Schwarze Katze Rundbrief 19.07.07

Friede den Hütten! Krieg den Palästen!
Der Hessische Landbote, Georg Büchner

1.) Klimawandel jetzt! Soziale Kälte stoppen!
2.) Anarchistischer Block beim Tschernobyl Jahrestag
3.) Ein Kommentar zu den Montagsdemos
4.) Tips für Arbeitslose

1.) Klimawandel jetzt! Soziale Kälte stoppen!
Friedensfest 2007

Fotos und Bericht: Schwarze Katze

Donnerstag, 14.06.07 18:00 Uhr, Iserlohn, Mahnmal am Poth, Gedenkveranstaltung für die Opfer des Nationalsozialismus

Traditionell beginnt das Friedensfest mit der Gedenkveranstaltung für die Opfer des Faschismus am Poth. Wolf Seltmann redet über das Thema "Gedenken und Erinnern" und erinnert an das Kriegsende in Iserlohn und an Verdrängung der Nachkriegszeit. Er schildert die am 16. April 1945 stattgefundene Übergabe der Stadt Iserlohn an die US-Army und dankt ihr, dass sie Iserlohn nicht zerstörte. Der Iserlohner Historiker arbeitet an einem Buch über das Kriegsende vor Ort. Er geht davon aus, dass der von der Stadt Iserlohn geehrte Hauptmann Albert Ernst den Krieg in Iserlohn um einen Tag verlängerte. Dadurch hätte die Gefahr eines Flächenbombardements durch die US-Army bestanden. Dagegen lobte er den Polizeimajor Otto Perl, der die US-Truppen ins Rathaus führte und nach dem Krieg im Gegensatz zu Ernst Selbstkritik übte. Der Redner weist darauf hin, dass die auf der städtischen Gedenktafel aufgeführten Personen einem verbrecherischen System gedient haben und mahnt eine differenzierte Betrachtung an. Ausserdem würdigt er die 68er Bewegung, die eine breite Diskussion über die Verantwortung den Opfern deutscher Politik und deutschen Krieges auslöste. Wobei die Zwangsarbeiter besonders lange warten mussten, bis sie als Opfer Anerkennung fanden, solange, bis die Mehrzahl von ihnen gestorben war. Die Rede endet mit dem gelungenen Schlußsatz "Einen Strich unter die Ereignisse der NS-Zeit darf es nicht geben."

Anschliessend wird von zwei Iserlohner Friedensaktivisten das "Gespräch mit einem Überlebenden" vom jüdischen Dichter Erich Fried vorgetragen. Zum Abschluss wird ein Kranz niedergelegt. Dieser trägt die Aufschrift: "Zum Gedenken an die Opfer des Nationalsozialismus". An die 35 Anwesenden der antifaschistischen Gedenkveranstaltung wird ein vierseitiges Schwarze Katze Flugblatt (PDF, 242 KB) verteilt, welches auch beim Friedensfest an verschiedenen Ständen ausliegt.


Kranz vor dem Mahnmal

Wolf Seltmann, Redner der Gedenkveranstaltung

Friedensfestfreitag
Die Erlöse des Friedensfestes - falls es denn welche geben sollte - kommen diesmal nicht wie gewohnt ausschliesslich Flüchtlingen zugute, sondern auch noch sozialen Zwecken. Die Organisatoren schreiben:

Es ist wieder soweit - das 17. Friedensfestival steht vor der Tür. Kaum zu glauben, aber wahr: Wieder verzichten alle Helfer/-innen, Vorbereiter/innen, Bands und Redner/innen auf eine Bezahlung, es gibt keine Sponsoren, die uns in unser Konzept hineinreden, und Geld von der Stadt gibt es ebenfalls nicht. Die einzige größere Einnahmequelle ist der Verkauf von Essen und Getränken - und das zu wirklich günstigen Preisen. Uns geht es eben nicht darum, um jeden Preis Kohle zu machen. Etwaige Überschüsse des Festivals kommen der Flüchtlingsarbeit und sozialen Projekten zu Gute.

Das Friedensfestival ist eben mehr als nur eine tolle Party: Es bezieht Stellung, es ermuntert dazu, den Kopf nicht in den Sand zu stecken angesichts der Probleme, die uns Einzeln oder als Gesellschaft bedrücken. Man kann etwas erreichen, aber das geht nur, wenn wir zusammenhalten und uns solidarisieren. So funktioniert das Festival, und so können wir noch viel mehr bewegen.

Unsere Bitte an euch: Feiert eine friedliche Party, seid tolerant gegenüber Musik und Meinungen, die ihr nicht mögt, seid geduldig, wenn die ehrenamtlichen Helfer hinter dem Bierstand mal wieder völlig im Stress sind, und schleppt bitte keinen Müll auf den Platz. Den müssen wir nämlich am Montag reinigen - inklusive eurer Zigarettenkippen.

Wenn ihr spontan helfen wollt: Packt mit an, wenn einem von uns die Puste ausgeht, helft beim nächtlichen Aufräumen oder meldet euch an der Kasse, wenn ihr bei der Festvorbereitung im nächsten Jahr mitmachen wollt - damit es auch im nächsten Jahr weitergeht...

Denn die Dummheit stirbt nicht aus: "Heil Hitler"-Rufe
Ewiggestrige Jugendliche provozieren am Friedensfestfreitag mit "Heil Hitler"- und "Sieg Heil" Rufen. Wenn wir bei den braunen Sprüchen dagewesen wären, hätten wir uns direkt um die rechten Schreihälse gekümmert. Diesmal ist die Ordnungsmacht schneller. Die Polizei kommt rasch und verhört Zeugen um die braunen Übeltäter einzufangen. Mit sechs Streifenwagen vor Ort erwischen sie am Freitagabend sechs der Täter und nehmen ihre Personalien für ein späteres Strafverfahren auf.

