Chiapas - Aufstand der Würde
Schwarze Katze, Friedensfestzeitung 04

Am 1. Januar 1994 erhoben sich die Ureinwohner in Chiapas in einem bewaffneten Aufstand. Das "¡Ya Basta!" - es reicht! der "Zapatistischen Armee zur nationalen Befreiung" (EZLN) ist bis heute nicht verklungen. Schon 1983 gründete sich im Südwesten von Chiapas die EZLN. Ursprünglich bestand sie aus wenigen Aktivisten aus Grossstädten, die nach dem Vorbild von Che Guevarra eine Guerilla gründen wollten. Doch nach einer langen Phase des Austausches mit der Landbevölkerung entstand eine Bewegung, die nur schwer vergleichbar mit allen sonst bekannten lateinamerikanischen Guerillas ist: die Zapatisten begannen ihren langen Weg aus der Jahrhunderte alten Unterdrückung.

Am 1. Januar 1994, am Tag, als Mexiko dem Nordamerikanischen Freihandelsabkommen beitrat, drangen zapatistische KämpferInnen in Bezirkshauptorte ein und begannen mit der Zerstörung von Dokumenten, die wenigen Grossgrundbesitzern das Recht auf den Grossteil des Landes garantierten. Gleichzeitig begannen sie mit der Enteignung und Aneignung dieses Landes, auf dem sie fortan ihre autonome Lebensweise praktizierten. Sie schufen den Grundstein für ihre Selbstverwaltung und den einzigen Ausweg, nicht mehr als Leibeigene für die Grossgrundbesitzer zu schuften. Fast zwei Wochen dauerte der bewaffnete Konflikt mit der mexikanischen Armee, bis aufgrund von internationalen Protesten die Regierung in Verhandlung mit den Zapatisten trat. Seitdem kämpft die EZLN mit dem "bewaffneten Wort", was ihr den Ruf als "Medienguerilla" verschaffte.

Wie die Zapatisten ihre Autonomie gestalten
Die Zapatisten begannen sofort, ihre basisdemokratische Organisationsform umzusetzen. Neben der EZLN bildeten sich autonome Dorf- und regionale Strukturen, die bis heute ausgebaut werden. Zentrale Anlaufpunkte wurden errichtet, um den Kontakt mit der Aussenwelt zu halten und dort eigene Schulen, Krankenhäuser und logistische Einrichtungen zu haben. Medienwirksame Aktionen, wie zum Beispiel der Marsch auf Mexiko-Stadt folgten.

In ihrer Kritik an den bestehenden Verhältnissen beziehen sich die Zapatisten immer auch auf globale Prozesse und arbeiten mit weltweiten Netzwerken zusammen. Da sie keinerlei Hilfe vom Staat annehmen, sind sie auf internationale Unterstützung angewiesen, und auf das, was sie selber erwirtschaften. In erster Linie bauen sie aus eigener Kraft und mit der Unterstützung von solidarischen Gruppen ihr Gesundheits-, Bildungs- und Landwirtschaftsstruktur aus, mit dem Ziel, langfristig unabhängig zu bleiben und dem Rest der Welt die Hoffnung zu geben, dass es möglich ist, selbstverwaltet und antiautoritär zu leben.

Wie sieht es heute dort aus?
Auch heute sind die Zapatisten aktiv, trotz ständiger Bedrohungen und Vertreibungs(versuchen) durch Militär und Paramilitär. Mehr noch, im August 2003 errichteten sie eine Art Räteregierung, die "Räte der guten Regierung", in Ablehnung an die "schlechte Regierung", dem mexikanischen Staat. Es gibt derer fünf in den Zentren der Zapatisten. Sie arbeiten nach dem Prinzip des imperativen Mandats, d.h. sie bekommen eine zeitlich begrenzte Aufgabe mit einem klar definierten Auftrag. Ihre Aufgabe besteht hauptsächlich in der Koordinierung und Verteilung von Spenden und der Realisierung von Projekten. Sie sind AnsprechpartnerInnen, Ohr und Mund der Basis. Die eigentliche Organisierung des alltäglichen Leben findet aber nach wie vor an der Basis statt.

Und wie geht´s weiter?
Weiter geht es nach dem zapatistischen Leitmotiv: "fragend gehen wir voran". Doch dafür ist es auch wichtig, wie wir uns verhalten. Es ist notwendig, dass wir diese Bewegung unterstützen, aber wichtiger ist es noch, hier Veränderungen zu bewirken. Wir können von dieser und von anderen Bewegungen sehr viel lernen, aber es nützt nichts, wenn wir nicht auch eigene Erfahrungen machen, sie sammeln und unser Wissen anwenden. Auch wir können uns selber organisieren, das Friedensfest ist ein Beispiel dafür. Wir können uns austauschen, nicht nur unsere Erfahrungen sondern auch materiell. Und immer müssen wir den Finger auf die Fehler dieses Systems richten und laut sagen: Es reicht! So wollen und können wir nicht leben!

Weitere Infos: www.gruppe-basta.de, www.zapapres.de, www.cafe-libertad.de, www.chiapas.ch, http://schwarze.katze.dk, www.chiapas.at