Kritik an 1 Euro Jobs
Schwarze Katze, 28.04.10


Die Landesgartenschau Hemer 2010 GmbH beschäftigt 1 Euro Jobber. Ob das zusätzliche Arbeiten sind, wie im Gesetz vorgeschrieben, ist die Frage. Eine gewinnorientierte Gesellschaft mit beschränkter Haftung sollte eigentlich ihre Leute regulär bezahlen können statt auf Mittel der Sozialversicherung zurückzugreifen. Ausserdem fällt für die von 1 Euro Jobbern mit verrichtete "Stadtbildpflege" ein grösseres Arbeitsvolumen an, da viele LGS Besucher viel auf den Boden fallen lassen. Besonders negativ fallen die Verpackungen des neuen McDonalds auf, die überall rumfliegen. Wie wäre es damit diese in den Mülleimer zu werfen oder McDonalds ganz zu meiden? Dann müssen zwangsverpflichtete Arbeitslose auch keinen Müll aufheben. In Iserlohn gab es übrigens 2005 eine Strassentheateraktion gegen "Arbeitsgelegenheiten mit Mehraufwandsentschädigung". Mehr...



Flugblatt der Montagsdemo Iserlohn

Unter dem Titel "Zwangsarbeit im Stalag VI A in Hemer" wurde bei der Montagsdemo in Iserlohn ein Flugblatt verteilt. Im folgenden zitieren wir einen Absatz daraus:

"Sie sind nur die billigsten Arbeitskräfte im Dienst der "Allgemeinheit". Wir haben uns an sie gewöhnt. Und darüber das Denken vergessen. Spätestens, wenn die Kassen aufgemacht werden, wird sich zeigen, dass auch der Einsatz von 1-€-Jobber bei der LSG nicht gemeinnützig,sondern rechtswidrig ist und nach derzeit geltender Rechtslageden Straftatbestand von Sozialleistungsmissbrauch erfüllt. Die Landesgartenschau in Hemer verfolgt rein kommerzielle, keine„gemeinnützigen“ Interessen. Wer nicht bezahlt, kommt nicht hinein. Damit reiht sich Hemers Bürgermeister Esken nahtlos in die Reihe derer ein, die sich (und/oder ihre Behörde) an der kranken Hartz IV- Gesetzgebung bereichern. Nur das Abartige daran ist: in Hemer werden wieder Zwangsarbeiter auf dem Gebiet des Stalag 6a zum Einsatz genötigt."

So nicht!
Ob das rechtswidrig ist oder nicht, wird sich erst zeigen, wenn ein 1 Euro Jobber gegen seinen Einsatz klagt. Dies ist allerdings aus Angst vor Schikanen der ARGE in solchen Fällen recht unwahrscheinlich. Den Vergleich mit dem Stalag VI A würden wir in dieser Form nicht machen, da das Stammlager VI A ein Sterbelager war, in das die völlig entkräfteten Zwangsarbeiter ihre letzten Tage verbringen mussten. 1 Euro Jobs sind zwar nicht potentiell tödlich wie im 3. Reich, aber beides ist de facto Zwangsarbeit und daher abzulehnen. Wer einen 1 Euro Job ablehnt, dem droht ein Drittel Kürzung beim ohnehin geringen Hartz IV Satz. Bei der zweiten Ablehnung beträgt die Kürzung zwei Drittel und bei der dritten gibt es gar kein Geld mehr. Also ist Arbeiten für einen Euro die Stunde "offiziell" freiwillig, de facto aber nicht. Die grundsätzliche Kritik an 1 Euro Jobs in dem Flugblatt der Montagsdemo ist löblich, aber den Vergleich mit Konzentrationslagern durch die Zwischenüberschrift "Armut macht eben nicht frei" und den Abdruck des Fotos der Aufschrift des KZ Buchenwald Tores "Jedem das Seine" finden wir in diesem Zusammenhang daneben. Der faschistische bzw. protestantistische Arbeitsethos ist zwar derselbe, aber es gibt auch Unterschiede: Die Landesgartenschau stellt sich durch das Zulassen der Ausstellung über das Stalag VI A der dunklen Vergangenheit. Ein 1 Euro Job auf der Landesgartenschau ist zwar eine Einschränkung der persönlichen Freiheit durch unterbezahlte Arbeit und die verlorene Lebenszeit und de facto Zwangsarbeit, aber das LGS-Gelände ist kein Konzentrationslager. Bei aller Sympathie für das soziale Anliegen der Montagsdemo und bei aller berechtigten Kritik an 1 Euro Jobs: So nicht!