichtung zu bewahren. Danke an alle, die mitgeholfen haben durch das Fahren in die Eifel, das Ausleihen eines Autos, Vermittlung von Kontakten. Danke für das Angebot zur Bereitstellung von Lagerplatz, das brauchten wir nicht in Anspruch zu nehmen, da die meisten Materialien direkt von Thüringen aus verteilt werden. Alles, was im Haus war, wurde bis Ende Oktober 2004 abtransportiert, damit sind die unersetzlichen Archivmaterialien für die Bewegung gerettet, wenn auch auf diverse Städte verteilt.


3.) Nur Deutsche deutschen Blutes sollen auch in Deutschland wohnen...
Interview mit einer Redakteurin der Campzeitung Campesina
geführt auf dem Antirassistischen Grenzcamp Köln, Sommer 03

Schwarze Katze: Wir sprechen jetzt mit mit einer Antirassistin. Sie ist an der Campzeitung für das Antirassistische Grenzcamp beteiligt.

Antirassistin: Ich bin beteiligt an der Vorbereitungsgruppe der täglichen camp-internen Zeitung. Unter der Campzeitung verstehen Leute eher die "Out Of Control". Was die Zeitung ist, mit der sich das Camp nach aussen wendet.

Schwarze Katze: Und diese interne Zeitung gehört dann auf den Camp zum Tag, oder wie können sich das unsere Hörerinnen und Hörer vorstellen?

Antirassistin: Also, erst mal heisst die Campesina und wird möglichst jeden Morgen zur Frühstückszeit auf dem Camp verteilt.

Schwarze Katze: Was steht da in dieser Campesina-Zeitung so drin?

Antirassistin: Was die Leute so schreiben. Sie soll ein Austausch-, Diskussions- und Informationsspiegel für das Camp sein, damit möglichst viele Leute mitbekommen, was andere so erleben und was so abgeht, was passiert ist, oder ob es irgendwo Diskussionsbedarf gibt. Da können Leute ihre Workshops und Aktionsvorschläge oder was auch immer veröffentlichen. Also wir schreiben nichts als Redakteure der Gruppe, ausser einem kleinen redaktionellen Beitrag, aber die Zeitung besteht aus dem, was die Leute - also was die Camp-BewohnerInnen - schreiben.

Schwarze Katze: Wie sieht die Beteiligung an der Erstellung der Zeitung aus?

Antirassistin: Naja, bisher etwas mau. Aber das ist ja auch erst die erste Ausgabe. Das heisst, die Leute müssen sich erst noch daran gewöhnen, dass es sowas gibt. Wir hatten letzte Nacht extreme Probleme, das Ding zu füllen und haben das dann doch irgendwie hingekriegt und hoffen, dass das in Zukunft besser wird.

Schwarze Katze: Für unsere Hörerinnen und Hörer, die mit dem Begriff "Antirassistisches Grenzcamp" nichts anfangen können - was ist das?

Antirassistin: Also das ist ein Camp, also eine grosse Wiese mit vielen Zelten und ähnlichem drauf, wo sich Leute treffen, die dann eine Woche lang zusammen leben, das heisst kochen und alles was dazugehört. Wohnen und Aktionen machen gegen rassistische Gesetze, rassistische Institutionen und die rassistische Mehrheitsgesellschaft.

Black and white together!Schwarze Katze: Worum geht es bei der antirassistischen Demonstration?

Antirassistin: Es geht schon hauptsächlich um Rassismus. Es geht um das Ausländerzentralregister Köln. Es geht um die International Organisation of Migration (IOM), die in Bonn ist und Immigrationsmanagement betreibt, wie das so schön heisst. Das heisst, die Kontrolle der autonomen Bewegung von Menschen auf der ganzen Erde. Es geht natürlich auch um den ganzen Verwertungsrassismus, Sozialrassismus und um das Flüchtlingsschiff, das hier gleich um die Ecke vom Camp ist, wo Roma auf ganz furchtbar unmenschliche Art und Weise eingepfercht worden sind.

Schwarze Katze: Du hattest mir im Vorgespräch erklärt, dass du staatlichen Rassismus ablehnst. Warum?

Antirassistin: Warum? Also, ich lehne jede Form von Rassismus ab, ob die jetzt staatlich oder gesellschaftlich oder persönlich ist. Also, was ist staatlicher Rassismus? Das ist die auf staatlicher Ebene institutionalisierte Ungleichbehandlung von Menschen auf Grund ihrer Hautfarbe oder einer irgendwie konstruierten "Rasse". In Deutschland ist es halt so, dass sich die Staatsbürgerschaft immer noch an Blutsverwandtschaft festsetzt, d.h. nur Deutsche deutschen Blutes sollen auch in Deutschland wohnen, und alle anderen haben hier nichts verloren, sind nicht mal toleriert oder geduldet. Ich finde das sinnlos und eine bekloppte Idee, die Erde in kleine Flecken aufzuteilen, wo es 'ne Grenze gibt und wo gesagt wird: "Du siehst so und so aus und musst da und da wohnen." Alle Menschen sollten da wohnen können, wo sie wollen - also, sich frei bewegen.

Schwarze Katze: Ein Kritikpunkt von Antirassistinnen und Antirassisten ist die Residenzpflicht.

Antirassistin: Das ist noch mal so eine Verschärfung von Grenzen. Es gibt ja nicht nur Grenzen zwischen Nationalstaaten, und als ob das nicht schon bekloppt genug ist, sondern da wird noch mal 'ne künstliche Grenze aufgemacht, die speziell nur für Flüchtlinge gilt, und die sie schikanieren soll. Das bedeutet, dass diese Flüchtlinge, so lange ihr Asylverfahren läuft, den Landkreis, dem sie zugewiesen worden sind, nicht verlassen dürfen. Das heisst, dass jemand der am Ende der Welt - irgendwo in Süd-Bayern zum Beispiel - zugewiesen worden ist, der darf nicht mal kurz nach Frankfurt fahren, um meinetwegen seine Verwandten zu besuchen, die dort zugewiesen worden sind.

Schwarze Katze: Du hattest gerade auch was von einem Flüchtlingsschiff erzählt. Bedeutet das, dass diese Flüchtlinge keinen festen Boden unter den Füssen haben?

Antirassistin: Das bedeutet, dass da Leute auf dem Schiff Transit im Deutzer Hafen untergebracht sind, unter ziemlich inhumanen Bedingungen. Es gibt keine grossen Aufenthaltsräume, es gibt nicht genügend Spielsachen, es gibt keine richtige Küche oder sowas, wo sie zusammen kochen können. Sie werden von aussen mit Essen versorgt. Es sind zum Teil vier oder fünf in einem mini-kleinen Zimmer eingesperrt und das Schiff ist obendrein noch ziemlich überfüllt. Es gibt nicht genügend sanitäre Anlagen, et cetera...

Schwarze Katze: Wenn so Begriffe wie Staatsrassismus gebraucht werden, bedeutet das, dass du den Staat oder Staaten generell ablehnst?

Antirassistin: Ja, das bedeutet das auch.

Schwarze Katze: Vielen Dank für das Gespräch.

Antirassistin: Bitte.

Schwarze Katze Nachtrag vom Mai 04: Das Flüchtlingsschiff Transit ist seit Winter 2003 weg, die Roma leben jetzt wieder zusammengepfercht in Wohnheimen an Land. Im Hafen verblieben ist aber das Asylschiff, auf dem seit Jahren Asylbewerber für wenige Tage einquartiert werden, bevor sie in eine GUK (Gemeinschafts-/Erstaufnahmeunterkunft) geschickt werden.


4.) Anti-Castor Demo in Kamen - bunt, kreativ, öffentlichkeitswirksam
Schwarze Katze Demobericht, 25.09.04

Banner bei der Anti-Castor Demo Kamen, Foto: Schwarze Katze, 25.09.04Der geplante Castor-Transport vom sächsischen Rossendorf ins westfälische Münster sorgt für viel Aufsehen. Die Landesregierung von NRW hat keinen Bock den teuren Polizeieinsatz zu bezahlen und möchte, dass Sachsen für die Kosten aufkommt und eigene Polizisten schickt. Bei diesem Streit geht es nicht um eine prinzipielle Ablehnung der menschen- und tierfeindlichen Atomkraft, sondern nur um Knete. Nicht nur auf Landesebene regen sich Menschen wegen dem Castor-Transport, der diesmal über die Autobahn gehen soll, auf. Auch in der im östlichen Ruhrgebiet gelegenen Kleinstadt Kamen. Dort war für den 25.09.04 von Atomkraftgegnern eine Demonstration in Richtung Autobahn angekündigt worden, was Gesprächsstoff in´s sonst eher beschauliche Kamen brachte. Der Kreisvorsitzende der Kamener Grünen hielt die beabsichtigten Castortransporte, die auch über Kamen gehen sollte, für überflüssig.