Fritz Kühn ist kein Vorbild für die Jugend
In der Eröffnungsrede geht es um die Nazivergangenheit von Fritz Kühn, der vom Iserlohner Bürgerschützenverein (IBSV) als "Vorbild für die Jugend" gelobt wurde und nach dem der Platz benannt ist, auf dem das Friedensfest stattfindet. Am Rande des Platzes befindet sich auch ein Denkmal für das NSDAP Mitglied, das zum Entsetzen des IBSV auch schon mal geteert und gefedert wurde. Dieses Jahr hat das Friedensplenum keinen Müllsack über die Fritz Kühn Büste gestülpt. Eine braune Mülltüte wäre sicherlich angemessen gewesen. Dafür werden von antifaschistisch eingestellten Mitbürgern die steinernen Augen des braunen Ratsherrn mit roten Blumenblüten gefüllt, so dass neben dem farblichen Kontrast ein anderer künstlerischer Eindruck als vorgesehen entsteht. Für die Kenner der religiösen Bildsymbolik braucht im Gegensatz zur mehrheitlich der Religion desinteressiert oder ablehnend eingestellten Bevölkerungsmehrheit nicht darauf hingewiesen werden, dass der Teufel meist mit leuchtend roten Augen dargestellt wird.

Freibier erst nach Hartz IV Test
Auf die Situation von Hartz IV Empfängern wurde durch einen Wissenstest aufmerksam gemacht: Freibier gabs erst nach Beantwortung einiger Fragen rund um Hartz IV: Darf ich erben? Darf ich ein paar Tage wegfahren? Wie krieg ich das Geld für die Schulbücher der Kinder zusammen? Hartz IV Empfänger sind vielen Einschränkungen unterworfen. Darunter fällt auch die, kein Friedensfest organisieren zu dürfen. Denn die Einnahmen, obwohl sie später für Flüchtlinge und soziale Zwecke gespendet werden, werden von der Arbeitsagentur als Einkommen gerechnet und für etliche Monate gäbe es dann kein Geld mehr. Trotz dieser Einschränkung haben sich auch dieses Jahr engagierte Menschen zusammengefunden das Friedensfest zu organisieren. Darüber gab es auch die letzten beiden Donnerstage vor dem Festival Bürgerradiosendungen, in denen erstmals Kinder mitgesprochen haben.

Fotos Friedensfestfreitag

Friedensfestbier

Bühne

noch recht leerer Platz

Schmuckstand

Verschiedene Essensstände auch mit exotischen Speisen kommen ebenso gut an wie das Musikprogramm:

Freitag, 15.06.07 18 Uhr Dead Music Society (Iserlohn, Rock-Pop)
www.myspace.com/dMsociety oder www.deadmusicsociety.de
Mit energiereichem Pop-Punk beginnt das Musikprogramm des diesjährigen Friedensfestivals, vorgetragen von der "Dead Music Society" aus Iserlohn. Wockel, Hacki, Jan und Blum proben seit zwei Jahren zusammen und werkeln an ihren Songideen. Gerne peppen sie ihre Sounds mit Anleihen bei anderen Stilrichtungen auf wie zum Beispiel dem Ska. In ihren größtenteils englischen Texten beschäftigen sie sich mit großen und kleinen Gefühlen, aber auch die Kritik an sozialen Missständen kommt nicht zu kurz. Inzwischen sind die Jungs auch schon live aufgetreten, zum Beispiel im Stay Wild, und auf dem Friedensfestival feiern sie ihre Open-Air Prmiere.

Freitag, 15.06.07 18 Uhr 19.25 Uhr Cavidan (Menden, Metal)
www.cavidan.de
Als nächstes kommen die Metal-Freunde auf dem Platz an der Bauernkirche auf ihre Kosten. Cavidan bedeuted im Persischen soviel wie "Unendlichkeit" - und dahinter verbirgt sich das neue Projekt Lars von Hagens, der schon mit der Mendener Combo "C.A.I.N.E" Furore machte. Bei Cavidan kommen sowohl eingefleischte Headbanger als auch die Freunde eher balladenhafter Rocksongs auf ihre Kosten. Dabei verstehen es Lars, Sascha, Thomson und Sepp, unbeschwerte Abfeierimusik mit wütender Sozialkritik zu verbinden, ohne je ins Belanglose abzugleiten. Davon kann man sich bald auch mittels eines Tonträgers überzeugen, denn die Jungs basteln grad an einer EP und einem Album.

Freitag, 15.06.07 21.05 Uhr 3 dirty 7 (Dortmund, Ska-Punk)
www.3dirty7.de
Musikalisch geht die Reise am Freitag weiter nach Dortmund und zum Ska — genauer gesagt zu 3dirty7. Und wie sich das für eine zünftige Ska-Band gehört, bringt die Gruppe ein eindrucksvolles Lineup mit geradezu klassischer Instrumentierung auf die Festwalbühne: Neben Gesang, Gitarre, Bass, Schlazeug und Keyboard gehört dazu auch eine ausgezeichnete Bläserfraktion mit Trompete, Saxophon und Posaune. Die dreckigen Sieben sind längst keine Unbekannten mehr und haben sich in den letzten zwei Jahren auf zahlreichen Festivals und Konzerten (unter anderem beim Rock On! in Iserlohn) eine wachsende Fangemeinde erspielt. Eine CD gibt's auch schon!

Freitag, 15.06.07 22.40 Uhr Deafcon x (Bayern, Metal-HipHop)
www.deafcon-x.de
Headliner des Freitags sind Deafcon*x aus Herzogenaurach. Seit ihrer Gründung im Jahre 2001 gehen sie musikalisch eigene Wege, mischen verschiedene Einflüsse zu einer Melange aus New Metal, Hip Hop und Drum'n'Base, egal ob das Ergebnis charttauglich ist oder nicht. Vielleicht ist das ein Geheimnis ihres Erfolges, denn sie standen in den letzten Jahren bei vielen Liveacts mit bekannten Bands wie Die Happy und den Bananafish-bones auf der Bühne. Die Festival' besucher erwartet eine energiegeladene Show, in der sich charismatische Shouts mit deutschsprachigem Hip-Hop zu einem homogenen Gesamtbild vereinen.

Friedensfestsamstag

Bier für Junggesellen
Eine achtköpfige Junggesellenabschieds-Gesellschaft geniesst die Musik und bekommt auf dem bald umgestalteten Platz an der Bauernkirche eine Kiste Bier für ihre Feier geschenkt. Das "La Siesta" im CineStar spendet 100 Liter Erbsensuppe, die gegen Spende abgegeben wird. Der Erlös kommt der Flüchtlingsarbeit und sozialen Zwecken zugute.

