Nur die allerdümmsten Kälber wählen ihre Metzger selber!
Anarchistische Gruppe Mannheim im August 2005

Endlich! Voraussichtlich am 18. September ist es wieder soweit. Der Höhepunkt der "demokratischen Willensbildung" ist erreicht: Wir dürfen wieder zwei Kreuzchen machen. Ein kleiner Blick in die Medienlandschaft genügt, um zu erfahren, dass wir drei Jahre lang sehnsüchtig darauf gewartet haben, um der Welt zu zeigen, ob wir die Einen oder lieber die Anderen genau dasselbe machen lassen wollen. Natürlich dürfen wir wieder nicht direkt entscheiden, was wir von diesem oder jenem Thema halten. Nein, wir wählen einfach irgendwelche Gesamtpakete in Form irgendwelcher Parteien, von denen wir eigentlich gar nicht so recht wissen, was die in zwei Monaten (geschweige denn in zwei Jahren, wenn unser Mandat immer noch gilt) eigentlich noch wollen. Aber das ist ja alles egal, denn wir dürfen ja wählen. Vielleicht nur des Wählens wegen, vielleicht auch nur, um unser demokratisches Bewusstsein auszudrücken. Und den Rest ''werden die ja schon richten''.

"Politik ist die Kunst, Menschen davon abzuhalten, sich um Angelegenheiten zu kümmern, die sie eigentlich etwas angehen. (Paul Valéry)"

Was sind das denn für Leute, die uns regieren? Hochintelligente Menschen, die mal als Kanzlerkandidat, dann als Finanzminister und meinetwegen ein paar Amtsperioden später vielleicht als Verteidigungsminister einer anderen Partei fungieren. Alles absolute Allround-Talente? Tatsächlich müsste es so sein, dass diese Alleskönner, die irgendwie jeden politischen Posten übernehmen können und auf alles immer eine Antwort wissen, nicht mehr und nicht weniger sein sollten, als die klügsten Menschen dieser Welt. Ist es wirklich so,dass diese Leute das beste, intelligenteste, gebildetste und weiß der Geier-nicht-was-noch-alles sind, das dieser Planet zu bieten hat?

Im Grunde sind das Menschen wie Du und ich. Menschen, die vielleicht aufgrund gewisser schauspielerischer Fähigkeiten, starken Charismas oder einfach nur reicher Familienverhältnisse in eben diese Machtposition gekommen sind. Sie sind nicht klüger, besser oder gar schöner als wir, sie haben nur Macht. Und davon viel zuviel. Sie entscheiden nur, was wir auch selbst entscheiden könnten, nur nicht unbedingt in unserem Interesse.

Wahlen?

Dennoch stehen wir dann vor diesem riesigen Stück Papier und überlegen, wo wir unser heiliges Kreuz nun hinsetzen sollen. Sollen wir die wählen, die sich ''sozial'' und ''demokratisch'' nennen und die letzten Jahre damit verbracht haben, unsere ohnehin schon spärlichen sozialen Errungenschaften auf ein Minimum zu kürzen und mit sogenannten ''Anti-Terror-Paketen'' den Ausbau eines Polizei- und Überwachungsstaats vorantreiben, uns zu reinen Überwachungsobjekten machen und so nebenbei an vielen Orten dieses Planeten Krieg führen?
Oder sollen wir den Koalitionspartner wählen, der mal als grün und pazifistisch angetreten ist, nun aber Atomkraftwerke länger laufen lässt als erwartet und versprochen und in erfrischender Regelmässigkeit die Bundeswehr in alle möglichen Winkel dieser Welt verschickt? Oder wählen wir lieber die aktuelle ''Opposition'', die genau dasselbe, aber das irgendwie ''besser'' machen möchte?
Oder sollen wir etwa selbsternannte Wahlalternativen wählen, die dann künftig ebenfalls genau das Gleiche machen werden wie alle ihre Vorgänger auch?
Die Wahl, die wir haben, kommt der zwischen zwei Krankheiten, mit unterschiedlichem Namen, aber immer ähnlicheren Symptomen, gleich.

Vielleicht stimmt es ja, was sie sagen, dass sogenannte ''Sachzwänge'' sie alle zu ein und derselben Politik zwingen. Aber gerade wenn das so ist, zeigt es nur einmal mehr, dass mit dem Parlamentarismus kein Blumentopf zu gewinnen ist. Alles bleibt wie es ist oder wird immer schlimmer.
Der Begriff ''Stimme abgeben'' ist eigentlich treffender also er zunächst zu sein scheint. Denn tatsächlich geben wir unsere Stimme an andere ab. Indem wir ein Kreuz bei irgendjemandem machen, übergeben wir ihm/ihr die Souveränität, über unsere Köpfe hinweg Entscheidungen fällen zu können, was wir uns selbst dadurch absprechen.
Warum? Was ist das für eine Logik, nach welcher Demokratie (=Volksherrschaft) das Abtreten von Entscheidungsgewalt über uns selbst sein soll? Wir brauchen niemanden, der uns sagt, was für uns das Beste ist. Warum nehmen wir unser Leben nicht lieber in die eigene Hand? Wir brauchen diese gut bezahlten Labertaschen nicht, denn verarschen können wir uns schließlich immer noch selbst..

Warum ungültig wählen?

Wahlen ändern nichts, sonst wären sie verboten. Und Nichtwählen? Ändert das denn was? Aus anderen Ländern, in denen die Mehrheit gar nicht erst zur Wahl geht, wissen wir, dass es die Politiker überhaupt nicht kümmert, nur von einer Minderheit der Bevölkerung gewählt zu werden. Nichtwählen bringt also nicht wirklich was. Ungültig wählen hingegen hat eine andere Qualität. Wir werden nicht mit denen verwechselt, die nicht wählen, weil sie unpolitisch sind. Wir geben uns die Mühe ins Wahllokal zu gehen, benutzen dieses wunderschöne, große Blatt Papier um Parolen drauf zu schreiben, schöne Bilder drauf zu malen oder einfach nur ein Stück Käse beizulegen und demonstrieren dadurch gerade, was wir von diesem Quark halten. Wir wählen nicht nicht, weil uns Politik nicht interessiert, sondern gerade weil sie uns interessiert und wir sagen, dass sie nichts verändern kann und auch nicht will.
Wir geben uns die Mühe und gehen hin, ja machen uns sogar Gedanken darüber, was wir schreiben wollen. Damit verändern wir natürlich auch nicht die Welt.

Wir bringen aber durch unsere bewusste Aktion ein paar Menschen zum Nachdenken über diese Zustände, ob eine tatsächliche Demokratie nicht wesentlich direkter sein und von uns allen ausgehen sollte, nicht von oben herab.
Auch die ungültigen Stimmen werden gezählt. Wir sagen laut und deutlich ''Nein!'' zu diesem pseudodemokratischen Kasperletheater! Wer sich erdreistet, uns regieren zu wollen, soll wissen, dass dies ohne unsere Zustimmung geschieht - egal wer es ist!
Wir wollen nicht das kleinere Übel, wir wollen ein besseres Leben für alle! Zeigen wir ihnen, was wir von diesem Quatsch halten, denn das Leben ist zu schön, um es uns von anderen vorschreiben zu lassen. Wählt ungültig!