Polizeischikanen
Die Kreispolizeibehörde Unna versuchte erfolglos schikanöse Auflagen zu erteilen, beispielsweise, dass in der Kamener Innenstadt nur die Gehwege benutzt werden und nur der Lautsprecherwagen sich auf der Fahrbahn bewegen dürfte. Kreispolizeisprecher Martin Volkmer meinte dagegen, dass von Schikanen keine Rede sein könne, die Auflagen seien "durchweg verhältnismässig" zur "Gefahrenlage". Wir gehen im Gegensatz zum Polizeisprecher nicht davon aus, dass die Gefahren bei Castortransporten von den Menschen ausgehen, die dagegen demonstrieren. Einer der Bündnis-Sprecher bezeichnete die Anwesenheit des Dortmunder Staatsschutzes auf der Anti-Atom Demo als Skandal, da damit versucht würde, die Demo als polizeirelevantes Thema darzustellen. Die Anti-Atom Initiative Kamen warf der Polizei Einschüchterungen und Berhinderungen vor. Die Polizei besuchte den Anmelder der Demo sogar nachts zuhause und fragte seine Nachbarn über ihn aus. Der vom Staat Bespitzelte findet das Vorgehen der Polizei "nicht korrekt", insbesondere über sein persönliches Lebensumfeld Erkundigungen einzuziehen. In der WR Kamen vom 19.09.04 wird der Pressesprecher des "Aktionsbündnisse Münsterland gegen Atomanlagen" dazu zitiert:

Offensichtlich liegen die Nerven beim Innenministerium und den zuständigen Polizeibehörden blank. Denn als jetzt die Anmeldung für die Demonstration in Kamen fristgerecht und ordnungsgemäss von den Bürgerinitiativen eingereicht wurde, reagierte die Polizeibehörde völlig überzogen und nervös. So wurde versucht, dem Anmelder zu Nachtschlafender Zeit (23.20 Uhr) die Einladung zu einem sogenannten Kooperationsgespräch zu übergeben, dieses jedoch vergeblich. So wiederholte man die Übergabe am nächsten Morgen um 8 Uhr. Wenige Tage später tauchten die Polizeibeamten wieder beim Anmelder auf, diesmal nicht ohne vorher die Nachbarwohnungen zu konsultieren und Fragen über das Privatleben des Anmelders zu stellen. All das hat mit dem Demonstrationsrecht wenig, aber mit Einschüchterung und Behinderung viel tun. Es wird uns jedoch nicht davon abhalten, den Widerstand gegen die unsinnigen und gefährlichen Atomtransporte deutlich zu machen. Wir protestieren gegen die peinlichen Auftritte der Polizei und werden auch in Zukunft unsere Rechte wahrnehmen.

1. Demo wird verboten
Schon für den 1. Juni 04 sollte eine Anti-Castor Demonstration in Kamen aus demselben Anlass laufen, nur weil der Castor nicht lief, wurde sie verschoben. Der Polizei gefiel die geplante Route zur Autobahnauffahrt A1 Höhe Zollpost nicht und sprach gar davon, dass mit einer solchen Demo Leben gefährdet würde. Den Atomkraftgegnern gefällt wiederum nicht, dass über das vielbefahrene Kamener Kreuz Atommüll transportiert werden soll und die Bevölkerung Kamens dabei gesundheitlich gefährdet wird. Die Kamener Lokalpresse titelte im Mai bildzeitungsmässig mit "Droht nun das totale Chaos auf der Autobahn?" und beunruhigte die ZeitungsleserInnen mit der Frage "Droht jetzt die Konfrontation und damit das totale Chaos im und ums Kamener Kreuz?" Der Anmelder erklärte worum es wirklich geht: "Den Demonstrationswilligen ginge es nicht darum, den Verkehr auf der Autobahn zu behindern. Wir wollen den Castor-Transport verhindern".


Demo durch Kamen

Castor-Stopp-Mikado auf dem Alten Markt

Im Vorfeld der Demo wurden einige Informationsveranstaltungen durchgeführt, die auf zum Teil reges Interesse stiessen. Die WR Kamen schrieb am 21.09.04 über eine dieser Infoveranstaltungen: "Das Anti-Castor-Aktionsbündnis protestiert nicht nur gegen einen Transport des Atommülls über die Autobahn zum Brennelementezwischenlager in Ahaus, sondern fordert auch den sofortigen Ausstieg aus der Atomenergie. Nur so könne verhindert werden, dass viele Tausend Tonnen radioaktiver Müll entstehen, für den es weltweit kein Entsorgungskonzept gibt."

2. Demoversuch klappt
Da der Castor-Tranport im Juli abgesagt wurde, fand die Anti-Atom Demo erst später statt, als wieder Gefahr für Mensch und Tier durch einen erneuten Atommülltransport bestand. Sie fand schliesslich wegen dem "drohenden Atommülltransport ins Zwischenlager Ahaus" am 25.09.04, einen Tag vor den Kommunalwahlen statt. Diesmal hatte die Polizei gnädigerweise nichts rumzumeckern, auch nicht gegen die zeitliche Nähe zu den Kommunalwahlen. Als ob das jemand interessiert... Da die mögliche Transportstrecke am Kamener Kreuz lag, war der Lokalbezug für die Auftaktdemo vorhanden.

Winkelelement bei der Anti-Castor Demo Kamen, Foto: Schwarze Katze, 25.09.04Wir verteilten auf der Auftaktkundgebung, wo es coole Punk-Mucke gab, ein Flugblatt, wo inhaltlich auf Gefahren und Unsinnigkeit der Castor-Transporte eingegangen wurde und die Webadresse www.antiatom.de/mk angegeben ist. Die Atomkraftgegner forderten "einen kompletten Einlagerungsstopp für das Ahauser Atomlager", da diese Anlage "nicht mehr den Sicherheitsanforderungen für eine langfristige Lagerung von abgebrannten Brennstäbe" entspricht. Zur Demo riefen folgende Gruppen auf: Antifa Kamen, Aktionsbündnis Münsterland gegen Atomanlagen, Anti-Atom-Initiative Kamen, Bürgerinitiative "Kein Atommüll in Ahaus", Widerstand gegen Atomanlagen (WIGA) Münster, Menschen gegen Atomanlagen (MEGA) Waltrop, GAL Kamen. Sie schrieben in ihrem gemeinsamen Aufruf:

Machen wir deutlich, dass wir nicht bereit sind die Zerstörung der Umwelt und die Gefährdung von Millionen von Menschenleben weiter hinzunehmen! Kommt deshalb alle am 25. September nach Kamen. Veranstalten wir gemeinsam eine entschlossene und phantasievolle Auftaktdemonstration für die kommende Transportphase, die in der darauf folgenden Woche beginnt. Der Transporttermin wurde auch aufgrund des Anti-Atom-Widerstands Anfang des Jahres verschoben. Es besteht die Chance durch unseren entschiedenen Protest die Transporte noch im Vorfeld zu verhindern. Setzten wir ein deutliches Zeichen, dass wir nicht tatenlos zuschauen werden - auch nicht wenn der Castor rollt!

Im Aufruf wird noch auf die langfristigen Gefahren hingewiesen: Der heute produzierte Atommüll wird noch Zehntausende Jahren radioaktiv strahlen und eine grosse Gefahr darstellen. Es gibt weltweit kein einziges Endlager, in dem der Müll sicher verwahrt werden kann. Dennoch wird weiterhin Atommüll in den Atomkraftwerken produziert und die gewonnene Energie als sauber und billig propagiert. Billig ist sie aber nur deshalb, weil die Betreiber sich nicht um die Probleme der Entsorgung kümmern müssen. Der einzige Weg, die gefährlichen und inakzeptablen Atommülltransporte zu beenden und keinen weiteren Atommüll mehr zu produzieren, ist der sofortige Ausstieg aus der Atomenergie.

Als Teilerfolg sahen die Organisatoren, dass die NRW-Landesregierung im Jahre 2004 keinen Transport nach NRW genehmigen wird. Ein Redner warnte davor, dass bei einem Atomtransport über die Autobahn die Polizei die komplette Autobahn inklusive Autobahnbrücken absperren würde und Kamen, da es von drei Autobahnen umgeben ist, quasi von der Aussenwelt abgeschnitten würde.

