Schwarze Katze Rundbrief 15.04.06
Die Katze kennt keinen Herrn.
Spanisches Sprichwort


1.) Eine Geschichte aus dem Leben
2.) Schwarze Katzen in der Hängematte
3.) Ökologisch Anarchistisches Forum
4.) Rechte Gedanken sind weit verbreitet
5.) Die zehn Angebote des evolutionären Humanismus


1.) Eine Geschichte aus dem Leben
Basta! Linke Jugendzeitung Nr. 3

Ihr habt zusammen auf deinem Bett gelegen, euch stundenlang unterhalten. Über alles mögliche, worüber man so redet. Da habt ihr auf einmal angefangen, euch ganz sanft zu streicheln. Ohne einen Ton zu sagen. Ihr konntet nicht anders, ihr mußtet es einfach tun. Und es hat euch beide glücklich gemacht. Nachher ward ihr total erschöpft und seid sofort eingeschlafen. Du bist fast ausgetickt vor Glück. So hattest du dich noch nie gefühlt...Als du diesen Traum das erste Mal hattest, dachtest du dir nichts weiter dabei. Aber er kam wieder, fast jede Nacht. "Das geht schon wieder vorbei", hast du gehofft. Aber es ging nicht vorbei. Auch dann nicht als du deine erste Freundin hattest. Im Gegenteil! Du hast dich in Jungs verliebt, hast dauernd an sie denken müssen. Sicher, du findest auch Mädchen nett. Aber nur bei Jungs bekommst du das gewisse Kribbeln im Bauch. Du kannst nichts dagegen tun. Und willst nicht mehr länger warten. Du willst, das deine Träume endlich wahr werden. Am liebsten würdest du es noch heute ausprobieren. Doch da sind diese Ängste: "Wird er mich überhaupt verstehen oder mich einfach nur auslachen? Was werden meine Eltern sagen? Mit wem kann ich darüber sprechen? Und was ist mit Aids?" Viele Fragen auf einmal. Oft weißt du nicht, mehr wo dir der Kopf steht, weißt nicht, ob du lachen oder weinen sollst. Kein Wunder. So wie dir geht es vielen Jungs und Männern. Du wirst sie Kennenlernen, denn es gibt sie überall: in der Schule, an der Uni, im Sportverein, in deiner Gruppe, in der Kneipe ...

... und Romeo liebt Julia?

In der Schule hörst du es immer wieder: Schwule Säue, Schwuchtel ... Dein Vater verzieht abends beim Fernsehen das Gesicht, wenn sich zwei Männer lieben und dein Opa schaut angewidert weg - damals gab´s das nicht! Deine Tante erzählt deiner Mutter, daß der Sohn der Nachbarin schwul ist, und daß ihr die Eltern jetzt leid tun, aber eigentlich hat sie ja nix gegen Schwule. Dein Cousin ist da toleranter, der hat nix gegen Schwule, bloß anmachen soll´n sie ihn nicht. Der Aufklärungsunterricht in der Schule ist ausgewogen: "Und dann gibt´s da noch die Schwulen und Lesben, aber das interessiert euch bestimmt nicht" und schon liebt Romeo wieder Julia. Die Werbung sagt dir, daß du nur in der Kleinfamilie glücklich sein kannst und auch sonst ist irgendwie nix okay. Du hoffst daß das wieder vorübergeht - schon drei Jahre.Gegen Sexismus und Homophobie! Eigentlich geht´s dir hier schon recht gut, naja, wenigstes besser als im Iran, wo es für Homosexuelle die Todesstrafe gibt oder in Rumänien, wo Lesben in den Knast wandern. Oft bist du verzweifelt und verliebt, traust dich aber nicht es ihm zu sagen. Mittlerweile wissen es deine Mutter und ein paar Freunde. Irgendwann hast du deinen ersten Freund und du kannst dein Glück kaum fassen und dennoch ist immer irgendwas zwischen euch, irgendwie ist es nicht so entspannt wie bei deiner Schwester und ihrem Freund. Ihr trefft Absprachen, wie du dich am Telefon zu verhalten hast, wann du seine Hand oder ihn in den Arm nehmen darfst und wann der Begrüßungskuß okay ist. In deinem Kopf kreisen immer wieder die gleichen Gedanken, bloß nicht auffallen, nur nicht zu erkennen geben, lieber nix sagen. Ob du offen Position für Schwule und Lesben beziehst, mußt du selber wissen, sicher ist nur, allein machen sie dich ein! Diskriminierung können wir gemeinsam entgegentreten. Damit auch du mit deinem Freund Arm in Arm durch die Stadt gehen kannst, ohne angeglotzt zu werden wie ein Außerirdischer.

