Es darf mal wieder gewählt werden - neben Landtagswahlen ist dieses Jahr ein neues Stimmfanggebiet erschlossen worden: Europa. Unter Führung von Deutschland, Frankreich und England soll eine neue Weltmacht geschaffen werden - in mit allem, was eine moderne Herrschaftsstruktur braucht: Eine EU-Armee, Angriffskriege, erweiterte Rüstungsexporte, abgeschottete Grenzen, Sozialabbau und Europa-Patriotismus gehören zur Grundausstattung. In einer inzwischen von allen EU-Staaten verabschiedeten, verbindlichen Militärstrategie liest sich das so: "Eine aktive und handlungsfähige Europäische Union könnte Einfluss im Weltmassstab ausüben."
Militarisierung der EU Deutschland hat die Nase vorn EU-Wahlquark
... linke Parteien und andere Wiederholungen Wie immer sind auch jede Menge linker Partein, die auch ein Stück
vom Kuchen haben wollen. Was überhaupt daran sinnvoll sein soll, neue
staatliche Herrschaftsstrukturen zu schaffen, erklärt niemand. Denn
etwas anderes als eine Machtstruktur kann bei dem Projekt EU gar nicht heraus
kommen - egal, ob sich die HardlinerInnen oder die "softeren"
Herrschaften durchsetzen: Konkrete Menschen würden sich nie weder in
Form von Nationen oder der EU organisieren - das sind immer Projekt der
wirtschaftlichen und politischen Eliten, die über die Diskurse und
völkischer Identitäten ihre Interessen durchsetzten (Sozialabbau
ist z.B. sicher nicht das, was die lohnabhängigen Menschen in Europa
wollen - die Lügen von notwendigen Reformen oder leeren Kassen sollen
die Köpfe der Menschen vernebeln und die Zuspitzung von Ausbeutung
verdecken). Die Beteiligung an der EU-Wahl ist bereits per se antiemanzipatorisch,
weil ein Staatenbund überhaupt nichts anderes sein kann als eine Herrschaftsstruktur.
Deshalb geht es nicht darum, Europa zu verhindern und am Nationalstaat festzuhalten,
sondern für Alternativen jenseits von Staatlichkeit und völkischen
Konstrukten zu kämpfen, in der Menschen tatsächlich selbstbestimmt
und kooperativ zusammen leben können. Insbesondere linke Parteien sind
aktiv daran beteiligt, dass diese Frage nicht gestellt wird: Sie kanalisieren
Widerstand, indem Stimmabgabe als Protest verklärt wird oder zur Wahl
des kleineren Haufen Scheisse aufgerufen wird. Sie verengen die Frage
darauf, wer die Mega-Nation Europa regieren wird anstatt die sie dafür
zu öffnen, wie eine Welt ohne Grenzen, Armeen, Markt und Staat aussehen
könnte und wie wir damit anfangen könnten, erste Ansätze
selbstbestimmten Lebens schon heute aufzubauen. Wahlen als Aktionsfläche!
Die Militarisierung der EU ist nur ein Teilaspekt des Projekts - aber
einer, der überdeutlich zeigt, was hier eigentlich gespielt wird. In
der EU-Militärstrategie ist zu lesen: "Die Mitgliedsstaaten verpflichten
sich, ihre militärischen Fähigkeiten schrittweise zu verbessern."
Auch Angriffskriege überall werden darin fest verankert: "Unser
herkömmliches Konzept von Selbstverteidigung, dass bis zum Ende des
Kalten Krieges galt, ging von der Gefahr einer Invasion aus. Bei den neuen
Bedrohungen wird die erste Verteidigungslinie oftmals im Ausland liegen."
Wenn der aktuelle Vorschlag zur EU-Verfassung können einzelne Staaten-Zusammenschlüsse
innerhalb der EU sogar "autonom" für Menschrechte bomben
("strukturierte Zusammenarbeit") ... die konkrete Form für
die "Kern"-Europaidee, die überaschenderweise vor allem von
deutschen und französischen Eliten propagiert wird.
Mit 18.000 SoldatInnen stellt Deutschland das grösste Kontingent
für die EU-Interventionstruppe. Der Befehlshaber der EU-Armee wird
ein deutscher General sein. Und sehr wahrscheinlich wird das "Operation
Headquarter" das Einsatzführungskommando in Potsdam-Geltow werden.
Auf der Webseite der Bundeswehr gibt mensch sich wenig Mühe, die Ziele
zu verdecken: "Diese Kräfte in Form einer europäischen Eingreiftruppe
sollen für gemeinsame Einsätze der EU unabhängig von der
NATO zur Verfügung stehen."
Im Kern des Projekts geht es um die Ausdehnung von Herrschaft und Verwertung
- die Wahl soll den Euro-Schäfchen das Gefühl geben, irgendwie
dabei mitbestimmt zu haben. Demokratische Systeme leben davon, dass Unmut
immer wieder neu kanalisiert wird. Die tatsächliche Fremdbestimmung
wird mit Wahlen, runden Tischen und der Einbindung der "Zivilgesellschaft"
verschleiert.
Ob Europa- oder Landtagswahl - sie alle werden Werbeshows für Stellvertretung,
Kapitalismus und die aktuellen Verschärfungen sein ... mit erhebliche
Aufmerksamkeit durch Medien usw. Genau deshalb bieten all diese Wahlen auch
Möglichkeiten, mit kreativen Aktionen Gegenbilder zu demokratischer
Herrschaft, Sozialabbau und Militarismus öffentlich zu machen: Vom
veränderten Wahlplakat über Jubel-Orgien bei Politikerbesuchen,
gefälschte Parteipropaganda bis hin zu Utopiezonen vor Wahllokalen
oder verstecktes Theater beim Urnengang ... ein bunter, vernetzter Widerstand,
der Visionen einer ganz anderen Welt thematisiert, erscheint uns viel sinnvoller
als das Mitmachen beim Wahlquark.