Anti-Castor Demo Kamen, 25.09.04, Foto: Schwarze KatzeDer Gittarist der Band Slup konnte wegen Rippenfellentzündung nicht kommen, stattdessen spielte die coole Münsteraner Punkband "No Ties Required" kurz vor der Autobahnauffahrt in einem LKW. Der NRW-Innenminister Behrens erklärte am Kamener Demotag, dass der Castortransport verschoben ist. Insgesamt gab es mehr Polizisten als Demonstranten, auch der Dortmunder Staatsschutz war gut vertreten. Offenbar ist es in der BRD staatsfeindlich Leben vor atomarer Verseuchung zu schützen. Nachfolgend ein Auszug aus dem gelungenen Redebeitrag der Anti-Atom Initiative Kamen:

Da stellt sich doch eigentlich die Frage, wie es sein kann das weiterhin auf die Atomenergie gesetzt wird, auf eine total menschen- und umweltfeindliche Technologie. Darauf wird meist erwidert: weil die Atomenergie billig ist. Aber wie kann eine derartige Technologie billig sein? Das ist recht einfach. Die Atomenergie ist staatlicherseits extrem subventioniert. Atomkraftwerke sind nicht versichert und für die Entsorgung des Atommülls müssen die Betreiberfirmen auch nicht aufkommen. Kurz gesagt: Mit der Herstellung von Atomenergie lässt sich Profit machen. Damit erfüllt sie ihre Existenzbedingung in einer kapitalistischen Gesellschaft. Im Kapitalismus stehen nämlich nicht die Bedürfnisse und Wünsche der Menschen im Mittelpunkt, sondern einzig wirtschaftliche Gründe und Verwertungsinteressen.

In unserem Aufruf stand zu lesen: Für eine herrschaftsfreie Gesellschaft. Eine Gesellschaft, die wir für menschlich und lebenswert halten, sollte aber frei von Unterdrückung sein. Es soll keine Herrscher geben und keine Beherrschten. Die Menschen sollen ihr Leben selbst in die Hand nehmen können und solidarisch miteinander zusammenleben. Wir wollen eine Wirtschaft, die eben nicht die Verwertung des Kapitals im Mittelpunkt hat, sondern die Bedürfnisse der Menschen. Das unsere Gesellschaft alles andere als herrschaftsfrei ist, liegt auf der Hand. Und da Kapitalismus und Freiheit nicht zusammenpassen, egal wie mensch es dreht und wendet, ist klar, das die Abschaffung der kapitalistischen Verhältnisse unser Ziel ist. Deshalb ist unser Widerstand gegen die Atomenergie mit der Perspektive einer anderen Gesellschaft verbunden. Wir wollen grundlegende Veränderungen. Die sind nicht nur nötig sondern auch möglich.

Anti-Castor Demo Kamen, 25.09.04, Foto: Schwarze KatzeAtommikado gegen die Atommafia
Ein Demoteilnehmer beschreibt später auf Indymedia das überdimensonierte Mikado-Spiel: "Bevor die Demo losging wurde kurz das Mikado erklärt und probegespielt. Drei Teams waren vertreten (Schwarz, Rot, Grün). Wenn beim Versuch die Mikadostäbe zu Räumen gewackelt wird, ist das nächste Team am Zug. Regeln sind halt Regeln und daran muss sich auch die Polizei halten. Die zeitgleich eingetroffene Castorattrappe wurde symbolisch blockiert. Dann zog die Demo parolenrufend durch die Innenstadt, mit kleinen Abweichungen von der Demoroute. Die erste Kreuzung wurde gleich mit Mikado blockiert. Später sollte es noch einen Kreisverkehr und die Hochstrasse (Autobahnzubringer) treffen. Derweil schlossen sich weitere Menschen der Demo an."

Der Artikel endet mit einem dickem Lob für die Organisatoren: "Alle TeilnehmerInnen gingen mit einem guten Gefühl nach Hause. Die Organisation hat bestens funktioniert. Die Demo war lautstark und die Ablehnung der Atomkraft konnte gut vermittelt werden. Es wurde deutlich gezeigt: Wir sind in der Lage einiges auf den Kopf zu stellen und am Tag X können sich Polizei und Regierung auf was gefasst machen. Alles in Allem ein äusserst gelungener Auftakt für das Ruhrgebiet und den Anti-Atom-Widerstand überhaupt."

Team Schwarz schrieb am 28.09.04 ebenfalls auf Indymedia: "Ich war schon lange nicht mehr auf einer Demo, die so fett Spass gemacht hat wie die Demo in Kamen. Statt ellenlanger Reden gab es super Punkmucke und statt endlosen latschen und rumstehen gab es Mikadostangen und Aktion. Besonders gelobt werden muss die Super Organisation, vor allem das selbbestimmte/selbstbewusste Auftreten gegenüber Team Grün war ein absolutes Highlight. Wäre nur schön gewesen wenn mehr Menschen den Weg nach Kamen gefunden hätten. Meine Einschätzung nach waren wir bestenfalls 80 Leute. Um so bemerkenswerter das es den Antiatomis im Vorfeld gelungen ist, so einen Wirbel zu entfachen, dass die Autobahnauffahrt für 4 Stunden gesperrt wurde. Alles im allem ein gelungener Test für den Tag X. Danke auch für die Unterstützung aus dem Münsterland, insbesondere bei der WigA Münster."

Anti-Castor Demo Kamen, 25.09.04, Foto: Schwarze KatzeLecker war das Essen von Food not Bombs, was sich ein Schwarze Katze Aktivist leider zum Teil auf die Jacke schüttete, aber glücklicherweise gab es Nachschlag und Papiertaschentücher. Die Polizei versperrte mit Gittern die Autobahnauffahrt, hielt sich aber mit Provokationen zurück. Bilder und Zeitungsartikel gibt´s übrigens auf unserer Sonderseite zu sehen.

"Störenfried" zieht ein positives Fazit zur Demo:
Zunächst die Transpis sind einfach nur Supergut, besonders das mit dem Maulwurf und dem Presslufthammer. Zu der Sperrung der Autobahn Auffahrt kann ich nur gratulieren, mit so wenig Aufwand soviel Stau! Ich glaub langsam, die können, dass mit den Castoren und der Autobahn knicken. Weil am Tag X, wird es sicherlich einige solcher Aktionen geben. Wird mal Zeit das die Leute im Ruhrpott Unterstützung bekommen und es auch anderswo rockt, die Transporte führen über mehr als 600 km Autobahn. Es gibt also genügend Raum sich quer zu stellen und die lange Anfahrt entfällt auch! See you on the barricades!

Unser Fazit ist ebenfalls positiv: Eine gelungene Demo gegen die Vernichtung der natürlichen Lebensgrundlagen. Schöne Transpis, gute Sprüche, inhaltliche Redebeiträge, lecker veganes Essen, viel Öffentlichkeit. Davon könnten sich andere eine Scheibe abschneiden. Weiter kreativ und bunt gegen die Atommafia!


5.) Atommülltransporte stoppen!
Darf es auch ein bisschen mehr sein?

Projekt Gegendruck [Lüneburg]

Atomkraft? Nein danke!Im November diesen Jahres sollen wieder 12 Castoren durch Lüneburg ins Wendland rollen. Wie in den letzten Jahren wird der Atommüll über Schiene und Strasse in das oberirdische Zwischenlager Gorleben verfrachtet. Zur Durchsetzung standen im letzten Jahr 12500 Polizei- und BGS Beamte bereit, die das Wendland besetzten, sich als Spitzel und Provokateure einschlichen und die Versammlungsverbote der Lüneburger Bezirksregierung mit Gewalt durchzusetzen versuchten. Seit 25 Jahren steht Gorleben jedoch nicht nur für die vom Staat fallengelassene demokratische Fassade, sondern auch für einen vielfältigen, entschlossenen und kontinuierlichen Widerstand. Die ersten Transporte wurden von Protesten, von erst 3000, später um die 8000 Menschen begleitet, militante und gewaltfreie Widerstandsformen liefen in einer breiten, für die Ordnungsorgane nur schwer kontrollierbaren Bewegung nebeneinander.

Widerstand auf allen Ebenen...