Verfolgung wegen Homosexualität muß als Asylgrund anerkannt werden!
Gleichstellung aller gleichgeschlechtlichen Lebensgemeinschaften!

Wenn du einen Schwulen triffst... Hinweise für Anfänger:

* Renne nicht schreiend aus dem Zimmer, das ist unhöflich
* Wenn Du dich zurückziehen mußt , tu es langsam und diskret
* Bilde Dir nicht ein, daß du attraktiv auf ihn wirkst
* Bilde Dir nicht ein, daß du unattraktiv auf ihn wirkst
* Erwarte nicht, daß er ebenso aufgeregt ist, einem Hetero-Mann zu begegnen, wie du einem Schwulen - vermutlich wuchs er mit ihnen auf
* Frage nicht, wieso er schwul geworden ist, frage dich, wieso Du heterosexuell bist
* Bilde Dir nicht ein, daß er es kaum erwarten kann, mit dir über sein Schwulsein zu sprechen
* Erwarte auch nicht, daß er nicht mit dir darüber sprechen wird
* Denke nicht, es handele sich nur um Bettgeschichten - er ist Schwuler für 24 Stunden
* Erwarte nicht, daß er ausflippt vor Entzücken, wenn Du seinen Arm berührst
* Falls es Dich reizt ihm zu sagen, daß er den einfacheren Weg gewählt hat, dann denke erstmal genau darüber nach

2.) Schwarze Katzen in der Hängematte
Aneignungsbewegung in den 1980er Jahren - ein Rückblick aus aktuellem Anlass

ak Nr. 487, analyse + kritik, Dirk Hauer

https://www.akweb.de/ak_s/ak487/15.htm

3.) Frieden mit der Natur – Nicht Staat, nicht Kapital!
Einladung zur Gründung vom Ökologisch-Anarchistischen Forum
im Forum deutschsprachiger AnarchistInnen / IFA (ÖAF-FdA/IFA)

Du findest sie gut, die Welt, so wie sie ist? Du glaubst, sie sei nicht veränderbar? Dann lies nicht weiter.

Bedenke: Die durch die Machtverhältnisse und Ungleichheit offenkundigen gesellschaftlichen Zustände spitzen sich weiter zu. Diese Machtverhältnisse steigern die Ausbeutung von Mensch und Natur. Die Herrscher dieser Welt und Ihre PolitikerInnen und Militärs führen Krieg gegen den Rest: Naturvernichtung, Entrechtung des Menschen, Verschlechterung unserer Lebensbedingungen, mehr staatliche Überwachung, Aufrüstung von Polizei und Militär sind Teil der Politik des Systems. Jeder Staat steht auf der Seite der Reichen.

Du willst gegen dieses unfreiheitliche System der Ungleichheit, der ihm zugrunde liegenden Herrschaftsideologie, sowie der von ihm betriebenen Naturzerstörung aufbegehren? Gut so! Du siehst dich also noch nicht als wehrloses Opfer dieser Verhältnisse und deren Verursacher.

