In der ganzen Obama-Besoffenheit im letzten Sommer, die bis zur Amtseinführung im Januar und zum Teil darüber hinaus andauerte, wurde die Aufmerksamkeit für seine Aussagen getrübt. Jetzt wird immer deutlicher, dass auch der neue US-Präsident mit nur einigen Veränderungen die militaristische US-Außenpolitik mit anderen Akzenten fortsetzt und die zivilen Optionen vernachlässigt. Die Bundesregierung folgt ihm dabei völlig kritiklos und stockt die Bundeswehreinheiten weiter auf.
Schon bei der Berliner Rede vor seiner Wahl wurde deutlich, dass Obama, wenn auch mit mehr Charme als Bush von den Europäern mehr Einsatz in dem von den USA ausgerufenen Krieg gegen den Terrorismus besonders in Afghanistan erwartet. Inzwischen hat Obama das Zielgebiet für den Krieg gegen Al-Quaida und die Taliban auf den Süden Afghanistans konzentriert und nun auch offiziell auf das Grenzgebiet von Pakistan ausgedehnt, in dem auch in der Vergangenheit immer mal wieder amerikanische Granaten und Marschflugkörper einschlugen. Auch eine Kooperation mit dem Iran, der unter Bush noch als Teil der "Achse des Bösen" von allen Gesprächen ausgeschlossen wurde, scheint für dieses Ziel möglich.
So begrüßenswert die Auflösung des völkerrechtlich unhaltbaren Gefangenenlagers in Guantanamo auf Cuba ist, das Folterlager Bagram in Afghanistan, in dem noch mehr Menschen gefangen gehalten werden, wird weiter aufrecht erhalten und die Folterer werden auch von der neuen US-Regierung nicht zur Rechenschaft gezogen. Alle Freude darüber, dass nun die Besatzungstruppen aus dem Irak abgezogen werden sollen, wenn auch viel langsamer als im US-Wahlkampf angekündigt, sollte den Blick nicht dafür verschließen, dass der Irak heute stärker von Gewalt geprägt ist als zu Zeiten Saddam Husseins. Diese Gewalt wird nur nicht mehr von staatlichen Organen, sondern von marodierenden Banden, politischen Extremisten und Kriminellen ausgeübt.
Der Ölreichtum des Landes, der jahrelang über das Programm "Öl für Lebensmittel" veruntreut wurde kommt auch jetzt wieder nicht breiten Bevölkerungsschichten zu Gute, sondern wird wieder nur inländischen Machtcliquen und multinationalen Konzernen abgeschöpft. Ein nicht unerheblicher Teil der US-Soldaten aus dem Irak kann auch nicht nach Hause, sondern wird nach Afghanistan verlegt. 17.000 werden es auf jeden Fall sein und über weitere 13.000 wird nachgedacht. Die Obergrenze für das Bundeswehrkontingent wurde auf 4.500 Soldaten ausgedehnt. 400 wurden zur Verstärkung der Schnellen Eingreiftruppe entsandt, sollte der AWACS-Einsatz verstärkt werden, dann müsste der Bundestag eine noch höhere Obergrenze beschließen. Auch wenn 40 Nationen über 100.000 Soldaten zukünftig dort hin entsenden sollten, muss hier noch einmal daran erinnert werden, dass die UdSSR trotz 120.000 eigener und bis zu 330.000 unterstützender afghanischer Soldaten geschlagen abziehen musste. Ein militärischer Sieg ist nicht möglich. Die Bundesregierung sollte ihre Unterstützung des Afghanistan-Abenteuers beenden und sich nicht vom neuen amerikanischen Präsidenten immer tiefer in diesen Krieg hineinziehen lassen. Je härter die Kämpfe werden und je mehr Zivilisten dabei getötet werden, desto massiver wird der Widerstand und die Zahl der Opfer auch auf Seiten der deutschen Soldaten werden.
Deutschlands Freiheit wird nicht am Hindukusch verteidigt, sondern gefährdet. Wer der afghanischen Bevölkerung helfen möchte, der sollte nicht unnütz Geld für Militär sondern sinnvoll für zivilen Aufbau ausgeben.