Ernährungstip

Artikel aus der Iserlohner Friedensfestzeitung 2001

Unser täglich Brot gib uns heute...

heisst es in der Kirche! Dieser Spruch stammt aus einer Zeit, in der Lebensmittel tatsächlich Mittel zum Leben waren, nicht im Überfluss in Supermarktregalen rumlagen und dementsprechend wie ein wertvolles Gut behandelt wurden. Und es gibt wahrlich noch genug Gebiete auf der Erde, wo dies auch immer noch so ist. Nicht umsonst gibt es 20.000 bis 30.000 Hungertote Kinder pro Tag!

Nun ist unsere Nahrung – also die der Westeuropäer – in den vergangenen Monaten endlich mal wieder in den Vordergrund getreten! Kleinere Skandälchen gab es immer mal wieder, Stichwort: Glycol im Wein, Maden in Fischen, Salmonellen auf und in Eiern... Aber BSE und jetzt auch noch die Maul- und Klauenseuche scheinen doch tatsächlich eine nicht unerklägliche Menge an Menschen zu erreichen und sie bezüglich ihrer Nahrungsmittelaufnahme zur Andacht zu bewegen. Es taucht tatsächlich die Frage auf: "Wo kommt eigentlich mein Essen her? Und warum ist es so billig?" Im Vordergrund steht hier natürlich das "Produkt" Fleisch! Aber auch der Obstsalat wächst nicht bei mir in der Schüssel. Nachfolgend sind zu einzelnen "Lebensmitteln" einige Stichworte aufgeführt. Eigentlich nur negative, aber die Hoffnung stirbt zuletzt!

Stichwort Schweinefleisch: Zuletzt hauptsächlich aufgefallen durch die Schweinepest und die Maul- und Klauenseuche (MKS). Beides Krankheiten, die den Menschen nach derzeitigem Stand der Wissenschaft nicht befallen können, das heißt der Verzehr von kontaminiertem (= durch diese Krankheit vergifteten) Schweinefleisch ist ungefährlich. Für die Schweine ist beides jedoch alles andere als ungefährlich, da ersteres tödlich endet und letzteres eben die berühmten Bläschen am Maul und den Füßen verursacht. Prinzipiell reagiert mensch bei Auftritt der Krankheit mit Panik und oft angewandtes Mittel ist das Keulen (= töten) riesiger Bestände. Interessant beim Stichwort Schweinefleisch ist jedoch auch der Aspekt der Massentierhaltung. Ein dort vor sich hin vegetierendes Schwein hat durchschnittlich 2,13 Quadratmeter Lebensfläche in einer Box zur Verfügung; 80% aller Tiere haben zum Zeitpunkt der Schlachtung Lungenentzündung; Beta-Blocker werden auf der Fahrt zum Schlachthof verabreicht, da Schweine sehr sensible Tiere sind und ansonsten vorzeitig an Herzinfarkt sterben würden; vor MKS wurden allein in der BRD etwa 40 Millionen Schweine getötet; der Deutsche als solcher verzehrte 40 Schweine in seinem Leben.

Hühnerfleisch: Vielen Konsumenten ist nicht bewusst, dass 52% der aus den Eier schlüpfenden Küken noch am selben Tag zu tausenden in große Bottiche geschmissen und zerhackt, zermust, vergast oder sonstwie getötet werden. Dies haben sie dem Umstand zu verdanken, dass sie männlich und damit für die Eierproduktion unnütz sind. In der Natur legt ein Huhn mitnichten pro Tag ein Ei und Sonntags zwei, sondern lediglich drei bis sechs pro Woche. Aber ähnlich wie bei der Milch wurde hier die Ausgabemenge durch Züchtung energisch erhöht, was zu Lasten der Tiere und deren körperlichen Verfassung geht. Zu vergleichen mit einem Menschen, der täglich 20 Stunden in einem Bergwerk arbeiten muss. Daher lebt das normale Huhn auch lediglich bis zu zwei Jahre und endet dann als Suppenhuhn. 95% aller in der BRD lebenden Hühner kommen aus der Massentierhaltung. Das bedeutet, dass sie nicht das berühmte DIN-A4-Blatt haben (während ihres gesamten Lebens!); 18 bis 20 Stunden Kunstlicht am Tag ausgesetzt sind, um Tag und damit Legewilligkeit vorzutäuschen; prophylaktisch Medikamente ins Futter gemischt bekommen, da das Auftreten von Krankheiten bei solcher Enge und der Menge an Tieren (eine Legebatterie kann in den USA bis zu Mio. Hühner fassen) Standard ist. 255 Millionen Hühner werden jährlich circa in der BRD geschlachtet; der Durchschnittsdeutsche verzehrt 500 "Stück" in seinem Leben.