Seit den Atomkatastrophen 1979 in Harrisburg (USA) und 1986 in Tschernobyl (ehem. UDSSR) weiss jedeR um die Gefahren eines Super-GAUs. Mehrere tausend Tote und über 100.000 Krebserkrankungen zeigen deutlich die Gefahren, die von allen AKWs weltweit ausgehen. Schon der Normalbetrieb eines Kernkraftwerkes tötet Menschen, auch ohne die permanenten "kleinen" Pannen und Fehlfunktionen. Im vergangenen Jahr war die BRD der viertgrösste Produzent von Atomstrom- und müll der Welt. Hierfür müssen riesige Mengen Uranerz, u.a. in Kanada, Australien, Niger, Usbekistan, Namibia, Kasachstan, Russland, USA und Südamerika unter katastrophalen Bedingungen abgebaut werden. Unzählige Krebserkrankungen, Tote und eine weiträumige Verseuchung um die Abbaugebiete sind die Folge, von denen in einigen Ländern vor allem die dortigen indigenen Bevölkerungen betroffen sind. Von einer "friedlichen" Nutzung der Atomenergie kann also, auch unter Rot-Grün, keine Rede sein. Der Einsatz von Uranmunition im Irak und Afghanistan, sowie der schon fast normal gewordene Verweis auf die Option eines nuklearen Erstschlages seitens der weltweiten Grossmächte, spricht für sich. Im globalen Konkurrenzkampf der Industrienationen um Rohstoffreserven, internationale Handelswege und neue Absatzmärkte ist die militärische Nutzung von Atomenergie in ihrer Wichtigkeit gestiegen. Während die BRD auf einen ständigen Sitz im - ausschliesslich aus Atommächten bestehenden - sog. Weltsicherheitsrat der Vereinten Nationen drängt, versichern Schröder und Trittin, der Atomausstieg sei beschlossene Sache. Bei dem sog. Atomkonsens zwischen den Konzernen und Politik handelt es sich aber nicht um einen geplanten Ausstieg aus der Atomenergie, sondern um den garantierten, reibungslosen Weiterbetrieb der Atomanlagen für die nächsten Jahrzehnte. In diesem auf Profitmaximierung ausgelegten System ist ein Ausstieg aus der Atomenergie auch gar nicht gewollt, da mit dieser Form der Energieerzeugung weitaus grössere Profite möglich sind, als durch die alternativen Energien und auch die Option auf Atomwaffen nicht aufgegeben werden soll.

...weil es im Einzelnen ums Ganze geht!

Atomkraft ist kein Fehler in diesem System, sondern ein konsequenter Ausdruck davon. Wir dürfen deshalb bei der Auseinandersetzung mit dem Atomstaat nicht nur ausschliesslich an diesem Punkt stehen bleiben. In ihm zeigt sich, wie an anderen Punkten auch (Sozialraub, imperialistische Kriegspolitik,...), die Verfilzung von Staat, Wirtschaft und Politik zur Durchsetzung kapitalistischer Interessen, unter der Ausbeutung der "Ressource" Mensch und Natur. Heute feiert sich der Kapitalismus als selbst-ernannt alternativloses Modell, das alle Lebensbereiche durchdrungen hat. Im sog. Neoliberalismus zeigt er sein wahres Gesicht: die Unterwerfung aller menschlicher Bedürfnisse unter die Doktrin des freien Marktes. Durch die Globalisierung dieses Systems auf politischer, technischer und ökonomischer Ebene ist die Welt zum Spielball um mörderische Profitmaximierung und verschärfte Konkurrenz um Märkte und Einflusssphären geworden.

Für einen Grossteil der Menschheit bedeutet dies ein Leben in perspektivloser Armut, ausgegrenzt, unterdrückt und ausgebeutet. Diese Realität kehrt nun in die Industriestaaten zurück. Die durch harte ArbeiterInnenkämpfe errungenen sozialen Rechte, werden von Staat und Kapital systematisch demontiert. Dabei hat der Staat die zentrale Rolle, optimale Kapitalverwertungsbedingungen im Sinne der Profitmaximierung zu schaffen und sicherzustellen. Zur Verbesserung dieser Ausbeutungsbedingungen wird der Zwangs- und Überwachungsstaat weiter ausgebaut, so dass möglicher Widerstand bereits im Keim erstickt werden kann.

Besitz- und Konkurrenzdenken, Leistungszwang und unbedingte Arbeitshörigkeit, Entsolidarisierung und Ellenbogenmentalität, das Recht des Stärkeren und die Einfachheit des Trittes nach unten, wie die Ausgrenzung und Illegalisierung von Flüchtlingen, die Notwendigkeit patriarchaler und sozialer Ungleichheitsstrukturen, Unterordnung und Disziplinierung, die Auslese im Bildungs- und Arbeitsalltag, die Widersprüchlichkeit der Eigenverantwortung in einem fremd-bestimmten Leben oder die angebliche nationale Zusammengehörigkeit in einer Klassengesellschaft sind die ideologischen Voraussetzungen der Herrschaft des Menschen über den Menschen.

Alles für alle!

Ohne die Abschaffung des Kapitalismus wird es kein Ende von Ausbeutung und Unterdrückung geben! Viele Menschen weltweit fragen sich schon lange, was schlecht daran sein soll, wenn die Häuser, Fabriken, Dienstleistungen, Land und natürliche Ressourcen - einfach alles - in den Händen aller, also vergesellschaftlicht ist. Was soll schlecht sein an einer klassenlosen Gesellschaft, die allen von uns produzierten Reichtum gleichmässig verteilt, in der sich das wie und was zu Produzierende an den Bedürfnissen aller orientiert, selbstverwaltet und -organisiert. In einer solchen Gesellschaft gäbe es keinen Platz für Atomanlagen, Umweltzerstörung und Herrschaft!

ATOMSTAAT AUSRANGIEREN!
KAPITALISMUS STILLLEGEN!


6.) NPD-Zentrum dichtmachen!
Antifaschistische Gruppen aus NRW

Ausschnitt vom MobilisierungsplakatWir freuen uns über den Erfolg, den die Kampagne "Kein NPD-Zentrum in Altena-Evingsen" erreicht hat. Der Vermieter der Räume in Altena-Evingsen hat der NPD die Räume gekündigt, dies allerdings nicht fristlos. Bis Anfang des Jahres 2005 werden diese Leute die Räume weiterhin zur Verbreitung ihrer menschenverachtenden Ideologie nutzen können und dies auch tun. Und genau deshalb haben wir beschlossen, die Demonstration trotzdem durchzuführen. Zum einen, weil die Neo-Nazis bis dahin weiterhin ihre Kameradschaftsabende und Schulungen durchführen können, zum anderen, weil die Bedrohung durch die NPD, insbesondere durch den Kreisverband MK und deren militantem Umfeld bestehen bleibt. Diese in NRW und auch bundesweit sehr aktive NPD-Führungsebene ist hier vor Ort weiterhin sehr gut organisiert. Schnell werden sich andere Räume finden, wofür bereits jetzt schon geworben wird, um genau den Aktivitäten weiter nachzugehen, von denen sie bisher dachten, dass sie unbeobachtet geblieben wären! Dass dem nicht so ist und wir sie auch weiterhin im Auge behalten werden, sollten wir ihnen mit dieser Demonstration zeigen!

Wir wollen faschistische Strukturen öffentlich aufdecken und ein Klima schaffen, welches es der NPD sehr schwer machen wird, ersatzweise andere Räume für die Verbreitung ihrer Ideologie zu finden.

Demonstrieren Sie am 30.10.04 gemeinsam mit uns gegen faschistische Freiräume in Ihrer Nachbarschaft, im Märkischen Kreis und anderswo! Entgegen vorheriger Publikationen beginnt die Demo gegenüber dem Burg-Gymnasium auf dem oberen Parkdeck in der Bismarckstrasse und nicht auf dem Schulhof des Gymnasiums.

Für eine fristlose Kündigung des NPD-Zentrums!
Keine Freiräume für Faschisten in Altena und anderswo!

NPD-Zentrum dichtmachen!

