Gedenken an Reichspogromnacht in Menden
Schwarze Katze Terminseite, 09.11.19

Gedenken am 09.11.19 in Menden

lokalhistorischer Text zur Synagoge Menden
Die Schwarze Katze hat sich seit einiger Zeit überlegt, wie sie die Gedenkveranstaltung zum Reichspogromnacht Gedenktag am 9. November 2019 in Menden am besten unterstützen kann. Ergebnis der Überlegungen ist ein lokalhistorischer Text über den Brand und die anschliessende Arisierung der Synagoge von Menden während der Nazi-Zeit. Neben der verteilten Flugblätter stieß dieser Text in Sozialen Netzwerken in Menden/Sauerland auf reges Interesse.

300 Flugblätter verteilt
Auf der Reichspogromnacht Gedenkveranstaltung am 09.11.19, die unter dem Motto "augen auf! für menden" stattfand, wurden 150 Schwarze Katze Flugblätter zur Geschichte der Mendener Synagoge verteilt und in Mendener Briefkästen gelegt. Es wurden zeitnah in Menden 150 weitere Flugblätter in Briefkästen gesteckt, ausgelegt und in der Hönnestadt verteilt. Nachfolgend das Flugblatt zum Nachlesen:

9. November 1938 in Menden
Schwarze Katze, 09.11.19

Synagoge Menden von Nazis zerstört
Am 9. November 1938 griffen Mendener Nazis wie im ganzen Deutschen Reich die dortige Synagoge an. Mendener SA Männer schlugen mit einer Axt die Tür ein, zerschlugen die Fenster und warfen die jüdischen Kultgegenstände auf die Straße in den Dreck.

Nachbarn löschen Brand, damit ihre Häuser nicht mit abbrennen
Das Innere der Synagoge wurde in Brand gesetzt, konnte aber von den Nachbarn rechtzeitig gelöscht werden. Die Nachbarn verständigten die Polizei. Sie befürchteten, dass das Farb- und Lacklager Echt daneben abbrennen könnte. Dann hätten die anderen Altstadthäuser ebenfalls Feuer fangen können und die ganze Altstadt wäre in Flammen aufgegangen.

Nazi-Anweisung an die Polizei
Der NSDAP Ortsgruppenleiter von Menden ist in der Nacht vom 9. zum 10. November 1938 in die Polizeiwache gegangen und hat den Polizisten die strikte Anweisung gegeben, die Polizeiwache nicht zu verlassen, komme was wolle, auch wenn sie dazu aufgefordert würden. Einer der Polizisten verließ aber trotzdem die Wache und sorgte für die ungestörte Erledigung der Löscharbeiten an der Synagoge. Dafür soll er in den Osten des Deutschen Reiches zwangsversetzt worden sein.

Arisierung der Synagoge
Der Anstreichermeister Wilhelm Echt hat die Synagoge für nur 7.000 Reichsmark von der Jüdischen Gemeinde Menden gekauft, zuzüglich einer "Ausgleichsabgabe" an das Deutsche Reich. Also hat sich der Staat daran noch bereichert. Die 7.000 Reichsmark sollten bedürftigen Mendener Juden dienen, um ihre Ausreise aus Nazi-Deutschland zu finanzieren. 1951 musste der Käufer in einem Vergleich mit der Jewish Trust Cooperation for Germany dieser 6.000 DM als Wiedergutmachung zahlen und die Kosten des Abrisses tragen. Heute steht am früheren Platz der Synagoge ein "Ort des Erinnerns" als Denkmal.