Flüchtling kämpft gegen Residenzpflicht
Der Redebeitrag von Cornelius Yufanyi kommt gut an. Ab 18.35 Uhr spricht er über die Lebenssituation von Flüchtlingen in der BRD. Nicht zuletzt aufgrund seines Engagements gegen die menschenverachtende deutsche Asylpolitik wurde ihm durch das Thüringer Innenministerium verwehrt, mehr als ein bis zweimal pro Monat seinen Landkreis zu verlassen. Als Aktivist der Flüchtlingsselbstorganisation The Voice kämpft er für die Anerkennung des Menschenrechts auf Bewegungsfreiheit für Flüchtlinge und fordert die Aufklärung des Todes von Oury Jalloh, der vor zwei Jahren mit Handschellen gefesselt in einer Dessauer Polizeizelle verbrannte.

Hüpfburg bereitet Kindern Freude
Bis zum Abend bleibt der Platz übersichtlich. Kleinere Regenschauer prasseln tagsüber phasenweise auf das spärliche Publikum nieder. Trotzdem gute Stimmung. Auch bei den Kleinen. Das Springen auf der Hüpfburg bereitet Kindern Freude.

Anti-Atom Infos am Schwarze Katze Stand
Am Samstag, 16.06.07 gibt es von 14-20 Uhr einen Schwarze Katze Stand, an dem sich dankenswerterweise auch Sympies beteiligen. Dadurch haben wir Zeit, uns ausführlich auf dem Platz umzusehen, um diesen langen Bericht zu schreiben und Fotos zu schiessen. Diverse alternative Informationsmaterialien laden zum schmökern ein, darunter auch der in der Friedensfestzeitung abgedruckte Selbstdarstellungstext von Sauerland gegen Atomkraft:

Sauerland gegen Atomkraft
Antiatom im Märkischen Kreis

Du wohnst im Märkischen Kreis? Du möchtest was gegen die drohende radioaktive Verseuchung der Erde tun? Du weisst nicht, was du alleine machen kannst? Werde auch du Teil der Anti-Atombewegung! Atomkraft schafft Gesundheitsgefahren durch radioaktive Strahlung. Unsere Empfehlung: Auf Ökostrom umsteigen - denn Wind kennt keine Halbwertzeit. Castortransporte werden von der Polizei durchgeprügelt. Aus Plutonium lassen sich Atomwaffen herstellen, die dann den Frieden gefährden. Wir wollen keinen Atom- und Überwachungsstaat sondern alternative Energiequellen und ein freies Leben ohne Angst vor gefährlicher Strahlung. Deswegen beschäftigen wir uns inhaltlich mit allem, was mit Energie zusammenhängt und informieren uns und andere darüber. Zusammen mit dir? Mach mit oder unterstütz uns mit einem monatlichen Förderbeitrag.
Antiatom im MK - http://atom.katze.dk

Totes Pferd bei Schützenumzug
Beim Schützenumzug müssen Pferde bei sengender Hitze zum Gaudi des Publikums laufen. Um 11.22 Uhr wurde es einem Pferd an der Hans-Böckler-Strasse zuviel. Es starb. Feuerwehr und Polizei trugen es mit Hilfe eines Hebegeschirrs auf einen Transportwagen. Die Prozedur wird von gaffenden Schützen beobachtet und entsprechend kommentiert.

Fotos Friedensfestsamstag

Kinder trommeln

Hüpfburg bereitet Kindern Freude

Iserlohn sagt Nein zu Rassismus

Fritz Kühn inmitten von Blumen

Fritz Kühn mit Blumen auf den Augen

Infos über den Nazi Fritz Kühn auf dem Klowagen

Infomaterial der Tierbefreier

Festplatz

Samstag, 16.06.07 15.35 Uhr Feuer und Flamme (Kierspe, Rockband aus einem Wohnheim für Behinderte)
Ein ungewöhnliches Bandprojekt eröffnet den Samstag auf dem Friedensfestival. Bei der integrativen Band Feuer und Flamme ist der Name Programm, denn die acht Musiker mit und ohne Behinderungen werden nichts weiter tun als das was ihnen wirklich Spass bereitet. Dazu gehört Rock in der klassischen Besetzung Schlagzeug, Bass und Gitarre gepaart mit deutschen Texten, aber auch originelle Coverversionen bekannter Popsongs. Die Band aus der Kiersper Waldheimat spielt seit mittlerweile drei Jahren zusammen und hat bereits einige erfolgreiche Auftritte vorzuweisen.

Samstag, 16.06.07 17.05 Duo Tarzaban
Vater und Sohn, Asylbewerber aus dem Iran, leben nun in Iserlohn. Sie spielten schon auf der Helferparty vom Friedensplenum. Die beiden spielen persische Liebeslieder in Farsi. Kurzfristig springen sie für die geplante Musikgruppe Umbrella ein, da einer von Umbrella im Krankenhaus ist. Lasst euch überraschen.

Sa., 16.06.07 18.35 Uhr Rede von Cornelius Yufanyi zur Lebenssituation von Flüchtlingen in der BRD.

Samstag, 16.06.07 18.50 Uhr Vokale Küche (Bayern, HipHop)
www.vokalekuecheband.de
Das eine Band aus dem Allgäu mit einem solchen Namen nicht zwangsläufig eine Jodlertruppe sein muss, stellt diese bereits 1999 gegründete Combo aus Kaufbeuren eindrucksvoll unter Beweis. Die sechs Köche richten auf dem Friedensfestival ihr ganz eigenes Menü an, eine Kreation, die sie "Vaukabelics" nennen: Ein Stilmix aus Hip Hop, Rock und Electronic, tanzbarer und partyorientiert, unterstützt von Bass, Schlagzeug und Gitarre sowie den MCs Messel und Boemsta an den Turntables. Dazu gehört eine mitreißende Bühnenperformance, die insbesondere durch Sängerin Teresa zu einem echten Hingucker wird.

Redebeitrag Samstag, 16.06.07, 20:30
Hartz IV und die Armut in der BRD

Harald Thome sollte von den sozialen, aber auch den politischen Folgen der so genannten "Hartz-Gesetze" berichten. Aus Gesundheitsgründen kam er nicht, stattdessen redete Norbert Haak vom Arbeitslosenzentrum Iserlohn. Harald Thome ist seit vielen Jahren in der Sozialberatung und Schulung des Sozialrechts tätig und engagiert sich im Erwerbslosen- und Sozialhilfeverein Tacheles e.V. Sanktionen "bis unter die Brücke", Kinderarmut und 1-Euro Jobs sind nur einige Beispiele für die entrechtende und entwürdigende Behandlung von Betroffenen, die nicht unwidersprochen bleiben darf.

