Ihre Sicherheit bedeutet Krieg! Ihr Frieden heisst Ausbeutung!
Gemeinsam gegen die Münchner Sicherheitskonferenz am 11./12. Februar 2005

Bundesweite Koordination Antimilitaristischer Gruppen "Krieg ist Frieden" (KIF)
abgedruckt im Schwarze Katze Rundbrief 09.01.05

Wer gegen Kriege und Militarismus ist, wer keine Gesellschaft will, in der Rassismus und Patriarchat Normalzustand sind, muss den Kriegstreibern entgegentreten. Immer wieder und wieder – mit wissendem Zorn und aller Kraft ihnen das Handwerk legen.

Gegen die Sicherheitskonferenz der Verantwortlichen für Krieg, Zerstörung und Elend waren 2002 zehntausend, 2003 fünfundzwanzigtausend und 2004 erneut zehntausend Menschen auf der Strasse – und es gibt in der Öffentlichkeit erste Zweifel, ob die Tagung wegen der massiven Proteste weiterhin in der Münchner Innenstadt stattfinden kann.

Weiter so! Raus gegen die Kriegskonferenz! Raus gegen die militärische Absicherung des Reichtums Weniger! Raus gegen Sozialkahlschlag und Arbeitszwang!
Vom 11. bis 13. Februar 2005 findet im Bayerischen Hof zum 41. Mal die Münchner Sicherheitskonferenz statt, die zuvor die Wehrkundetagung der NATO-Staaten war. Hier werden Kriege vorbereitet; hier wird eine globale Gesellschaftsordnung abgesichert und legitimiert, die auf systematischer Ausgrenzung, auf Ausbeutung und Aneignung von Ressourcen basiert. Ein Zustand, der nur durch Kriege garantiert werden kann – Kriege, die Frieden
heissen.

"Unser Land erlebt gerade einen dramatischen Umbruch. In allen Generationen vor uns war Krieg das Prinzip des sozialen Wandels. Jetzt durchläuft Deutschland zum ersten Mal (...) eine friedliche Transformation solchen Ausmasses", sagte Aussenminister Fischer am 21. Februar 2004 in der taz. Die Vorstellung dieser "friedlichen Transformation" weist die Qualität des Orwellschen Neusprech auf – Hass ist Liebe, Wahrheit ist Lüge und Krieg ist Frieden.

Dieser kriegerische Frieden etabliert die Legalisierung der Folter, gezielter Hinrichtungen und anderer systematischer Menschenrechtsverletzungen in Abu Ghraib, auf Guantanamo und in anderen geheimen Lagern. Das sind keine Einzelfälle, sondern Ausdruck eines Systems, in dem die zum Feind der Freiheit erklärten Menschen und Gefangenen keine Rechte mehr haben. Der "Krieg gegen den Terrorismus" normalisiert den Ausnahmezustand und macht diesen permanent.

Doch der Krieg nach Aussen, das System der geheimen Haft und die sozialen Angriffe nach Innen sind nicht auseinander zu denken. Geht es doch bei den weltweit geführten Kriegen um Rohstoffe, Vormachtstellungen und Marktpositionen und somit direkt um die Interessen der westlichen Metropolen. Davon profitieren auch deutsche Firmen. So hat sich Siemens nach der Übernahme des Telefonnetzes in Kroatien nun auch den Ausbau des digitalen Netzes im Kosovo gesichert.

Ähnliches gilt für internationale Konzerne, die sich gestützt durch die Bush Executive Order weitgehende Immunität im Irak gesichert haben. Der Bush-Erlass erklärt das Gebiet der irakischen Ölquellen unilateral zur unantastbaren Provinz der US-Konzerne.

Die offiziellen und die verschwiegenen Kriege der meist westlichen Streitmächte dienen dem Reichtum Weniger. Der ökonomische Krieg von Weltbank, Internationalem Währungsfond (IWF) und Weltwirtschaftsforum (WEF) dient der Teilung der Welt in arme und reiche Länder. Hartz IV und Agenda 2010 dienen dem Reichtum der Reichen und der Aufrechterhaltung der Armut der Armen.
Beide Seiten, der Krieg nach Aussen und der soziale Angriff nach Innen, haben dasselbe Ziel: die Standortlogik des modernen warfarestate durchzusetzen, die Ausbeutung zu steigern und die für das Funktionieren des Marktes Überflüssigen in ihrer Bewegungsfreiheit und Lebensqualität einzuschränken. Umzäunte Flüchtlingslager in Kriegsregionen, Abschiebegefängnisse an den EU-Aussengrenzen, Residenzpflicht-Auflagen und Verdrängung in Stadtrandsiedlungen, gestrichene Sozialtickets im öffentlichen Nahverkehr, Kürzung der Sozialleistungen und Überwachung durch private Sicherheitsdienste.

Kriegspolitik und weltweite kapitalistische Ausplünderung sind zwei Bestandteile dieses Prozesses. Ein Widerstand gegen den Abbau des welfarestate, der diese Dimension aus den Augen verliert, bleibt zwangsläufig metropolen-chauvinistisch. Ein antimilitaristischer Widerstand, der das missachtet, will den eigenen Wohlstand lediglich still und leise gegen die verteidigt wissen, die ihn missen müssen. Ein solcher "Widerstand" wäre heuchlerisch, er wollte den Frieden der Friedhöfe. Gegen jeden Frieden, der Ausbeutung bedeutet!

Militarisierung der Gesellschaft und Sozialabbau hängen eng zusammen. Die sich durch die Sozialkürzungen verschärfenden Verteilungskämpfe erfordern eine immer stärkere Überwachung der Gesellschaft – private Sicherheitsdienste sind ein boomender Sektor. Die militärische, bewaffnete und uniformierte Absicherung von Macht und Reichtum gehört inzwischen auch hier zum Alltag; sei sie staatlich oder privat organisiert.