Und der angebliche "Sozialismus", besser: Staatskapitalismus, hat die Änderung nicht erwirkt. "Alternative" und linke Parteien haben keine Alternativen anzubieten. Auch sie dienen der anti-ökolologischen Ausbeuterordnung des Kapitals und propagieren dessen Wachstumsideologie. Sie sind Teil des Systems, sie dienen ihm. Und die Herrschenden und ihre PolitikerInnen verbreiten ihre Propaganda, angeblich gäbe es keine Alternative zu der von ihnen beherrschten Welt.

Weiter so? – Ein anderer Weg

Doch die Alternative besteht in einem freiheitlichen Sozialismus, zum Beispiel auf anarchokollektivistischer Grundlage, in dem es keine Herrschaftsstrukturen mehr gibt - keine Macht über Mensch und Natur. Stattdessen soll der Geist der Basisstrukturen und der Dezentralität dominieren. Die wenigen bestehenden Kollektive als Inseln der Freiheit und Gleichheit, können herrschende Machtverhältnisse alleine nicht abschaffen. Es besteht sogar die Gefahr, dass sie durch interne Bürokratisierung halb-kapitalistisch entarten. Die Lebens- und Kampfbedingungen der Menschen in Stadt und Land, sowie am Arbeitsplatz, müssen von einem ökologisch-orientierten sozialen Anarchismus geprägt sein, wenn Veränderungen für die ganze Gesellschaft von Grund auf angestrebt werden sollen. Die verschiedenen libertären Projekte lassen sich dabei miteinander verbinden.

"Die revolutionäre anarchistische Philosophie und Aktion haben die Befreiung des Individuums und die Gleichberechtigung der Menschheit als Ganzes zum Ziel" (Aus der Resolution des Kongresses der IFA-IAF in Carrara/Italien 1978).

Die Ideologie der Herrschaft über Mensch und Natur, ihre Ungleichheit, Naturzerstörung und Krieg, entsprechen der Logik herrschenden Denkens. Das der Mensch die Natur beherrschen müsse, steht in einem engen Verhältnis zur Beherrschung des Menschen durch den Menschen selbst. Dies zeigen Vergangenheit und Gegenwart deutlich. Deshalb lehnen wir die bestehende Kultur, welche Ausdruck der Werte der herrschenden Klasse ist, völlig ab. Deren autoritäre und repressive Strukturen sollen durch ein neues System freiheitlicher, anarchistischer Kulturformen ersetzt werden.

Antikapitalistische ökologische Politik auf libertärer Grundlage

Das Selektionssystem Schule bevorzugt die Jugend der herrschenden Klasse, die Jugend der unteren gesellschaftlichen Klassen wird reif für die Ausbeutung in hierarchischen Produktions-Abläufen gemacht. Über den Umweg von Familie und Schule wird dem Heranwachsenden das Prinzip des Gehorsams eingetrichtert. Das Ergebnis sind gut funktionierende Untertanen am Arbeitsplatz und beim Militär. Daher müssen ideologische Inhalte des herrschenden Schulwesens zurückgewiesen werden. Radikaler Kampf und Widerstand gegen Funktion und Strukturen der Schule müssen gefördert werden.

Die so genannte "Gewerkschaftsbewegung" ist nichts anderes als eine das kapitalistische Ausbeutersystem stützende Struktur. In verschiedenen Ländern gibt es verschiedene Modelle. Das in der BRD existierende Modell der "Einheitsgewerkschaft" ist Teil des kapitalistischen Systems, das Alternativen bekämpft und Parteien unterstützt. Auch andere, der angeblichen "Mitbestimmung" dienende "Gewerkschaftsverbände" fahren diesen Kurs. Diese hierarchischen Organisationen sind ebenfalls der kapitalistischen Wachstumsideologie verpflichtet. Es bedarf anderer Formen des Widerstandes sowie die Selbstorganisation der Betroffenen, wie sie z.B. auch die internationale anarchosyndikalistische Bewegung propagiert. Direkte Aktion und Generalstreik können dabei viel bewirken.