Samstag, 16.06.07 20.45 Uhr Con>senso (Köln/Ruhrgebiet, Reggae)
www.consenso.info
Reggae, Folk, Ska, Dub und Weltmusik mischen sich bei Consenso zu einer einzigartigen Mischung, durch die sich als roter Faden ebenso poetische wie zeitkritische und zumeist deutsche Texte ziehen. Doch was hier nach erhobenem Zeigefinger klingen mag, wmi;g;sich live auf der Festivalbühne als tanzbare, durch eine Vielzahl elektronischer wie akustischer Instrumente geprägte Melange erweisen, bei der sich so manch giner unversehens beim Mitsingen der Songs ertappen dürfte. Seit 2004 ziehen die sechs Musiker aus dem Rheinland quer durch Europa, im Repertoire neben eigenen Liedern auch Coverversionen ihrer Favoriten, z.B. von Jacques Brei und Manu Chao.

Samstag, 16.06.07 22.30 Uhr Ragin' Diarrhea (Bayern, Ska-Punk-Rock)
www.ragindiarrhea.de
Aus Süddeutschland kommt der Top-Act des Samstags und damit der Höhepunkt der Party auf dem Friedensfestival. Und anders als der Name, der übersetzt soviel wie "Zorniger Durchfall" bedeutet, vielleicht vermuten lässt, haben die Jungs aus Herzogenaurach durchaus Wohlklingendes im Gepäck. Mit knackigen Beats, melodiösen Gitarrenriffs und ausgefeilten Bläsereinsätzen gestalten sie ihren ureigenen Soundmix aus Ska, Punk, Rock und einer Prise Reggae. Die sechsköpfige Truppe hat seit ihrer Gründung im Jahr 2000 schon reichlich Studioerfahrung gesammelt und bereits drei CDs aufgenommen. Live geht die Energie der Band geradewegs ins Tanzbein, wie zahlreiche Festivalauftritte belegen.

Friedensfestsonntag
Am Sonntag, 18.06.07 scheint die ganze Zeit die Sonne, was sich positiv auf die Besucherzahlen auswirkt. Bei der Rede von Claudia Jetter, die für Attac spricht, ist interessant, was sie nicht sagt. Die Führungsspitze von Attac distanzierte sich direkt nach der Demo in Rostock am 08.06.07 von dem Teil der Globalisierungskritiker, der sich gegen Polizeigewalt zur Wehr setzt. Die Rednerin übergeht dies und spricht von einer Zusammenarbeit aller, als ob es die Einteilung in gute und böse Demonstranten durch die Attac-Führung nie gegeben hätte. Peter Wahl, der Sprecher von Attac distanziert sich von einem Teil der Globalisierungsbewegung und versucht so zu spalten: "Wir wollen euch nicht sehen, wir wollen euch nicht dabei haben."

Das anarchistisch geprägte Black Barrio (Camp Reddelich) spricht sich in seinem Presse-Communiqué am 06.06.07 gegen den Alleinvertretungsanspruch von Attac aus: "Unserer Meinung nach hat Attac nicht das Recht Proteste anderer Menschen so zu behindern, denn Attac ist nicht der Kopf der Anti-G8-Bewegung, sondern nur ein Teil davon. Attac hat nicht mehr Recht als andere Gruppen zu demonstrieren! Und selbst wenn Attac sich dieses Recht nehmen will, wie steht das im Zusammenhang mit ihrem eigenen Leitmotiv "an other world is possible"? Ein anderer Punkt, der zu kritisieren ist, ist der Vergleich zwischen den Ausschreitungen am Samstag, 2. Juni, und dem Progrom in Lichtenhagen vor ca. 15 Jahren, bei dem Faschisten drei Tage lang AsylbewerberInnen jagten. Wenn das Thema nicht dermaßen ernst wäre, wäre dieser Vergleich so lächerlich, dass man nicht darauf eingehen sollte. (...) ATTAC hat angekündigt, alle Menschen mit schwarzer Kleidung von den allgemeinen Protesten auszuschließen. Wir bitten die BürgerInnen der BRD sich in den nächsten Tagen schwarz zu kleiden."

Antikapitalistisches Strassentheater stösst auf dem Friedensfest auf grosses Interesse. Grosse Puppen spielen mit der Welt. Auch am Sonntag liegt auf dem Schwarze Katze Infostand alternatives Infomaterial aus. Gespräche mit Interessierten, die sich bei uns beteiligen möchten, finden statt. Der Platz füllt sich weiter und es kommt eine gute Stimmung auf. Auch bei den Kindern, die sich im Kinderzelt schminken lassen können. Die Busfahrt zurück ist nicht immer besonders angenehm. Angetrunkene Bürgerschützen gröhlen deutsches Liedgut. Naja, sowas gehört leider in Schützenfestzeiten dazu. Komatrinker, die sich ihr letztes Stück Hirn wegsaufen, gibt es allerdings nicht nur bei den Schützen. Leider steigt der Anteil derer, die kein Geld an einem der wenigen Büchertische des Friedensfestes ausgeben, da es für ausgiebigen Alkoholkonsum oder andere Fluchtwege aus der Realität benötigt wird. Das Interesse an politischen Inhalten ist beim Festpublikum in den letzten Jahren kontinuierlich gesunken. Die meisten kommen wegen des Konsumierens von Musik, Bier, der Atmosphäre, um andere zu treffen und nicht wegen Redebeiträgen und Infoständen. Diejenigen traurigen Gestalten, die nur noch konsumieren können, sind besonders arm dran, wenn sie aufgrund von Hartz IV aus der morbid-schönen Konsumwelt ausgeschlossen sind. Dann bleibt ihnen nichts mehr, da sie sich ausschliesslich über Konsum definieren. Die Partyfraktion hat zum Gelingen beigetragen, da sie ihr Geld dalässt und meist keinen Stress macht. Die kleinere Gruppe, die Interesse an geistiger Weiterentwicklung hat, ist ebenso wie die Partyfraktion auf ihre Kosten gekommen: Durch die Friedensfestzeitung, interessante Redebeiträge, wozu auch die antifaschistische Auftakt-Gedenkveranstaltung am Donnerstag gehört, zwei Radiosendungen im Vorfeld, Infoständen und die Ausstellung über den Nazi Fritz Kühn an passender Stelle: der Klowagenwand. Alles in allem: Ein gelungenes Friedensfest mit entspannter und angenehmer Atmosphäre. Was bei besonderen Tagen zu kurz kommt: Widerstand in den Alltag bringen! Das Friedensfestmotto verdeutlicht ein Ziel, welches nicht durch Friedensfeste oder Demos, sondern erst durch ein anderes Leben im Hier und Jetzt erreicht werden kann: Klimawandel jetzt! Soziale Kälte stoppen!


