Schwarze Katze: Ich spreche jetzt mit...
FoeBuD: Florian Glatzner.
Schwarze Katze: Du machst mit beim FoeBuD Verein, was ist das?
FoeBuD: Wir sind vor allem ein Verein, der sich mit Bürgerrechten und Datenschutz auseinandersetzt.
Schwarze Katze: Welche Ziele und Aufgabenbereiche habt ihr?
FoeBuD: Wir kämpfen für eine lebenswerte Welt im digitalen Zeitalter und unsere Aufgaben sehen wir vor allem darin, die BürgerInnen aufzuklären, was in Sachen Datenschutz in den letzten Jahren auf sie einprasselt und wie sie sich schützen und wie sie sich wehren können.
Schwarze Katze: Und wie können sich die einzelnen BürgerInnen datenschutztechnisch absichern?
FoeBuD: Da gibt es unterschiedliche Möglichkeiten. Zum einem die Verschlüsselung, man macht also seine Inhalte für dritte unkenntlich. Da gibt es zum Beispiel für e-mails das Programm PGP, Pretty Good Privacy, mit dem man seine Inhalte verschlüsseln kann, so das sie kein dritter lesen kann. Dasselbe gibt es dann auch für unterschiedliche Chat-Programme, desweiteren kann man sein Verhalten im Internet anonymisieren. Das heißt man kann Programme benutzen wie zum Beispiel TOR und wenn ich dann eine Internetseite ansteuere kann niemand nachvollziehen welche Seite man angesteuert hat, bzw. der Seitenbetreiber kann nicht nachvollziehen, wer sie angesteuert hat. Und dadurch bewege ich mich unerkannt durchs Netz.
Schwarze Katze: Das Bundesverfassungsgericht hat eine Eilentscheidung zur Vorratsdatenspeicherung verabschiedet.
FoeBuD: Ja, das ist richtig. Das Bundesverfassungsgericht darf nur eine Eilentscheidung treffen, die ganz konkret auf Leib und Leben Einfluss haben kann. Das Bundesverfassungsgericht hat nun festgestellt das die reine Speicherung auf diesen Punkt erstmal nicht zutrifft. Die Speicherung greift nicht auf Personen ein, sondern erst wenn diese Daten weitergegeben werden oder gegen sie ermittelt wird. Deswegen hat das Bundesverfassungsgericht entschieden, erstmal dürften diese Daten gespeichert werden, aber nur in ganz begrenzten Fällen weitergegeben werden. Das ist allerdings nur bis zu dem Zeitpunkt der Fall, bis das eigentliche Urteil gesprochen wird. Dann kann auch die eigentliche Speicherung das Daten sozusagen kassiert werden. Insofern sind wir auf der einen Seite erstmal ganz glücklich, das es das Bundesverfassungsgericht auf solche Fälle wie Mord und Totschlag begrenzt hat. Weiter wäre es uns natürlich lieb gewesen, wenn das Bundesverfassungsgericht jetzt schon weiter darüber hinaus gegangen wäre - aber das ist wohl etwas, was man nicht wirklich erwarten kann.
Schwarze Katze: Auf allen möglichen Waren und auch Reisepässen sind RFID Chips implantiert.
FoeBuD: Ja, auch das ist richtig. Die RFID Chips sind kleine Funkchips, die berührungslos ausgelesen werden können. Diese brauchen keine Batterie oder so etwas, sondern bekommen ihren Strom durch das Sendegerät und funken dann eine eindeutige Sendenummer zurück. Das heißt jedes Produkt, jeder Reisepass auf dem ein solcher RFID Chip drauf ist, kann ganz eindeutig identifziert werden, ohne dass ich was davon merke. Mann kann sich da auf unterschiedliche Weise schützen. Zum Beispiel bieten wir bei uns im FoeBuD Webshop Schutzhüllen an, in die man die Reisepässe einlegen kann. Und dann kann er eben nicht mehr unbefugt ausgelesen werden. Wenn man dann kontrolliert wird, nimmt man ihn dort hervor und dann kann er dort befugt ausgelesen werden. Das ist auch nicht besonders gut, aber immerhin ist man vor unbefugtem Auslesen geschüzt. Bei den Reisepässen ist es so, dass sie auch ohne funktionierenden RFID-Chip weiterhin gültig sind. Wenn der RFID Chip auf irgendeine Art zerstört wird, zum Beispiel wenn er in die Mikrowelle gerät, ist der Reisepass weiterhin gültig.
