"Politik ist die Kunst, Menschen davon abzuhalten, sich um Angelegenheiten zu kümmern, die sie eigentlich etwas angehen."
(Paul Valéry)
Vor knapp vier Jahren haben viele Menschen gehofft, daß mit einem Regierungswechsel auch ein Politikwechsel einsetzen würde. Groß waren die Versprechungen der rot-grünen Bundesregierung und die damit verbundene Hoffnung. Es wurde u.a. gehofft, daß
- die Umverteilung von unten nach oben verringert würde.
- die Bundesrepublik eine nicht militärische Außenpolitik betreiben würde, die mit Abrüstung einherginge
- die Sozialpolitik nicht zurückgefahren, sondern ausgebaut werden würde
Statt dessen stellte sich Kanzler Schröder als bloßer Rot-Kohl heraus. Unter einer rot-grünen Bundesregierung wurden Einschnitte vorgenommen in vielen Bereichen, die die CDU vor Neid erblassen lassen - vor allem im euphemistisch als "Sicherheitspolitik" deklarierten Abbau von Grund- und Freiheitsrechten. Für mancheine/n WählerIn ruht die Hoffnung jetzt auf der PDS. Eine trügerische Hoffnung, wie das Berliner Modell uns vor Augen führt. Auch bei dieser Partei divergiert das Programm von der betriebenen Politik wesentlich.
Wahlen ändern nichts!
Das Problem sind nicht die Parteien, sondern das System als solches. Die Politik ist bestimmt durch Sach- und Sparzwänge auf der einen Seite und Machtanballung bei einigen Wenigen auf der anderen Seite. Das ganze System legitimiert sich aber nur über unsere alle vier Jahre abgegebene Stimme. Mit einem Kreuz, daß wir machen, übertragen wir ein paar Herren und Damen, die wir nicht kennen - höchstens von Wahlkampfplakaten und aus Fernsehauftritten - die Verantwortung für unser Leben. Wir delegieren mit der Stimmabgabe Menschen, sich um Dinge zu kümmern, die eigentlich uns etwas angehen. Für jede gültig abgegebene Stimme erhalten die Parteien ab einem gewissen Prozentsatz WählerInnenanteil Geld.
Dabei sind wir als WählerInnen aber nur ein kleines Element im politischen System. Lobbygruppen bestimmen die Politik des Bundestages - von der Öffentlichkeit als solches kaum wahrgenommen - im entscheidenden Maße mit. Von ihrer Unterstützung finanzieller Art als auch von ihren Informationen dieser Gruppen sind die PolitikerInnen abhängig. Als WählerInnen bleibt uns nach Auffassung vieler Menschen nur die Wahl zwischen großen und weniger großen Übeln.
Um aus dieser ewigen Qual der Übelwahl auszubrechen, rufen bundesweit Gruppen zum aktiven Wahlboykott auf. In Berlin trifft sich regelmäßig das libertäre Wahlboykottbündnis im A-Laden. Wir wollen uns nicht länger von RepräsentantInnen bevormunden lassen, sondern unsere Probleme solidarisch und möglichst hierachiefrei gemeinsam zu lösen.
Um ein Zeichen zu setzen, rufen wir dazu auf, ungültig zu wählen. Einerseits können wir damit ein sichtbareres Zeichen setzen, als wenn wir nicht zur Wahlurne pilgern. Andererseits fällt damit unserer Anteil der Wahlkostenfinanzierung weg.
V.i.S.d.P.: A. Narcha, Bakuninchaussee 25, 10961 Berlin
Schwarze Katze Nachtrag: Dieses Flugblatt wurde von AnarchistInnen anlässlich der Bundestagswahl 2002 verteilt. Weitere Texte zum Thema anarchistische Wahlkritik gibts unter http://schwarze.katze.dk/doku/wahl.html