Die herrschende Wissenschaft steht ebenso im Sold der kapitalistischen Ausbeuterordnung und unterwirft Mensch und Natur "wissenschaftlich" den Verwertungsinteressen des Kapitals. Überall zeigt sich das deutlich: Ob in Fragen der Atomenergie, der Genmanipulation, der Ausbeutung und Zerstörung der Wälder, der Chemisierung von Mensch und Umwelt, der Ausbeutung der Tiere und so weiter. Es gibt nichts, was der Gier von Kapital und Staat entgeht. Daher ist es notwendig, auch hier die Herrschaftsinteressen aufzuzeigen und sich zur Wehr zu setzen.

Frauenunterdrückung kennzeichnet die gesamte Gesellschaft. Freiheitlicher Sozialismus muss die Frauenfeindlichkeit des Systems anprangern. Eine libertär-egalitäre Gesellschaft kann nur dann entstehen, wenn wir als systembekämpfende Kräfte alle Formen von Ungleichheit und Unterdrückung bekämpfen und abschaffen.

Stärkung der libertären Bewegung

Die Gründung einer öko-anarchistischen FdA-Gruppe soll die organisierte anarchistische Bewegung überregional stärken und dort aktiv sein. Theorie und Praxis ökologisch-libertärer Zielsetzung sollen im öffentlichen Raum zu wirken beginnen.

All jene, deren Absicht es ist, hierbei mitzuwirken, sind eingeladen, sich hier zu engagieren.

Uns hier zu organisieren bedeutet: Wir können vor Ort handeln, eigene Schwerpunkte setzen und als Mitglied in der bestehenden deutschsprachigen anarchistischen Föderation unsere Kräfte bündeln.

Das Treffen findet statt am 10.06.2006 um 17 Uhr im Café Modigliani, Wissmannstraße 6, Düsseldorf.

Initiativkreis für die Gründung des Ökologisch Anarchistisches Forum FdA/IFA

Ökologisch-Anarchistisches
Forum im FdA/IFA

- Initiativkreis -
Postfach 10 48 32
40039 Düsseldorf
www.öaf-fda.org

FdA/IFA
Seit dem Jahr 2000 gibt es im deutschsprachigen Raum das ‚Forum deutschsprachiger AnarchistInnen FdA)’. Zu seinen Zielen gehört es u.a. anarchistisches Leben zu ermöglichen und eine anarchistische Föderation aufzubauen. Deshalb tritt es für die Realisierung des libertären Sozialismus ein.

Das FdA ist Teil der in verschiedenen Ländern der Welt aktiven ‚Internationale der Anarchistischen Föderationen (IFA - Internationale des Federations / IAF - International Anarchist Federations)’.

Sie wurde auf einem internationalen Kongress gegründet, der im August/September 1968 in Carrara / Italien stattfand.

Die IAF-IFA versteht sich als Instrument der internationalen anarchistischen Bewegung zur Vorbereitung und Verwirklichung der sozialen Revolution. Ihre Prinzipien beruhen auf den Statuten, welche auf dem Kongress der Ersten Internationalen der Anarchisten 1872 in Saint-Imier/Schweiz beschlossen wurden.

4.) Rechte Gedanken sind weit verbreitet
Interview mit einem Organisator der Mendener Antifa-Demo

Interview aus der Schwarze Katze
Sendung zur Antifa Demo Menden

Sie sind einer der Initiatoren der Demo. Was hat Sie dazu bewogen, das zu machen?

Es ist einmal natürlich das Gedenken an den Tag 9. November 1938. Ein Tag, der mich immer bewegt hat, die Auseinandersetzung mit Faschismus, mit Nazidiktatur hat mich mein Leben lang begleitet und ich habe viele Gespräche geführt, viel gelesen. Es ist natürlich so, dass viele Dinge, die heute passieren mich auf erschreckende Weise erinnern an das, was vor vielen Jahren passiert ist. Ich habe gelernt und erlebt, dass die Vergangenheit nicht tot ist, wie viele Leute wünschen und denken, die Vergangenheit ist lebendig. Und ich denke, dem müssen wir uns stellen.