Kapital und Politik spielen mit der Welt

Kind malt Friedensbild

Jedes Kind will geschminkt werden

Schwarze Katze Infostand

Kinderland
Friedensfestzeitung 2007

Auch in diesem Jahr haben wir uns natürlich wieder Gedanken um unsere kleinen Besucher gemacht und verschiedene Angebote für das Kinderland geplant. Da das Kinderschminken bis jetzt immer der Renner war werden wir neue Motive mitbringen, um die Auswahl für die Kinder zu erweitern. Trotz allem sind wohl die Prinzessin und der Löwe nicht mehr von Platz 1 der Beliebtheitsskala wegzudenken und somit auch nicht mehr vom Festivalplatz.

Außerdem haben die Kinder die Möglichkeit Perlenketten und andere Kleinigkeiten zu basteln oder ihrer Kreativität beim Malen freien Lauf zu lassen. Ein weiteres Highlight ist sicherlich die Hüpfburg, auf der sich unsere jungen Festivalbesucher austoben können. An dieser Stelle noch einmal ein gesonderter Dank an die Helferinnen und Helfer, die ein paar stressige, aber dennoch spaßige Stunden im Kinderland verbringen.

Das Kinderprogramm findet zu folgenden Zeiten statt:

Samstag, 16.06.2007, 15:00 - 18:00 Uhr
Sonntag, 17.06.2007, 15:00 - 18:00 Uhr

Sonntag, 17.06.07 15.35 Uhr Sunburn in Cyprus (Göttingen, TripHop-Lounge-Pop)
www.sunburnincyprus.de
Wir wollen ja nicht hoffen, dass die Festivalbesucher erst nach Zypern reisen müssen um sich einen Sonnenbrand zu holen, sondern das auch der letzte Tag des Festivals sonnig und warm wird. Den passenden Soundtrack dazu liefern Sunburn in Cyprus. Die Musiker aus dem Raum Göttingen bringen einen genreübergreifenden Mix ais TripHop, Lounge, House und Dance, gewürzt mit eingängigen Pop-Vocals und Jazz-Einflüssen auf die Bühne. Die 1998 als reines Studio- und Remix-Projekt gegründete Band hat mittlerweile vier CDs veröffentlicht und sich eine weltweite Fangemeinde erspielt. Seit 2005 tritt das Ensemble auch live auf.

Sonntag, 17.06.07 17.15 Uhr Rootsgaia (Iserlohn, Trommeln-Didgeridoo)
http://nattyriddim.com/
Bei dieser Band ist der Name Programm: Rootsgaia aus Iserlohn will uns auf eine Reise zurück zu den musikalischen Wurzeln der Menschheit mitnehmen, verknüpft mit einem Aufruf zur Besinnung auf die Tatsache, das alle Menschen Brüder und Schwestern sind. Dabei verzichten sie auf den erhobenen Zeigefinger und verlassen sich vielmehr auf ihren beruhigenden und zugleich ekstatischen Sound, den sie fast nur mit Naturinstrumenten erzeugen. Dazu gehören afrikanische Trommeln ebenso wie das Didgeridoo und diverse Flöten. Auch auf dem Friedensfest werden sie ihr Publikum mit ihren ausgefeilten und mehrfach festivalbewährten Arrangements verzaubern.

Redebeitrag Sonntag, 17.06.07, 18:45
Gegenwind auf dem G8-Gipfel

Claudia Jetter von Attac wird von den Geschehnissen beim in der Woche zuvor stattfindenden G8-Gipfel berichten und dabei die Positionen der Menschen außerhalb des Sperrzaunes vorstellen. Es gibt Alternativen zur neoliberalen Agenda der G8, die ohne Rücksicht auf Menschen und Umwelt den Reichtum Weniger noch vergrößern soll. Politik muss sich an den Leitlinien von Gerechtigkeit, Demokratie und ökologisch verantwortbarer Entwicklung ausrichten. Die Vorstellung von Globalisierung kann durch internationale Solidarität von unten verwirklicht werden. Eine andere Welt ist möglich!

Sonntag, 17.06.07 19.00 Uhr Swim (Berlin, Pop)
www.swim-music.de
Aus der Hauptstadt kommen Carmen (Gesang) und Huddle (Gitarre) zu uns nach Iserlohn. Zusammen sind sie SWIM und treten den Beweis an, dass man "nur" mit Stimme und Gitarre richtig rocken kann. Eingängige Melodien und mitreißender Akustiksound bilden die Basis ihres innovativen Rockpops, den sie mit viel Gefühl und einem Hauch Ironie zu einem Sound abrunden, wie er besser für eine richtige Open-Air Atmosphäre kaum geeignet sein könnte. Gegründet wurde die Gruppe im Jahre 2003 und erregte bereits bei mehreren Festival- und Studioauftritten Aufsehen. Auch Veröffentlichungen auf Samplern und eine eigene EP kann SWIM schon vorweisen.

Sonntag, 17.06.07 20.35 Uhr Analogue Birds (Düsseldorf, Elektro-Didgeridoo-Beat, Instr.)
www.analogue-birds.com
Wie der Name schon vermuten lässt, geht es auch beim Top Act des Sonntags mit Musik weiter, die ohne Computer und Samples auskommt: Tom (Didgeridoos), Peter (Bass, Tuba) und Seb (Drums, Percussion) sorgen mit außergewöhnlichen Klängen und groovige, treibende Beats für einen würdigen Abschluss des Friedensfestivals. Dabei lassen sie sich nicht auf musikalische Traditionen festlegen, überraschen immer wieder durch unkonventionellen Instrumenteneinsatz. Die drei Musiker sprechen mit ihren Klangwelten Ohr, Her: und Tanzbein gleichermaßen an und haben bereits bei internationalen Festivals in Europa. USA und Australien Erfolge gefeiert.