Bislang völlig ungestört konnte die extrem rechte NPD in einem unscheinbaren Firmengebäude in der Springerstrasse 23 in Altena-Evingsen ihrem menschenverachtenden Treiben nachgehen. Hier nämlich unterhält der NPD-Kreisverband Märkischer Kreis angemietete Räume, in denen regelmässige Treffen sowie Feiern, Parteitage und Schulungen stattfinden. Aufgrund der angelaufenen Kampagne "NPD-Zentrum dicht machen!" von antifaschistischen Gruppen aus NRW und des öffentlichen Interesses, hat der Vermieter der Räume reagiert und der NPD den Mietvertrag gekündigt, dies allerdings mit einer Kündigungsfrist von drei Monaten. Angemietet wurden die Räume als "Sport- und Kulturverein Lüdenscheid 1997 Eintracht Sauerland e.V. (SKV)". Es spricht für sich, dass Stephan Haase, NRW-Landesvorsitzender der NPD, gleichzeitig Vorsitzender des SKV ist. Bis Anfang des Jahres 2005 also wird die NPD die Räume weiterhin nutzen können und dieses auch tun. Wir haben beschlossen, die Demonstration trotz der Kündigung der Räume durchzuführen. Zum einen, weil die Neonazis bis dahin weiterhin ihre Kameradschaftsabende und Schulungen durchführen können, zum anderen, weil die Bedrohung durch die NPD, insbesondere durch den Kreisverband MK und deren militantem Umfeld bestehen bleibt. Derzeitig ist die NPD auf der Suche nach neuen Räumen, um dort ihr Treiben fortsetzen zu können. Wir wollen mit der Demonstration am 30. Oktober deutlich machen, dass es von nun an keine ruhige Minute mehr für sie geben wird. Egal, wohin sie sich verkriechen wird, wir werden sie finden!

Die NPD
Die "Nationaldemokratische Partei Deutschlands" (NPD) ist die älteste noch existierende Partei der extremen Rechten in der Bundesrepublik Deutschland. Im September 2004 verbuchte sie bei den Landtagswahlen in Sachsen einen enormen Stimmenzuwachs und zog mit über neun Prozent in den Landtag ein. Von einem derartigen Erfolg war die Partei bei den nordrhein-westfälischen Kommunalwahlen vor wenigen Wochen zwar noch weit entfernt, doch ein Blick hinter die Kulissen zeigt, dass auch im Westen keinesfalls Entwarnung gegeben werden kann. Immerhin erzielte die NPD bei den Wahlen acht Stadtrats-, vier Kreistags- und drei Bezirksvertretungsmandate. Hinzu kommen die Stimmen für konkurrierende extrem rechte Parteien wie beispielsweise für die "Republikaner". Doch die NPD hat sich nicht nur dem "Kampf um die Parlamente" verschrieben. Schon seit Jahren legt sie recht erfolgreich ihren Aktionsschwerpunkt auf den "Kampf um die Strasse". Auch in NRW gehören seit einigen Jahren neonazistische Aufmärsche, etliche hiervon von der NPD organisiert, zum Alltag, ebenso wie RechtsRock-Konzerte und andere organisierte Erlebniswelten, durch die sich zahlreiche rechte Jugendliche angesprochen fühlen.

Die NPD im MK
Der Kreisverband der NPD im Märkischen Kreis (MK) gilt als einer der aktivsten in NRW. Der Landesvorsitzende der Partei, der Lüdenscheider Stephan Haase, war einst "Stützpunktleiter Lüdenscheid" und ebenso wie ein weiterer Lüdenscheider NPD-Funktionär, Axel Schoppmann, Aktivist der 1992 verbotenen militanten Neonazi-Partei "Nationalistische Front" (NF). Haase gehörte später zu den Leitern des Lüdenscheider "Donner Versandes", damals der bundesweit grösste Versand für Neonazi-Devotionalien. Bei den Kommunalwahlen kandidierte er auf Platz 2 der Lüdenscheider "Republikaner"-Liste für den Stadtrat, verfehlte aber den Einzug ins Stadtparlament. Im Gegensatz zu seinem Stellvertreter im NPD-Landesvorstand, Timo Pradel aus Iserlohn-Letmathe, der über die kreisweite NPD-Liste in den Kreistag des Märkischen Kreises gewählt wurde. Hier verfehlte die NPD und damit einmal mehr auch Haase als Zweitplatzierter mit 1,9 % nur knapp ein weiteres Mandat. Auch mehrere NPDler/innen aus Altena waren unter den Kommunalwahl-Kandidat/inn/en zu finden, unter ihnen auch Daniel Mattka, der seit diversen Jahren auf kaum einem landes- und bundesweiten Neonazi-Aufmarsch fehlt. So auch zuletzt am 21. August 2004, als im bayrischen Wunsiedel mehrere tausend Neonazis zu Ehren des 1987 verstorbenen Hitler-Stellvertreters Rudolf Hess aufmarschierten. Auch Haase und Schoppmann suchten und fanden den Weg zu dieser den Nationalsozialismus offen verherrlichenden Demonstration. Pradel und Haase mischen ebenso wie der NPD-Kandidat für das Landratsamt des MK, Hagen Prehl aus Schalksmühle, federführend bei der NPD-Vorfeldorganisation "Deutsches Kulturwerk" (DKW) mit, das u.a. im Märkischen Kreis, Ennepe-Ruhr-Kreis und Hagen bereits zahlreiche Veranstaltungen mit hochkarätigen Referenten aus der extremen Rechten organisiert und ebenso wie die NPD keinerlei Berührungsängste zu militanten Neonazis hat. Derartige Veranstaltungen dienen angeblich der "Kulturpflege", stellen tatsächlich aber eine wichtige Scharnierfunktion zwischen den verschiedenen Flügeln der extremen Rechten dar, schaffen Möglichkeiten für eine Strategiediskussion, Absprachen und für die Schulung von Nachwuchs. Eben diese Nachwuchsförderung und Stabilisierung der noch recht dünnen Kaderdecke scheint der NPD im MK, aber auch dem Landesverband der NPD und der NPD-Jugendorganisation "Junge Nationaldemokraten" sehr wichtig zu sein. Wie praktisch, dass es in der hiesigen Region geeignete Räumlichkeiten gibt, um derartige Schulungen durchführen zu können.

Was tun?!
Beim genauen Hinsehen zeigt sich, dass die von der extremen Rechten ausgehende Gefahr wächst. Auch auf die Proteste gegen Hartz IV, z.B. in Lüdenscheid, versuchten Neonazis mit nationalistischen und rassistischen Tönen einzuwirken. Haase, Pradel, Schoppmann, Prehl und ihre Anhängerschaft stellen eine direkte Bedrohung für alle dar, die nicht in ihr menschenverachtendes Weltbild passen. Sich von Seiten des Staates jedoch die Lösung des Problems zu erhoffen, zum Beispiel durch den Ruf nach mehr Polizei und Verboten, ist der falsche Weg. Das Verbotsverfahren, das die Bundesregierung gegen die NPD eingeleitet hatte, scheiterte u.a. daran, dass diverse NPD-Funktionäre auf der Gehaltsliste der Verfassungsschutzämter standen, in NRW zeitweise sogar die gesamte Spitze des NPD-Landesvorstandes. Einmal ganz abgesehen davon, dass der Ruf nach einem autoritären bzw. noch autoritäreren Staat schon immer den Falschen in die Hände gespielt hat und noch nie emanzipatorische Ansätze gefördert und zu einer Demokratisierung beigetragen hat. Ein Blick auf die Entwicklung des Neonazismus und die heutige Dynamik und Flexibilität der neonazistischen Szene zeigt zudem, dass Neonazis gelernt haben, mit Repression, z.B. Verboten ihrer Organisation umzugehen bzw. Strukturen geschaffen haben, die wesentlich weniger anfällig für staatliche Repression sind.

Alles muss man selber machen!
Antifaschistisches Engagement muss also – getreu dem Motto "Alles muss man selber machen" – von uns allen kommen! Neonazis machen sich nur da breit, wo es keine Gegenwehr gibt, wo sie ungestört wirken können und niemand den Mund aufmacht. Zeigt mit uns gemeinsam, dass in Altena, im gesamten Märkischen Kreis oder wo auch immer, kein Platz für die extreme Rechte und ihre Inhalte ist! Informiert Nachbarn, Freunde und Bekannte über das NPD-Zentrum in Altena. Demonstrieren wir gemeinsam dafür, dass der Raum für die NPD demnächst enger wird.

Faschismus ist keine Meinung, Faschismus ist ein Verbrechen!
Für einen sofortigen Rausschmiss der NPD aus ihrem Zentrum!
Keine Freiräume für Faschisten in Altena und anderswo!
Kommt zur Demonstration gegen das NPD-Zentrum in Altena!

Samstag, 30. Oktober, 12.00 Uhr
Parkplatz gegenüber dem Burggymnasium
Bismarckstrasse/Gerichtsstrasse, 58762 Altena

Anmerkung Schwarze Katze AG Antifa: Weitere Infos zur Demo gibts bei der Sonderseite.


7.) Fight global war- Raus auf die Strasse, für lebendigen und sichtbaren Widerstand
gegen die Münchner NATO-Sicherheitskonferenz am 11./12. Februar 2005!