Es hat auch in Menden Vorfälle gegeben - nicht nur in Menden - wenn man liest, was insgesamt in Deutschland passiert, allein in den letzten beiden Jahren, wie viele Übergriffe es gegeben hat. Aber auch in Menden hat es einige Vorfälle gegeben, die uns besorgt machen, die mich besorgt machen und das ist der Anlaß gewesen, dass wir mit einigen Leuten gesagt haben "Dagegen muß man etwas unternehmen, das wollen wir öffentlich machen, da wollen wir öffentlich ein Zeichen setzen" und da bietet sich der Tag 9. November eigentlich an - und das war der Hintergrund dieser Veranstaltung.

Fotos der Mendener Antifa Kundgebung
Kundgebung am 09.11.02 in Menden

Kundgebung am 09.11.02 in Menden

Nun werden ja Stimmen in dieser Gesellschaft laut, die behaupten, der Rechtsradikalismus käme aus der Mitte dieser Gesellschaft. Können Sie das bestätigen?
Den Rechtsextremismus gibt es, glaube ich, in vielen Teilen der Gesellschaft; es ist falsch, das festzumachen an wenigen Leuten, festzumachen an den Glatzen, die durch die Straßen ziehen. Ich glaube, wenn man die letzten Untersuchungen, die auch in der Presse veröffentlicht wurden, sieht, dass ungefähr 20 % aller Menschen in Deutschland anfällig sind für rechtsradikales Gedankengut und rechtspopulistische Gedanken, dann sieht man, welches Potential das hat. 20 %, das ist jeder fünfte - und da sieht man, daß das nicht nur auf bestimmte Kreise der Gesellschaft beschränkt sein kann - daher ein eindeutiges Indiz, rechtsradikales Gedankengut oder zumindest rechte Gedanken sind weit verbreitet und dem müssen wir uns stellen.

Diese rechten Gedanken treten in Krisen immer deutlicher auf, in Krisen wie dieser - Wirtschaftskrise, Sozialkrise und dergleichen mehr - immer mehr Menschen werden arbeitslos, es werden immer mehr rausgeekelt und ausgegrenzt. Was können Sie der Generation empfehlen, die Ihnen zuhört?
Ach Gott, ich will mich zurückhalten mit Empfehlungen. Ich möchte einfach sagen, es darf keine Ausgrenzungen geben, von niemandem. Keiner darf ausgegrenzt werden, weil er anders aussieht, einer anderen Kultur entstammt, eine andere Religion hat. Es darf niemand ausgegrenzt werden, weil er seine Arbeit verliert, im Gegenteil, wir müssen versuchen, zu integrieren. Wir müssen integrieren: die Menschen, die am Rande dieser Gesellschaft leben, die Menschen die ihre Arbeit verloren haben, die Menschen, die aus anderen Gründen nicht mehr fähig sind, dem Bild, das die Gesellschaft hat von einem leistungsfähigen Menschen, zu entsprechen. Daß man diesen Menschen unter die Arme greift, dass wir eine solidarische Gesellschaft sind, dass wir einstehen für diejenigen, die schwächer sind. Das beinhaltet insbesondere auch Gruppen von Ausländern, Flüchtlingen. Diejenigen, die in vielen Fällen am Rande der Gesellschaft leben. Diese Menschen müssen unseren Schutz genießen. Sie dürfen nicht Opfer von rechtsradikalem Gedankengut werden. Diese Menschen brauchen unsere Solidarität.