Montag, der Aufräumtag

Der Montag nach dem Friedensfest ist immer der Aufräumtag. Mit nicht so vielen Helfern, das liegt auch daran, dass viele Montags in der Schule oder auf der Arbeit anwesend sein müssen.


Wohin? Friedensfest oder Schützenfest?

Aufräumen des Kassenwagens

Fahne vom Iserlohner Bürger Schützen Verein

Passt zusammen: National- und Schützenfarben

Alte Besen kehren gut

Geschafft: Platz ist sauber!

2.) Anarchistischer Block beim Tschernobyl Jahrestag am 26.04.07 in Minsk
Autonome Aktion Minsk, 08.05.07, Übersetzung: Schwarze Katze

Als die Tschernobyl Demonstration um 18 Uhr in Minsk auf dem Yakub-Kolsa-Platz starten wollte, wurde sie von der Polizei blockiert.

Die Behörden waren so vom Protest ihrer Untergebenen erschreckt, dass diese sich nicht auf dem größten Platz der Stadt zusammenfinden durften. Die U-Bahn Stadion "Yakuba Kolossa Platz" war ebenso geschlossen, wie die Busse ihre Haltestellen umfahren mussten – dies war natürlich ein Ärgernis für alle Anwohner. Um 18.30 Uhr begann eine Kundgebung in der naturwissenschaftlichen Akademie, welche an diesem Ort von den Behörden erlaubt wurde.

Liberale Oppositionsgruppen (MF, "Bunt", BNF, OGP) waren mit ihren üblichen Flaggen und Parolen anwesend. Die Anarchisten hatten wie üblich ihren abgesonderten Block in der Nähe der Straße am Platz und ihre schwarz-roten Fahnen wehten.

Während der Kundgebung terrorisierte die Polizei die anwesenden Personen durch einen Lautsprecherwagen. Sie verbreiteten die Fehlinformation, das Treffen sei "illegal" und es solle aufgelöst werden. Falls sich die Personen nicht an diese Anweisung hielten, würde "körperliche Gewalt und spezielle Waffen benutzt". Jedoch haben die Leute längst gelernt mit diesem psychischen Druck umzugehen, denn es war nicht das erste Mal, dass die weißrussischen Behörden ihn benutzten, und niemand wurde eingeschüchtert.

Um 19 Uhr bewegte sich die Demonstration in Richtung Bangalore-Platz. Ungefähr 80 Leute hielten sich im anarchistischen Block auf, doch bedauerlicherweise schien der anarchistische Block zu aufgelockert und unorganisiert. Alle Anarchisten trugen Binden mit dem Zeichen der radioaktiven Strahlung. Dies ließ sie organisierter auftreten und diente dazu, die Demonstranten nicht unterscheiden zu können.

Auf der Demonstration wurden folgende Parolen von Seiten der Anarchisten gerufen:

"Es gibt keine friedliche Atomkraft, das weiß doch jedes Kind", "Kein zweites Tschernobyl", "Keine Reaktoren!" "Keine Reaktoren, keine Strahlung!".
Außerdem traditionelle anarchistische Parolen:
"Gummigeschosse und Tränengas, ein Geschenk vom Präsident für die Arbeiterklasse"
"Hebt die schwarze Fahne höher, der Staat ist der Hauptfeind!"
"Brennt die Mächtigen nieder!"
Die Parolen wurden von Trommelschlägen begleitet.

In der Surgeon Straße provozierte OMON einen kleinen Kampf. Am Rande der Demonstration befahl die Polizei mit ihren Lautsprecherwagen den Menschen, sie dürften den Bürgersteig nicht verlassen um auf die Straße zu gehen. Da sich jedoch 5.000-6.000 Demonstranten einfanden, war die Einhaltung dieser Aufforderung nicht möglich. An manchen Stellen griffen die Behörden gemäß ihres Versprechens zu "körperlicher Gewalt", außerdem verschossen sie eine kleine Menge Tränengas. Auf den Bannern der Anarchisten waren folgende Sprüche zu lesen:

"Hände weg von den Unterstützungsleistungen für Tschernobyl Opfer"
"Nicht gefährlich? Baut den Scheiß unter euren Häusern!"
"Atomkraft kann nicht friedlich sein"
"Nicht noch ein Tschernobyl"
"Nur Tote haben keine Angst vor Strahlung" und "Für alternative Energie".


Die Anarchisten hinterließen außerdem eine kleine Nachricht auf einer Polizeikarre.

Am Ort des offiziellen Treffens nach der Demo standen wir mehr als 10 Minuten. Wir verteilten Flugblätter.
Der KGB kesselte uns ein, aber als wir uns gut organisiert fortbewegten, gelang es ihnen nicht einen einzigen von uns zu ergreifen.

Die Stärke der Anarchisten bestand im lebhaften Verhalten und Auftreten, welche ihnen half sich auf positive Weise vom Rest der Demo zu unterscheiden. Unsere Slogans waren auch aktueller und Themenbezogener als das "Lang lebe Weißrussland" der liberalen demokratischen Opposition. Ich hatte den Eindruck, dass sie nichts anderes schrieen. Viele junge Leute begaben sich von der Hauptdemonstration zum anarchistischen Block, weil dieser viel lebhafter war.

Unser Fehler war, dass wir zu zerstreut waren und uns gutes öko-anarchistisches Informationsmaterial fehlte.

Im Allgemeinen war unsere Rolle freilich wichtig und wir taten unser Bestes. Die Hauptsache ist, nicht auf dem aktuellen Stand der Organisierung stehenzubleiben, sondern uns vorwärts zu bewegen und soziale und ökologische Probleme in Verbindung mit Tschernobyl anzusprechen.

Wir sollten es den bürokratischen Parteien nicht überlassen, die Tschernobyl Demonstration in einen langweiligen Marsch zu verwandeln. Dieser Tag bedeutet für uns eine Erinnerung an die Verantwortung gegenüber der Natur und zu zeigen, dass ein Leben in Harmonie mit der Umwelt mit den Bedingungen des Kapitalismus, in dem der Profit mehr zählt, als das menschliche Leben und die Natur, nicht möglich ist.