Kuhfleisch: Jaaaa, da fällt natürlich jeder/jedem sofort BSE ein! Die Krankheit, die das Gehirn schwammartig zersetzt und die beim Menschen Creutzfeld-Jacob-Krankheit heißt. Bisher wurden in England 80 und in Frankreich fünf Tote nachgewiesen, die nach dem Verzehr von kontaminiertem Rindfleisch an CJK erkrankten. Und jetzt kommt auch noch die Maul- und Klauenseuche dazu! Zuletzt ist diese übrigens 1968 in der BRD ausgebrochen und wurde dann mittels Impfung bekämpft. Diese Impfungen wurden jedoch 1991 wieder eingestellt, da der nordamerikanische Markt nach impffreiem Fleisch verlangte. Auch Rinder werden in Massen gehalten. Das bedeutet, dass sie ihr Leben lang an einem Platz stehen (es sei denn, sie werden irgendwohin transportiert); circa zwei Quadratmeter Platz haben; jedes Jahr ein Kalb gebären und nach relativ kurzer Zeit wieder befruchtet werden müssen, damit sie weiterhin Milch geben; fünf Millionen Rinder wurden vor BSE pro Jahr in der BRD geschlachtet und 700 000 Kälber; sieben Kühe ungefähr verzehrte der Durchschnittsdeutsche in seinem Leben.

Obst und Gemüse: Ähnlich wie bei der Massentierhaltung ist es bei vegetarischer Ernährung. Wo es lediglich darum geht, etwas möglichst billig zu produzieren, leidet die "Qualität". Die Folge sind Monokultur, Düngemitteleinsatz und Chemikalien. Was hier wegfällt sind jedoch ethische Bedenken! Zudem können – während mit der gleichen Menge pflanzlicher Nahrung 100 Menschen ernährt werden können – durch Rind und Milch lediglich 30 Menschen satt werden, durch Hühner und Eier lediglich zwölf Menschen und durch Schweinefleisch lediglich acht Menschen. Dies zeigt, dass die "Produktion" von Fleisch Unmengen an Ressourcen verschlingt. Diese werden für die 1. Welt mitunter aus den Entwicklungsländern importiert, was dort wieder zur Lebensmittelknappheit beiträgt. Womit wir wieder bei den 20 000 bis 30 000 Hungertoten pro Tag wären.

Hier sind jetzt bei weitem nicht alle Aspekte aufgeführt, die bei unserer Nahrung so anfallen. Beim Fisch fallen einem da die Geschwüre ein, die durch die Belastung der Meere durch Umweltgifte auftreten, und Maden. Noch einmal statistisches: Eine Veganerin benötigt 0,07 Hektar Fläche, um ernährt zu werden; eine Ovo-Lacto-Vegetariern benötigt 0,2 ha und eine Fleischesserin 1,5 ha Anbaufläche! 25% der Bevölkerung der Industrienationen verbraucht 40% der Welternte! ...

Es wäre also nicht verkehrt, über ein Umdenken bezüglich unserer Nahrung nachzudenken! Alternativen und Visionen gibt es genug: Kauf der Nahrungsmittel nur von Produzenten, die hier in der Gegend produzieren; Verzicht auf Fleisch; Bio- und Ökoanbau; wenn möglich Eigenproduktion; und und und... Notwendig hierfür wäre, dass die Konsumenten diese Wünsche konsequent bei ihrer eigenen Lebensgestaltung berücksichtigen würden. Solange billiges Fleisch gekauft wird, solange wird es produziert. Solange überdüngte Tomaten im Bauernsalat landen, solange werden sie angepflanzt.

Michael