Drückeberger auch in Iserlohn
Artikel aus der Iserlohner Friedensfestzeitung 2001

ZwangsarbeiterInnen weiter ohne Geld

Die Entschädigung von ZwangsarbeiterInnen bietet auch für den wohlwollendsten Betrachter als ein Trauerspiel mit immer mehr Akten. Die Forderungen von zur Zwangsarbeit gezwungenen und verschleppten Menschen nach einer Vergütung ihrer Leistung wurden in aller Regel brüsk zurückgewiesen. Erst durch den Druck von Sammelklagen in den USA kamen über 50 Jahre nach Kriegsende einige deutsche Großunternehmen in Bewegung. Sie fürchteten neben erheblichen Geldforderungen und Boykotten für sich eine Rufschädigung.

So riefen sie die Stiftung "Erinnerung, Verantwortung, Zukunft" ins Leben mit dem Ziel 5 Mrd. DM bei deutschen Unternehmen einzusammeln. Die rot-grüne Bundesregierung verpflichtete sich die gleiche Summe aus Steuermitteln beizutragen und für Rechtssicherheit – den Schutz vor weiteren Forderungen – zu sorgen. So keimte 1999 bei den überlebenden Anspruchsberechtigten die Hoffnung auf, dass sie bald wenigsten mit einer kargen Wiedergutmachung rechnen konnten. Eine schnelle Auszahlung war besonders deshalb wichtig, weil immer mehr Betroffene wegen ihres hohen Alters zu sterben drohten, bevor sie wenigstens etwas Geld erhielten. Die Verhandlungen mit den offiziellen Stellen in den USA zogen sich aber hin. Der Streit zwischen Bund und Bundesländern, wer das Geld aufzubringen hatte konnte relativ schnell beigelegt werden.

Peinlich war hingegen das Verhalten von vielen Wirtschaftsunternehmen. Da es keinen Schlüssel für die Einzahlung in den Stiftungsfonds gab, sondern die 5 Mrd. DM auf der Grundlage von Freiwilligkeit zusammenkommen sollten, erklärten sich viele Betriebe, selbst von den denen, die nachweislich Zwangsarbeiter beschäftigt haben, als nicht zuständig. Nur wenige Chefs waren bereit 1Promille vom Jahresumsatz zur symbolischen Abtragung der historischen Schuld zu zahlen. Selbst Anfang 2001 war die Summe noch nicht beisammen, obwohl die Einzahlung in die Stiftung steuerlich geltend gemacht werden konnte, sich also nur etwa die Hälfte auf das Betriebsergebnis auswirkte. Da war es nicht verwunderlich, dass eine amerikanische Richterin der Kragen platzte. Mit Verweis darauf, dass die Entschädigungsmittel nicht sicher zur Verfügung standen, verweigerte sie die Abweisung einer Sammelklage gegen deutsche und österreichische Banken. Das bewegte einige Großunternehmen mit hohem Exportanteil, ihren Beitrag zu erhöhen. Dadurch stehen die 10 Mrd. DM jetzt zwar im Prinzip zur Auszahlung bereit, werden aber mit der Begründung zurückgehalten, da die eingeforderte Rechtsicherheit noch nicht gegeben ist. Die Opfer warten weiter und immer mehr sterben inzwischen. Der Appell von Opferverbänden, wenigstens den ältesten und kränkesten Berechtigten einen Abschlag zu zahlen verhallte ohne Reaktion.

Sehr unrühmlich war die Zahlungsbereitschaft auch bei Firmen in Iserlohn. Obwohl es eine Menge Firmen in unserer Stadt gibt, die die Verpflichtung gehabt hätten, in den Fonds einzuzahlen, finden sich bis heute erst 12 Firmen in der Liste der Stiftungsinitiative, von denen viele erst nach dem Krieg gegründet worden sind. Auch Appelle von der Industrie- und Handelkammer, von LokalpolitikerInnen und vom FriedensPlenum hatten bei einigen Firmen in Iserlohn, die nachweislich ZwangsarbeiterInnen beschäftigt haben, bisher keine Wirkung.

Detlev Paul

Liste der Drückeberger:

Christophery
Haneback
Gebr. Jost
Niebecker & Schumacher
Schütte, Meyer & Co.
I.D. von Hagen
Wwe. Wilhelm von Hagen
Schlieper

Das FriedensPlenum meint, dass dem schändlichen Zurückhalten der Gelder durch Wirtschaft und Regierung eine Aktion aus der Bevölkerung entgegengestellt werden muss. Derzeit kann niemand abschätzen, ob bis zum Friedensfestival erste Mittel aus deren Stiftung ausgezahlt worden sind. Für die bedürftigsten ZwangsarbeiterInnen müssen sofort Mittel bereitgestellt werden.

Wir raten zu Spenden an: Bundesverband Information & Beratung für NS-Verfolgte, BLZ 37020500 Bank für Sozialwirtschaft, Kto. 7073101

Dieser und weitere Artikel aus der Iserlohner Friedensfestzeitung sind unter der Seite des Iserlohner Friedensplenums www.friedensfestival.de zu finden.