4.) Ein Kommentar zu den Montagsdemos aus anarchistischer Perspektive
Redebeitrag, gehalten am offenen Mikrofon der Mannheimer Montagsdemo vom 04.07.05 von einem Mitglied der
Anarchistischen Gruppe Mannheim

Es wird ständig vom Problem der Arbeitslosigkeit geredet. Nun ist es wahr, dass Arbeitslose tatsächlich immer mehr Probleme gemacht bekommen. Könnte es aber nicht sein, dass nicht die Arbeitslosigkeit das Problem ist, sondern vielmehr die Arbeit selbst?

In Familie, Schule, Kirche, etc. wird uns von klein auf ein verhängnisvoller und menschenverachtender Arbeitsethos eingeimpft – frei nach dem Motto: wer nicht arbeitet soll auch nicht essen und ist nix wert. Das ganze Leben, der ganze vorgegebene Lebenslauf, die ganze Existenz eines braven Staatsbürgers ist auf die Arbeit ausgerichtet. Wir werden schon in Kindergarten und Schule dressiert, zu funktionieren und zu gehorchen, opfern fast unser ganzes Leben den Unternehmern für die wir arbeiten oder beuten uns selbst aus. Und wenn wir alt und für die Arbeit unbrauchbar geworden sind, dürfen wir gnädigerweise noch ein paar Jährchen einfach so leben und kriegen etwas Rente oder auch nicht.

Was ist es für ein Armutszeugnis, wenn ein Mensch – wie ich es schon viel zu oft gehört habe – sagt, er wäre unglücklich, wenn er nicht arbeiten könnte. Wenn er damit meint er wäre unglücklich, weil er ohne Einkommen kein menschenwürdiges Leben führen könnte! Aber, nein! Viel zu viele Menschen schreien nach fremdbestimmter Tätigkeit – und sei es ein noch so entwürdigendes, autoritäres Ausbeutungs- und Abhängigkeitsverhältnis. Sie sagen, es wäre besser als garnichts zu tun und herumzuhängen.

Sicher ist es nicht sehr erfüllend und tendenziell recht langweilig, garnichts zu tun. Beängstigend ist aber, dass so viele Leute schon so von einem menschenverachtenden Arbeitsethos verdorben und verkümmert sind, dass sie keine Ahnung mehr haben, was sie mit ihrem Leben anfangen könnten – außer zu arbeiten und zu konsumieren. Der Gedanke an selbstbestimmte Tätigkeiten, kreatives Schaffen ohne Zwang, gemäß den eigenen Neigungen, kommt ihnen garnicht mehr in den Sinn.

Wenn die Leute dann arbeitslos werden, bekommen sie massive psychische Probleme, weil sie nix mit sich anzufangen wissen und die Arbeit als scheinbar zentrale Quelle des eigenen Selbstwertgefühls weggefallen ist. So sterben auch viele Menschen kurz nach dem Erreichen des Rentenalters. Sie fühlen sich plötzlich überflüssig und wertlos und werden krank davon.

Die Frage, die wir uns stellen sollten ist: Arbeiten wir eigentlich um zu leben oder leben wir nur um zu arbeiten?!

Wir hören immer wieder, dass es durch den technischen Fortschritt immer weniger Arbeit gibt. Und tatsächlich hat sich die Produktivität in den letzten Jahrzehnten vervielfacht. Paradoxerweise sollen dafür aber die, die Arbeit haben zu schlechter werdenden Bedingungen immer länger arbeiten, statt die Arbeitszeit sinnigerweise einzuschränken. Wer keine Arbeit hat, wird immer öfter zu künstlich geschaffenen Zwangsarbeitsprojekten genötigt.

Jüngst kam der ernstgemeinte Vorschlag, man könne ja Arbeitslose dazu einsetzen, bei Manövern der Bundeswehr die Zivilbevölkerung in einem besetzten Land zu spielen. Wer weiß was ihnen sonst noch so einfällt! Die Forderung, künstlich Arbeit zu schaffen, ist abstrus. Wer würde darum betteln kürzer leben zu dürfen, nur weil es dafür Geld gibt? Die Menschen müssen vielmehr mit allem notwendigen versorgt sein - unabhängig, ob sie arbeiten oder nicht. Einfach weil es ihr Recht ist. Arbeit wird dabei immer überflüssiger. Die Regierung um entwürdigende Beschäftigungstherapien anzubetteln ist einfach grotesk.

Wir dürfen nicht von denen die Lösung unserer Probleme erwarten, die sie vorsätzlich verursachen. Brandstifter sind schlechte Feuerwehrleute! Die Funktion eines Staates ist, die Herrschaftsverhältnisse – notfalls mit Gewalt- aufrecht zu erhalten und den Fortbestand von Ausbeutung, Unterdrückung und sozialer Ungleichheit zu gewährleisten.

Die Funktion eines Unternehmers ist, aus einem Betrieb den maximalen Profit herauszupressen. ArbeitnehmerInnenrechte, soziale Absicherung und Löhne sind aus deren Perspektive nichts als Kostenfaktoren, die es zu minimieren gilt. Deshalb ist es auch egal, wer gerade an der Regierung ist oder ein kapitalistisches Unternehmen leitet. Wahlen ändern nichts, sonst wären sie verboten.

Wir dürfen nicht nach dem Staat oder nach den Unternehmern schreien, wenn es uns schlecht geht. Wer in der Scheisse sitzt, der muss sich erheben und nicht darum betteln, von dem aufgehoben zu werden, der ihn in die Scheisse geworfen hat.

Sie gehen nur so weit wie wir sie lassen und wir haben uns schon vielzuviel gefallen lassen. Jetzt ist es an der Zeit, selbst in die Offensive zu gehen. Es bringt nichts in Rückzugsgefechten einige soziale Grausamkeiten, wie Hartz IV, abzumildern oder neue zu verhindern. Wir müssen das ganze System von Ausbeutung, Spaltung, Unterdrückung und Verarschung bekämpfen! Es gibt keine gute Regierung. Und es gibt keine guten Kapitalisten. Es gibt nur die Notwendigkeit, beides abzuschaffen.

Wir müssen uns organisieren, eigene autonome Erwerbs- und Versorgungsstrukturen erproben, Lebensmittelkooperativen, Wohnprojekte, Umsonstläden und selbstverwaltete Zentren aufbauen und unseren Geldbedarf auf ein Minimum reduzieren. Wer viel Geld braucht, bleibt erpressbar. Wer um niedrig bezahlte Drecksjobs winselt, sorgt nur dafür, das es mit Löhnen und Arbeitsbedingungen weiter bergab geht.