Aufruf des Stadtplenums München gegen die NATO-Sicherheitskonferenz

München, die "Weltstadt mit Herz", den Tagungsort der NATO-Sicherheitskonferenz, kennen wir nicht nur als Hochburg der Yuppies und als eine der, im polizeilichen Sinne, befriedetsten Grossstädte der Welt. München ist auch der Standort von Siemens, EADS, MTU, Krauss-Maffei und Co.- führende Rüstungskonzerne, die eine tragende Säule des europäischen militärisch-industriellen Komplexes darstellen und Tod bringende Fracht in alle Weltexportieren. Die andere Seite repressiver "Sicherheits"politik begegnet uns im Münchner Alltag in Form von allgegenwärtiger Präsenz von Polizei und privaten Sicherheitsdiensten, von Ausgrenzung kommerziell nicht verwertbarer Lebensweisen, von rassistischen Kontrollen, von Abschiebungen und Lagerunterbringung von Flüchtlingen, von flächendeckender Kameraüberwachung der Innenstadt. In dieser Stadt kommen Minister, Militärstrategen und Experten aus der Rüstungsindustrie alle Jahre wieder im Nobelhotel "Bayerischer Hof" zusammen, um Kriege zu planen und Rüstungsprojekte auf den Weg zu bringen, um in München zu shoppen und zu tafeln und um der medialen Öffentlichkeit ihre Kriege als "Friedenspolitik" zu präsentieren. Auch wir werden dieses Jahr wieder auf der Strasse sein. Wir wollen zeigen, dass wir die Schnauze voll haben von Krieg, Militarismus, Sicherheitswahn und kapitalistischer Verwertungslogik. Wir wollen den Herren und Damen im Bayerischen Hof ihren Aufenthalt in München so ungemütlich wie möglich machen. Und wir wollen uns gemeinsam bewegen in Richtung einer solidarischen Welt ohne Ausbeutung und Herrschaft. Wir werden viele sein. Wir werden laut, lästig und nicht zu übersehen sein.

Die Welt-Kriegselite auf der Münchner Sicherheitskonferenz
Die NATO war seit dem Beginn des "kalten Krieges" das bedeutendste Militärbündnis der reichen Industriestaaten. Die Geschichte der NATO steht für atomare Rüstung, Aufrüstung der BRD als antikommunistischer Frontstaat, Geheimdienstterror gegen soziale und revolutionäre Bewegungen, die Unterstützung des Krieges der Türkei in Kurdistan und den Angriffskrieg auf Jugoslawien. Nach dem seit 1999 geltenden Strategiekonzept sieht die NATO ihre zukünftige Hauptaufgabe in der Führung weltweiter Kriegseinsätze. Auch wenn viele der heutigen Kriege nicht unter offiziellem Beschluss der NATO geführt werden, so sind es dennoch die NATO-Mitglieder, die ihre Armeen in alle Welt schicken. Über die NATO-Partnerschaft laufen nach wie vor wichtige militärische Kooperationen, zum Beispiel die logistische Unterstützung für die US-amerikanischen Truppen während des Krieges gegen den Irak durch die BRD. Der NATO-Beitritt der Staaten Osteuropas ermöglicht es den USA, Militärbasen und Marinehäfen in Polen und Rumänien einzurichten.

... EU und Bundeswehr

Auch Deutschland mischt mehr denn je kräftig mit: Auch wenn die meisten Menschen die BRD nicht als ein Land betrachten, das sich im Krieg befindet, hat dieser Staat heute eines der grössten Kontingente an SoldatInnen in internationalen Militäraktionen im Einsatz. Deutsche SoldatInnen "verteidigen" - nach den Worten von Kriegsminister Struck - die Landesgrenzen am Hindukusch, im Kosovo und vielleicht bald auch nicht nur in Dschibuti sondern auf dem gesamten afrikanischen Kontinent. Während die führenden Mächte Europas sich anlässlich des Irak-Kriegesöffentlichkeitswirksam als friedfertige Alternative zur US-Politik profilieren konnten, arbeitet die EU nach Kräften daran, selber zum militärischen Global Player zu werden. Eine 60.000 Leute starke EU-"Eingreiftruppe" soll in Zukunft für Kriegseinsätze rund um den Globus bereitstehen. Und auch ausserhalb der NATO unterstützen die sogenannten "Friedensmächte" Europas nach Kräften die Kriege ihrer Verbündeten, zum Beispiel den "Antiterrorkrieg" der russischen Armee in Tschetschenien.

Weitere Hintergrundinfos zu NATO, EU und Bundeswehr im Internet:
www.no-nato.de
www.imi-online.de (Seite der Informationsstelle Militarisierung)
www.stopthenato.org

Gegen den globalen Krieg...

Dass die Welt mit der Durchsetzung konkurrenzloser kapitalistischer Dominanz nicht friedlicher geworden ist, wissen wir längst. Die Schauplätze der modernen Kriege befinden sich auf allen Kontinenten. Die Akteure sind staatliche Armeen, internationale Kriegskoalitionen, Söldnertruppen privater Sicherheitsunternehmen, lokale Warlords, paramilitärische Gruppen... Gekämpft wird um Rohstoffe, imperiale Einflusszonen, Marktanteile und nationale Grenzziehungen, und zum Teil auch um die Kontrolle über Gebiete, in denen der Kapitalismus den Menschen längst keine Lebensperspektive mehr zu bieten hat. Die modernen Kriege sind keine "archaischen Stammesfehden", sondern sind Teil des kapitalistischen Weltmarktes. Für die Leute, die in den Kriegsgebieten leben, bedeutet dies Massaker und Vertreibungen, Vergewaltigung und Zwangsprostitution, Lagerinternierung, und den massiven Anstieg alltäglicher Gewalt- vor allem gegen Frauen. Die autoritäre und patriarchale Logik von Krieg und Militär schafft Unterteilungen von Menschen in tötungsbereite soldatische Männer und "wehrlose", hilfsbedürftige Opfer. Diese Logik wird dadurch keinen Deut besser, wenn heute in den modernen Armeen auch Frauen als Uniformträgerinnen, menschliche Wüstenroboter und Computerexpertinnen "ihren Mann stehen" dürfen. Und sie wird auch dadurch nicht besser, dass weltweite Kriegseinsätze heute gerne als "Demokratisierung" oder "Schutz von Frauenrechten" legitimiert werden.

...und den sogenannten Frieden

Der Krieg nach Aussen und die sozialen Angriffe nach Innen sind in dieser Welt nicht auseinander zu denken. Es ist eine Suggestion, die global geführten Kriege von den internen Umstrukturierungen abzukoppeln. Der sogenannte Frieden unter den herrschenden Verhältnissen, der nicht mehr beinhaltet, als die momentane Abwesenheit kriegerischer Auseinandersetzungen, bedeutet, dass Millionen an Unterernährung und heilbaren Krankheiten sterben, dass viele ArbeiterInnen täglich mehr als 15 Stunden in Sweatshops und Weltmarktfabriken malochen müssen, dass lebenswichtige Ressourcen, wie Wasser, privatisiert werden, dass einem Grossteil der Menschheit der Zugang zu Land und zu Wohnraum verweigert wird. Und er bedeutet auch, dass sexistische Arbeitsteilungen und Rollenzuschreibungen tagtäglich durch vielerlei Formen von physischer und psychischer Gewalt hergestellt und verteidigt werden. Und, auch wenn die Verhältnisse hier in Westeuropa immer noch weit weg sind von der Lebenssituation in vielen Ländern des globalen Südens: auch hier zeigt uns der Kapitalismus immer unverblümter sein hässliches Gesicht. Mit "Agenda 2010" ,Hartz-Gesetzen und "Gesundheitsreform" veranstaltet zum Beispiel die deutsche Regierung den grössten Sozialraub seit Bestehen der BRD. Ob 1-Euro-Jobs,Zwangsarbeit oder 60-Stundenwoche- der Phantasie, wie man Erwerbslosedrangsalieren und disziplinieren, ArbeiterInnen den miesest denkbaren Jobzumuten, und Krankheit zum ganz privaten Risiko machen kann, sind keine Grenzen mehr gesetzt. Solche repressive Gesetze wurden als erstes an Flüchtlingen und MigrantInnen erprobt, weil sie kaum eine Lobby hatten. Diese Gesetze werden nun auf die nächsten marginalisierten Gruppen ausgeweitet: Erwerbslose und Alte. Und schon längst geht dieser Rundumschlag auch den festangestellten FacharbeiterInnen an die Substanz.