Schwarze Katze: Hilft es auch Alufolie um den Reisepass zu wickeln?
FoeBuD: Ja, das hilft auch, allerdings begrenzt. Da kommt es allerdings auf die Stärke des Lesegerätes an ob es die Alufolie durchdringt. Da hilft nur den Pass ziemlich dick einwickeln. Das ist natürlich an der Grenze umständlich ihn jedesmal auszupacken.
Schwarze Katze: EC-Karten haben einen Magnetstreifen. Was bedeutet das?
FoeBuD: Wenn ich im Laden mit meiner EC-Karte bezahle, gebe ich gleichzeitig meine Identität preis. Das heißt es kann nachvollzogen werden, was ich gekauft habe. Und das wird von den Unternehmen dann gespeichert und ausgewertet.
Schwarze Katze: Und was kann ich da tun?
FoeBuD: Das einzige was man da wirklich tun kann ist mit Bargeld bezahlen. Das heißt ich hebe bei der Bank vorher Bares ab und bezahle damit meine Waren.
Schwarze Katze: Fast jeder hat heute ein Handy. Handys können auf verschiedene Arten abgehört werden.
FoeBuD: Ja. Zum einen werden natürlich auch die Gespräche die ich mit dem Telefon führe nach dem Gesetz der Vorratsdatenspeicherung abgespeichert, also nicht die Inhalte, aber die Verbindungsdaten. Man kann auch recht einfach die Zelle orten, in der sich das Handy befindet. Mit der einfachsten Methode gelingt dies bis auf eine Reichweite von 200-300 Meter. Schützen davor kann ich mich kaum. Um mich vor dem Orten zu schützen, hilft nur das Handy auszustellen. Um mich gegen die Vorratsdatenspeicherung zu schützen, da hilft so gut wie gar nichts. Von vielen Leuten wird empfohlen einfach die SIM Karte auszutauschen. Aber das reicht nicht aus, denn auch das Handy hat eine eindeutige Identifikationsnummer, die mitgeschickt und gespeichert wird. Das heißt ich müsste sowohl meine SIM Karte wie auch mein Handy austauschen und dann kann ich nur mit Leuten telefonieren, die dieselben Sicherheitsmaßnahmen getroffen haben wie ich, denn sobald ich mit jemandem telefoniere, dessen Handy registriert ist, besteht ja wieder eine Verbindung zu mir.
Schwarze Katze: Hilft es das Akku rauszunehmen, wenn ich nicht belauscht werden möchte?
FoeBuD: Ja, das ist auf jeden Fall sinnvoll. Auch wenn ich nicht mehr geortet werden möchte, hilft es eher den Akku rauszunehmen, als das Handy einfach auszuschalten. Denn wenn ich das Handy auschalte, wird die letzte Funkzelle gespeichert in der mich befunden habe. Das ist nicht der Fall, wenn ich einfach den Akku rausnehme.Schwarze Katze: Sieht das mit Festnetz ähnlich aus wie mit Handys?
FoeBuD: Auch bei Festnetz besteht für den Laien keine Möglichkeit sich zu schützen. Das einzige, was man machen kann, ist sich mit der Person direkt zu treffen oder über gesicherte Verfahren mit der Person zu kommunizieren.
Schwarze Katze: Welche Datenspuren können im Internet hinterlassen werden?