In Zukunft ist mit noch mehr Ausgrenzung zu rechnen, allein durch die kapitalistische Globalisierung: Es werden ganze Gruppen von Menschen ausgegliedert, die sogenannte "Dritte Welt" verarmt und das Schengener Abkommen zeigt ihnen die Grenzen - kann sie aber nicht aufhalten - also wir haben eine düstere Zukunft, oder sehen Sie das anders?
Nein, das sehe ich auch so, das ist auch meine Befürchtung. Das ist auch der Grund, weshalb ich versuche, im Rahmen meiner Möglichkeiten aktiv zu sein. Ich sehe die Zukunft auch so. Ich mache mir große Sorgen, ich sehe weltpolitisch viele Probleme auf uns zukommen, der drohende Irakkrieg und all das, was in der Folge daraus kommen wird. Ich sehe das aber auch im nationalen Berich, ich sehe es im Bereich der Stadt Menden, wenn ich die wirtschaftlichen Probleme sehe, die im Moment da sind, die finanziellen Probleme. Ich glaube, es ist eine ganz schwierige Zukunft und diese schwierige Zukunft werden wir nur meistern, wenn wir solidarisch sind - wie ich eben sagte, wenn wir nicht ausgrenzen, sondern wirklich alle an einem Strang ziehen.

5.) Die Zehn Angebote des evolutionären Humanismus
Aus: Manifest des Evolutionären Humanismus, Alibri Verlag, Aschaffenburg 2005, S. 156-159
Erstausgabe 2005, 181 Seiten, ISBN 3-86569-010-6, 10,- Euro

Vorbemerkung: Diese zehn "Angebote" wurden von keinem Gott erlassen und auch nicht in Stein gemeißelt. Keine "dunkle Wolke" sollte uns auf der Suche nach angemessenen Leitlinien für unser Leben erschrecken, denn Furcht ist selten ein guter Ratgeber. Jedem Einzelnen ist es überlassen, diese Angebote angstfrei und rational zu überprüfen, sie anzunehmen, zu modifizieren oder gänzlich zu verwerfen.

1. Diene weder fremden noch heimischen "Göttern" (die bei genauerer Betrachtung nichts weiter als naive Primatenhirn-Konstruktionen sind), sondern dem großen Ideal der Ethik, das Leid in der Welt zu mindern! Diejenigen, die behaupteten, besonders nah ihrem "Gott" zu sein, waren meist jene, die dem Wohl und Wehe der realen Menschen besonders fern standen. Beteilige dich nicht an diesem Trauerspiel! Wer Wissenschaft, Philosophie und Kunst besitzt, braucht keine Religion!

2. Verhalte dich fair gegenüber deinem Nächsten und deinem Fernsten! Du wirst nicht alle Menschen lieben können, aber du solltest respektieren, dass jeder Mensch – auch der von dir ungeliebte! – das Recht hat, seine individuellen Vorstellungen von "gutem Leben (und Sterben) im Diesseits" zu verwirklichen, sofern er dadurch nicht gegen die gleichberechtigten Interessen Anderer verstößt.

3. Habe keine Angst vor Autoritäten, sondern den Mut, dich deines eigenen Verstandes zu bedienen! Bedenke, dass die Stärke eines Arguments völlig unabhängig davon ist, wer es äußert. Entscheidend für den Wahrheitswert einer Aussage ist allein, ob sie logisch widerspruchsfrei ist und unseren realen Erfahrungen in der Welt entspricht. Wenn heute noch jemand mit "Gott an seiner Seite" argumentiert, sollte das keine Ehrfurcht, sondern Lachsalven auslösen.

4. Du sollst nicht lügen, betrügen, stehlen, töten – es sei denn, es gibt im Notfall keine anderen Möglichkeiten, die Ideale der Humanität durchzusetzen! Wer in der Nazidiktatur nicht log, sondern der Gestapo treuherzig den Aufenthaltsort jüdischer Familien verriet, verhielt sich im höchsten Maße unethisch – im Gegensatz zu jenen, die Hitler durch Attentate beseitigen wollten, um Millionen von Menschenleben zu retten. Ethisches Handeln bedeutet keineswegs, blind irgendwelchen moralischen Geboten oder Verboten zu folgen, sondern in der jeweiligen Situation abzuwägen, mit welchen positiven und negativen Konsequenzen eine Entscheidung verbunden wäre.