Parallel zur weltweiten Verschärfung der sozialen Widersprüche arbeiten die Schilys, Blairs und Berlusconis nach Kräften daran, innerhalb der EU rassistische Migrationsregime und die Kriminalisierung widerständiger und unbequemer Menschen zu verfestigen. Nach "aussen" exportieren sie den Krieg gegen Flüchtlinge und MigrantInnen in Form von Lagern weit ausserhalb der EU-Grenzen- fünf davon sollen probeweise in Nordafrika eingerichtet werden. Italien betrachtet es bereits jetzt schon als eine konsequente und humane Migrationspolitik, Menschen, die über das Mittelmeer fliehen, sofort, ohne Asylverfahren, nach Libyen zu verfrachten. Weltweite Kriegseinsätze, Sozialkahlschlag, Lagerregime, "Innere Sicherheit": All das steht für eine krisenhafte Entwicklung, in der Staat und Kapital aufgrund und Menschenrechte und auf sogenannte Sozialpartnerschaft verzichten und sich vermehrt auf repressive und autoritäre Methoden zur Kontrolle sozialer Konflikte besinnen.

Zusammen kämpfen- Aufruhr jetzt und alle Tage!

An vielen Orten, auch in Europa, regt sich Widerstand gegen die immer dreisteren Angriffe von oben. Noch passiert zu wenig, noch sind viele Menschen verhaftet in nationalistischer Standortlogik und rassistischen Ausgrenzungsmustern, noch sind die Verbindungen zwischen den unterschiedlichen sozialen Bewegungen viel zu schwach. Aber ein Kampf für soziale Rechte muss auch ein Kampf gegen den Krieg sein - und umgekehrt. Umso mehr ein Grund, dass wir festgefahrene Nischen verlassen und bestehende Widersprüche zuspitzen - im Sinne einer Bewegung, der es ums Ganze geht. Wir werden in den Tagen der Sicherheitskonferenz, aber auch in den Monaten davor und danach, in München und anderswo, versuchen, mit kreativen und unberechenbaren Aktionen die Friedhofsruhe der Rüstungsproduzenten, Militärstrategen und Abschiebetäter zu durchbrechen! Lassen wir die NATO-Sicherheitskonferenz zum Fiasko werden - Rocken wir München!

Stadtplenum München:
Einzelpersonen, Sozialistische Aktion München, F.A.U.L. - Forum Autonomer Umtriebe Landshut, Arbeitskreis Internationalismus, Fortsetzung Folgt, Aktionsgruppe,Freitagscafé, Libertad! Süd

Aktionstag in der Münchner Innenstadt: Freitag, 11. Februar
Internationale Grossdemonstration: Samstag, 12. Februar


8.) Frauen an die Macht - Keine Macht für niemand
Gedanken zum Verhältnis Feminismus - Anarchismus

Schwarzwurzel Frauen

Seit es die Frauenbewegung gibt, gibt es einerseits die Forderung nach einer Verbesserung der Situation der Frauen innerhalb des Systems, z.B. durch eine Gleichstellung der Frauen mit den Männern, andererseits aber auch die Überzeugung, dass eine wirkliche Befreiung nur möglich wird durch eine Überwindung der Struktur der gegenwärtigen Gesellschaft.

Die Frauenbewegung verlangt seit ihren Anfängen nach Menschenrechten, die - als Männerrechte formuliert - ihrem Namen keineswegs gerecht werden, doch wurden diese Forderungen von der bürgerlichen Frauenbewegung oft gleich wieder stark eingeschränkt. Zur Zeit der Wahlrechtsbewegung z.B. gab es Gruppen, die das allgemeine und gleiche Wahlrecht forderten, also das aktive und passive Wahlrecht auch für alle Frauen ebenso wie konservative (Frauen) Gruppen, die das Frauenstimmrecht prinzipiell ablehnten und auch Vereine, die zwar für die Beibehaltung des Zensuswahlrechtes eintraten, aber unter Einbeziehung der Frauen.

Die bürgerliche Frauenbewegung war und ist eine Gleichberechtigungsbewegung, das heisst, frau orientiert sich an etwas bereits Vorhandenem, an Rechten, die (manche) Männer haben, an Normen, die von Männern geprägt sind.

Allerdings ist es auch um diese Gleichberechtigung schlecht bestellt: Von den ca. 200 Staaten der Welt haben Frauen in weniger als 60 das Wahlrecht, der Anteil der weiblichen Abgeordneten beträgt weltweit nicht einmal 15%. Angesichts der Macht(rück)verschiebung von den politischen Gremien zu den Wirtschaftszentralen sei dazu gesagt, dass dort der Frauenanteil weit unter diesem Wert liegt. Laut einer Studie der Arbeiterkammer haben in 92% der österreichischen Unternehmen Männer die Mehrheit im Aufsichtsrat, der Frauenanteil beträgt im Durchschnitt 7,5%. Wie mag dieser Wert wohl global sein?

Doch nehmen wir einmal an, dieses Ziel der Gleichstellung der Geschlechter wäre erreicht: Frauen hätten das gleiche Durchschnittseinkommen wie Männer, wären im Besitz der Hälfte der Vermögen und sowohl in den politischen als auch ökonomischen Entscheidungsgremien gemäss ihrer Zahl repräsentiert - wäre dann etwas anders, abgesehen davon, dass Frauen dann auch mit der (wenn auch unwahrscheinlichen) Hoffnung auf einen Hauptpreis in der kapitalistischen Lotterie leben könnten?

Emma Goldman hat einmal geschrieben "Ich glaube nicht, dass Frauen die Politik schlechter machen; aber ich kann auch nicht glauben, dass sie sie besser machen" - und dabei hat Emma Goldman weder Margaret Thatcher noch Benita Ferrero-Waldner gekannt! Nur weil eine Frau eine Machtposition innehat, wird die Macht selbst noch keine andere! Und wo Macht ist, ist auch Ohnmacht. Ein solches Täter-Opfer-Schema ermöglicht nur sehr eingeschränkte Verhaltensweisen: Teilhabe, Resignation oder blindes Dagegenanrennen - allen dreien gemeinsan ist die Akzeptanz dieser Macht und damit letztlich ihre Zementierung.

Wenn frau Macht aber nicht als Synonym für Herrschaft versteht, nicht als abgeleitete Macht - gegeben von anderen, um sie auszuüben über andere, sondern als Selbstermächtigung, Macht über sich selbst, über ihr eigenes Leben, dann wird diese patriarchalische Polarität Macht-Ohnmacht ersetzt durch ein offenes, mehrdimensionales Denken. Dann wird Einflussnahme möglich nicht durch Eroberung der Macht, wie wir sie kennen, sondern durch Entdeckung und Entwicklung der uns noch unbekannten eigenen Macht.

Die Beschränkung der Macht auf das eigene Leben und ständige Überprüfung möglicher Herrschaftsstrukturen schliesst auch eine schlichte Umkehrung der Verhältnisse vom Patriarchat zum Matriarchat aus.

Der Teil der Frauenbewegung, der davon ausgeht, dass innerhalb der kapitalistischen Strukturen eine Emanzipation nicht möglich ist, weil frau dabei nur Abhängigkeiten tauschen kann (den Vater gegen den Staat, den Ehemann gegen den Arbeitgeber oder auch den Chef gegen die Chefin) sah - und sieht sich teilweise noch mit der Tatsache konfrontiert, dass ihre Forderungen nicht ernst genommen oder als nicht wichtig erachtet werden, oder entweder als abweichlerisch bekämpft bzw. zu vereinnahmen versucht werden.

Der Marxismus enthält von sich aus keine feministische Kritik (Haupt- und Nebenwiderspruch; mit dem Kapitalismus wird auch die Frauenunterdrückung verschwinden) und wurde erst in der 2. Hälfte des 20. Jahrhunderts durch marxistische Feministinnen um Kategorien erweitert, die die Rolle der Frau in der Reproduktion mit Begriffen definierten, die den Frauen innerhalb der marxistischen Analyse Bedeutung gaben. Auch dabei steht aber die Rolle der Frauen als "Arbeiterinnen" im Kampf gegen den Kapitalismus im Zentrum.