FoeBuD: Ich habe im Internet ja eine eindeutige Nummer, meine IP Adresse und diese wird zum Beispiel auf Websiten die ich ansteuere gespeichert. Zum anderen setzen Websiten bei mir im Browser sogenannte Cookies, das kann ich im Browser deaktivieren, so dass diese Cookies nicht gespeichert werden, anhand derer mich diese Websiten identifizieren können.
Schwarze Katze: Welche Gefahren bieten Einkaufsrabattkarten?
FoeBuD: Jedesmal wenn man Einkaufsrabattkarten benuzt, gibt man sein Einkaufsprofil preis. Wenn man z.B. die EC-Karte benuzt, werden nur Warengruppen gespeichert. Wenn man die Kundenkarten benuzt, wird genau festgehalten was man gekauft hat, diese Sachen werden natürlich auch ausgwertet. Dem Kunden werden dann tolle Bonusprogramme versprochen. Aber wenn man einmal genau hinschaut, erhält man die Kaffeemaschine, die man über das Bonusprogramm bekommt, irgendwo anders viel billiger, als wenn man dieses Bonusprogramm benutzt.
Schwarze Katze: Ein in Datenschutzkreisen oft gehörter Begriff heißt "Datensparsamkeit".
FoeBuD: Genau, das ist besonders wichtig. Die einzelne Person muss sich klar machen das der beste Schutz vor Repression der ist, dass möglichst wenig über ihn bekannt ist. Das heißt man sollte möglichst darauf achten, wenig Informationen an fremde Leute oder fremde Organisationen oder an den Staat preiszugeben. Man macht eben nicht bei Gewinnspielen mit, wo man seine Adresse und e-mail Adresse angeben muss, dann darf man sich hinterher auch nicht wundern wenn man Spam bekommt. Überall wo man Daten abgeben muss, fragt man, wozu braucht ihr diese Daten, werden sie wirklich benötigt? Ich nenne da ein Beispiel: Wenn man eine Bahncard bestellt, wird man aufgefordert ein Foto abzugeben und sein Geburtsdatum zu nennen. Das ist beides nicht notwendig. Man bekommt die Bahncard auch, wenn man diese Daten nicht angibt. Da ist allerdings jeder selbst gefragt sich Gedanken zu machen, nachzufragen und kritisch zu sein.
Schwarze Katze: Der neueste Fall von Überwachung wurde im Stern veröffentlicht und behandelte den Konzern Lidl, was gibt es dazu zu sagen?
FoeBuD: Lidl hat über Jahre hinweg seine Mitarbeiter systematisch ausgespitzelt - mit versteckten Kameras, mit Detektiven, die Gespräche aufgenommen haben und hinterher ausgewertet haben.
Schwarze Katze: Gibt es da irgendwelche konkreten Beispiele, was die Detektive über die Mitarbeiter aufgezeichnet haben?
FoeBuD: Also den Ladenmitarbeitern wurde gesagt, es handele sich um normale Ladendetektive, die Diebstähle aufdecken sollen. Dabei waren die Mitarbeiter selber die Zielpersonen. Der Detektiv hat dann ein bisschen mit den Ladenmitarbeitern gequatscht, hat die Sachen aufgeschrieben, die er da gehört hat. Beispielsweise ob die Mitarbeiterin mit einem verschwitzten T-Shirt zur Arbeit kam oder wie oft diese auf die Toilette gegangen sind. Oder ob zwischen ihnen freundschaftliche Beziehungen bestanden. Oder auch Sachen, die überhaupt nichts mit der Arbeit zu tun hatten, sondern mit dem Privatleben, wie Krankheitsbilder. Es wurden auch Verhältnisse dokumentiert. Was ich zum beispiel relativ krass finde: Bei Lidl in Tschechien mussten die Mitarbeiterinen Stirnbänder tragen wenn sie ihre Tage hatten, so das sie auch außerhalb der Pausenzeiten auf Toillete gehen durften. Das finde ich persönlich ganz besonders heftig.