Schwarze Katze
Postfach 41 20
58664 Hemer
web: http://schwarze.katze.dk

Flugblatt im PDF-Format zum selber ausdrucken:
https://schwarze.katze.dk/download/pdf/sk091119.pdf

Ablauf der Gedenkveranstaltung
Schwarze Katze, 09.11.19

Zum ökumenischen Gottesdienst in der St. Vincenz Kirche kamen 400 Menschen. Die ersten Reihen belegten - was sonst eher selten vorkommt - viele Mendener Schüler. Allerdings nicht wegen dem geringen Gottesdienstanteil, sondern wegen dem Thema, womit sie sich selbst beschäftigt haben. Die inhaltlichen Redebeiträge zum 9. November 1938 in Menden wurden grösstenteils von Mendener Schülern der lokalen weiterführenden Schulen gehalten, wobei die Schüler der weiterführenden Mendener Schulen zusammen mit denen der ehemaligen Anne-Frank-Grundschule die Haupt-Organisation inne hatten. Die Butterbrottüten mit dem Logo "Augen auf für Menden" leuchteten in der geheizten Kirche und später draussen in der Kälte an der ehemaligen Synagoge. Auch in vielen Mendener Fenstern gab es Licht von den 20.000 verteilten Lichttüten - statistisch für jeden Haushalt eine. Dafür waren viele Schüler mit Stempeln der Butterbrottüten beschäftigt.

Beeindruckend die von Schülern des Placida-Viel-Berufskollegs vorgetragenen Worte der 98jährigen Holocaust-Überlebenden Jüdin Margot Friedländer: "Es gibt kein jüdisches Blut. Es gibt kein arabisches Blut. Es gibt nur menschliches Blut." Die einzige Überlebende ihrer Familie warnte: "So wie heute hat es damals angefangen!" Schüler der Real- und Anne Frank Schule erzählten die Geschichte Mendener Juden während des 9. November 1938 und die Zerstörung der beiden jüdischen Läden von Menden. Die Pfarrerin Dorothea Goudefroy brachte die antijudaistische und antisemitische Stimmung der Kirchen mit folgenden Worten auf den Punkt: "Christen wie wir es sind, haben die Juden verabscheut und alle Schuld auf sie geschoben". Ein zutreffendes und selten zu hörendes Schuldeingeständnis der Kirche.

Anschliessend ging es gemeinsam mit dem Mendener Bürgermeister Martin Wächter zum nahegelegenen Mahnmal an der früheren Synagoge. Dort lasen zwei Schüler vom Mendener Walburgis Gymnasium die Namen der Mendener Juden vor und zwei Schüler legten einen Kranz ab. Zum Abschluss wurden die Lichtertüten vor das Mahnmal gelegt. Klasse was Mendener Schüler an diesem geschichtsträchtigen Tag alles auf die Beine gestellt haben. Eine rundum beeindruckende Veranstaltung.

Nachfolgend einige Fotos:

Augen auf für Menden
Fotos: Schwarze Katze, 09.11.19
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f Augen auf für Menden. In der St. Vincenz Kirche.


Ecke Hochstrasse / Synagogengasse in Menden/Sauerland.


Ort der Erinnerung mit Lichter-Tüten von der Seite.


Hier stand früher die Mendener Synagoge.

Social Media

Mit Blick auf die Ereignisse in Halle an der Saale zeigt sich in Menden übrigens erneut, dass "Augen auf! Für Menden" inzwischen mehr ist als nur eine Gedenkveranstaltung einmal im Jahr. So zeigen viele Mendenerinnen und Mendener in den Sozialen Medien ihre Anteilnahme, indem sie z.B. ihr Profilbild bei WhatsApp durch ein Foto der Augen-Auf-Lichtertüte ersetzt haben.

20.000 Lichter leuchten für Respekt und Vielfalt in Menden
Gedenken am 9. November 2019 in Menden/Sauerland

Am 9. November 2019 leuchten in Menden 20.000 Lichter und mehr als Zeichen für Respekt, Vielfalt und gegen das Vergessen. An diesem Tag jährt sich die Reichpogromnacht 1938. In dieser Nacht begannen in Deutschland und darüber hinaus vom nationalsozialistischen Regime organisierte und gelenkte Gewaltmaßnahmen gegen Juden. Im ganzen Land brannten die Synagogen – auch in der Hochstraße in Menden, wo heute der "Ort des Erinnerns" an diese dunkle Zeit erinnert.