5. Befreie dich von der Unart des Moralisierens! Es gibt in der Welt nicht "das Gute" und "das Böse", sondern bloß Menschen mit unterschiedlichen Interessen, Bedürfnissen und Lernerfahrungen. Trage dazu bei, dass die katastrophalen Bedingungen aufgehoben werden, unter denen Menschen heute verkümmern, und du wirst erstaunt sein, von welch freundlicher, kreativer und liebenswerter Seite sich die vermeintliche "Bestie" Homo sapiens zeigen kann.

6. Immunisiere dich nicht gegen Kritik! Ehrliche Kritik ist ein Geschenk, das du nicht abweisen solltest. Durch solche Kritik hast du nicht mehr zu verlieren als deine Irrtümer, von denen du dich besser heute als morgen verabschiedest. Habe Mitleid mit jenen Kritikunfähigen, die sich aus tiefer Angst heraus als "unfehlbar" und ihre Dogmen als "heilig" (unantastbar) darstellen müssen. Sie sollten in einer modernen Gesellschaft nicht mehr ernst genommen werden.

7. Sei dir deiner Sache nicht allzu sicher! Was uns heute als richtig erscheint, kann schon morgen überholt sein! Zweifle aber auch am Zweifel! Selbst wenn unser Wissen stets begrenzt und vorläufig ist, solltest du entschieden für das eintreten, von dem du überzeugt bist. Sei dabei aber jederzeit offen für bessere Argumente, denn nur so wird es dir gelingen, den schmalen Grat jenseits von Dogmatismus und Beliebigkeit zu meistern.

8. Überwinde die Neigung zur Traditionsblindheit, indem du dich gründlich nach allen Seiten hin informierst, bevor du eine Entscheidung triffst! Du verfügst als Mensch über ein außerordentlich lernfähiges Gehirn, lass es nicht verkümmern! Achte darauf, dass du in Fragen der Ethik und der Weltanschauung die gleichen rationalen Prinzipien anwendest, die du beherrschen musst, um ein Handy oder einen Computer bedienen zu können. Eine Menschheit, die das Atom spaltet und über Satelliten kommuniziert, muss die dafür notwendige Reife besitzen.

9. Genieße dein Leben, denn dir ist höchstwahrscheinlich nur dieses eine gegeben! Sei dir deiner und unser aller Endlichkeit bewusst, verdränge sie nicht, sondern "nutze den Tag" (Carpe diem)! Gerade die Endlichkeit des individuellen Lebens macht es so ungeheuer kostbar! Lass dir von niemandem einreden, es sei eine Schande, glücklich zu sein! Im Gegenteil: Indem du die Freiheiten genießt, die du heute besitzt, ehrst du jene, die in der Vergangenheit im Kampf für diese Freiheiten ihr Leben gelassen haben!

10. Stelle dein Leben in den Dienst einer "größeren Sache", werde Teil der Tradition derer, die die Welt zu einem besseren, lebenswerteren Ort machen woll(t)en! Eine solche Haltung ist nicht nur ethisch vernünftig, sondern auch das beste Rezept für eine sinnerfüllte Existenz. Es scheint so, dass Altruisten die cleveren Egoisten sind, da die größte Erfüllung unseres Eigennutzes in seiner Ausdehnung auf Andere liegt. Wenn du dich selber als Kraft im "Wärmestrom der menschlichen Geschichte" verorten kannst, wird dich das glücklicher machen, als es jeder erdenkliche Besitz könnte. Du wirst intuitiv spüren, dass du nicht umsonst lebst und auch nicht umsonst gelebt haben wirst!