Schwarze Katze: Seit wann besteht FoeBuD e.V. und warum habt ihr auch gegründet?
FoeBuD: Der FoeBuD besteht seit 1987 und wurde aus einer Veranstaltungsreihe herausgegründet, die sog. Public Domain, die wir auch heute noch ca. einmal im Monat durchführen. Der FoeBuD hat in seiner Zeit Mailboxsysteme aufgebaut. Das war quasi Internet bevor es das Internet gab, wie man es heute kennt. Dabei haben die Mitglieder des FoeBuD festgestellt, wieviel Macht die Administratoren über die Nutzer dieser Netzwerke hatten. Diese konnten die ganzen privaten Mails mitlesen und mitverfolgen. Und daraus ist das Bewusstsein entstanden wie wichtig Datenschutz eigentlich ist. Daraus hat sie die heutige Richtung der Datenschutzbelange entwickelt.
Schwarze Katze: Macht ihr auch Seminare oder andere Art von Bildungsarbeit?
FoeBuD: Der FoeBuD, das heisst übrigens "Verein zur Förderung des Bewegten und unbewegten Datenverkehrs" macht auch solche Sachen. Bei den Public Domains, das ist eine Veranstaltungsreihe, die jeder besuchen kann, behandeln wir ganz unterschiedliche Themen. Die nächste Public Domain wird sich zum Beispiel um die Gesundheitskarte drehen.
Schwarze Katze: In Zusammenarbeit mit anderen Organisationen vergibt der FoeBuD den Big Brother Award.
FoeBuD: Genau, den vergeben wir seit dem Jahr 2000. Und hatten seitdem schon viele Preisträger. So Brigtte Zypris für die Einführung der Vorratsdatenspeicherung oder die Bahn, weil sie unerkanntes Reisen fast unmöglich macht.
Schwarze Katze: Wie wählt ihr die Kandidaten aus?
FoeBuD: Auf unserer Seite gibt es ein Formular in der jeder Kandidaten eintragen kann. Dieses Formular steht das ganze Jahr zu Verfügung. Immer bis zum 15.07. können diese nominiert werden. Aus diesen Nominierten wählen wir dann in einer Jury die Preisträger aus und verkünden diese auf einer grossen Gala im September.
Schwarze Katze: Warum ist es wichtig sich für den Datenschutz einzusetzen?
FoeBuD: Das hat unterschiedliche Gründe. Zum einem bedarf es Freiheit, sich frei entfalten zu können. Das heißt, wenn ich mich die ganze Zeit beobachtet und kontrolliert fühle, werde ich mich auch dementsprechend verhalten, wie meine Beobachter es erwarten. Das bedeutet ich verhalte mich möglichst so, um nicht aufzufallen. Dies hat natürlich eine große Auswirkung auf meine persönliche Entwicklung, aber auch auf Demokratie und Gesellschaft als Ganzes. Wenn Leute nicht auf Demonstrationen gehen, weil sie Angst haben, dort beobachtet zu werden oder wenn Journalisten keine Informationen bekommen, weil sich kein Informant mehr traut, diese weiterzugeben, dann hat dies eben negative Auswirkungen auf uns alle.
Schwarze Katze: Gibt es auch Websiten auf denen ich mich über Datenschutz informieren kann?
FoeBuD: Ja, es gibt Webseiten unterschiedlicher Organisationen z.B. von uns, dem FoeBuD unter www.foebud.org und www.bigbrotherawards.de. Dann gibt es noch die Website des Arbeitskreises für Vorratsdatenspeicherung, www.vorratsdatenspeicherung.de, die des Chaos Computer Club, www.ccc.de. Dann gibt es unterschiedliche Nachrichtenseiten wie www.gulli.com oder www.heise.de/tp
Schwarze Katze: Vielen Dank für das Gespräch.
FoeBuD: Sehr gerne.