Vom 7. bis 13. November etwa 800 Juden ermordet, 400 davon in der Nacht vom 9. auf den 10. November. Mehr 1.400 Synagogen, Betstuben und sonstige Versammlungsräume sowie tausende Geschäfte, Wohnungen und jüdische Friedhöfe wurden zerstört. Ab dem 10. November wurden ungefähr 30.000 Juden in Konzentrationslagern inhaftiert, wo mindestens weitere 400 ermordet wurden oder an Haftfolgen starben.

Um all‘ das nicht zu vergessen und gerade auch mit Schülerinnen und Schülern das Thema aufzuarbeiten gibt es seit mehr als drei Jahren die Initiative "augen auf! für menden". Gemeinsam mit den weiterführenden Schulen aus Menden wurden in diesem Jahr Butterbrot-Tüten als Lichtertüten mit dem "Augen auf" Logo versehen und an alle Haushalte verteilt. Diese 20.000 Lichtertüten sollen am Samstag ab 17 Uhr in den Fenstern von Mendener Häusern leuchten.

Außerdem wird es am Samstag eine Gedenkveranstaltung geben, zu der alle Mendener Bürger herzlich eingeladen sind. Dieses Gedenken findet statt am 9. November 2019 um 18:30 Uhr in der St. Vincenz Kirche. Nach einem Gottesdienst gibt es die Kranzniederlegung am Gedenkstein in der Hochstraße, Parallel dazu läuten in ganz Menden die Totenglocken der ev. und kath. Gemeinden.

Begleitet werden die Aktionen wieder von engagierten Schülern/innen aller weiterführenden Schulen in Menden.

Sicherheitshinweis der Feuerwehr Menden: Die Feuerwehr Menden unterstützt und befürwortet die Aktion von "Augen auf!", die Botschaft und die Werte die damit verbunden sind.

Allerdings betont die Feuerwehr, dass die "Bedienungsanleitung", die jeder Lichtertüte beigelegt ist, unbedingt beachtet werden muss. Sollten Sie die Lichtertüte mit einer Kerze oder einem Teelicht bestücken, stellen Sie die Kerze nicht einfach so in die Tüte sondern benutzen sie ein Kerzenglas, Windlicht oder ähnliches. In jedem Fall aber ein Glas, das hoch genug ist, damit die Lichtertüte nicht Feuer fängt.

Grundsätzlich sollten Kerzen nicht unbeaufsichtigt gelassen werden. Außerdem ist darauf zu achten, dass um die Lichtertüte herum ausreichend Freiraum und achten Sie darauf, dass Gardinen oder Vorhänge nicht versehentlich durch die Kerze Feuer fangen können.

Der katholische Pastoralverbund Menden schreibt zur Gedenkveranstaltung zum 9. November 2019 in den Pfarrnachrichten Nr. 20/2019 / 19. Oktober bis 3. November 2019:

"augen auf! für menden" – Unter dieser Überschrift bereiten die Schulen zusammen mit der Stadt Menden und den Kirchen wieder das Gedenken an die Reichspogromnacht vom 9. November 1938 vor, das in diesem Jahr dezentral und besinnlich gestaltet sein wird. Dazu werden in diesen Tagen über die Schulen 20.000 Papiertüten mit der Aufschrift "augen auf! für Menden"verteilt. Wir bitten Sie, diese Tüten mit einem Glas und einem Teelicht zu bestücken und am 9. November ab 18:30 Uhr in die Fenster oder vor die Haustüren zu stellen. Darüber hinaus laden wir herzlich zur Gedenkveranstaltung ein, die abends um 18:30 Uhr in der Vincenzkirche startet und dann mit einem Lichtergang zur Gedenkstätte an der Hochstraße führt. Dazu werden die Mendener Totenglocken läuten. Gerade nach dem Attentat von Halle, das gegen die jüdische Gemeinde gerichtet war, sind wir aufgefordert, allen zu zeigen, dass in unserer Stadt kein Platz für rechte Gewalt ist!

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