Die sozialpolitischen Einschnitte erlauben ausserdem den Umbau der Bundeswehr in eine Berufsarmee. Mit dem bereits seit Jahren diskutierten Ende der Wehrpflicht gäbe es keinen gesetzlichen Hebel mehr für die Erzwingung von Zivildiensten. Doch die Zivildienstleistenden halten in vielen sozialen und pflegerischen Bereichen die Versorgung aufrecht. Mit den neuen Druckmitteln des Arbeitslosengeldes 2, mit Mini- und 1-Euro-Jobs kann die erwartete Lücke geschlossen werden. Nicht umsonst waren Wohlfahrtsverbände wie AWO, Caritas und Diakonie die ersten, die ankündigten, 17 000 Zwangsjobs einzurichten. Hartz IV wird damit eine Voraussetzung für die Neuausrichtung der Bundeswehr zu einer Berufsarmee und Interventions-streitmacht, zumal die zu erwartenden Einsparungen direkt in das Militärbudget fliessen werden. Schröder sagte jüngst: "Das, was wir mit der Agenda 2010 vorhaben (...) ist zugleich unsere Verantwortung für ein starkes Europa und seine Rolle in der Welt."

Dass damit auch die militärische Seite gemeint ist, bekräftigt Kriegsminister Struck. In einem Interview erklärte er, wie die jährlichen Mehrausgaben von mehr als einer Milliarde Euro im Militärhaushalt ab 2007 finanziert werden sollen: "Die Agenda 2010 wird ihre Früchte tragen und auch dem Haushalt mehr Spielraum verschaffen" (SZ, 4.2.04)

Militarisierung ist die Normalisierung des Militärischen im Alltag. Dafür stehen zum Beispiel tausende Werbeplakate, die uns die Bundeswehr als normalen Arbeitgeber erscheinen lassen sollen. Normal ist bereits die Präsenz uniformierter Soldatinnen und Soldaten in Schulen, Bahnhöfen und Zügen und normal ist es geworden, angesichts von Arbeitslosigkeit und 1-Euro-Jobs einen Ausweg im gut bezahlten Auslandseinsatz zu sehen.

Für immer mehr Menschen erscheint die Bundeswehr als einzige Möglichkeit, überhaupt eine Ausbildung zu erhalten. Das deutsche Militär als ein soziales und ziviles Unternehmen!? Das ist es nicht! Wenn Armut und soziale Verelendung sich mit Chauvinismus, Rassismus und Nationalismus paaren, wird die Bundeswehr zur beruflichen Perspektive.
Militarisierung ist mehr, als ein Gewöhnungsprozess an die Bundeswehr: Militarisierung ist auch eine handfeste Drohung – die Drohung, anders zu können, wenn es ernst wird mit gesellschaftlichem Protest. Auch wenn zu den Sozialprotesten bisher nur Polizeihubschrauber über den DemonstrantInnen kreisten – gerade die Reaktionen auf die internationalen Gipfelproteste von Genua bis Davos haben gezeigt, dass nicht davor zurückgeschreckt wird, Militär auch für die Innere Sicherheit einzusetzen. Die lange aufrecht erhaltene Lüge vom Krieg nach Aussen und dem Frieden nach Innen wird durch die Realität entlarvt.
Militarisierung ist eine Brutalisierung der gesellschaftlichen Verhältnisse, ist Durchsetzung von Befehl und Gehorsam als Normalität des Miteinander, ist die Zementierung patriarchaler Rollenmuster.
Militär ist und bleibt eine zentrale Manifestation männlicher Dominanzkultur. Gegen patriarchale Verhältnisse! Auf nach München!

Ein Kampf für soziale Rechte muss auch ein Kampf gegen Krieg und Folter sein. Das gilt ebenso umgekehrt. Die Überwindung kapitalistischer, rassistischer, patriarchaler und nationalistischer Strukturen ist die grundlegende Voraussetzung eines solidarischen und antimilitaristischen Miteinanders. Wir werden nicht bei Teilbereichskämpfen stehen bleiben, sondern eine übergreifende politische Praxis grenzüberschreitend und internationalistisch entwickeln. Auf nach München!

2005 feiert die Bundeswehr ihr 50-jähriges Bestehen. Eine Menge Propaganda- und Werbeveranstaltungen der Militärs sind zu erwarten. Machen wir ihnen einen Strich durch die Rechnung! Auf 50 Jahre Wiederbewaffnung kann es nur eine Antwort geben: Wiederentwaffnung jetzt!

Organisiert Widerstand gegen öffentliche Gelöbnisse, Kranzniederlegungen, Paraden, Reservistenwanderungen und Waffenschauen! Achtet auf Ankündigungen von Aktivitäten gegen das Bundeswehrjubiläum! Auf nach München!
Wir werden viele sein. Wir werden laut, lästig und nicht zu übersehen sein:
Warten wir nicht auf den nächsten Krieg,
warten wir nicht auf bessere Zeiten!

Kein Cent fürs Militär!
Enteignet die Ausbeuter!
Für die Umverteilung von oben nach unten!
Gegen die EU-Militärmacht!
No NATO!
Wiederentwaffnung jetzt!
Kriegskonferenzen unmöglich machen!
Internationale Solidarität!
No justice – no peace!
Auf zur Demo nach München!

Der Aufruf wird bisher unterstützt von: fortsetzung folgt, Kampagne Libertad!, AK Internationalismus, S.A.M (Sozialistische Aktion München), F.A.U.L (Forum Autonomer Umtriebe Landshut). Infos über die NATO gibts bei www.no-nato.de