Wir dürfen nicht betteln, wir müssen uns unser Recht auf ein menschenwürdiges Leben nehmen! Dabei dürfen wir uns nicht von sogenannten Volksvertretern erzählen lassen, dass es darum geht ein paar Krümmel mehr vom großen Kuchen abzubekommen. Wir müssen vielmehr eigene Bäckereien aufmachen.

Wir müssen die grausamen und irrationalen Gesetze des Marktes nicht erdulden bis die Erde zerstört und die Masse der Menschheit versklavt ist. Wir müssen den Kapitalismus überwinden. Wir müssen das Elend beenden und eine Gesellschaft aufbauen, in der die notwendige Arbeit auf ein Minimum reduziert wird bzw. in der die Lohnarbeit, wie wir sie heute erleiden müssen, ganz abgeschafft ist.

Wir brauchen eine dezentrale, bedarfsorientierte – nicht marktorientierte – Produktion zu umwelt- und sozialverträglichen Bedingungen in einer herrschaftsfreien Gesellschaft. Wir dürfen uns nicht länger unsere Lebenszeit durch den kapitalistischen Wahnsinn versauen lassen! Wir müssen eine Bewegung aufbauen, die Alternativen zu Kapitalismus, Staatskommunismus und sonstigen zivilisatorischen Sackgassen entwickelt und bekannt macht und eine Massenbasis für die notwendigen globalen Umwälzungen der Zukunft schafft!

Ein Ansatz einer solche Bewegung ist im libertären Teil der globalisierungskritischen Bewegung zu erkennen. Auf dem G8-Gipfel beraten die Regierungschefs der reichsten Staaten diese Woche über die weitere Durchsetzung der neoliberalen Globalisierung. Die Menschheit bewegt sich mit Vollgas in eine kapitalistische Sackgasse, an deren Ende sich immer deutlicher die Zerstörung des Planeten, Krieg, unüberschaubares Elend, Diktatur und Massenmord abzeichnen. Und das einzige, was den Herrschaften dazu einfällt ist, zu versuchen, dabei auch noch das Tempo zu erhöhen.

Wir solidarisieren uns mit denjenigen, die diese Woche nach Schottland zum G8-Gipfel gereist sind, um zu zeigen, dass es Opposition gegen die Versklavung und Zerstörung der Welt gibt. Die Entstehung einer radikalen Opposition gegen die neoliberale Schreckensherrschaft ist der einzige Grund, noch an die Möglichkeit zu glauben, dass es möglich ist, die Sackgasse einzureißen, in die die Menschheit geraten ist, und einen Kurswechsel – weg vom Abhang – zu vollziehen.

4.) Tips für Arbeitslose
Schwarze Katze

Tu was
- Wach aus deiner Lethargie auf und tu was.
- Du bist erwerbslos, aber nicht arbeitslos - es gibt genug zu tun!
- Wenn du zu fett bist, ernähr dich bewusst und beweg dich aus dem Fernsehsessel.
- Geh zur Stadtbücherei und lies mal wieder was.
- Such dir eimen neuen Freundeskreis. Ohne soziale Kontakte wirst du depressiv.
- Schneide die Marionettenfäden durch, an denen du hängst. Am Anfang ist das Gehen zwar unsicher, dann gehts aber viel besser als vorher.
- Setz dir Ziele und verschlaf nicht dein Leben.
- Setz dich mit anderen Arbeitslosen zusammen. Gegenseitige Hilfe statt Konkurrenz.

Lass das
- Pfoten weg von Alkohol, Zigaretten und anderen Drogen. Es gibt im Leben schon genug Abhängigkeiten. Wenn du süchtig bist, nutz die freie Zeit für eine Entziehungskur.
- Lass dich nicht mehr von Arbeitsagentur, Talkshows, Boulevardzeitungen oder deinen Nachbarn verscheißern.
- Wenn du nur einen Euro pro Stunde bekommst, streng dich dafür auch nicht besonders an.
- Geh nicht wählen. Begründung: www.wahlkritik.de.vu
- Halte dich von Parteien, der Kirche oder anderen Systemorganisationen fern. Die wollen dir nicht helfen, sondern dich für ihre dunklen Ziele ausnutzen.

Erhöhe deine Handlungsfähigkeit
- Nutze die freie Zeit und eigne dir Fähigkeiten an. Beispielsweise Handwerkliches, Fahrradreparieren, Computerprogramme, Brotaufstrich selber machen, Sprachen lernen.
- Grundfertigkeiten der außerparlamentarischen Opposition lernst du bei der nächstgelegenen anarchistischen Gruppe. Dort kannst du auch fragen, wie du dich einbringen kannst. Gruppenadressen gibt es auf http://ayp.subvert.info
- Überleg dir, was dich unabhängiger von ALG II macht.

Denk nach
- Woher kommt Arbeitslosigkeit? Warum haben einige viel und andere wenig? Verteidige nicht das System der Ungleichheit.
- Beschäftige dich mit den Manipulationsmöglichkeiten der Medien.
- Überleg dir wofür du dein Geld ausgibst. Ist das wirklich dein Wunsch oder dir von der Werbung eingeflüstert?
- Informier dich über die Geschichte des Widerstands gegen die Arbeit.
- Überleg dir, ob du als Arbeitsloser wirklich automatisch ein Versager bist und wer von solchen Behauptungen profitiert.
- Geb dir nicht selbst die Schuld an deiner Arbeitslosigkeit. Kapitalismus ist schuld, nicht du. Alles andere sind bürgerliche Lügen.
- Besuch Infoveranstaltungen und hinterfrag sie kritisch. Wann und wo welche stattfinden, steht im Schaukasten der Lokalzeitung.
- Nimm an Bildungsveranstaltungen teil, hebe so deine Defizite auf und lerne andere kennen. Volkshochschulen und alternative Bildungsträger bieten oft Rabatte oder kostenlose Seminare für Arbeitslose.
- Lern ansprechend zu schreiben und formulier einen Enthüllungsbericht über die miesen Methoden, die du kennengelernt hast. Dabei solltest du alles beweisen können, sonst wirds teuer.
- Zieh dir alternative Infos rein. Weiterführende Texte und Links gibts beispielsweise bei http://schwarze.katze.dk - www.chefduzen.de - www.anarchismus.at - www.fau.org - http://de.indymedia.org - www.erwerbslosenforum.de - www.agtuwas.de

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