Der Anarchismus nun scheint aufgrund der Selbstdefinition als politische Philosophie zur Abschaffung jeglicher Herrschaft geradezu prädestiniert als politisches Gerüst für eine feministische Revolutionierung der Gesellschaft. Allerdings sind Theorie und Praxis oft zwei sehr verschiedene Dinge und die Anarchistinnen mussten die gleichen Erfahrungen der Ignoranz und Unterdrückung durch die Männer der Bewegung machen wie Frauen überall. Dazu kommt noch, dass Anarchisten in dem Bewusstsein, dass sie ohnehin die Guten seien, die jegliche Form der Herrschaft ablehnen, oft die Reflexion über Unterdrückungsmechanismen bei sich selbst verweigern - weil nicht sein kann, was nicht sein darf. (Diese Haltung ist prinzipiell aber nicht nur bei Männern anzutreffen - wie sich anhand der Kritik der Schwarzen Feministinnen an der weissen Frauenbewegung zeigt.)

Herrschaftslosigkeit ist ein Begriff, der eine ganze Philosophie umfasst, aber die dazu erforderlichen Bedingungen können nur konkret gedacht werden - so wie Blume als Gänseblümchen, Rose oder Primel gedacht werden kann, aber schwer als Blume an sich.

Alle Formen der Unterdrückung sind gleich wichtig, stützen sich gegenseitig und sind wohl weder ausschliesslich materiell noch ausschliesslich kulturell bedingt - können also nicht durch ein wie auch immer geartetes Patentrezept überwunden werden.

....verlieren wir die BeHERRschung


9.) Ökonomische Voraussetzungen für eine freie Gesellschaft - ein kurz gehaltener anarcho-kommunistischer Standpunkt
Schwarzwurzeln, Flash G.

Solange Millionen von Menschen in jedem Land ihre Arbeitskraft einer kleinen Minorität von Besitzenden verkaufen müssen und in die erbärmlichste ökonomische Lage geraten, wenn sie keinen Käufer finden, bleibt die sogenannte Gleichheit vor dem Gesetz eine Farce. Aber in demselben Zusammenhang kann auch nicht vom Recht des Menschen auf seine Person gesprochen werden, da dieses Recht dort endet, wo jemand gezwungen ist, sich dem ökonomischen Diktat eines anderen zu unterwerfen. (Rudolf Rocker)

Nennen wir einmal den gesellschaftlichen Zustand der Anarchie ein zu erreichendes Gesellschaftssystem, das die grösstmögliche Freiheit des Individuums unter der Bedingung der Solidarität, der gleichen Freiheit und sozialen Gleichheit aller garantiert.

Wie eine Ordnung ohne Herrschaft genau aussehen soll/wird, kann niemand bis ins Detail sagen. Die Meinungen darüber gehen in der anarchistischen Diskussion auseinander. Sie lässt sich lediglich aus unserer heutigen - durch unsere einschlägigen Erfahrungen mit einem hierarchischen Gesellschaftssystem eingeschränkten - Sicht vorskizzieren.

Zuallererst gilt, dass es nicht wir (alleine) sind, die erklären, wie Menschen in Zukunft zu leben haben. Das werden die schon selbst entscheiden müssen. Ausserdem werden nur konkrete Erfahrungen vieler verschiedener Menschen ermöglichen, ein gut funktionierendes Gesellschaftssystem aufzubauen. Deshalb werden die sozialen Strukturen, auch und gerade in einer anarchistischen Gesellschaft höchst verschiedenartig sein. Sie müssen auch veränderbar bleiben, da ansonsten das Recht eines jeden Menschen, etwa das der jeweils jüngeren Generation oder Neuankömmlingen auf Mitgestaltung der Gesellschaft eingeschränkt würde.

Eine wesentliche Voraussetzung dafür, dass möglichst viele Menschen bewusst an den gesellschaftlichen Entscheidungsprozessen teilhaben können und wollen, ist, dass sie dafür genügend Zeit und Musse haben, ihnen alle Informationen zu Verfügung stehen, sämtliche Bildungsmöglichkeiten offen stehen und die ökonomische Absicherung garantiert ist. Ebenso darf es zwischen den einzelnen Regionen, Kommunen und Gemeinschaften kein eklatantes ökonomisches Gefälle geben, damit ein Konsensföderalismus funktioniert. Nicht Konkurrenz und Privatbesitz an Produktionsmitteln sondern Solidarität und Gemeinbesitz werden eine anarchistische Wirtschaft kennzeichnen.

Die anarchistische Wirtschaft soll (zumindest nach der anarchokommunistischen Theorie) nicht nur in ihrer Produktion, sondern auch ihrer Konsumption vergesellschaftet sein. Das heisst, die Produktionsmittel (Rohstoffe, Maschinen, Transport- und Kommunikationsmittel....) aber auch die Früchte der gesellschaftlichen Arbeit, stehen allen je nach Bedarf zu Verfügung, gehören also allen.

Die Bedürfnisproduktion ermöglicht jedem Gesellschaftsmitglied die Teilnahme am Konsum, das Recht auf alle zur Verfügung stehenden Annehmlichkeiten und soziale Absicherungen. Andererseits ist sie bedacht, für eine freie Gesellschaft unsinnige Produkte und Dienstleistungen, und damit erheblich viel Arbeit und Arbeitszeit einzusparen. Das wäre unter den oben beschriebenen Gesichtspunkten kein Nachteil für die Menschen, wie es das bei Arbeitszeit- und Arbeitskräfteersparnis im Kapitalismus der Fall ist (Folge: Arbeits/Erwerbslosigkeit).

Zahlreiche Studien gehen davon aus, das die heutige Bevölkerung bei konsequenter Bedürfnisproduktion, gerechter Warenverteilung und gleichmässiger Verteilung der Arbeit ausreichend versorgt wäre - bei einer gleichzeitigen enormen Arbeitsersparnis.

Einige Beispiele:

Gebrauchsgegenstände können, wenn sie nicht unter kapitalistischen Konkurrenzbedingungen hergestellt werden, anstatt wie heute mit Verschleissteilen ausgestattet, langlebiger hergestellt werden. Die Lebensdauer von Maschinen, Motoren, elektronischen Geräten oder auch nur Haarkämmen kann mit heutiger Technik weit ausgedehnt werden, wenn dies nicht durch das Streben nach mehr Absatz bewusst verhindert würde.

Die Arbeitszeit könnte verkürzt werden, indem die Arbeit unter allen arbeitswilligen Gesellschaftsmitgliedern aufgeteilt würde. Heute stehen weltweit mindestens ein Drittel aller Menschen ohne Lohnarbeit da.

Sinnlose Überproduktion, Prestigeprodukte, Finanzgeschäfte, Werbung, Medienkonzerne... wären unnötig. Bürokratie, BerufspolitikerInnentum, riesige Verwaltungsapparate, Polizei, Militär wären in einer anarchistischen Gesellschaft abgeschafft.

Ältere Menschen, die nicht ein Leben lang durch Arbeit zerschunden würden, könnten wie z.B. auch Behinderte, wenn sie das selbst wünschen, ebenfalls für einige Wochenstunden in den Produktions- und Dienstleistungsprozess eingebunden werden.

Verkleinerte, dezentralisierte Wirtschaftskomplexe könnten erhebliche Transportwege einsparen. Eine Tomate müsste nicht mehr von Spanien quer durch Europa gekarrt werden, weil die Produktion dort billiger ist. Produktionsverfahren könnten vereinfacht und vollautomatisiert werden....

Tatsächlich würden, je nach Berechnung, 5-10 Wochenstunden/ Person dessen, was heute Arbeit genannt wird, übrigbleiben. Die Arbeit würde enthierarchisiert und automatisiert - also angenehmer - werden. Die Arbeitenden könnten gleichberechtigt an Produktion und Entwicklung mitbestimmen - was die Tätigkeit zweifellos motivierender machen würde. Mit kapitalistischer Lohnarbeit hätte das nicht mehr viel zu tun.

Die Menschen hätten unglaublich mehr Zeit sich um Dinge zu kümmern, die ihnen heute grösstenteils fremd sind. Sie hätten Zeit sich zu bilden, künstlerisch zu betätigen oder sich eben mit gesellschaftlichen Problemen zu befassen und an Entscheidungsprozessen teilzunehmen.

Sie könnten sich ohne Existenzangst entspannen und die frei werdenden Energien anderweitig einsetzen. Ein solches Wirtschaftssystem würde jegliches Lohn - und Geldsystem überflüssig machen und ad absurdum führen. Genau das halte ich auch für eine grundlegende Voraussetzung für eine effektive Überwindung sozialer Ungleichheit, ökonomischer Abhängigkeiten, Ausbeutung, Entfremdung, Zerstörung des Ökosystems ... mit einem Wort: des Kapitalismus.